Warum bekommen wir sonntags eigentlich unsere Pizza?

In Münster erobert gerade die Firma Flaschenpost.de den Getränkemarkt. Sie betreibt, ähnlich wie der Pizzaservice von nebenan, einen Bringdienst mit Getränken.

Dagegen klagt vor dem Landgericht Münster der Einzelhandelsverband auf Unterlassen, soweit es um die Anlieferung der Getränke sonntags geht.

Da drängt sich die Frage auf: Wer darf eigentlich sonntags arbeiten? Und warum bekommen wir sonntags unsere Pizza? Und wer darf denn sonntags etwas bringen, sei es Pizza oder Getränke?

Es gibt – grob – zwei Gesetze, die das regeln: Das Arbeitszeitgesetz und das Ladenöffnungsgesetz.

1.

Nach dem Arbeitszeitgesetz darf sonntags arbeiten: Rettungsdienste, Polizei und Behörden, Krankenhauspersonal, Gaststätten- und Hotelpersonal, bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, in Kirchen, Verbänden, Vereinen, Parteien, bei Sportveranstaltungen, beim Rundfunk und bei der Presse, bei Messen und Märkten, in Verkehrsbetrieben, bei der Energie- und Wasserversorgung, in der Landwirtschaft und im Bewachungsgewerbe, bei der Reinigung von Betriebseinrichtungen und so weiter.

Nach dem Arbeitszeitgesetz dürfen andere Arbeitnehmer sonntags nicht arbeiten. Selbstständige, wie auch der fleißige Handelsvertreter und der Vermögensberater, dürfen also durchaus tätig sein ; seine Angestellten allerdings nicht.

2.

Das bundesweite Ladenschlussgesetz gibt es seit Jahren schon nicht mehr. Wann Läden geöffnet sein dürfen, dürfen die Bundesländer selbst regeln.

Dazu hat NRW zum Beispiel ein Ladenöffnungsgesetz geschaffen. Ladengeschäfte dürfen danach in der Woche von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr geöffnet sein, samstags bis 22:00 Uhr, an vier Samstagen bis 24:00 Uhr, sonntags grundsätzlich nie. (Ausnahmen: Blumengeschäfte, Zeitungs- und Zeitschriftengeschäfte, Bäcker und Konditoren dürfen sonntags für fünf Stunden öffnen). Die örtlichen Ordnungsbehörden dürfen an weiteren vier Sonn- und Feiertagen die Ladenöffnung aus Anlass von Festen, Märkten und so weiter gestatten.

Da der Pizzabringdienst meist und Flaschenpost.de kein Ladengeschäft betreiben, gilt für sie das Sonntagsverbot – wohl – nicht.

Apotheken dürfen übrigens teilweise geöffnet haben, Tankstellen dürfen ganztägig geöffnet sein und Dinge des Reisebedarfs verkaufen.

Nicht von den Ladenöffnungszeiten betroffen sind Dienstleistungsbetriebe wie etwa Reisebüros oder Reparaturstellen, Gast- und Speisewirtschaften, reine Großhandelsbetriebe und geschlossene Veranstaltungen sowie Verkaufsstellen auf Flughäfen und Personenbahnhöfen.

Wenn Pizzadienste einen Laden betreiben, wäre das also als Speisewirtschaft erlaubt.

Im Übrigen ist auch noch das Sonn- oder Feiertagsgesetz einzuhalten. Auch dies ist allerdings Ländersache.

Verdi hatte übrigens das Land Hessen verklagt, weil Hessen in einer Verordnung Callcentern das Recht gab, sonntags ihre Telefondienste anzubieten. Das Bundesverwaltungsgericht hatte darüber im November 2015 entschieden, dass Sonntagsarbeit nach dem ArbZG grundsätzlich verboten ist und eine Ausnahme für Callcenter nicht erforderlich sei.

Das Bundesverwaltungsgericht darf sich allerdings nur einschalten, um ein Gesetz zu überprüfen (Normenkontrollverfahren). Das Landgericht Münster dürfte Flaschenpost die Sonntagsarbeit direkt verbieten.

Über unsere Sonntagspizza entscheidet das Landgericht Münster nicht. Wo kein Kläger, da auch kein Richter. In einer Umfrage von der WN halten 81 % der Befragten das Sonntagverbot übrigens für überholt.

5.000 klatschten

Die DVAG feiert ihr Zukunftsforum. 5.000 Vermögensberater haben minutenlang geklatscht, als Pohl die Rednerbühne betrat. Näheres dazu hier in Fonds Online.

„Er kann nicht laufen“ versus „Er kann wieder gehen“

Alle wussten es, nur keiner durfte es sagen. Schon gar nicht falsch.

DVAG-Werbeikone Michael Schumacher geht es nach seinem Skiunfall im Dezember 2013 noch nicht gut. Er kann nicht gehen. Einen Preis für sein Lebenswerk konnte er kürzlich persönlich nicht entgegen nehmen.

Im Hause der DVAG hat man ihm in Hinblick auf seine großen sportlichen Erfolge eine Ausstellung gebaut.

Als hätten die Richter nichts anderes zu tun, gibt es jetzt einen Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg darüber, ob Michael Schumacher laufen kann oder nicht. Die „Bunte“ hatte Ende letzten Jahres berichtet, Michael Schumacher könne wieder gehen. Hiergegen wehrte sich Michael Schumacher, vertreten durch seinen Rechtsanwalt Felix Damm, mit einer Schadenersatzklage.

Schumachers Anwalt soll nun vor dem Landgericht berichtet haben, Schumacher könne gar nicht gehen, auch nicht mithilfe seiner Therapeuten. „Er kann nicht gehen“, soll der Anwalt gesagt haben.

Jetzt wird es gerichtlich zu klären sein, ob die „Bunte“ tatsächlich berichten durfte, dass Schumacher gehen kann.

Schon einmal hatte die Ehefrau von Schumi gegen taz und ZDF geklagt, weil diese Fotos von ihr zur Klinik veröffentlicht hatten. Die Klage wurde vom Landgericht Köln abgewiesen.

Eine zwingende Folge von Geheimniskrämerei ist, dass Gerüchte in die Welt gesetzt werden. Aus dem Hause Schumachers spricht man von einer zurückhaltenden Kommunikationsstrategie. Ob das Sinn macht, darf bezweifelt werden. Ruhe kehrt dadurch offensichtlich nicht ein. Ob der Rechtsstreit der Wahrheit ein Stück näher kommt, wird man sehen. Wünschen wir Herrn Schumacher das Beste.

Die 2. Stufe ist noch nicht entscheidungsreif

Am 05.09.2016 hatte das Oberlandesgericht Frankfurt eine interessante Entscheidung zu fällen.

Erstinstanzlich ging es darum, das ein Vermögensberater einen Buchauszug angefordert hatte (auf der ersten Klagestufe), und auf der zweiten Stufe die sich daraus ergebende Provisionszahlung. Er machte geltend, dass er einen Buchauszug benötigen würde, um fehlende Provisionen nachberechnen zu können. Dabei ging es auch um eine Provisionskürzung, von der er seit 2008 betroffen war. Provisionen, die ihm lt. Vermögensberatervertrag aus dem Jahr 2007 zugesagt wurden, kamen teilweise in der vereinbarten Höhe nicht zur Auszahlung, so das Argument des Klägers.

Das Landgericht Frankfurt wischte die Anträge komplett vom Tisch. Zwischenzeitlich gab es einen Buchauszug – während des Klageverfahrens. Das Landgericht Frankfurt urteilte aus, dass ein Anspruch auf einen Buchauszug nun nicht mehr bestehe und entschied auch gleich über die 2. Stufe: der Provisionsanspruch auf der zweiten Stufe sei nicht gegeben, so das Landgericht.

Diese Entscheidung hob das Oberlandesgericht Frankfurt auf.

Das Oberlandesgericht Frankfurt meint, dass der Kläger sich zu Recht darauf berufe, dass sich die Entscheidung über die von ihm erhobene Stufenklage zunächst auf den in der ersten Stufe geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges hätte beschränken müssen, und nicht schon eine Entscheidung über die Provisionen hätte vorweg nehmen dürfen.

Im Rahmen einer Stufenklage darf eine einheitliche Entscheidung über alle Stufen der Stufenklage nur bei Unzulässigkeit der Klage in Betracht kommen oder dann, wenn sich bereits bei der Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt. Diese Anforderungen sah das Oberlandesgericht nicht als gegeben an.

Das Oberlandesgericht verwies auf den im Jahr 2007 schriftlich geschlossenen Vermögensberatervertrag, nach dessen Inhalt der Kläger Handelsvertreter sei, dessen Vergütung auf Provisionsbasis erfolgt. Zu Gunsten des Klägers würden sich für den Zeitraum ab dem Jahr 2008 dem Grunde nach die in der zweiten Stufe der Stufenklage zunächst unbeziffert geltend gemachten Provisionsansprüche ergeben.

Das Oberlandesgericht verwies deshalb die Angelegenheit zurück an das Landgericht, ohne selbst für dieses Verfahren Gerichtskosten zu erheben. Ob wegen des „Gerichtsfehlers“ auf die Kosten verzichtet wurde, erschließt sich nicht. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

 

Einheitiche Rechtsprechung – im Großen und Ganzen

Manchmal kann man die Situation vor Gericht nur mit gewisser Ironie verarbeiten. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung war schon des öfteren ein Thema hier in dem Handelsvertreter-Blog, bzw. eher die Uneinheitlichkeit.

Es ist aus anwaltlicher Sicht schier unerträglich, wenn ein Gericht in vergleichbaren Angelegenheiten mal so, und mal so entscheidet. Leider kommt dies wiederholt vor.

Gerade in Fragen, was das Verhältnis zwischen Vermögensberater und der DVAG betrifft, liegen dem Landgericht Frankfurt am Main viele ähnliche Klagen auf dem Tisch. Dabei geht es oft und wiederholend um die Frage, ob einem Vermögensberater ein Buchauszug zusteht, über welchen Zeitraum, ob Softwarepauschale zurückgezahlt werden müssen und so weiter. Im Prinzip ist es, bis auf wenige Abweichungen im Sachverhalt, immer das Gleiche.

Die Vertriebe bedienen sich spezialisierter Anwälte, die Handelsvertreter oft auch. Beide Seiten kennen sich also gut aus.

Nicht spezialisiert sind jedoch die Richter. Es kommt zwar im „Großen und Ganzen“ zu der Tendenz einer einheitlichen Rechtsprechung, jedoch auch zu sonderbaren Abweichungen.

In vielen Fällen, in denen die DVAG erstinstanzlich zur Erteilung eines Buchauszuges verurteilt wurde, hatte sie Berufung eingelegt. Im Prinzip ist es ja auch hier immer das Gleiche. Hier laufen etwa fünf gleichartige Verfahren vor dem Oberlandesgericht.

Wirtschaftlich werden die Verfahren beim Gericht nicht behandelt. Schließlich hat sich jedes Mal ein neuer Richter einarbeiten dürfen. Am letzten Freitag habe ich den fünften neuen Richter kennenlernen dürfen. So hat sich jeder Richter neu auf den Sachverhalt einarbeiten dürfen. In der freien Wirtschaft wäre dies wohl undenkbar gewesen.

Im Ergebnis gaben zwar alle Richter des Oberlandesgerichtes den Vermögensberatern im Prinzip Recht, dass ihnen ein Buchauszug zustehe. Dies wurde jedoch – trotz gleichartiger Verfahren – immer wieder anderes begründet und immer wieder mit anderen Schwerpunkten bewertet.

Den Vogel abgeschossen hatte dann das Oberlandesgericht am Freitag. Während es sich bei der Frage des Buchauszuges um 11.00 Uhr sehr materiell mit den Anforderungen an einen Buchauszug auseinandersetzte, (obgleich das Gericht gar nicht vorbereitet erschien), meinte es dann um 13.00 Uhr, die Berufung der DVAG müsste ja bereits unzulässig sein, weil der Beschwerdewert nicht erreicht sei. Ein Buchauszug könne ja schließlich nicht so viel Arbeit machen, so dass der erforderliche Streitwert für eine Berufung von 600€ nicht erreicht sein dürfte.

Fünf Richter in fünf Wochen, fünf verschiedene Ansätze, von Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einem wirtschaftlich arbeitenden Oberlandesgericht kann da wohl keine Rede sein. Den Vermögensberatern kann dies egal sein, solange sie ihr Recht bekommen. Aus anwaltlicher Sicht stößt dies auf Bedenken, demjenigen, der die Rechnung zu bezahlen hat, würde es auch nicht passen dürfen.