Streitwert

OLG Frankfurt: 3,5 Tage à 8h erreichen die Berufungssumme nicht

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 1.11.2017 gezeigt, dass selbst Oberlandesgerichte zu unterschiedlicher Rechtsprechung neigen können. Ein Senat des OLG hatte im Beschlusswege eine Berufung der DVAG abgewiesen.

Die DVAG war erstinstanzlich verurteilt worden an einen ehemaligen Handelsvertreter einen Buchauszug zu erteilen. Die Berufung dagegen wurde abgewiesen, da sie den Anforderungen des §511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an den Beschwerdewert von mindestens 600€ nicht entsprach.

Das Gericht hatte klargestellt, dass es bei der Beschwerdewertberechnung für den Buchauszug „auf den Aufwand an Zeit und Kosten (…), den die Erfüllung des Anspruchs erfordert, nicht etwa auf den Wert des Auskunftsanspruchs“ ankommt.

Die DVAG hatte hier zunächst einen Stundensatz von 50,00 € und zwei Arbeitstage à 7,5h angesetzt. Als sie darauf hingewiesen wurde, dass der zugelassene Höchstsatz nach dem JVEG (§22) 21,00 € betrage und sie damit auf höchstens 315€ komme, setzte sie die benötigte Zeit kurzerhand auf vier Arbeitstage à 8h hoch.

Dies ließ das Gericht jedoch nicht gelten.

Dass die DVAG die Länge des Arbeitstages ohne Begründung änderte, sei unverständlich.

Außerdem war in einem Parallelverfahren, bei dem mehr als doppelt so viele Verträge zu berücksichtigen gewesen waren, eine niedrigere Stundenzahl für den Aufgabenpunkt „Erstellung, Konzept, Programmstruktur“ angesetzt worden. Hier erscheine es jedoch plausibler, dass eine niedrigere Stundenzahl zugrunde gelegt werden müsse.

Wurden in dem Parallelverfahren mit 4.120 Verträgen für diesen Punkt 1,0 Tage zugrunde gelegt, so müssten hier – mit nur etwa 1.500 Verträgen – maximal 0,75 Tage angesetzt werden.

Damit käme man zu 3,5 benötigten Tagen.

Der Ansatz von vier Arbeitstagen sei nicht plausibel begründet worden und ergebe im Vergleich zu dem Parallelverfahren auch keinen Sinn.

Dass ein höherer Stundensatz anzusetzen wäre, sei ebenfalls nicht ersichtlich. Dieser richte sich nach dem Höchstsatz für zu entschädigende Zeugen nach §22 JVEG.

Gleich, ob die Aufgabe durch die DVAG selbst oder durch eine Hilfsperson durchgeführt werde, sei jedenfalls kein höherer Stundensatz zu rechtfertigen.

Bei der Durchführung durch Hilfspersonen würde die DVAG lediglich eine „von ihr vorzunehmende Eigenleistung durch Dritte“ ersetzen. Warum dies teurer sein solle, war nach dem Gericht nicht erkenntlich.

Selbst wenn man also 3,5 Tage à 8h zugrunde lege, käme man mit einem Stundensatz von 21€ allenfalls auf einen Streitwert von 588€, sodass die Berufung gem. §511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht zulässig sei.

Vorsicht mit alten Firmenschildern

Vorgestern schrieb ich über Streitwerte, und gestern konnte ich sie schon fast nicht mehr erklären.

Der Vermögensberatervertrag eines Vermögensberaters wurde gekündigt. Nach Ende des Vertrages ließ er noch das DVAG-Schild mit dem Markenzeichen (das „V“ mit dem Halbkreis) an seinem Klingelschild hängen. Er bekam daraufhin eine anwaltliche Abmahnung und Unterlassensaufforderung, der er auch nachkam. Gleichzeitig erhielt er eine Rechnung mit einem Streitwert von 50.000€ und befand diese als zu hoch (etwa 1500€) . Der Vermögensberater verfügte nur über knappe Provisionseinlagen, der Materialwert des Schildes war auch nur gering – aber trotzdem: Das Landgericht Frankfurt meinte, Streitwerte bei Markenverletzungen von 50.000€ seien üblich. Der Wert der Marke sei ja schließlich viel größer.

Da der ehemalige Vermögensberater noch Provisionen und Schadensersatzansprüche geltend macht und mit diesen die Aufrechnung erklärt hat, geht es mit der Frage weiter, ob die Gegenansprüche tatsächlich bestehen.

Vorsicht also mit alten Firmenschildern! Diese sollten sofort nach Vertragsende entfernt werden.

Streitwert Buchauszug

Wie hoch ist der Streit, wenn ein Vertrieb einen Buchauszug erteilen soll?

Das Landgericht Frankfurt greift auf bestehende Grundsätze zurück. Es verweist darauf, dass es auf mehre Umstände ankommt:

„Maßgeblich dürfte das zu schätzende Interesse der Beklagten sein, die Handlung nicht vorzunehmen und damit, welcher Aufwand an Zeit und Kosten für die Erteilung erforderlich ist (OLG Köln, OLGR 1999, Seite 113).

Das Landgericht Frankfurt wird sich dieser Auffassung anschließen.

Streit um Streitwerte

Das Oberlandesgericht Dresden hatte kürzlich grundsätzlich über Streitwerte in einer Handelsvertreterangelegenheit zu entscheiden.

Ein Vermögensberater, dessen Umsätze in den letzten Jahren relativ gering waren, wurde wegen Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz verklagt. Nach einer Beweisaufnahme kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Vermögensberater Auskunft zu leisten hat und den sich aus der Auskunft ergebenen Schaden zu ersetzen hat.

Nach einer kleinen Auskunft hatten sich dann die Parteien auf einen Schadensersatz von wenigen Hundert € geeinigt.

Das Landgericht wertete den Zulassungsantrag mit 6.000 €, die Schadensersatzforderung mit 5.000 € und die Stufenklage mit 10.000 €. Dagegen argumentierten beide Seiten. Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes geschah die landgerichtliche Einschätzung  zu Recht:

„Wertbestimmend für einen Unterlassungsantrag ist die Beeinträchtigung, die von dem beanstandeten Verhalten für die Klägerin verständlicherweise zu besorgen ist und die mit der begehrten Maßnahme beseitigt werden soll. Dabei kann der Wertangabe der Klägerin in der Klageschrift eine Indizwirkung zukommen, die aber das Gericht bei der Wertfestsetzung nicht bindet, sondern anhand der objektiven Gegebenheiten auf ihre Angemessenheit zu überprüfen ist.

Die Klägerin hatte bereits mit der Klageschrift den Wert des Unterlassungsantrages auf 30.000 € beziffert, aber keine konkreten Angaben gemacht, woraus sich dieser Wert ergeben soll. Angesichts des Inhalts des Unterlassungsantrages, der zudem schon bei Klageeinreichung nur bis Ablauf des selben Jahres befristet war, ist ein Wert von 30.000 € überhöht. Angemessen erscheint der von dem Landgericht angenommene Wert von 6.000 €.

Der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht ist mit 5.000 € angemessen bewertet. Hinweise, dass ein höherer Schaden der Klägerin greifbar war, fehlen.

Schließlich ist auch ein Streitwert von 10.000 € für die Stufenklage angemessen. Nach § 44 GKG ist bei der Stufenklage für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höhere, maßgebend. Zwar hatte die Klägerin ursprünglich alleine den Auskunftsantrag mit 10.000 € bewertet. Selbst wenn dies zuträfe, was zweifelhaft ist, gäbe es jedenfalls keinen weiteren Antrag mit noch höherem Wert, auch nicht den auf Zahlung von Schadensersatz gerichteten, sodass die Festsetzung durch das Landgericht auf 10.000 € nicht zu beanstanden ist.“

Beschluss vom Oberlandesgericht Dresden vom  04.07.2014.