Wann ist jemand Arbeitnehmer und wann Handelsvertreter

Mit Urteil vom 14.3.2017 hatte das Sozialgericht Karlsruhe einige Grundlagen aufgestellt, woran man einen freien Handelsvertreter von einem Arbeitnehmer unterscheiden kann. Die Abgrenzung ist in der Praxis schwierig und die Grenzen fließend.

das Sozialgericht hatte sich über einen Vermittler von Hard- und Software Gedanken machen müssen, ob dieser denn nun eher selbständig oder abhängig tätig war.

Mit Blogeintrag vom 11.6.18 wurde auf die erheblichen Folgen hingewiesen, die sich aus der Einstufung ergeben.

Das Urteil in seinen Kernsätzen:

„Bei der Abgrenzung eines selbstständigen Handelsvertreters von einem abhängigen Handlungsgehilfen ist zu berücksichtigen, dass die persönliche Gestaltungsfreiheit nur in ihrem Kerngehalt frei zu sein braucht.

Entscheidend ist bei der Abgrenzung, ob das Weisungsrecht des Unternehmers so stark ausgeprägt ist, dass der Beauftragte seine Tätigkeitszeit wie ein Angestellter einrichten muss.

Ein Unternehmensrisiko liegt nicht vor, wenn ein Anspruch auf ein monatliches Festgehalt besteht und der daneben stehende Provisionsanspruch nur in geringer Höhe anfallen kann sowie nur teilweise von dem tatsächlichen Umsatz des Beauftragten abhängt.“

Im Verfahrensverlauf wurden dem Gericht folgende Angaben mitgeteilt:

„Nach eigenem Ermessen trete er in Kontakt mit potentiellen Kunden des Auftraggebers, um Verkaufsgeschäfte zu vermitteln. Er habe in dessen Namen und für seine Rechnung den Verkauf von Software, Hardware und Dienstleistungen zu vermitteln. Hierbei handele es sich um Angebote für die Automobilindustrie im Bereich der Netzwerktechnologien. Die Vermittlung werde anhand von Emails, Telefonaten und Kundenbesuche gestaltet. Bisher seien noch keine Rechnungen gestellt worden. Der Grund hierfür sei, dass ihm bisher noch keine Steuernummer zugewiesen worden sei. Ein zeitlicher Rahmen sei zwar festgelegt worden. Dieser sehe jedoch keine festen Anwesenheitszeiten vor, sondern regele lediglich grob die durchschnittliche Anzahl von Stunden, in denen er für die Klägerin tätig werden soll. Die Einteilung der Arbeitszeit und die Auswahl der potentiellen Kunden stehe ihm selbst zu. Die Klägerin bestimme weder Ort noch Zeit der Tätigkeitsausübung. Es bestehe für ihn keine Pflicht, die Aufnahme, Unterbrechung und Beendigung der Tätigkeit zu melden oder im Rahmen einer Selbstaufschreibung festzuhalten. Es existiere kein standardisiertes Verfahren für Tätigkeitsberichte. Er informiere die Klägerin in Form von Besuchsberichten per Email. Es bestünden keine Tätigkeitsanweisungen oder Richtlinien für freie Mitarbeiter, die er zu beachten habe. Eine Ausschließlichkeitsvereinbarung bestehe nicht. Ihm seien keine Arbeitsmittel von der Klägerin zur Verfügung gestellt worden. Er führe alle Tätigkeiten selbst aus. Es bestehe keine Pflicht zur Befolgung jeglicher Weisungen. Die Tätigkeit werde inhaltlich frei geplant und gestaltet und in eigenen Räumen bzw. bei potentiellen Kunden ausgeführt.“

Der Vermittler beschrieb sich so, dass er „in der Regel einmal wöchentlich in ihren Geschäftsräumen zum Informationsaustausch und für Projektbesprechungen anwesend sei. Die restliche Zeit teile er sich selbst ein. Es bestünde eine Berichtspflicht über Kundenbesuche per Email. Ansonsten sei kein besonderer Nachweis über den Arbeitseinsatz zu führen. Er führe alle Tätigkeiten selbst aus.“

Der gesamte Vortrag nützte nichts.

Das Gericht wertete ihn als Arbeistnehmer!

„Beurteilungsmaßstab ist das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach Satz 2 der Vorschrift eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R <juris>) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist.“

„Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung, das sich wiederum nach den tatsächlichen Verhältnissen, d.h. den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (BSG, a.a.O.).“

Die Kammer konnte in der Person des Beigeladenen zu 2) kein wesentliches Unternehmensrisiko erkennen. Ein Unternehmensrisiko eines Selbstständigen liegt vor, wenn die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R <juris).

Vertriebler und Unternehmen vereinbarten eine Entgeltleistung in Höhe von 4.000,- EUR monatlich bei einer von ihm angegebenen Teilzeittätigkeit von etwa 20 Stunden wöchentlich. Aus den vertraglichen Regelungen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Anspruch im Krankheitsfalle nicht zustande kam, so dass von einer Fortzahlung auch bei Arbeitsunfähigkeit auszugehen ist.

Außerdem war der Provisionsanteil im Verhältnis zur regelmäßigen Zahlung gering, was auch gegen ein Handelsvertreterverhältnis sprach.

Von Vermittlern, Selbständigen, Angestellten und Einfirmenvertretern

Versicherungsvermittler können selbständig tätig sein, aber auch Handelsvertreter oder Arbeitnehmer sein.

Gemäß § 84 HGB ist Handelsvertreter, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln.

Selbständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Arbeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

Wer jedoch weisungsgebunden ist, wer also seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit nicht selbst gestalten kann, ist Arbeitnehmer.

Streitigkeiten zwischen Handelsvertretern und dem jeweiligen Unternehmen finden in der Regel vor dem Amts- und Landgerichten statt, bei Versicherungsvermittlern im Arbeitsverhältnis vor den Arbeitsgerichten.

Wenn einem Handelsvertreter auferlegt wird, vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig sein zu dürfen, wird dieser Handelsvertreter zum so genannten Ein-Firmen-Vertreter und es könnte auch dann das Arbeitsgericht für ihn zuständig sein (§ 92 a Abs. 1 Satz 1 HGB). Das Arbeistgericht wäre dann für einen Handelsvertreter zuständig.

Wer Arbeitnehmer ist, fällt unter die Pflichten der Sozialversicherung. Aber auch Selbständige können in die Sozialversicherungspflicht fallen, zumindest was die Rente angeht. Ein selbständig Tätiger ist gemäß § 2 Ziff. 9 SGB VI auch verpflichtet, in die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlen, wenn er im Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen  Arbeitnehmer beschäftigt und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist (Stichwort: Ein-Firmen-Vertreter).

Ein nur geringfügig Beschäftigter Arbeitnehmer ist kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer im Sinne des § 2 SGB VI. Wenn man nur einen geringfügig Beschäftigten Arbeitnehmer hat, wird man also trotzdem rentenversicherungspflichtig bleiben.

Wenn man mehrere geringfügig Beschäftigte hat, werden diese gemäß Urteil des Bundessozialgerichtes vom 23.11.2005 addiert. Dies könnte dann dazu führen, dass man die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erhält. Grundsätzlich neigt die Deutsche Rentenversicherung dazu, einen Ein-Firmen-Vertreter unter die Rentenversicherungspflicht zu stellen.

Die Gefahr der Rentenversicherungspflicht ist nicht zu unterschätzen. Am 03.06.2016 hatte das Bayrische Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 1 R 679/14 entschieden, dass ein Makler, der einem Maklerpool angeschlossen ist, rentenversicherungspflichtig ist.

Der dortige Makler hatte keinen Mitarbeiter und hatte bei der 1:1 Assekuranz Service AG aus Augsburg vermittelt. Das heißt, er hatte ausschließlich dort auf einer Plattform Unterlagen eingereicht. Kunden hatte er viele, Auftraggeber war nach der Auffassung des Gerichts nur 1:1.

Die Gerichte meinten, dass der Makler faktisch wirtschaftlich abhängig von der AG sei. Im Übrigen würde er stark entlastet werden, weil die AG „Back-Office-Tätigkeiten“ abnehme.

Im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber ist jemand tätig, wer nur für einen bzw. daneben nur in unbedeutendem Maße für andere Auftraggeber tätig ist. Das ist der Fall, wenn 5/6stel der Einnahmen von einem Auftraggeber stammen. Als Einnahmen gilt das Arbeitseinkommen (Beschwerdegegner, Urteil vom 04.11.2009 W oder B12 R 7/08).

Wie reagiert man auf Abmahnungen?

Die DSGVO (oder ausgesprochen die Datenschutzgrundverordnung) ist in Kraft getreten und somit anwendbar. Die Angst vor Abmahnungen und die Verhängung von Bußgeldern aufgrund von Verstößen sind da. Und die ersten Abmahnungen sind auch schon da. Doch sind Abmahnungen wirklich so beängstigend? Wie geht man mit einer Abmahnung um?

Das sollten Sie wissen:

Es fragt sich wann genau mit einer Abmahnung gerechnet werden kann und wer diese erklären darf. Eine Abmahnung kann erklärt werden, wenn ein Verstoß gegen die DSGVO vorliegt und die verletzte Norm eine sogenannte Marktverhaltensregel darstellt. Dann kann entweder von einem Konkurrenten oder von Wettbewerbsverbänden abgemahnt werden. Marktverhaltensregel ist eine Norm, wenn diese die Wettbewerbsfähigkeit der Konkurrenten sichert. Im Einzelfall müssen natürlich erst einmal die Gerichte entscheiden. Durch diese rechtliche Unsicherheit wird es zunächst dazu kommen, dass eher Wettbewerbsverbände abmahnen werden. Um Abmahnungen zu vermeiden sollten Einwilligungs- und Datenschutzerklärungen immer mit dem aktuellem Datenschutzrecht übereinstimmen.

„Finanziell“ ist es sehr empfehlungswert, auf eine Abmahnung zu reagieren und nicht erst nach einer Klage vor Gericht.  Eine richtige Reaktion könnte Ihnen die Gerichtskosten ersparen. Die Forderungen der Gegenseite steigen auch, wenn Sie Unterlassungserklärungen nicht fristgerecht abgeben. Dann kommt es oft zu Einstweiligen Verfügungen. Diese Eilverfahren lassen Ansprüche, z.B. auf Unterlassen, schnell durchsetzbar machen. Um die Forderungen bei Ihnen einzutreiben können auch Inkassounternehmen beauftragt werden. Dies ist zu vermeiden. Falls Sie ahnen, dass ein Dritter eine Einstweilige Verfügung gegen Sie beantragen möchte, kann Ihnen eine Schutzschrift helfen. Wenn Sie bereits eine erhalten haben, hilft Ihnen ein Widerspruch.

Unterlassungserklärungen sollten dennoch nicht bedingungslos unterschrieben werden. Um eine Frist einzuhalten reicht es auch eine von Ihnen umformulierte Erklärung zu unterschrieben. Ansonsten erklären Sie sich auch dazu die Kosten der Abmahnung zu tragen. Dazu ist die Vertragsstrafe in der Regel zu hoch.

Ein Rechtsanwalt kann dabei helfen, die Unterlassungserklärung zu modifizieren. Andernfalls würden Sie auch der Gefahr von Vertragsstrafen ausgesetzt sein, denn eine solche Erklärung wirkt nach dem BGH grundsätzlich lebenslang.

Wenn eine Klage gegen Sie erhoben wird, müssen Sie grundsätzlich einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen (Anwaltszwang besteht bei Streitwerten über 5.000,00 € – dieser ist bei einer Unterlassensklage oft gegeben).

Eine Rechtsprechung zur DSGVO gibt es noch nicht. dennoch sollte im Falle einer Abmahnung schnell reagiert werde.

 

Makler haftet, wenn er Fristen versäumt

Wenn ein Versicherungsmakler Fristen versäumt und dem Kunden nicht hilft, haftet er gem. § 280 Abs.1 BGB. Das entschied der BGH in einem Urteil vom 30.11.2017 unter dem Az. I ZR 143/16.

Der Pflichtenkreis des Versicherungsmaklers umfasst grundsätzlich auch die Hilfestellung bei der Regulierung eines Versicherungsschadens, betonte der BGH. Der Umstand, dass es zur eigenen Verantwortung des Versicherungsnehmers gehört, sich nach einem Versicherungsfall über Ausschlussfristen nach den Versicherungsbedingungen zu informieren, lässt keinen anderen Schluss zu.
Das gilt auch dann, wenn – wie hier – die zu beratenden Person über einschlägige Kenntnisse verfügt, und die Frist hätte selbst erkennen können.
Was war geschehen? Nach einem Verkehrsunfall hatten der Klägerin Ansprüche gegen eine Unfallversicherung zugestanden. Der Unfall wurde  dieser Versicherung rechtzeitig gemeldet. Der Versicherer wies die Kundin darauf hin, dass die Versicherungsleistung erst fällig werde, wenn eine unfallbedingte Invalidität innerhalb von zwölf Monaten eintritt und spätestens 18 Monate nach dem Unfall von einem Arzt festgestellt wird.

Diese 18 Monats-Frist verstrich und der Versicherer lehnte den verspäteten Antrag auf eine Unfallversicherungsleistung von 37.800 € danach ab.

Nunmehr ging die Kundin gegen den Makler vor. Dieser sollte sich um die Schadenabwicklung kümmern solle.

Eine besondere Note bekam die Sache, weil Kundin selbst geprüfte Versicherungsfachfrau ist und früher einmal als Untervertreterin der Maklerin tätig war. Sie besaß also gewisse Vorkenntnisse. Dies hatte der BGH in der Entscheidung gewürdigt, den Makler aber dennoch voll in die Verantwortung genommen.

Datenschutzgrundverordnung und Abmahnungen

Die große Frage, die alle beschäftigt ist, ob nun nach Begin der Datenschutzgrundverordnung Abmahnungen zu befürchten sind, wenn man Aspekte übersehen hat.

Dies ist rechtlich noch völlig unklar. Dazu müsste ein Verstoß einen Wettbewerbsvorteil darstellen.

Verstöße gegen das Datenschutzrecht können einen Wettbewerbsvorteil darstellen. Dies allerdings nur, wenn die entsprechende DSGVO-Vorschrift auch eine sog. Marktverhaltensregel ist. Hier gibt es noch große rechtliche Unsicherheiten, die letztlich erst einmal die Gerichte klären müssen.

Nur wenn die Vorschrift als wettbewerbsrechtliche Verletzung abgemahnt werden kann, berechtigt dies z.B. Konkurrenten und Wettbewerbsverbände zur Abmahnung. Da hier allerdings noch Unsicherheiten bestehen, ist zu erwarten, dass zumindest Konkurrenten zunächst abwarten werden, was die gerichte in Zukunft dazu sagen. Schließlich können auch sie sich kaum sicher sein, alle DSGVO-Regeln rechtssicher einzuhalten.

Vielleicht werden deshalb wohl erst Wettbewerbsverbände abmahnen.