Landgericht Düsseldorf

Provisionsverzichtsklausel unwirksam

Die bekannte Klausel in Handelsvertreterverträgen:

„Mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses ist jeder Anspruch des Vertreters gegen die Gesellschaft auf Provisionen und sonstige Vergütungen erloschen. Ausgenommen hiervon seien Ansprüche gemäß § 87 Abs. 3 HGB und § 89b HGB.“ … ist vom Oberlandesgericht Düsseldorf für unwirksam erklärt worden.

Stattdessen gilt die gesetzliche Regelung.

Angefangen hat alles mit einem einfachen Buchauszug, den der Handelsvertreter verlangt. Der Vertrieb wollte sich nicht die Arbeit machen und ließ sich auf Erteilung des Buchauszuges verklagen.

Der Vertrieb wandte ein, der Handelsvertreter (eigentlich war es eine Handelsvertreterin) bräuchte den Buchauszug nicht. Schließlich sei ja gemäß der oben genannten Formulierung ausgeschlossen, dass es noch Provisionen gibt.

Der Anspruch auf einen Buchauszug setzt gemäß § 87c Abs. 2 HGB voraus, dass er nur für die Geschäfte einen Buchauszug verlangen kann, für die ihm Provisionen zu stehen.

Das Landgericht Düsseldorf musste nunmehr in seinem Urteil vom 21.04.2020 unter dem Aktenzeichen 6O 43/18 darüber entscheiden, ob die Provisionsverzichtsklausel überhaupt wirksam ist. Die Provisionsverzichtsklausel soll musterhaft durch den Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und dem Bundesverband der Assekuranzführungskräfte (VGA) vorgeschlagen worden sein. Das Landgericht Düsseldorf erklärte die Klausel kurzer Hand für unwirksam. Die genannte Klausel stehe im Widerspruch zu § 307 BGB. Danach sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche ist gemäß § 307 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Das Gericht stellte darauf ab, dass der Handelsvertreter nach der gesetzlichen Rezeption auch für die in der Vertragszeit Vermittelten und für die unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 3 HGB abgeschlossenen Verträge Provisionen auch über das Ende des Vertretervertrages hinaus verlangen kann.  Dem steht die Provisionsverzichtsklausel entgegen.

Wegen fehlendem Provisionsverzichts wurde der Vertrieb zur Erteilung eines Buchauszuges verurteilt.

Dagegen wehrte man sich im Rahmen der Berufung. Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied am 07.05.2021 unter dem Aktenzeichen 16U 215/20, dass die Klausel unwirksam ist. Die Berufung wurde zurückgewiesen.

§ 87a Abs. 3 HGB sei zwingend. Dennoch hätten rein klarstellende Klauseln durchaus eventuell Wirksamkeit. Hier handelt es sich jedoch nicht um eine klarstellende Klausel.

Das Oberlandesgericht wies die Berufung ab. Der Vertrieb musste den Buchauszug erteilen.

Ergo musste Buchauszug leisten

Das Landgericht Düsseldorf hat am 24.04.2015 die ERGO Versicherung verurteilt, an einen vormals bei ihr tätig gewesenen Handelsvertreter einen Buchauszug zu erteilen.

Der Vermögensberater hatte einen Buchauszug mit folgenden Angaben beantragt:

– Name des Versicherungsnehmers und/oder Vertragspartners

– Policen- und/oder Versicherungsscheinnummer

– zu Art und Inhalt des Vertrages die Sparte, die Tarifart, die Prämien und/oder provisionsrelevante

Sondervereinbarungen

– Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn

– bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers

und Laufzeit des Vertrages

– bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der

Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie

– im Falle von Stornierung: Daten der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen

Bestandserhaltungsmaßnahmen

 

In genau diesem Umfang wurde der Anspruch auf den Buchauszug zugesprochen.

Das Gericht begründete dies damit, dass der Handelsvertreter einen Anspruch gem. §87c Abs. 2 HGB auf den Buchauszug habe und dadurch so zu stellen sei, dass er unter Vergleich mit seinen Unterlagen prüfen könne, ob die Provisionsabrechnungen richtig und vollständig seien und ihm dadurch eine vollständige Kontrolle der provisionsrelevanten Vorgänge möglich ist.

Dafür müsse der Auszug all das enthalten, was auch in die Provisionsabrechnung gehört. Darüber hinaus müsse der Auszug wiedergeben was sich im Aufstellungszeitpunkt in den Büchern des Unternehmers, einschließlich dazugehöriger Unterlagen, befindet.

Im Einzelnen habe der Unternehmer darin aufzuführen: Den „Vertragsschluss mit Namen und Anschrift der Kunden, Bestellung, Nachbestellungen, Auftragsbestätigung, überprüfbare Bezeichnung des Vertragsgegenstandes sowie dem Handelsvertreter vorgegebene tatsächlich erzielte Preise mit Angabe von Netto- und Bruttopreisen oder gesondert ausgewiesener Mehrwertsteuer“.

Bezüglich der einzelnen Kunden müssten außerdem gewährte Skonti, Preisnachlässe und Rabatte oder andere Sondervorteile festgehalten werden.

Außerdem würden auch Einzelheiten zum Vertrag, wie Rechnungsstellungen aber auch sonstige persönliche Abreden dazugehören.

Insbesondere Daten zur Stornierung, deren Gründe, sowie gegebenenfalls unternommene Rettungsmaßnahmen zu den Verträgen seien mit aufzuführen, ebenso in Fällen von §87a Abs. 2 HGB die „Gründe für das Feststehen der Nichtzahlung“.

Daher sei die Forderung des Beraters auch bezüglich der Stornobekämpfung begründet.

Die Voraussetzungen für die Erteilung lagen unstreitig vor. Der Berater war für die ERGO als Handelsvertreter im Sinne des §84 HGB für etwa zwei Jahre tätig. Für den kompletten Zeitraum wurde ihm der Anspruch auf den Buchauszug zugesprochen.

Der Einwand der ERGO, die Klageforderung sei durch die Formulierungen „und/oder“ zu unbestimmt, griff nicht. Vielmehr stellte das Gericht fest, dass es für das Unternehmen durchaus bestimmbar, sogar offensichtlich sei, welche Angaben zu erteilen sind.

Das Urteil wurde rechtskräftig. Die Ergo erteilte den Buchauszug und sandte diesen zu. Danach hatten sich die Parteien über eine Provisionszahlung geeinigt.

LG Düsseldorf zur Stornobekämpfung

Immer wieder stellt sich vor Gericht die Frage, inwieweit ein Betrieb oder ein Versicherer nach Ausscheiden des Handelsvertreters einen Vertrag nachbearbeiten muss, der stornogefährdet ist.

Der BGH hat immer wieder darauf hingewiesen, dass das Versicherungsunternehmen gegenüber seinem Mitarbeiter eine Treuepflicht trifft und er auch Rücksicht auf das Provisionsinteresse des Mitarbeiters zu nehmen hat. Zu deren Erfüllung obliegt es dem Versicherungsunternehmen, die nach den Umständen des Einzelfalles gebotenen Maßnahmen zu Rettung notleidend gewordener Verträge zu treffen. Dazu muss er entweder eigene nach Art und Umfang ausreichende Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen oder dem Versicherungsvertreter durch eine Stornomitteilung Gelegenheit geben, notleidend gewordene Verträge selbst nachzuarbeiten (BGH Urteil vom 19.11.1982 – II. ZR 125/80).

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ausreichende Maßnahmen ergriffen worden sind, liegt beim Versicherungsunternehmen (BGH VersR 2005, 1078).

Dies sieht auch das Landgericht Düsseldorf in einem Beschluss vom 09.05.2014 so. Es meint jedoch, eine Pflicht zur Nachbearbeitung bestehe dort nicht, wo sogenannte Kleinststornos vorliegen. Diese würden von der heutigen Rechtsprechung in einer Größenordnung von etwa 100 € angegeben werden (Landgericht Hannover vom 18.08.2010, Aktenzeichen 10 O 15/09).

Das Landgericht Düsseldorf will für Verträge, bei denen es um nicht mehr als 100 € Rückforderung Provisionen geht, weder eine Nachbearbeitungspflicht noch eine Informationspflicht sehen.

 

Beschluss Landgericht Düsseldorf vom 09.05.2014