„Grundsätze“

Ausgleichsanspruchsberechnung für Versicherungsvertreter nach dem Gesetz

In einer bahnbrechenden Entscheidung hatte der BGH am 23.11.2011 entschieden, dass ein Vermögensberater/Versicherungsvertreter seinen Ausgleichsanspruch durch die sogenannten Grundsätze als Schätzungsgrundlage geltend machen kann, auch wenn dies vertraglich nicht vereinbart ist.

Die Grundsätze finden sich hier.

Früher musste der Handelsvertreter den Ausgleichsanspruch ausschließlich an den gesetzlichen Grundlagen festmachen, was sich häufig als sehr schwierig erwies.

Der BGH sagte aber auch, dass die Grundsätze nicht im Bereich „Finanzdienstleistung“ als Schätzungsgrundlage für Versicherungsvertreter heranzuziehen sind.  „Die „Grundsätze Finanzdienstleistungen“ sind vor dem Hintergrund entstanden, dass ein Bausparkassenvertreter neben Bausparverträgen im Namen und auf Rechnung des Bausparunternehmens auch umfangreiche Finanzdienstleistungen und Darlehensverträge sowie Fest- und Tilgungshypotheken …., und hierfür ebenfalls eine einfache Ausgleichsregelung gefunden werden sollte,“ so der BGH. Als Schätzungsgrundlage für Versicherungsvertreter wären diese Grundsätze daher eventuell ungeeignet.

Der Bereich Finanzdienstleistung muss daher, solange die Geeignetheit der Grundsätze als Schätzungsgrundlage nicht feststeht, anhand der gesetzlichen Vorgaben durchgeführt werden.

Am 31.5.2012 zeigte das OLG Hamm mit Urteil unter dem Az 18 U 148/05, dass dies durchaus möglich ist. In dieser Entscheidung geht das Gericht auch davon aus, dass der Ausgleichsanspruch nach den gesetzlichen Vorgaben errechnet werden kann, auch wenn vereinbart wurde, dass der Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen zu errechnen ist.

Fazit: Es gibt die Berechnung des Ausgleichsanspruchs für den Versicherungsvertreter nach den „Grundsätzen“ (mit Ausnahme Finanzdienstleistung-dies müsste nach Gesetz berechnet werden), auch wenn das so nicht vereinbart ist

und

es gibt ein Wahlrecht, ob man nach Gesetz oder den “ Grundsätzen“ abrechnet, auch wenn die Grundsätze ausdrücklich als Grundlage im Vertrag genannt wurden.

BGH: Wahl zwischen Altersvorsorge und Ausgleichsanspruch wirksam

Der BGH entschied am 15.12.2016 unter dem Az VII ZR 221/15: Eine Vereinbarung, wonach der Anspruch des Handelsvertreters auf eine unternehmensfinanzierte Altersversorge entfällt, sobald er seinen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB geltend macht, ist wirksam. Dies gilt auch dann, wenn es sich um vorformulierte Klauseln (AGB) handelt.

Wenn ein Vertrieb eine Altersvorsorge bildet und die Einlagen zahlt, darf er den Handelsvertreter am Ende des Vertragsverhältnisses vor die Wahl stellen, ob er lieber die Alterversorgung wählt oder den Ausgleichsanspruch. Beides zusammen gibt es dann nicht. Viele Vertriebe bieten eine Alterversorgung an. Überwiegend wird davon Gebrauch gemacht, dass eine Anrechnung erfolgt, sollte der Handelsvertreter den Ausgleichsanspruch geltend macht.

Der klagende Handelsvertreter war für die Beklagte tätig. Die Parteien hatten zu Gunsten des Handelsvertreters neben der Provision eine unternehmerfinanzierte Altersvorsorge („Treuegeld“ genannt) vereinbart. Nach dem Vertrag entfällt jedoch der Anspruch auf das Treuegeld, sofern der Handelsvertreter seinen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB geltend macht. Nach Beendigung seiner Tätigkeit forderte der Kläger von der Beklagten die Zahlung des Ausgleichs und verlangte daneben sein „Treuegeld“. Denn nach Ansicht des Klägers sei der Ausschluss des Treuegeldes unwirksam. Die Beklagte zahlte jedoch nicht.

Mit der Klage machte der Kläger nur den Anspruch auf das Treuegeld gegenüber der Beklagten geltend und bekam zunächst Recht. Der BGH entschied anders.

Die vorliegende Klausel sei nach ständiger Rechtsprechung wirksam. Dies gelte auch dann, wenn es sich um einen Vertrag mit vorformulierten Klauseln für mehrfachen Einsatz (AGB) handelt. Die Rechtsposition des Handelsvertreters verschlechtere sich nicht, wenn er bei Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs das Treuegeld des Unternehmens als freiwillig gezahlte Leistung nicht erhält.

Denn die Altersversorgung müsse an sich der Handelsvertreter aus seinem laufenden Einkommen (der – hier auch in üblicher Höhe vereinbarten – Provision) bestreiten. Die Berechnung und Durchsetzung des Ausgleichsanspruchs falle grundsätzlich in den Risikobereich des Handelsvertreters. Der Handelsvertreter könne sich innerhalb der Jahresfrist des § 89b Abs. 4 S. 2 HGB entscheiden, welchen der beiden Ansprüche er geltend machen möchte. Dabei müsse der Handelsvertreter klar zum Ausdruck bringen, ob er den Ausgleichsanspruch oder den Anspruch auf das Treuegeld verfolgt.

Der BGH stellte klar, dass gegen die Rechtmäßigkeit keine Bedenken bestehen, wenn die Versorgung als zusätzliche Leistung gewährt wird.

Wenn die Provisionsansprüche des Handelsvertreters unter dem üblichen Satz liegen und die Differenz allein durch eine unternehmensfinanzierte Altersversorgung ausgeglichen wird, könnte dies jedoch anders zu bewerten sein. In dem gedachten Fall würde die Altersversorgung keine zusätzliche, freiwillige Leistung des Unternehmens bedeuten.

Dass eine Entscheidung durch den BGH nötig wurde, mag überraschen. Schließlich hatte der BGH unter dem Az VII ZR 282/12 schon zuvor entschieden, dass eine Altersversorgung einen Abzug des Ausgleichsanspruchs rechtfertige. Dort hatte ein ehemaliger Vermögensberater seinen Ausgleichsanspruch gegenüber der DVAG geltend gemacht. Die Höhe hatte er gemäß den zwischen den Spitzenverbänden der betroffenen Wirtschaftszweige und Handelsvertreter vereinbarten“Grundsätze Sach“, „Grundsätze Leben“, „Grundsätze Kranken“ und“Grundsätze Bauspar“ berechnet. Der BGH hatte diese Berechnung, auch ohne vertragliche Vereinbarung, als Schätzungsgrundlage zugelassen.

Am 8.5.2015 durften sich die BGH-Richter darüber Gedanken machen, ob die Anrechnung der Versorgungsleistungen, die in den „Grundsätzen“ geregelt sind, auch hier geltend müssten. Die DVAG hatte in einem Versorgungswerk zugunsten des Vermögensberaters Versorgungsleistungen aufgebaut. Der berichtende Richter beim BGH sagte, „wer A sagt muss auch B sagen“ und „man könne sich nicht die Lorbeeren herauspicken“. Wenn man sich auf die Grundsätze beruft, müsse man auch deren Nachteile in Kauf nehmen. So sind Versorgungsleistungen auch dann anrechenbar, wenn dies zwischen Handelsvertreter und Unternehmen nicht mal vereinbart wurde.

Ausgleichsanspruch für den Warenvertreter und Versicherungsvertreter

Als Anwalt mit Schwerpunkt Handelsvertreterrecht werde ich – neben den Kosten für ein Verfahren – auch oft nach der Höhe eines Ausgleichsanspruchs gefragt.

Der Ausgleichsanspruch für Versicherungsvertreter wird anders errechnet als der eines Warenvertreters. Zur Unterscheidung: Ein Warenvertreter verkauft Waren, ein Versicherungsvertreter bzw. Vermögensberater vermittelt Versicherungsverträge.

Ein Anwaltskollege hat sich einmal die Mühe gemacht, eine Formel für den Ausgleichsanspruch für Warenvertreter  in einer Excel-Tabelle darzustellen. Die Tabelle ist gut gelungen, aber leider für Versicherungsvertreter nicht geeignet.

Den Ausgleichsanspruch kann und muss der Versicherungsvertreter/Vermögensberater grundsätzlich selbst errechnen.

Die Grundsätze zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs findet man hier.

Hier beispielhaft die Berechnungsgrundsätze für

Finanzdienstleistung

Krankenversicherung

Sachversicherung

Kfz

Lebensversicherungen