Am 23.10.2017 hat das Oberlandesgericht Nürnberg in einer Verfügung entschieden, dass eine Aufrechnung zwischen einer Provisionsrückforderung und einer zurückzuzahlenden Softwarepauschale nicht möglich sei und der DVAG Rückforderungsansprüche gegen einen ehemaligen Vermögensberater zusteht..
Die DVAG hatte eine Klage auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen
eingereicht. Die Vergütungsvereinbarung sah vor, dass Provisionsansprüche erst
dann entstehen sollen, wenn der durch den Beklagten geworbene Kunde die
vorgesehene Anzahl von Beiträgen entrichtet hatte. In Erwartung, dass das
vergütete Geschäft sich als bestandskräftig erweist, wurden vorab Vergütungen
gezahlt. Es kam jedoch zu Stornierungen oder Kündigungen von vermittelten
Verträgen.
Die DVAG stellte einen erheblichen Betrag in Rechnung und
verlangte diese im Wege der Klage zurück.
Der Rechtstreit ging in die zweite Instanz zum
Oberlandesgericht Nürnberg. Dort hatte sich das Gericht darüber Gedanken zu
machen, ob dem Vermögensberater die Möglichkeit zustehe, mit Aufwendungen für
die Nutzung von Software, für Werbematerial und Weiterbildungskosten die
Aufrechnung zu erklären. Die Aufrechnung setzt Gleichartigkeit der Forderungen
voraus.
Die DVAG wies darauf hin, dass eine Aufrechnung dann nicht
möglich sei, weil die Aufwendungen (Softwarenutzungspauschale, Werbematerial,
Weiterbildungskosten) bereits Bestandteil der Kontokorrentabrede waren. Sie
wurden im Provisionskonto abgezogen.
Nachdem der Vermögensberater bereits in der ersten Instanz vollumfänglich verloren hatte, legte er Berufung ein. Diese hatte jedoch vor dem Oberlandesgericht keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht verwies auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes mit Urteil vom 02.03.1998 unter dem Aktenzeichen I ZR 121/87, wonach der Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast dafür trage, dass ihm die Ausführung des Geschäftes aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen unmöglich geworden ist oder ihm nicht zuzumuten ist. Dieser Darlegungslast sei die DVAG nach Ansicht des Oberlandesgerichtes Nürnberg nachgekommen. Die vorgenommenen Nachbearbeitungsmaßnahmen wurden in Form einer Tabelle vorgetragen.
Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht hatte
sich dann mit den einzelnen Fällen der Stornobekämpfung beschäftigt.
Das Oberlandesgericht Nürnberg wollte sich auch einer
Entscheidung des Landgerichtes Düsseldorf aus dem Jahre 2017 anschließen,
wonach eine Stornobekämpfung gar nicht erst notwendig sei, wenn es sich im
einen Bagatellfall handelt. Dieser soll bei einer Grenze von 250,00 € liegen.
Zu guter Letzt hatte das Oberlandesgericht noch über die
Hilfsaufrechnung über einen Betrag in Höhe von etwa 7.000,00 € zu entscheiden.
Hier waren etwa 4,000,00 € Softwarepauschale, 2.300,00 € Werbematerial und
Weiterbildungskosten von etwa 500,00 € enthalten.
Unstreitig war es zwischen den Parteien – und darauf stellt
das Oberlandesgericht in diesem Fall ab – dass eine Kontokorrentabrede
getroffen wurde (gerade das nachvertragliche Kontokorrent ist im Übrigen in
einigen anderen Entscheidungen streitig – was streitig ist, entscheidet jedoch
der Parteivortrag).
Die jeweiligen Vergütungsansprüche des Vermögensberaters, die
er mit der Hilfsaufrechnung geltend macht, sind jedoch bereits Gegenstand des
Kontokorrents gewesen. Sie wurden in das Kontokorrent eingestellt.
Das Oberlandesgericht schloss sich dem Landgericht an,
welches auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes mit Urteil vom 19.12.1969
unter dem Aktenzeichen I ZR 33/68 verwies, wonach kontokorrentpflichtige
Einzelforderungen grundsätzlich nicht selbständig, sondern nur durch
Einstellung in das Kontokorrent zur Verrechnung im Rahmen der bei Schluss einer
Abrechnungsperiode oder bei Beendigung des Kontokorrentverhältnisses
vorzunehmenden Saldofeststellungen geltend gemacht werden können. Die
Aufrechnung eines Einzelpostens mit einem bestimmten Posten der Gegenseite ist
damit unzulässig.
Nur ausnahmsweise soll nach der Entscheidung des
Bundesgerichtshofes die Geltendmachung von Einzelforderungen trotz ihrer
kontokorrentmäßigen Gebundenheit zulässig sein. Dies ist hier nicht der Fall.
Deshalb ist eine Aufrechnung ausgeschlossen.
Ferner wies das Oberlandesgericht Nürnberg darauf hin, dass
der Vermögensberater die Rückforderungen im Hinblick auf die
Softwarenutzungspauschale nicht schlüssig dargelegt habe. Nachdem die DVAG
bestritten hatte, dass es vereinbart war, dass das EDV-netzwerk kostenlos zur
Verfügung zu stellen ist, soll von Beklagtenseite kein weiterer Vortrag erfolgt
sein. Im Übrigen hatte der Vermögensberater auch nicht behauptet, dass es sich
bei Software um „eine zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderliche Unterlage“ im
Sinne von § 86 a Abs. 1 HGB handele (Vergleiche BGH Urteil vom 17.11.2016,
Aktenzeichen VII ZR 6/16).
Das Oberlandesgericht Nürnberg wies ferner darauf hin, dass
Werbeartikel nicht zu den für die Vermittlungstätigkeit notwendigen Unterlagen
handelt (Vergleiche BGH Urteil vom 04.05.2011, Aktenzeichen VIII ZR 11/10).
Ferner wies das Oberlandesgericht darauf hin, dass der
Bundesgerichtshof auch meinte, dass Kosten für Schulungen und Seminare ebenso
wenig als erforderliche Unterlagen im Sinne des § 86 a Abs. 1 HGB angesehen
werden können (Vergleiche BGH Urteil vom 04.05.2011, Aktenzeichen VIII ZR
11/10).
Zwar würde vertreten, dass der Unternehmer Veranstaltungen
kostenlos anbieten müsse, wenn sie der Übermittlung von Informationen dienen
würden, die der Handelsvertreter zur Ausübung seiner Tätigkeit benötigen würde
(Vergleiche BGH Urteil vom 04.05.2011, Aktenzeichen VIII ZR 11/10). Dies ist
jedoch von dem Vermögensberater nicht vorgetragen worden.
Ebenso wenig könne er sich auf Entreicherung gemäß § 814 BGB
berufen.
Außerdem könne eine Verjährung nicht vorliegen. Die Verjährung einer in das Kontokorrent einzustellenden Einzelforderung ist (entsprechend § 205 BGB) bis zum Ende der bei ihrer Entstehung laufenden Rechnungsperiode gehemmt. Dann verjährt die Forderung nach den für sie geltenden Vorschriften. Dies gilt einerlei, ob sie vertragsgemäß in das Kontokorrent eingestellt ist oder nicht. Die von dem Vermögensberater mit der Aufrechnung geltend gemachten Forderungen seien deshalb unter Berücksichtigung einer dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB verjährt.
Fazit: Es kommt sehr darauf an, dass man nur die Gegenforderungen geltend macht, die Aussicht auf Erfolg bieten und das Wesen des Kontokorrents richtig einordnet.