Bundessozialgericht

Rentenversicherungspflicht für Selbständige

Ein aktueller Fall gibt Anlass zur Sorge: Nachdem ein Vermittler einen Beitragsbescheid von der Rentenversicherung bekam (190.000,00 €), und er diesen nicht bezahlen konnte, kam postwendend die Zwangsvollstreckung. Jetzt hat er Insolvenz angemeldet. Zumindest habe ich eine gute Insolvenzanwältin empfehlen können.

Deshalb hier noch mal das Wichtigste:

Versicherungspflichtige Selbständige sind gemäß § 190 SGB VI verpflichtet, sich innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit bei zuständigen Rentenversicherungsträger zu melden. Dafür gibt es einen entsprechenden Vordruck auf der Website der Deutschen Rentenversicherung.

Gemäß § 6 Abs. 1 a SGB VI kann man sich nach Beginn der Selbständigkeit für einen Zeitraum von drei Jahren von der Versicherungspflicht befreien lassen.

Gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sind Selbständige rentenversicherungspflichtig, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer im Wesentlichen nur für einen Arbeitgeber tätig sind.

Das Bundessozialgericht hatte am 23.04.2015 entschieden, dass es  bei der Frage, ob man überwiegend nur für einen Auftragsgeber tätig ist, nicht darauf ankomme, ob zwischen dem Selbständigen und dem Auftraggeber vertragliche Beziehungen bestanden haben. So ist zum Beispiel ein Makler, der seine Geschäfte über eine Plattform abwickelt, rentenversicherungspflichtig.

Entscheidend ist, ob der Selbständige gegenüber diesem einen Auftraggeber sich in wirtschaftlicher Abhängigkeit befindet.

Von einer wesentlichen, nur für einen Auftraggeber ausgeübten Tätigkeit ist dann auszugehen, wenn ein Selbständiger mindestens 5/6tel seiner gesamten Betriebseinnahmen aus der Tätigkeit alleine für einen Auftraggeber erzielt.

Ein nur geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer ist übrigens kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer im Sinne des § 2 SGB VI. Wenn man mehrere geringfügig Beschäftigte hat, werden diese gemäß einer Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 23.11.2005 addiert.

Ich empfehle übrigens im Zweifelsfall zur Klarstellung ein Statusfeststellungsverfahren vor der Rentenversicherung.

 

Bundessozialgericht: Sekretärin der DVAG kann Leistungen vom Arbeistamt für Businesskleidung bekommen

Am 19.06.2012 hatte das Bundessozialgericht darüber zu entscheiden, ob eine Mitarbeiterin der Deutschen Vermögensberatung Zuschüsse vom Arbeitsamt für Business-Kleidung und Friseurbesuche erhalten soll.

Die bei der DVAG beschäftige Angestellte nahm ab 01.06.2008 eine Halbtagsbeschäftigung bei der Deutschen Vermögensberatung AG auf. So teilt das BSG mit. Das Arbeitsamt bewilligte Leistungen, sprach jedoch Aufwendungen für Business-Kleidung und Friseurbesuche nicht zu.

Das Sozialgericht gab dem Arbeitsamt Recht. Es fehle an einer Berücksichtigungsfähigkeit der Aufwendungen als Werbungskosten unter Beachtung steuerrechtlicher Grundsätze.

Das Landessozialgericht hatte das Arbeitsamt verurteilt, bei der Einkommensberücksichtigung den Anteil des Arbeitgebers an vermögenswirksamen Leistungen abzuziehen. Ansonsten wurde die Berufung der Angestellten zurückgewiesen.

Die Mitarbeiterin der DVAG trägt nun in der Revision vor, dass sie im Büro und bei Außenterminen, bei denen sie ihren Chef begleiten müsse, sowie bei Schulungen repräsentative Kleidung tragen müsse. Dies umfasse auch die Benutzung von Kosmetika und Friseurbesuche.

So teilt es das Bundessozialgericht mit.

Das Bundessozialgericht entschied nun, dass Ausgaben für Kleidung und Friseur nicht direkt als Werbungskosten abgezogen werden und das Jobcenter dies aber als Leistungen zur Eingliederung bezahlen müsste gegebenenfalls. Denn es gehöre zu ihren Aufgaben, den Einstieg in das Erwerbsleben zu ermöglichen und zu erleichtern.

Nun müsse der Landkreis prüfen, ob die Sekretärin die Business-Kleidung benötigt. Die Deutsche Vermögensberatung hatte ihr dies bereits bescheinigt.

Sind Handelsvertreter sozialversicherungspflichtig?

Ist ein Unternehmer echter Selbständiger ohne eigene sozialversicherungspflichtige Beschäftigte und hat er im Wesentlichen einen Auftraggeber, z.B. Vermögensberater der Deutsche Vermögensberatung DVAG, dann ist er auch als Selbständiger rentenversicherungspflichtig, so die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI.

Es gilt die Faustregel, dass er nur dann einen Auftraggeber hat, wenn 5/6tel seines Umsatzes nur über den einen Auftraggeber generiert werden und der Unternehmer keinen Arbeitnehmer beschäftigt, der in der Regel mehr als 400,00 € monatlich verdient.

In diesem Fall hat der Handelsvertreter seine Beiträge in vollem Umfang selbst zu zahlen und sich sofort beim zuständigen Rentenversicherungsträger anzumelden.

Möglichkeiten der Befreiung gibt es:

1.
Der Antragsteller ist Existenzgründer. Er wird für die Dauer von drei Jahren nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit von der Rentenversicherungspflicht befreit.

2.
Der Antragsteller hat das 58ste Lebensjahr vollendet. Er wird vollständig von der Rentenversicherungspflicht befreit, wenn er bereits selbständig war und die Versicherungspflicht erstmalig aufgrund der Neuregelung zur rentenversicherungspflichtigen Selbständigkeit eingetreten ist.

Beachte! Diese Regelung hat nichts mit der so genannten Scheinselbständigkeit zu tun. Scheinselbständig ist jemand, der zwar vertraglich als freier Gewerbetreibender arbeitet, jedoch genauso abhängig und weisungsgebunden ist wie ein Arbeitnehmer. Dieser muss sich dann auch wie ein Arbeitnehmer behandeln lassen und muss von dem Arbeitgeber kranken-, renten-, pflegeversichern und gegen Arbeitslosigkeit versichern lassen.

Diese Grundsätze wurde in einer neuen Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 04.11.2009 (Aktenzeichen B 12 R 7/08 R) noch einmal bestätigt. Im Internet wurde diese Entscheidung bisher nicht veröffentlicht.

Das BSG musste darüber entscheiden, ob ein selbständiger Handelsvertreter, der auch als Arbeitnehmer angestellt war, in die Rentenversicherung einzahlen musste. Als Angestellter verdiente er etwa 32.000,00 € brutto, als Handelsvertreter etwa 18.000,00 € brutto.

Der Deutsche Rentenversicherungsbund wollte für seine Handelsvertretertätigkeit Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bekommen, und zwar in Höhe eines halben Regelbeitrages.

Der Betroffene wollte dies nicht zahlen.

Vor dem Sozialgericht verlor er, vor dem Landessozialgericht gewann er, um nunmehr in letzter Instanz vor dem Bundessozialgericht eine – wohl endgültige – Niederlage zu erfahren.