01
Bereits mehrmals habe ich die Einheitlichkeit der Rechtsprechung kritisiert, bzw, um genauer zu sagen die Uneinheitlichkeit.
In einem Verfahren der Deutsche Vermögensberatung DVAG gegen einen Vermögensberater klagte dieser in Frankfurt beim Landgericht einen Buchauszug ein mit dem Argument, die Provisionsabrechnungen seien falsch und er müsste jetzt alles noch einmal nachrechnen. Ihm fehlen bei vielen Verträgen mindestens 2 Promille der Provisionen.
An anderem Ort klagte die DVAG gegen denselben Vermögensberater auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen, die sich aus der Provisionsabrechnung ergeben. In diesem Verfahren trug der Vermögensberater u.a. vor, die Abrechnungen seien ja falsch und er wolle alles nachrechnen. Deshalb habe er ja in Frankfurt geklagt.
Es drängt sich auf, dass das eine Verfahren etwas mit dem anderen zu tun hat. Nicht sehr geschickt wäre das mögliche Ergebnis, dass in dem einen Verfahren die Abrechnung als richtig, in dem anderen als falsch ausgeurteilt würde.
Eine Richterin aus Nürnberg, mit exakt der gleichen Fragestellung konfrontiert, meinte, sie wolle das Provisionsrückzahlungsverfahren erst einmal einstellen, um abzuwarten, was aus dem anderen Verfahren wird. So wird’s gemacht….
aber nicht in Frankfurt. Dort vertrat der Richter die Auffassung, er sei „kein Freund der Einstellung“ (eine etwas undurchsichtige Erklärung) und er wolle nicht aussetzen. Auf die bestehende Gefahr unterschiedlicher, sich widersprechender Urteile wollte er nicht erwidern. Auch lehnte er es ab, bei seinem Richterkollegen einmal anzurufen, um zu verhindern, dass möglicherweise zwei sich widersprechende Urteile in der Welt sind.
In Frankfurt gibt es zwar eine klare Tendenz zu einheitlichen Urteilen, z.B. zu Fragen der Softwarepauschale und zu Fragen des Buchauszuges, dennoch gibt es auch die eine oder andere Überraschung. So wurde einem Vermögensberater fristlos gekündigt. Das Landgericht Frankfurt entschied zunächst -relativ flott -, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist. Die DVAG legte dagegen Berufung ein. Das Oberlandesgericht meinte, das Urteil ginge zu schnell, man müsse vielleicht Zeugen hören und schickte die Akte kurzerhand wieder zurück zum Landgericht.
Dort sah man sich veranlasst, eine ganze Reihe von Zeugen zu hören, allerdings mit der Option, dass die Vernehmung bis spätestens 18:00 Uhr zu Ende ist. Denn dann schließe ja das Gericht. Außerdem klagte der Richter, ein treusorgender Vater, über Kopfschmerzen, wie es bei treusorgenden Vätern sicher häufiger vorkommt.
Ab 17:00 zog der Richter es dann vor, desweilen nicht nur sms (oder whats up) seinen Kindern zu schreiben, sondern dann auch gleich während der Vernehmung mit einem Kind zu telefonieren. Wenn die Fürsorge es erfordert, warum auch nicht? Um 18:00 Uhr waren noch gar nicht alle Zeugen gehört, die Verhandlung jedoch wegen der genannten Umstände beendet. Die Zeit drängte schließlich, und wohl nicht nur die Zeit.
Anschließend gab es ein Urteil, in dem die Kündigung nun doch für rechtmäßig erachtet wurde. Wie man sich denken kann, liegt die Sache jetzt wieder beim Oberlandesgericht. Diesmal war der Vermögensberater mit einigen Dingen, die während des Prozesses passierten, verständlicherweise nicht zufrieden.
04
Vor dem Oberlandesgericht ging es am vergangenen Freitag um einen Buchauszug, um Provisionen und um die Frage der Verjährung. Dabei vertrat das Oberlandesgericht eine Auffassung, die überraschte.
Provisionen z.B. auf Lebensversicherungen unterliegen Haftungszeiten. § 92 Abs.4 HGB regelt: Der Versicherungsvertreter hat Anspruch auf Provision (§ 87a Abs. 1), sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet.
Also immer dann, wenn der Kunde zahlt, entsteht nach dem Gesetz der Provisionsanspruch.
Wenn die Haftungszeit 5 Jahre läuft, entsteht der Provisionsanspruch Monat für Monat, wenn der Kunde den Beitrag zahlt. Die DVAG rechnet auch so ab. Damit beginnen auch die Verjährungsfristen immer dann, wenn die Provision fällig wird. Die ersten beginnen also gleich nach der erfolgreichen Vermittlung, die letzten mit Ende der Haftungszeit.
Dies soll nach der in der Verhandlung geäußerten Ansicht des OLG aber nicht gelten.
Abweichend von der gesetzlichen Regelung heißt es im Vermögensberatervertrag auf Seite 4 unten nämlich: „…. Provisionsansprüche entstehen … erst dann, wenn der geworbene Kunde die nach den Provisionsbedingungen vorgesehen Anzahl von Beiträgen (Prämien) an den entsprechenden Produktpartner entrichtet hat.“
Dort wird zwar auf § 92 HGB verwiesen. Da aber der Wortlaut ein anderer ist, gelte das, was im Vertrag steht. Und dann, so das Gericht, entstehe der komplette Provisionsanspruch erst dann, wenn der Kunde über die Haftungszeit hinweg alle Beiträge gezahlt hat.
Und erst dann würde auch für diese Provisionen die Verjährung beginnen. Diese Rechtsauffassung führt zwar zu einer aus Vermögensberatersicht guten Verjährungsregelung, auf der anderen Seite jedoch auch dazu, dass der Vorschuss in voller Höhe zurück zu gewähren wäre, wenn der Kunde vor Ende der Haftungszeit die Beiträge nicht mehr zahlt.
27
Das Versorgungswerk der Deutsche Vermögensberatung DVAG ist Thema eines Rechtsstreits zwischen einem Vermögensberater und der AachenMünchener. Die DVAG hatte den Versorgungsvertrag gekündigt. Dies geschah, nachdem ein Aufhebungsvertrag unterschrieben war. Die Parteien streiten sich darum, ob der Aufhebungsvertrag wirksam zustande kam.
Der seit Jahren inaktive Vermögensberater verlangt vor Gericht die Feststellung, dass der Vertrag mit der AachenMünchener ungekündigt wäre und bis heute fortbesteht.
Vor dem Landgericht Aachen hatte der Vermögensberater keinen Erfolg. Unabhängig vom Aufhebungsvertrag hätte die DVAG das Versorgungswerk kündigen dürfen. Schließlich habe ja der Versicherungsschein vorgelegen. Außerdem seien ja sie Ansprüche aus dem Versorgungswerk bis zum 60. Lebensjahr an die DVAG abgetreten.
Gegen die Entscheidung legte der Vermögensberater Berufung ein. Er begründete dies mit den Hintergründen des Aufhebungsvertrages und einem sittenwidrigen Verhalten ihm gegenüber. Schließlich war er bereits schwer erkrankt, als er zur Unterschrift gebracht wurde.
In der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Köln bekam der Fall dann eine ganz neue Entwicklung. Da der Versicherungsvertrag zwischen AachenMünchener und dem Vermögensberater auf die Regelungen über das Versorgungswerk (Vertrag zwischen Vermögensberater und DVAG) Bezug nimmt, müsse sich die AachenMünchener wohl den Inhalt aus dem Versorgungswerkvertrag zurechnen lassen.
Dort jedoch ist – nach Auslegung des Vertrages – geregelt, ob und wann das Versorgungswerk gekündigt werden kann. Wäre der -streitige – Vortrag des Vermögensberaters zutreffend, käme man dann zu dem Ergebnis, dass die Kündigung des Versorgungswerkes unwirksam ist.
Hätte die AachenMünchener dann noch über die Hintergründe des umstrittenen Aufhebungsvertrages Bescheid gewusst, käme es auch nicht mehr darauf an, wo sich der Versicherungsschein befunden hat. Mit dieser Rechtsansicht war der Vermögensberater zufrieden. Schließlich habe er, wie er sagt, die AachenMünchner rechtzeitig vor der Kündigung über die Hintergründe informieren lassen. Im weiteren wird eine Beweisaufnahme erwartet.
27
Am 26.4.16 wurde DVAG-Vorstandsmitglied Hans Theo Franken von Das Investment.com interviewt. Gefragt wurde er zu dem zunehmenden Druck auf die Finanzvertriebe. Franken gab sich optimistisch.
Er entgegnete, die DVAG sei erfolgreich wie noch nie. (Anm.: Tatsächlich hatte die DVAG den Rekordumsatz aus dem Jahre 2008 im letzten Jahr erhöhen können, nachdem man jahrelang diese Zahlen zuvor lange nicht mehr erreichen konnte.)
Franken meinte auch, die DVAG habe im letzten Jahr 1300 hauptberufliche Vermögensberater hinzubekommen, worauf man sehr stolz sei. (Anm.: Wie viel Vermögensberater noch tätig sind, sagt Franken nicht. Er sagt auch nicht, ob es insgesamt einen Personalzuwachs gab. Früher soll es mal 37.000 Vermögensberater gegeben haben. Das Handelsblatt berichtete im März 2016 davon, es gäbe zur Zeit 14.000 Vermögensberater.)
Die DVAG habe insbesondere in den Bereichen Investment (plus 11,9 %) und Baufinanzierung (plus 22,9%) große Erfolge erzielt, so Franken. In Zukunft werde die digitale Unterschrift für die Kunden eingeführt und man setze weiterhin auf die Gewinnung neuer Vermögensberater.
12
Vor ein paar Tagen war in einer mündlichen Verhandlung vor einem Landgericht abermals davon die Rede, ob ein Vermögensberater Makler sein darf und ob dies vermögensberatervertraglich ausgeschlossen ist.
Die Richterin sagte, sie wolle sich mit dieser Frage gar nicht beschäftigen. Es ginge ihr nur darum, ob ein Vertragsverstoß in Hinblick auf einen Wettbewerbsverstoß vorliege. Dann wäre es völlig egal, ob dieser als Makler oder Ausschließlichkeitsvermittler begangen wurde.
Die DVAG vertrat die Auffassung, als Vermögensberater dürfe man nicht Makler sein, sondern müsse Ausschließlichkeitsvermittler gem. § 34 d Abs.4 GewO sein.
Der Vertrag, um den man hier streitet, stammt aus dem Jahr 2007. Er enthält eine Verpflichtung, eine Erlaubnis gem. § 34 c GewO einzuholen. Dort aber ist der Makler ausdrücklich erwähnt. Außerdem enthalte ja § 34 d Abs. 4 GewO die Regelung:
Keiner Erlaubnis bedarf ein Versicherungsvermittler nach Absatz 1 Satz 1, wenn
- 1.
-
er seine Tätigkeit als Versicherungsvermittler ausschließlich im Auftrag eines oder, wenn die Versicherungsprodukte nicht in Konkurrenz stehen, mehrerer im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen ausübt und
- 2.
-
durch das oder die Versicherungsunternehmen für ihn die uneingeschränkte Haftung aus seiner Vermittlertätigkeit übernommen wird.
Damit würde der Ausschließliche ja nicht einmal einer Erlaubnis bedürfen. Die Richterin wird sich glücklich schätzen, wenn sie die Frage, ob ein Vermögensberater Makler sein darf, weiträumig umkurven kann.
24
Das Handelsblatt berichtet heute von Umsatzzahlen der DVAG in 2015: Der Umsatz der Deutschen Vermögensberatung AG ist danach im vergangenen Jahr um 5,5 Prozent auf 1,26 Milliarden Euro gestiegen. Der Jahresüberschuss wuchs um 21 Prozent auf 186 Millionen Euro.
Im Jahre 2014 verzeichnete man übrigens einen Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um 5,3 Prozent auf 1,2 Milliarden,
2013 waren es 1.130,4
2012 waren es 1,18
2011 … 1,1
2010 … 1,07
2009 …. 1,1
2008 …. 1,22 Mrd. Euro Umsatz.
Das Handelsblatt berichtet, dass bei der DVAG 14.000 Vermögensberater tätig seien. Auf der Website von Paul Biedermann ist noch von 37.000 „asset managers“ die Rede.
27
Am 06.01.2016 hatte das Landgericht Aachen über einen Rechtsstreit zu entscheiden, indem es darum ging, dass das sogenannte Versorgungswerk von der DVAG gekündigt wurde.
Ein Vermögensberater erkrankte und wurde berufsunfähig. Anschließend erklärte die DVAG die Kündigung sämtlicher Ansprüche aus dem sogenannten Versorgungswerk, indem zugunsten des jeweiligen Vermögensberaters Kranken- Lebensversicherungs- und Berufsunfähigkeitsansprüche gesichert werden.
Der Vermögensberater musste seine Berufsunfähigkeit gerichtlich einklagen, weil sich die Versicherung auf den Standpunkt stellte, das Versorgungswerkt sei ja gekündigt. Nachdem gerichtsgutachterlich festgestellt wurde, dass die Berufsunfähigkeit vor der Kündigung eintrat, hatte die Versicherung gezahlt.
Die DVAG berief sich im Rahmen der von ihr ausgesprochenen Kündigung auf einen Aufhebungsvertrag. Die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages ist streitig.
Unabhängig von der Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages stellte sich das Landgericht Aachen in seinem Urteil vom 06.01.2016 auf den Standpunkt, die DVAG dürfe die Kündigung aussprechen. Schließlich seien die Ansprüche aus dem Versorgungswerk an die DVAG abgetreten worden und der Originalversicherungsschein an die DVAG versandt worden. Dies würde auch das Recht umfassen, den Vertrag gänzlich zu kündigen. Ob sich die DVAG gegenüber dem Vermögensberater richtig verhalten hatte, wollte das Gericht nicht beurteilen.
Ob die Kündigung formell auch ordnungsgemäß erfolgt ist, wurde im Rahmen einer Beweisaufnahme geprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die Kündigung nicht von einem Mitarbeiter der DVAG ausgesprochen wurde, sondern von einem Mitarbeiter eines Dienstleistungsunternehmens, welche für die DVAG tätig wäre, der Atlas. Dennoch sah das Landgericht Aachen diesen Mitarbeiter als bevollmächtigt an und schob die formellen Bedenken des Klägers gegen die Kündigung zur Seite.
Mithin hatte das Landgericht Aachen entschieden, dass die Kündigung des Versorgungswerkes wirksam ist. Ob gegen das Urteil Berufung eingelegt wird, wird noch geprüft.
Die Auflösung des Versorgungswerkes hat für den Vermögensberater erhebliche Auswirkungen. Er bezieht zwar die gerichtlich festgesetzte Rente, verliert aber sämtliche weitere Ansprüche für die Zukunft, die sich aus dem Versorgungswerk ergeben.
15
Der BGH entschied am 5.11.2015 , dass einem Vermögensberater der DVAG auch während der Kündigungsphase der sogenannte BOZ zustehe, wenn die Kündigungsfrist mehrere Jahre betrage. Insofern hatte die DVAG Ende des letzten Jahres gleich zwei Grundsatzurteile „hinnehmen“ müssen.
Der BOZ-Anspruch ergebe sich aus den AGB, die die Beklagte im Intranet veröffentlicht hatte.
„Nach dem Wortlaut der im Intranet der Beklagten veröffentlichten Bedingungen über die Zahlung eines Bürokostenzuschusses sollten diejenigen Vermögensberater, die die dort niedergelegten Voraussetzungen erfüllten, ab dem 1. Januar 2008 für einen erfolgreichen Gruppenaufbau einen Bürokostenzuschuss in bestimmter Höhe erhalten, der jeweils pro Quartal ermittelt und im folgenden Quartal auf der Grundlage der Gruppenumsätze des Vorquartals monatlich gezahlt werden sollte. Die Formulierung, dass die Vermögensberater unter bestimmten Voraussetzungen einen Bürokostenzuschuss „erhalten“ sollten, der monatlich „gezahlt“ werde, ist ihrem Wortlaut und typischen Sinn nach dahin auszulegen, dass sich die Beklagte gegenüber den für sie tätigen Vermögensberatern bei Erfüllung der von ihr genannten Bedingungen zur Zahlung eines Bürokostenzuschusses verpflichtet und den Vermögensberatern entspre-chend einen durchsetzbaren Anspruch eingeräumt hat (vgl. BAG, NJW 2013, 2844 Rn. 17; BAGE 127, 185 Rn. 45 m.w.N.).“, so der BGH und meinte, dem stehe nicht entgegen, dass in den AGB stehe, es sich um freiwillige Zahlungen handele.
Weiter der BGH: „Die Klausel in den BOZ-Bedingungen der Beklagten, wonach die Zahlung des Bürokostenzuschusses davon abhängig ist, dass das Vertragsverhältnis des Handelsvertreters im Zeitpunkt der Zahlung ungekündigt ist, ist wegen Verstoßes gegen § 89 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 HGB, § 134 BGB insgesamt unwirksam.“
14
Im Vermögensberatervertrag der DVAG 2007 ist folgende Regelung enthalten:
„Der V.berater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, der Gesellschaft V.berater, andere Mitarbeiter oder Kunden abzuwerben oder dies alles nur zu versuchen. Verstößt der V.berater gegen auch nur eines der vorstehenden Verbote, so hat er für jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Gesellschaft eine Vertragsstrafe in Höhe von …. zu zahlen.“
Nachdem einem Vermögensberater vorgeworfen wurde, er habe dagegen verstoßen, geriet die Klausel auf die Waagschale. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte in zweiter Instanz die Klausel für unwirksam gehalten. Schon in einer früheren Entscheidung hatte sich das OLG sehr kritisch mit den Klauseln auseinandergesetzt.
Es wies die Klage auf Auskunft und Schadenersatz ab mit der Begründung ab:
„Die im V.beratervertrag vom 25.05./14.06.2007 getroffene Vereinbarung über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), auch und insbesondere wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), unwirksam….Die von den Parteien unter V. Abs. 2 des V.beratervertrags getroffene Vereinbarung über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam“ (Dabei stellte das Gericht darauf ab, dass nicht gleichzeitig eine Entschädigungsklausel enthalten wäre).
Außerdem sah das Gericht die Klausel als nicht transparent an. “ Das Transparenzgebot ist aber auch deshalb verletzt, weil dem Handelsvertreter durch die Regelung in V. Abs. 2 des V.beratervertrags für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses untersagt wird, V.berater, andere Mitarbeiter oder Kunden der Klägerin abzuwerben, ohne dass dabei hinreichend deutlich gemacht wird, ob sich das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nur auf solche Personen erstreckt, die zur Zeit der Vertragsdauer V.berater, andere Mitarbeiter oder Kunden der Klägerin waren, oder ob es auch solche Personen erfasst, die erst nach dem Ausscheiden des Vertragspartners bei der Klägerin zu deren Mitarbeitern oder Kunden geworden sind. Eine klare Aussage wird insoweit – obwohl sich die Frage aufdrängt, nachdem das nachträgliche Wettbewerbsverbot gerade für die Zeit nach Vertragsende gilt – im Vertrag nicht getroffen. Für den Vertragspartner des Verwenders ist daher aus dem Vertragstext heraus nicht klar erkennbar, welcher Personenkreis dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterfällt, wie weit also das Wettbewerbsverbot reicht (so schon Senat, Urteil vom 16.07.2014, 15 U 215/13, n.v.).“
Dagegen wehrte sich die DVAG im Rahmen der Revision beim Bundesgerichtshof. Die Revision wurde zugelassen, „da die Klägerin die Klausel für eine wiederholte Verwendung vorgesehen hat, eine Vielzahl von Fällen“ betroffen ist.
Der BGH entschied am 3.12.15 unter dem Az VII ZR 100/15, dass die Klausel unwirksam ist. Der BGH stellte jedoch nicht mehr darauf ab, dass die Klausel benachteiligen könnte, sondern einzig und allein darauf, dass die Klausel intransparent sei.
„Nicht nur ist für einen durchschnittlichen Vertragspartner der Klägerin auch unter Berücksichtigung des Abwerbeverbots während der Vertragslaufzeit in Nr. V. Abs. 1 nicht hinreichend klar, ob mit „Kunden“ im Sinne von Nr. V. Abs. 2 sämtliche Personen gemeint sind, die Verträge mit Partnerunternehmen der Klägerin abgeschlossen haben, oder nur solche Personen, die derartige Verträge aufgrund einer dem Handelsvertreter (Vermögensberater) zuzurechnenden Vermittlungstätigkeit abgeschlossen haben. Hinzu kommt, dass nicht hinreichend klar ist, ob sich das Verbot der Abwerbung von Kunden in Nr. V. Abs. 2 auch auf Personen erstreckt, die erst nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses, aber binnen des Zeitraums von zwei Jahren nach dieser Beendigung Verträge mit Partnerunternehmen der Klägerin geschlossen haben.“
21
Endlich dürfte ein langjähriger, unnötiger und aus meiner Sicht trauriger Rechtsstreit entschieden sein.
Ein ehemaliger Vermögensberater setzte seine Laufbahn als Makler fort. Er war bis dahin immer bei der Central krankenversichert und bei der Generali gegen Berufsunfähigkeit. Der Makler litt immer häufiger an den mit dem Beruf verbundenen Stresssymptomen. Seine Angst vor Stornierungen lösten Panikattacken aus. Er mochte nicht mehr ans Telefon gehen und verfiel zunehmend in „Apathie“. Er konnte nicht mehr arbeiten.
Er meldete sich krank und beantragte Krankengeld. Zunächst bekam er Krankengeld von der Central. Die Central meinte dann irgendwann, der Makler sei so krank, dass er nunmehr berufsunfähig sei (diese Einschätzung sollte sich Jahre später als Volltreffer erweisen). Die Berufsunfähigkeit hatte ein für die Central tätiger Sachverständiger festgestellt.
Anschließend wandte sich der Makler an die Generali und beantragte entsprechende Leistungen. Weil die Central aus dem Hause der Generali stammt, dachte man, das sei nun alles kein Problem, wenn denn „aus dem Hause“ bereits eine solche Einschätzung abgegeben wurde.
Die Generali beauftrage jedoch ebenfalls einen Gutachter. Dieser kam zu dem Ergebnis, der Makler sei so gesund, dass er schließlich doch noch arbeiten könne. Während die Central den Makler also krankschrieb, wurde er von der Generali gesundgeschrieben. Keiner zahlte also.
Auffallend war, dass die jeweiligen Gutachten jeweils die notwenigen Feststellungen trafen, die zum Leistungsausschluss führten. Ob hier der alte Spruch „wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ eine Rolle spielt, kann nicht gesagt werden.
Dem Makler jedenfalls drohte der finanzielle Kollaps.
Es kam dann zum gerichtlichen Rechtsstreit. Dort wurde ein weiteres Gutachten eingeholt.
Dieser gerichtliche Gutachter stellte nunmehr fest, dass der Makler bereits seit 2010 berufsunfähig erkrankt ist.
14
Am 03.06.2011 verurteilte das Landgericht Halle einen Vermögensberater zur Rückzahlung von Provisionsvorschüssen.
Das Gericht begründete dies wie folgt:
Der Klägerin steht gegen der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung zu. Zunächst meinte das Gericht, dass die Anwendung des § 92 Abs. 4 HGB zulässig sei. Dies gelte auch für selbstständige Handelsvertreter, die Versicherungen vermitteln.
Im Übrigen habe die Klägerin für jeden der Stornoberechnung unterlegten notleidend gewordenen Vertrag im Einzelnen durch Vorlage des individuellen Schriftverkehrs substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, dass sie den Anforderung an die notwendige Nachbearbeitung des einzelnen Vertrages hinreichend nachgekommen ist. Sie hat im Rahmen der Abrechnung, die hier aufgrund der Beendigung der Tätigkeit auf die notleidend gewordenen Verträge ausgerichtet war, im Einzelnen dargelegt, wie, warum und wann diese Verträge notleidend wurden und ob und in welchem Umfang sich dies auf die dem Beklagten zustehende Provision ausgewirkt hat und in welchem Umfang die Beklagte mithin eine Zuvielzahlung erhalten hat.
Das bloße Bestreiten der Schritte der im Einzelnen dezidiert vorgetragene Nachbearbeitung sei nicht erheblich, so das Gericht, da die Klägerin die konkrete Nachbearbeitung zu jedenfalls im Einzelnen dargelegt habe.
Urteil Landgericht Halle Aktenzeichen 4 O 437/10.

