Berufung

OLG Stuttgart zur Stornobekämpfung

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte kürzlich Grundsätze aufgestellt, ob und unter welchen Voraussetzungen Provisionsvorschüsse zurückzuzahlen sind und wann sog. Stornobekämpfungsmaßnahmen genügen.

Das Landgericht Tübingen hatte in erster Instanz einen Vermögensberater zur Zahlung verurteilt. Dagegen wehrte er sich im rahmen einer Berufung vor dem OLG. Die Entscheidung war dem OLG zu pauschal und wies auf viele Dinge hin, die noch fehlen würden, um der Klage zum Erfolg zu verhelfen.

Da das Landgericht jegliche gerichtliche Hinweise ausgelassen hatte, musste sich zwangsläufig das Oberlandesgericht nunmehr intensiv damit beschäftigen und schrieb wie folgt:

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Soweit der Kunde von sich aus gekündigt hat, wird unter Benennung des jeweiligen Vertrages/Versicherungsnehmers um Darlegung der durchgeführten Stornobekämpfungsmaßnahme und der Gründe für das Scheitern gebeten. Das gilt insbesondere dann, wenn die Maßnahme darin bestand, dass dem Nachfolger des Beklagten die Durchführungen der Stornobekämpfungsmaßnahme aufgegeben wurde. Ferner wird um Mitteilung gebeten, ab wann der Beklagte keinen Zugriff mehr auf die Daten der Versicherungsnehmer hatte.

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Sollten noch sonstige Stornierungen vorhanden sein, wird um Darlegung der entsprechenden Stornobekämpfungsmaßnahmen und deren Ergebnis gebeten.

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Die Klägerin wird im Hinblick auf ihren Schriftsatz vom 01.04.2015 darauf hingewiesen, dass der allgemeine Vortrag bezüglich der Stornobekämpfungsmaßnahmen, wie er im Schriftsatz vom 21.02.2014 dargelegt wurde, in seiner Allgemeinheit solange für die Schlüssigkeit der Klage ausreicht, solange er nicht bestritten ist. Für das Bestreiten reicht es dann jedoch aus, wenn der klägerische Vortrag genauso allgemein bestritten wird. Soweit der Beklagte in der Klageerwiderung die Durchführung von Stornobekämpfungsmaßnahmen durch die Klägerin bestritten hat, reicht das vor dem Hintergrund des allgemeinen Vortrags der Klägerin daher aus.

Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 28.06.2012 – VII ZR 130/11 (NJW 2012, 3305) folgendes festgestellt:

Gemäß § 87 Abs. 2 i.V. mit § 92 Abs. 2 HGB entfällt der Anspruch des Handels- bzw. Versicherungsvertreters auf Provision im Falle der Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer, wenn und soweit die Nichtausführung auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Die Nichtausführung (Stornierung) des Vertrags ist schon dann von dem Versicherungsunternehmen nicht zu vertreten, wenn es notleidende Verträge in gebotenem Umfang nachbearbeitet hat. Art und Umfang der dem Versicherungsunternehmen obliegenden Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls. Das Versicherungsunternehmen kann entweder eigene Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen, die dann freilich nach Art und Umfang ausreichend sein müssen, oder sich darauf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten. Sieht der Versicherer von einer Stornogefahrmitteilung an den bisherigen Versicherungsvertreter ab und nimmt er sein Recht wahr, andere Maßnahmen zu ergreifen, müssen diese nach Art und Umfang ausreichend sein. Insoweit kann der Versicherer zwar auch den Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters mit der Nachbearbeitung beauftragen. Allerdings stellt die bloße Versendung einer Stornogefahrmitteilung an den Bestandsnachfolger keine ausreichende Maßnahme dar. Ein auch darauf gerichtetes Wahlrecht des Versicherers gibt es nicht. Denn der Bestandsnachfolger wird den Schwerpunkt seiner Tätigkeit aus Gründen des eigenen Provisionsinteresses darauf setzen, Neuverträge abzuschließen und nicht dem Provisionsinteresse seines Vorgängers dienen wollen. Daher muss der Versicherer weiteren Vortrag zur konkreten Nacharbeit durch den Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters oder zur Aussichtslosigkeit der Nacharbeit halten.

Folglich muss die Klägerin spätestens dann, wenn der Beklagte ihren allgemeinen Vortrag zu den Stornobekämpfungsmaßnahmen ausreichend – allgemein –bestreitet, konkret zu den jeweils durchgeführten Maßnahmen vortragen. Erst dann muss der Beklagte entsprechend konkret bestreitet. Dabei wird es voraussichtlich nicht ausreichen, den Vortrag der Klägerin allein mit Nichtwissen zu bestreiten. Denn der Beklagte kannte die Kunden und das normale Vorgehen der Klägerin im Fall der Stornierungen. Es kann daher erwarte werden, dass der Beklagte konkrete Einwände erhebt, sei es, weil er entsprechende Erkundigungen bei den Kunden eingezogen hat, oder sei es, dass das behauptete Vorgehen der Klägerin vom üblichen Proceder in erheblicher Weise abweicht.

Verfügung vom Oberlandesgericht Stuttgart vom 13.05.2015

IHD darf weitermachen

Das Oberlandesgericht OLG Frankfurt erwägt, die Berufung der DVAG zurückzuweisen. Die DVAG hatte zunächst eine einstweilige Verfügung gegen die Unabhängige Interessenvertretung der Handelsvertreter der  DVAG e.V., kurz IHD, erwirkt. Dagegen legte die IHD Rechtsmittel ein.  Nach einer mündlichen Verhandlung wurde der Beschluss aufgehoben.  Dagegen legte die DVAG Rechtsmittel beim Oberlandesgericht Frankfurt ein.

Das OLG Frankfurt erwägt nun, die Berufung zurückzuweisen, unter anderem mit dem Hinweis, die DVAG sei der Behauptung, dass sich auch aktive Vermögensberater der IHD angeschlossen hatten, nicht substantiiert entgegengetreten.

Kaffeeröster darf nicht vermitteln

Das OLG Hamburg hat eine Berufung von Tchibo zurückgewiesen. Tchibo hatte sich gegen ein Urteil gewehrt, welches ihm untersagte, über sein Internetportal Versicherungen und Finanzdienstleistungen zu vermitteln.

Tchibo sei nicht nur Tippgeber, sondern vermittle, wozu eine Erlaubnis erforderlich wäre, so das Gericht.

Mehr dazu hier.

OLG Düsseldorf: Geschäftsführer haftet nicht für Inkasso

Kürzlich hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf über eine nicht alltägliche Berufung eines Versicherers zu entscheiden.

Ein Versicherungsvertreter unterhielt eine GmbH. Diese war für die Versicherung als Versicherungsvertreter im Rahmen eines Handelsvertretervertrages tätig. Sie hatte auch sog. Inkassovollmacht, nahm also Beiträge der Kunden ein.

Die Beiträge wurden teilweise nicht zurückgeführt. Der Versicherer verlangte bereits vor Jahren einmal die Rückführung dieser Außenstände, was dann auch geschah. Danach kam es erneut zu Rückständen. Dies wurde von dem Versicherer dann zunächst so hingenommen. Dann wurde Klage erhoben.

Verklagt wurde sowohl die GmbH als auch der Geschäftsführer. Letzterem warf man vor, er sei als Geschäftsführer verantwortlich und hafte daher persönlich.

Erstinstanzlich verwies der Versicherer hauptsächlich auf die Rechtsprechung des BGH, wonach grundsätzlich der Geschäftsführer für die Weitergabe sog. Fremdgelder verantwortlich ist und – wenn sie nicht abgeführt würden – persönlich dafür zu haften hat.

Die Klage der Versicherung gegen die GmbH hatte erstinstanzlich Erfolg, gegen den Geschäftsführer nicht. Das Landgericht meinte, der Versicherer müsse mehr zu den Voraussetzungen vortragen. Ohne auf fehlenden Vortrag hinzuweisen, überraschte das Landgericht den Versicherer mit dem abweisenden Urteil.

Lediglich gegen die GmbH hatte der Versicherer Erfolg. Diese erwies sich jedoch nicht als zahlungsfähig, so dass der Versicherer sein Glück nunmehr im Rahmen der Berufung gegen den Geschäftsführer suchen musste.

Das Oberlandesgericht hatte kürzlich darüber zu entscheiden. Trotz weiteren Vortrags des Versicherers hatte die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das OLG hielt dem Versicherer vor, er habe die Umstände doch jahrelang akzeptiert. Lediglich vor Jahren hatte man sich einmal um einen Ausgleich bemüht, der dann auch erfolgte. Danach ließ man alles wieder wie bisher laufen. Es gab keine weiteren Aufforderungsschreiben.

Das OLG hielt dem Versicherer vor, er habe den Zustand geduldet und wies auch die Berufung ab.

Tchibo träumt weiter von gerösteten Versicherungen

Nachdem Tchibo bereits im Mai eine Bauchlandung hinlegte, weil das Landgericht Hamburg dem Kaffeeröster den Verkauf von Versicherungen verbot, dachten wir alle,  das Thema wäre zu Ende.

Es geht aber weiter. Tchibo legte Berufung ein.

Vielleicht wird die Berufung ja damit begründet, dass doch eh jeder weiß, dass ein Tchibo-Kaffee-Fachverkäufer keine Ahnung von Versicherungen hat. Und andere, die auch keine Ahnung haben, verkaufen doch auch fröhlich und ohne Hemmungen Finanzdienstleistungen. Und das auch sehr erfolgreich…..