BGH: Vermittler haftet, wenn er nicht beweisen kann, richtig beraten zu haben

„Wechsel der Lebens­versicherung: Vermittler haftet für schlechten Rat“ schreibt Stiftung Warentest am 15.12.2014 und nimmt Bezug auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 13.11.2014.

Später heißt es weiter in dem Bericht von Stiftung Warentest : „So lief das: Versicherungs­vermittler wie die von der Deutsche Vermögens­beratung AG (DVAG) boten an, bestehende Versicherungs­verträge zu prüfen. Das Ergebnis einer solchen Beratung lautete oft: Der bestehende Lebens­versicherungs­vertrag sei ungünstig. Die Vermittler empfahlen zu kündigen und einen neuen Vertrag abzu­schließen.“

Das BGH-Urteil wird nach Stiftung Warentest mit der DVAG in Verbindung gebracht. Es gilt jedoch für die gesamte Branche, also auch für OVB, MLP, Swiss Life Select u.s.w.!

Das Urteil ist vielleicht ein Novum, eine Überraschung jedoch nicht. Wenn sich ein Kunde bei einer Finanzberatung schlecht beraten fühlte und klagte, hatte er nach den üblichen Beweisregeln die Schlechtberatung zu beweisen. So auch kürzlich in einer Entscheidung des Landgerichts Ulm, das die Klage eines Kunden deshalb abwies.

Eine Änderung der Beweisregeln gab es bereits mit den sogenannten Kick-Back-Urteilen. Banken hatten danach ungefragt über Erstattungen (bzw. Provisionen) aufzuklären. Tat man dies nicht, haftete die Bank. Dies wurde später auf die komplette Finanzdienstleistungsbranche ausgeweitet.

Die nunmehr geregelte Dokumentationspflicht des § 61 Abs. 1 VVG würde aber keinen Sinn machen, wenn es nicht stets zu einer Beweiserleichterung führen würde, wenn der Berater gegen gesetzliche Formvorschriften verstößt. Es heißt in § 61:

“ Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags nach § 62 zu dokumentieren. “

Der BGH dreht das Rad deshalb jetzt noch weiter und meint – nicht nur bei KickBacks – sondern gleich in jeder Hinsicht, dass der Berater hafte, wenn er nicht dokumentieren könne, dass er richtig beraten habe.

Dass die Dokumentation jedoch nicht einmal vom Kunden unterschrieben werden muss, oder gar ihr Zugang bewiesen werden muss, lässt Spielraum für manch Mogelei, um den strengen Anforderungen des BGH- Urteils aus dem Weg zu gehen.

BGH vom 13.11.2014 III ZR 544/13

Wir wünschen Ihnen keine Sorgen

Wir, die Autoren dieses Blogs, wünschen allen Lesern

– den treuen, treuesten und auch den nicht so treuen –

frohe Weihnachten und keine Sorgen,

und vor allem viel Abstand von den alltäglichen Vertriebssorgen, viel Ruhe und viel Zeit der Besinnung.

Verein für Vermögensberater darf jetzt auch – erstmal – so heißen

Ein Streit um Namens- und Markenrechte, der die Instanzen noch lange beschäftigen kann: Ein Verein, der sich für die Interessen von Vermögensberatern einsetzen will und „DVAG“ in seinem Vereinsnamen enthält, kämpft um seine Existenzberechtigung.

Die DVAG hatte per einstweiliger Verfügung beim Landgericht Frankfurt (Kammer für Handelssachen) zunächst bewirkt, dass der Verein den Zusatz DVAG nicht tragen darf. Die Kammer für Handelssachen hatte jetzt nach einer mündlichen Verhandlung die einstweilige Verfügung wieder aufgehoben. Ob gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt wird, ist noch unklar.

Es hatte schon überrascht, dass der Antrag an die Kammer für Handelssachen gestellt wurde. Diese hatte nunmehr in der mündlichen Verhandlung keinen Markenverstoß und insbesondere keine Verwechselungsgefahr des Vereins mit der DVAG erkannt.

Wenn Berufung eingelegt wird, geht es danach möglicherweise noch weiter: Denn nach der Berufung wäre vielleicht noch die Revision zum Bundesgerichtshof möglich.

Und außerdem droht ja noch das Hauptsacheverfahren (bisher ist man ja nur im „einstweiligen“ Verfahren). Auch dieses beginnt beim Landgericht und könnte über das Oberlandesgericht zum Bundesgerichtshof gehen. Aber vielleicht ist es ja gar nicht nötig.

Die Kollegiale Vereinigung der Allfinanz Deutsche Vermögensberatung e.V. wurde auch anfänglich misstrauisch geliebäugelt und nachher akzeptiert. Im Zuge des Wechsels der Außendienstmitarbeiterschaft von der AachenMünchener zur Allfinanz DVAG konnte auch der Vereinsname geändert werden. Es fragt sich also, warum die Vermögensberater der DVAG diese Möglichkeiten nicht auch bekommen sollten.

BGH: Bei fehlender Dokumentation Beweislastumkehr

“Die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers nach Paragraf 61 Absatz 1 Satz 2, Paragraf 62 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) kann zu Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherten bis hin zu einer Beweislastumkehr führen”, so der BGH in seiner Urteilsbegründung.

So schreibt es Cash.Online

So weit von München bis Schweinfurt

Noch kürzlich klagte ich über die Münchener Rechtsauffassung einer Richterin, die meine Argumente, warum eine Provisionsabrechnung nicht okay ist, für nicht gut hielt. Es ging – neben vielen anderen Punkten – auch darum, dass der Provisionsstand falsch sein müsse, weil der Berater über Jahre hinweg 2 Promille zu wenig Provisionen erhalten würde. Da tauchten dann Argumente wie „wir verlangen ja nicht mehr zurück, als wir gezahlt haben“ auf.

Dass dieser Satz da nichts zu suchen hat, wenn es um prozentuale Rückforderungen geht, liegt auf der Hand. Die Richterin machte den Eindruck, als würde der obige Satz die große Erleuchtung bringen. Dann versuchte ich anhand einiger Rechenbeispiele der Richterin zu erläutern, dass 24 Promille mehr seien als 22 Promille und dass in den Abrechnungen über eine Stornierung 24 Promille hätten einbezogen werden müssen.

Nachdem ich dann den Eindruck gewann, dass auch leichte Rechenbeispiele nicht zu der gewünschten Einsicht führen würde, habe ich dann die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Darauf sagte die Richterin, dass dieser Antrag ja ein bisschen spät käme, woraufhin ich entgegnete, dass ich ja nicht wissen konnte, dass das Gericht den Dreisatz nicht beherrschen würde.

Ganz anders der Richter in Schweinfurt: Er nahm nach kurzer Diskussion den Taschenrechner (ja wohl: er hatte einen Taschenrechner!) in die Hand, fragte nach der Versicherungssumme der letzten Jahre, multiplizierte diese mit 2 Promille und kam zu einem Ergebnis von etwa 33.000€.

Um diesen Betrag könnte die Abrechnung bereits falsch sein, analysierte er. Das Verfahren geht weiter.

Respekt, Herr Richter!