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Am 07.02.2011 entschied der Bundesgerichtshof, dass ein Anlagevermittler verpflichtet ist, eine Plausibilitätsprüfung durchzuführen.
Ein Kunde hatte sich mit seiner Ehefrau im Jahre 1997 an einem geschlossenen Immobilien-Fond beteiligt. Dies geschah auf Anraten eines Anlagevermittlers.
Der einzuzahlende Betrag wurde durch einen Bankkredit finanziert. Der Fond wurde durch einen Prospekt bzw. durch eine Modellberechnung dem Kunden erläutert.
Nicht erläutert wurde jedoch, dass 20 % für Kosten, davon allein 12 % für Provisionen, mit in die Berechnung hätte einfließen müssen. Darüber hatte der Vermittler nicht aufgeklärt.
Der Kunde verlangte Schadenersatz und verlangte die Rückabwicklung des Vertrages.
Das Gericht entschied nun:
Die vorgelegten Modelberechnungen enthielten ein falsches Bild, weil die Kosten für den Fond nicht berücksichtigt wurden. Ein Vermittler ist jedoch dazu verpflichtet, über alle wichtigen Umstände einer Anlageentscheidung aufzuklären. Er muss es auf seine wirtschaftliche Plausibilität hin überprüfen.
Die Modellberechnungen enthielten weitere Fehler, nämlich z.B. den, dass die Wertsteigerung bei 6,5 % hätte liegen müssen, um die ausgewiesene Rendite erzielen zu können. Berechnet wurde jedoch eine Wertsteigerung mit 3%.
Die Angelegenheit wurde an die Vorinstanz zurückgegeben.
Urteil des Bundesgerichtshofes vom 17.02.2011 Aktenzeichen III ZR 144/10
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Am 25.06.2010 entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass die Berechnung des Ausgleichsanspruches gemäß § 89 b HGB grundsätzlich im Wege einer Prognose vorgenommen werden kann. Es sind die Provisionen zu berücksichtigen, die der Handelsvertreter mit den von ihm geworbenen (Stamm-) Kunden im letzten Vertragsjahr erzielt hat, über die zu erwartenden Verlust nach Vertragsende über einen bestimmten Zeitraum vorgenommen werden.
§ 89 b Abs. 1 HGB wurde kürzlich geändert. Der Europäische Gerichtshof verlangte, dass die Begrenzung des Ausgleichsanspruches auf die vertraglichen Provisionsverluste nicht zulässig sei. Dies berücksichtigt der Deutsche Gesetzgeber in der nunmehr geänderten Fassung des § 89 b Abs. 1 HGB, wonach als Voraussetzung für einen Ausgleichsanspruch der nachvertragliche Unternehmensvorteil unverändert bestehen bleibt.
In den Fällen, in denen der Handelsvertreter früher keinen Ausgleich erhielt (z.B. wenn er nur eine Einmal-Provision erhalten hatte) sind nunmehr Ausgleichsansprüche nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn der Unternehmer oft über Jahre hinweg von dem Abschluss solcher Verträge erhebliche Vorteile erzielt. Hier besteht Hoffnung, dass solche Ausgleichsansprüche in Zukunft zur Auszahlung kommen.
Zu bedenken ist jedoch, dass der BGH am 29.03.1990 entschieden hatte, dass gemäß § 287 ZPO eine tatrichterliche Schätzung vorgenommen werden darf, als dass die dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verbleibenden Vorteile aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, der Höhe nach identisch sind mit den Provisionsverlusten, den der Handelsvertreter in Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses erleidet. Sollte der BGH diese Rechtsprechung aufrechterhalten und weiterhin diese Berechnung als Grundlage heranziehen, könnte dies dazu führen, dass trotz der geänderten Gesetzeslage im Ergebnis keine neuen Entscheidungen zu erwarten sind.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 25.06.2010 – Aktenzeichen I – 16 U 191/09
BGH-Urteil vom 29.03.1990 – Aktenzeichen I ZR 2/98 – in WM 1990, 1496
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Am 10.02.2011 hatte der BGH ein Urteil gefällt, wonach es der AOK Plus verboten war, zu Werbezwecken Telefonanrufe durchzuführen. Die AOK hatte sich bereits im Jahre 2003 gegenüber der Verbraucherzentrale Sachsen dazu verpflichtet, dies zu unterlassen, ansonsten 5.000,00 € pro Verstoß zu zahlen.
Die AOK beging Verstöße und wandte ein, die Deutsche gesetzliche Regelung, wonach solche Anrufe verboten sind, sei nicht mit den Richtlinien in der Europäischen Union vereinbar. Der Bundesgerichtshof entschied, der Deutsche Gesetzgeber sei berechtigt, Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern generell von deren vorherigen ausdrücklichen Einverständnis abhängig zu machen.
Ein solches Einverständnis konnte die AOK nicht nachweisen. Einen solchen Nachweis hätte sie führen können, wenn sie entsprechende E-mail gespeichert hätte.
Die AOK stützte sich darauf, ihr habe die Einwilligung der Angerufenen im Rahmen eines so genannten „Double- Optin-Verfahrens“ erhalten. Der BGH sagte, das genüge nicht.
BGH-Urteil vom 10.02.2011 Aktenzeichen I RZ 169/99
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Nicht erst die Entscheidung des BGH vom 1.12.10 hat klargestellt, dass ein Versicherer nur dann Provisionsvorschüsse erfolgreich zurückverlangen kann, wenn er eine Nachbearbeitung der notleidenden Verträge darlegen kann.
Der Vertreter kann sich dann gegen eine Zahlungsverpflichtung dennoch zur Wehr setzen, wenn er beweisen kann, dass eine Nachbearbeitung tatsächlich nicht erfolgt ist.
Dazu ist er regelmäßig auf die Aussagen der Kunden angewiesen.
Aber darf er sich denn überhaupt an die Kunden wenden, um hier die „Wahrheit“ zu ermitteln ?
Schließlich „gehören“ doch die Kunden nach einer anderen Ansicht des BGH dem Versicherer.
Ich denke, dass es jedenfalls legitim sein muss, Kunden zu befragen, um sich nach der Nachbearbeitung zu erkundigen.
Der BGH sagt ja auch in einer weiteren interessanten Entscheidung vom 11.3.2010, dass Kunden nach Vertragsende des Vertreters abgeworben werden dürfen.
Also dürfen Kunden auch angesprochen werden und zu den Umständen befragt werden.
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Bei der Frage, ob bei einem Rechtsstreit mit einem Handelsvertreter als Beteiligten das Arbeitsgericht zuständig ist, stellt sich u.a. die Frage nach den Provisionszahlungen der letzten 6 Monate vor Vertragsende.
Der BGH verlangt, dass bei der Berücksichtigung der Einkommensgrenze ausschließlich Provisionen zu berücksichtigen sind, die fest verdient sind, also im Rahmen unverbindlicher Vorschüsse gezahlt werden (BGH, Beschluss vom 12.02.2008, VIII ZB 51/06, NJW-RR2008, 1420).
Danach sind nur alle unbedingt entstandenen Ansprüche zu berücksichtigen. Da in der Finanzdienstleistungsbranche aber gerne mit Vorschüssen gearbeitet wird, erst recht bei den großen Strukturvertrieben AWD und DVAG, ergibt sich gerade daraus erheblicher Streitstoff. Die bloßen Zahlungen der letzten 6 Monate sind nach der Entscheidung des BGH nicht maßgeblich.
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Wie ein Lauffeuer verbreitete sich das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 01.12.2010.
Beschränkt sich ein Versicherer darauf, säumigen Kunden eine Mahnung zu schicken, in welcher auf die Vorteile des Vertrages hingewiesen wird, so reicht das in der Regel nicht dazu aus, die dem Vermittler gezahlte Provision zurückfordern zu können.
Ein Rückzahlungsanspruch kann allerdings dann bestehen, wenn der Versicherer dem Vermittler Stornogefahrmitteilungen überlassen hat. Dafür genügt der einfache Postweg.
Der BGH hatte über einen Anspruch in Höhe von 22.000,00 € zu entscheiden. Der Versicherer behauptete, per Brief so genannte Stornogefahrmitteilungen an den Versicherungsvertreter gesandt zu haben. Dieser bestritt, die Post bekommen zu haben.
Der BGH meint, dass der Versicherer gegen säumige Versicherungsnehmer nicht auf dem Klagewege vorgehen müsse. Er ist dazu verpflichtet, notleidende Verträge in gebotenem Umfang nachzubearbeiten.
Was er genau tun muss, ist immer eine Frage des Einzelfalles.
Der Versicherer kann entweder eigene Maßnahmen ergreifen oder dem Vermittler die Gelegenheit geben, die Verträge selbst nachzubearbeiten.
Wie sich aus den bisherigen BLOG-Eintragungen bisher ergab, war das, was der BGH im Grundsatz entschieden hatte, bisher auch gängige Praxis.
Bei vielen Strukturvertrieben wird darauf verzichtet, dem Vermittler selbst die Gelegenheit zur Nachbearbeitung zu geben, wenn das Vertragsverhältnis beendet ist. Sogenannte Besuchsaufträge werden dem vermittler allerdings während des laufenden Vertrages übersandt. Nach Vertragsende verlässt man sich dann entweder auf den Versicherer, oder aber auf andere Mitarbeiter, denen man die Nachbearbeitungspflichten übertragen hat.
Der BGH hat entschieden, dass derart Mischformen grundsätzlich zulässig sind.
Schwerpunkt vieler Streitigkeiten ist dann jedoch, ob die Mitarbeiter des jeweiligen Vertriebes tatsächlich die Nachbearbeitungsmaßnahmen getroffen haben. Teilweise wird in diesem Rahmen sogar der Vorwurf erhoben, die Mitarbeiter würden die Nachbearbeitung nicht dafür nutzen, alte Verträge zu retten, sondern neu zu platzieren.
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Der Bundesgerichtshof hat am 6.10.2010 ein Urteil zum Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB gefällt.
Der BGH hat entschieden, dass der Ausgleichsanspruch nicht deswegen ausgeschlossen ist, weil der Vertragshändler nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Hersteller seinen Geschäftsbetrieb eingestellt hat. Das gilt selbst dann, wenn die Betriebseinstellung auf die Insolvenz des Vertragshändlers zurückzuführen ist. Der Zweck der Regelung des §89 HGB besteht nämlich darin, dem Vertragshändler eine Vergütung für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen zu gewähren. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Händler auch in Zukunft tatsächlich noch hätte Provisionen erzielen können.
Der BGH äußerte sich auch zu der Änderung des § 89b Abs.1 Satz 1 HGB. Nach dem neuen § 89b HGB sind die dem Hersteller verbleibenden Vorteile höher zu bewerten als etwaige Provisionsverluste. Allerdings hat der Händler in diesem Fall diese nicht geltend gemacht, weshalb der neue § 89b Abs.1 Satz 1 HGB nicht zur Anwendung kam.
Der BGH hat weiter zu der Frage Stellung genommen, ob ein Ausgleichsanspruch unbillig sein könnte, wenn der Unternehmer sowohl Provisionen an den Nachfolger zahlen muss und gleichzeitig den Ausgleichsanspruch. Da dies zwangsläufige Folge des Anspruchssystems des HGB, erläutert der BGH, sei dies nicht unbillig. Beide Ansprüche stehen nämlich nach §§ 87, 87a, 89b HGB nebeneinander. Der Ausgleichsanspruch wird deshalb also nicht ausgeschlossen.
Ohne Erfolg hat sich der Hersteller auch dagegen gewandt, dass der BGH den Ausgleichsanspruch nicht durch Multiplikation der Mehrfachkundenumsätze im letzten Vertragsjahr, sondern anhand der in den letzten fünf Vertragsjahren erzielten Mehrfachkundenumsätze errechnet hat. Zwar sind nach der Rechtsprechung grundsätzlich die innerhalb des letzten Vertragsjahres auf den Listenpreis gewährten Rabatte zu Grunde zu legen. Davon ist nur der Umsatz mit Stammkunden zu berücksichtigen. Hier hatte das letzte Vertragsjahr jedoch einen atypischen Verlauf genommen. Dann kann anders berechnet werden, so der BGH. Und zwar auch, wie im vorliegenden Fall, obwohl beide Parteien des Prozesses anders gerechnet hatten, nämlich mit den Mehrfachkundenumsätzen des letzten Jahres.
Der BGH hat dann seine ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach Vergütungen des Herstellers für händlertypische Tätigkeiten nicht berücksichtigt werden können. Ferner hat er erneut unterstrichen, dass die Berechnung nach der Rohertragsmethode zulässig ist. Dabei kommt es für die Einbeziehung von zusätzlichen Vergütungsleistungen in die Ausgleichsberechnung nicht darauf an, ob dem Händler ein vertraglicher Anspruch auf die gewährten Zusatzleistungen zusteht.
Im Einzelnen sind Großabnehmer-, Leasing- und Sonder-Prämienzuschüsse, nicht jedoch eine „Sondervergütung Gebrauchtfahrzeug“ einzubeziehen. Folgerichtig wäre der von dem Händler dem Endverbraucher gewährte Preisnachlass („versteckter Rabatt“) in Abzug zu bringen, weil Rabatte des Händlers in voller Höhe seinen individuellen Rohertrag schmälern. Dieser Abzug war aber nicht erfolgt.
Akzeptiert hat der BGH hingegen, dass der gesamte Rohertrag einschließlich der berücksichtigungsfähigen Zuschüsse um 29 Prozent als händlertypische Bestandteile gekürzt worden sind. Die von dem Händler zu beanspruchenden Zusatzrabatte von 5 Prozent sind ins Verhältnis gesetzt worden mit dem Gesamtrabatt von 17,5 Prozent (12,5 Prozent Grundrabatt plus 5 Prozent Zusatzrabatte).
Anschließend wurden 2,5 Prozent der Unverbindlichen Preisempfehlung zu den Mehrfach-Kunden-Geschäften geschätzt und abgezogen. Dies geschieht für die vermittlungsfremden Tätigkeiten, die ein Händler im Vergleich zu einem Handelsvertreter ausführt. Der Hersteller wollte 3,16 Prozent abgezogen haben, was der BGH abgelehnt hat. Der BGH akzeptiert schließlich einen Billigkeitsabschlag von 25 Prozent wegen der Sogwirkung der Marke Volvo und lehnt einen weiteren Abschlag wegen der Übernahme der Marke Seat ab, weil beide Marken nicht vergleichbar sind.
Entscheidung vom 06.10.2010 (VIII ZR 209/07)
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Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.3.2010 spricht nichts dagegen, wenn ausgeschiedene Mitarbeiter eines Unternehmens bei ihrem früheren Arbeitgeber Kunden abwerben. Es spricht auch nichts dagegen, wenn sie dies telefonisch tun (soweit es sich um Geschäftskunden handelt). Der Kundenkreis sei nämlich kein geschütztes Rechtsgut.
Die ehemaligen Vertriebs- und Betriebsleiter eines metallverarbeitenden Unternehmens gründeten nach ihrer Entlassung ein Konkurrenzunternehmen. Um sich am Markt zu platzieren, informierten sie Kunden ihres ehemaligen Arbeitgebers über ihr neu gegründetes Unternehmen, indem sie diese mit Anrufen und E-Mails kontaktierten. Der ehemalige Arbeitgeber sah in diesem Verhalten einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.
Anstoß des Streites war folgende Mail an „Alt-Kunden“, nachdem diese zuvor angerufen wurden :
„vielen Dank für .. Ihr Interesse.
Wie besprochen sende ich Ihnen unsere Kontaktdaten zu. Über Anfragen/Aufträge würden wir uns freuen und sichern Ihnen eine zügige und qualitativ hochwertige Bearbeitung schon jetzt zu.“
Der BGH waren anderer Auffassung als der ehemalige Arbeitgeber. Es sei wettbewerbsrechtlich nichts dagegen einzuwenden, wenn ein ehemaliger Mitarbeiter versuche, Kunden seines früheren Arbeitgebers zu gewinnen. Das Abwerben gehöre zum Wesen des Wettbewerbs, auch wenn die Kunden noch an den Mitbewerber gebunden sind. Verwende der inzwischen für einen Mitbewerber tätige ehemalige Mitarbeiter für die Kontaktaufnahme zu einem Kunden seines früheren Arbeitgebers Informationen, die er während seiner Tätigkeit beim bisherigen Arbeitgeber erlangt hatte, sei dies nicht unlauter. Der Rückgriff auf eigene Kenntnisse dürfe ihm nicht untersagt werden. Er dürfe sein Wissen ausschöpfen und für seinen jetzigen Arbeitgeber einsetzen. Ein Hinweis auf die Tätigkeit für ein neues Unternehmen, das mit dem bisherigen Arbeitgeber im Wettbewerb steht, könne für den kontaktierten Kunden des früheren Arbeitgebers eine nützliche Information sein.
BGH Az.: I ZR 27/08
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Die Verbraucherzentrale Hamburg, die norddeutsche Antwort auf Robin Hood, muss auch Niederlagen einstecken.
Gelang es ihr noch, erfolgreiche Prozesse gegen Lebensversicherer zu führen und Allgemeine Geschäftsbedingungen für unwirksam „zu erstreiten“, sprach der BGH heute ein verbraucherunfreundliches Urteil aus.
Gemäß der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hatten die Lebensversicherer nach einer Kündigung der LV Abzüge für Stornokosten und Abschlusskosten vorgenommen. Dies durften sie nicht. Die letzte Entscheidung des BGH datiert vom 12.10.2005.
Nun stritt man sich die Verjährung von Ansprüchen gegen die Lebensversicherer. Die Versicherer meinten, gemäß der alten Verjährungsregelungen wären die Ansprüche nach 5 Jahren verloren. Die Verbraucherzentrale argumentierte, es müsse auf die Kenntnis ankommen. Und da man erst am 12.10.2005 endgültig über die Aussichten informiert wurde, könnten auch erst dann die Ansprüche beginnen zu verjähren.
Der BGH lies die Verbraucherzentrale mit einer Begründung abblitzen, die wunderschön überzeugend ist : Die Richter sagten, es stand schlicht und ergreifend nicht im Gesetz. In § 12 Absatz 1 VVG alter Fassung steht nichts von Kenntnis.
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Die Verbraucherzentrale Hamburg macht wieder auf sich aufmerksam.
Diesmal geht es darum, dass Klauseln aus Rechtsschutzversicherungsverträgen unwirksam sein sollen. Das Versicherungsjournal teilte am 29.06.2010 mit, dass es insgesamt 17 Rechtsschutzversicherer getroffen habe. Sie seien alle von der Verbraucherzentrale abgemahnt worden. Angeblich würde man intransparente Klauseln verwenden.
Es handelt sich um die Klausel, der Versicherungsnehmer hat „…alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte“.
Betroffen sind AdvoCard, ARAG, D.A.S, DEURAG, Roland, Neue Rechtschutz, AllRecht, Auxillia, Badische, R+V, Alte Leipziger, DEVK, Concordia, HDI-Gerling, Itzehoer, DMB und JurPartner.
Alle Versicherer haben bis zum 12.07.2010 Zeit, eine entsprechende Unterlassenserklärung abzugeben.
Laut Versicherungsjournal soll es ein Musterverfahren – wohl mit der RolandRechtschutz – gegeben haben. Dieses Verfahren soll bis zum Bundesgerichtshof gegangen sein. Dort soll in einer Terminnachricht vom 22.05.2008 zum Aktenzeichen IV ZR 352/07 der BGH die Beteiligten darauf hingewiesen haben, dass die Bedingungen gegen das Transparenzgebot verstoßen und somit unwirksam sein können.
Übrigens : Die Verbraucherzentrale Hamburg hält ohnehin nicht viel von Rechtsschutzversicherungen. Auf der Homepage der Verbraucherzentrale wird dort die Meinung vertreten im Falle der Kündigung des Rechtsschutzversicherung:
„Ärgern Sie sich nicht! Freuen Sie sich, dass Sie einen unwichtigen Versicherungsvertrag loswerden. Denn eine Rechtsschutzversicherung brauchen Sie nicht wirklich“.
Der Rat des Anwaltes: Die Auffassung der Verbraucherzentrale ist falsch. Ob man eine Rechtsschutzversicherung benötigt, ist sicher eine Frage des Einzelfalles. Es ist nicht alles grün, gelb oder rot.
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Danke, Kollege Kompa, für den spannenden Bericht über die Schrottimmobilien und die politischen Hintergründe.
Für alle, die mehr von dem Badenia-Urteil wissen wollen : Hier die offizielle Ankündigung auf der Website des BGH.
Verhandlungstermin: 29. Juni 2010
XI ZR 104/08
LG Lübeck – Urteil vom 24. Februar 2006 – 5 O 128/05
OLG Schleswig – Urteil vom 13. März 2008 – 5 U 57/06
Die Klägerin nimmt die Beklagten, eine Bausparkasse und eine Bank, auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung einer Eigentumswohnung in Anspruch.
Von Vermittlern geworben, erwarb die Klägerin im Jahr 1996 zu Steuersparzwecken eine Eigentumswohnung. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm sie bei der beklagten Bank ein tilgungsfreies Vorausdarlehen in Höhe von 178.000 DM auf, das durch zwei mit der beklagten Bausparkasse abgeschlossene Bausparverträge getilgt werden sollte. Im Zusammenhang mit dem Erwerb erteilte die Klägerin einen „Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag“. Dieser sollte durch die „in Punkt 4. und 5. der nachfolgenden Aufstellung benannten Firmen zu den dort genannten Gebührensätzen“ ausgeführt werden. Die nachfolgende Auflistung des Gesamtaufwandes bezifferte unter Nummer 1 den „Kaufpreis“ auf 147.511 DM und unter den Nummern 4 und 5 die an die Objekt- bzw. Finanzvermittlerin zu zahlenden Provisionen auf 3.560 DM bzw. 5.089 DM.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von den Beklagten unter anderem die Rückzahlung geleisteter Zinsen sowie die Feststellung, dass aus den Darlehensverträgen keine Zahlungsansprüche bestehen und dass ihr die Beklagten den gesamten Schaden zu ersetzen haben. Sie stützt sich dabei insbesondere auf einen Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung. Die beklagte Bausparkasse begehrt widerklagend die Feststellung, dass der zwischen ihr und der Klägerin abgeschlossene Darlehensvertrag wirksam fortbesteht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dem Zahlungsbegehren – unter Abzug der von der Klägerin erlangten Mietpoolausschüttungen und Steuervorteile – in Höhe von 11.616, 64 € nebst Zinsen teilweise, den Feststellungsanträgen vollumfänglich stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung von Aufklärungspflichten gegen die Beklagten zustehe, da sie durch die Vermittler arglistig über die Höhe der Vermittlungsprovisionen getäuscht worden sei. Das Berufungsgericht hat dabei – abweichend von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte – angenommen, die enumerative Auflistung der Nebenkosten im Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag erwecke den – unzutreffenden – Eindruck, alle im Zusammenhang mit dem Erwerb des Objekts anfallenden Vermittlungsgebühren aufzudecken. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme stehe jedoch fest, dass der Vertrieb mindestens 15 % der Kaufpreissumme als Provisionen erhalten habe, wohingegen nach dem Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag nur Provisionen in Höhe von 5,86 % der Kaufpreissumme auf diesen entfallen sollten. Es sei davon auszugehen, dass den Beklagten, die mit dem Vertrieb in institutionalisierter Weise zusammengearbeitet hätten, diese arglistige Täuschung bekannt gewesen sei.
Mit der – vom erkennenden Senat zugelassenen – Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Senat wird voraussichtlich dazu Stellung zu nehmen haben, ob der – in einer Vielzahl von Fällen inhaltsgleich verwendete – Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag einen unzutreffenden Eindruck über die Höhe der anfallenden Innenprovisionen erweckt.

