Landgericht Rottweil

Englische Restschuldbefreiung eines Vermögensberaters gilt auch in Deutschland

In einem Rechtsstreit zwischen der DVAG und einem ehemaligen Handelsvertreter über Provisionsrückforderungsansprüche hat das Landgericht Rottweil am 10.10.2014 zugunsten des Handelsvertreters entschieden. Ein Vermögensberater sollte Provisionsvorschüsse zurückzahlen, vollzog jedoch in England ein Insolvenzverfahren, ohne dass die DVAG davon wusste.

Die Parteien hatten mit einem Aufhebungsvertrag das Vertragsverhältnis Mitte 2010 beendet.

Während der Vertragslaufzeit hatte die DVAG, wie üblich, dem Handelsvertreter eine Vorschusszahlung der Provisionen für die Verträge, welche noch nicht aus der Haftungszeit entlassen waren, gewährt. Nun begehrte sie Rückzahlung der Provisionen derer Verträge, welche nachträglich innerhalb der Haftungszeit storniert worden waren.

Anfang des Jahres 2011 wurde der Vermögensberater jedoch vom High Court of Justice in London für insolvent erklärt. Der Konkurs wurde Anfang 2012 von eben diesem aufgehoben. Zum gleichen Zeitpunkt wurde eine Restschuldbefreiung bescheinigt.

Die DVAG rügte, dass die englische Restschuldbefreiung in Deutschland nicht gelten könne. Im Übrigen würde der Handelsvertreter gar nicht wirklich in England wohnen, sondern diesen Wohnsitz nur für eine „Insolvenzflucht“ vortäuschen. Forderungen der DVAG habe er absichtlich nicht angegeben und Forderungen von Verträgen, welche nach der bescheinigten Restschuldbefreiung entstanden seien, seien davon ausgenommen.

Das Gericht lehnte die Ansprüche ab.

Zunächst wurde deutlich gemacht, dass das Insolvenzverfahren und die Restschuldbefreiung  gemäß Art. 16 I, 25 I Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 sehr wohl in Deutschland anzuerkennen seien.

Die anderen Mitgliedsstaaten seien grundsätzlich zur Überprüfung nicht berechtigt.

Eine Ausnahme der Überprüfungsmöglichkeit bestehe gemäß Art. 26 der Verordnung lediglich, wenn ein Verstoß gegen die ordre public vorliege. Eine Verletzung dieser läge beispielsweise vor, wenn dem Schuldner vor dem Insolvenzverfahren kein rechtliches Gehör geschenkt wurde oder er durch willkürliche staatliche Maßnahmen in die Insolvenz getrieben wurde.

Eine Verweigerung der Anerkennung wegen Zweifeln über die Zuständigkeit bzgl. des Wohnsitzes käme daher nicht in Betracht.

Im Übrigen hätte die DVAG gar nicht beweisen können, dass der Handelsvertreter seinen Wohnsitz nur vortäuscht. Auch der Bericht einer engagierten Detektei konnte, nach Ansicht des Gerichts, keine gesicherten Erkenntnisse bringen.

Ob der Handelsvertreter die Forderungen der DVAG vorsätzlich verschwiegen hätte, könne dahinstehen, weil gar nicht bewiesen sei, dass er von den Forderungen bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewusst hat. Den Zugang von Provisionsabrechnungen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag hatte dieser nämlich bestritten.

Das Gericht teilte überdies unter Verweis auf die Regelung des §290 I Nr. 6 InsO aus dem deutschen Recht mit, dass die Rechtschuldbefreiung nur auf Antrag zu versagen sei. Daher hätte die DVAG prüfen müssen, ob nach englischem Recht die Restschuldbefreiung hätte versagt werden können.

Die Restschuldbefreiung umfasse überdies alle streitgegenständlichen Forderungen. Es komme nämlich darauf an, ob die Forderung im Zeitpunkt der Konkurseröffnung schon entstanden war. Anders als von der DVAG angenommen, waren die Rückforderungsansprüche jedoch nicht erst mit Stornierung der Verträge, sondern schon „sofort mit Auszahlung der Provision unter der auflösenden Bedingung der Zahlung der Versicherungsprämie im Haftungszeitraum“ entstanden. Denn bis dahin hätte der Versicherungsvertreter nicht die Provision, sondern nur einen bedingten Provisionsanspruch gem. §92 IV HGB erworben.

Gegen dieses Urteil legte die DVAG Berufufung ein. Die zweite Instanz stimmte grundsätzlich dem landgericht zu, hnterfragte aber, ob aus zeitlichen gründen alle Forderungen von der Rechtschuldbefreiiung betroffen wären. Man verständigte sich dann auf die Zahlung eines geringen Betrages.

Landgericht Rottweil: Handelsvertreter muss Auskunft und Schadenersatz leisten

Am 07.06.2013 urteilte das Landgericht Rottweil im Rahmen eines Teilurteils, dass ein Handelsvertreter Auskünfte zu erteilen hätte, welche Geschäfte in welchem Umfang er persönlich und / oder über namentlich zu benennende Dritte für andere als die Klägerin vermittelt hat usw..

 

Zudem wurde festgestellt, dass der Handelsvertreter verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die sich daraus ergeben, dass der Beklagte während eines bestimmten Zeitraumes Geschäfte an andere Unternehmen als die Klägerin vermittelt hat.

 

Der Handelsvertreter war für einen Vertrieb tätig. Das Vertragsverhältnis kündigte er schriftlich innerhalb eines kurzen Zeitraumes.

 

Zwischen den Parteien entfachte Streit über die Kündigungsfrist. Der Handelsvertreter wünschte eine kurze Kündigungsfrist, der Vertrieb eine zum 30.09.2012 (Zugang der Kündigung 03.11.2011).

 

Ein früherer Zugang der Kündigung konnte der Handelsvertreter nicht beweisen.

 

Der Handelsvertreter wandte ein, dass nach seiner Kündigung der Zugang zum Datensystem der Klägerin gesperrt worden sei. Schließlich sei im Vertrag ein derartiges Recht der Klägerin, den Zugang im Falle einer Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu sperren, nicht enthalten.

 

Das Gericht wies darauf hin, dass der Beklagte hätte dagegen vorgehen müssen, sollte sich hier die Klägerin ihrerseits vertragswidrig verhalten haben, ggf. wegen einer außerordentlichen Kündigung.

 

Ob der Handelsvertreter Rechtsmittel einlegte, ist nicht bekannt.

 

Entscheidung Landgericht Rottweil vom 07.06.2013 Aktenzeichen 4 O 51/12