August 2015

Gar nicht schlecht

Hier ein paar nützliche und zusammengefasste Hinweise der Bafin

gem Rundschreiben 9/2007.

Schlecht

Anwaltliches Kopfzerbrechen hat mir ein für den Vertrieb wichtiger Paragraf bereitet: In meinen Augen macht der Inhalt keinen Sinn oder ist schwer bis gar nicht verständlich. Zunächst dachte ich, es würde ein Wort fehlen. Es fehlt aber tatsächlich keins. Nach längerem Grübeln erschloss sich, dass der Versicherungsvermittler (und nur er) etwas nicht einbehalten darf. Nur was, frage ich mich.

Vor allem frage ich mich: Wie kann ein Gesetzgeber eine solch in sich unverständlich und verschnörkelte Norm erlassen?

Beim Lesen viel Spaß und ein schönes Wochenende!

§ 80 Abs. 5 VAG:

Die Versicherungsunternehmen müssen sicherstellen, dass zumindest im Falle der Kündigung eines Vertrages durch den Versicherungsnehmer, wenn es sich nicht um eine Kündigung gemäß § 205 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes handelt, oder im Falle des Ruhendstellens der Leistungen gemäß § 193 Absatz 6 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes oder einer Prämienfreistellung gemäß § 165 Absatz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes in den ersten fünf Jahren nach Vertragsschluss der Versicherungsvermittler die für die Vermittlung eines Vertrages der substitutiven Krankenversicherung oder der Lebensversicherung angefallene Provision nur bis zu der Höhe einbehält, wie diese nicht höher ist als der Betrag, der bei gleichmäßiger Verteilung der Provision über die ersten fünf Jahre seit Vertragsschluss bis zum Zeitpunkt der Beendigung, des Ruhendstellens oder der Prämienfreistellung angefallen wäre. Ist die vereinbarte Prämienzahlungsdauer kürzer als fünf Jahre, so kann diese zugrunde gelegt werden. Eine entgegenstehende vertragliche Vereinbarung zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Versicherungsvermittler ist unwirksam.

Nicht schlecht

Einem Vermittler wird von seinem Unternehmen der Prüfbericht gem. § 34 f GewO verweigert. Und nun hat mir eine süddeutsche IHK erlaubt, den Prüfbericht anzufertigen.

Eigentlich sollten das Anwälte mit Schwerpunkt Anlagerecht machen. Nachdem man sich über meine Schwerpunkte informierte, erlaubte man dies mir auch. Nicht schlecht.

BGH lehnt Revision ab

Das Oberlandesgericht Frankfurt sah die fristlose Kündigung eines Vermögensberaters als unwirksam an. Ich berichtete über die Hintergründe.

Die Sache ging dann zum Bundesgerichtshof. Dieser nahm die Nichtzulassungsbeschwerde nicht an. Eine Begründung dafür hatte das Gericht nicht genannt.

Gegen diese Entscheidung ist die Gehörsrüge noch möglich, für den Fall, dass man noch Gründe genannt haben möchte, warum sich der BGH damit nicht beschäftigen will.

Das Oberlandesgericht wird sich jetzt mit der Höhe des Schadenersatzes beschäftigen müssen.

Amtsgericht Frankfurt: Richtigkeit eines Buchauszugs braucht nicht eidesstattlich versichert werden

Ein Vermögensberater verlangt von der DVAG die Zahlung von Provisionen.

Im Rahmen einer Stufenklage klagte er zunächst einen Buchauszug ein, um dann anschließend mit dem Buchauszug die Provisionen errechnen zu können. Das Amtsgericht Frankfurt hatte dann am 24.04.2014 die DVAG zur Erteilung des Buchauszuges verpflichtet.

Dieser wurde sodann von der DVAG erstellt. Der Kläger meinte jedoch, der Buchauszug würde nicht die eingeklagten Angaben enthalten und diese seien nicht nachvollziehbar. Er beantragte dann, die DVAG müsse die Richtigkeit der Angaben im Buchauszug an Eides statt versichern.

Dieser Antrag wurde mit Teilurteil des Amtsgerichts Frankfurt am 09.07.2015 abgewiesen.

Das Amtsgericht Frankfurt dazu:

„Der klägerische Anspruch hat bereits deswegen keine Aussicht auf Erfolg, weil der geltend gemachte Anspruch gegenüber den Ansprüchen nach § 87 c HGB subsidiär ist. Vielmehr hätte der Kläger vorrangig die Rechte aus § 87 c HGB, hier Abs. 4, vorrangig auszuüben müssen… bei begründeten Zweifeln kann der Handelsvertreter hinsichtlich aller unter § 87 c fallenden Informationen die Rechte auf Eidesstattliche Versicherung aus § 259 Abs. 2 BGB (hinsichtlich Abrechnung, Auszug oder Einsicht) oder aus § 260 Abs. 2 BGB (hinsichtlich der Auskunft) ausüben, sofern durch die in § 87 c vorgesehenen und grundsätzlich vorrangig auszuübenden Rechte, insbesondere das Recht auf Bucheinsicht, bestehende Zweifel nicht habe ausgeräumt werden können…

Die Richtigkeit und Vollständigkeit von Provisionsabrechnung und Buchauszug hat der Unternehmer daher wegen fortbestehender Zweifel erst dann an Eides statt zu versichern, wenn das Recht auf Bucheinsicht 1. Rechtzeitig, aber sachlich nicht hinreichend erfolgreich, ausgeübt und durchgeführt, wenn es 2. verweigert worden ist oder sich 3. als nicht durchführbar erwiesen hat. …

Ein Anspruch aus § 259 Abs. 2 BGB steht dem Kläger nicht zu.

Der Anspruch auf Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung setzt voraus, dass Grund zu der Annahme besteht, die in den Auskünften enthaltenen Angaben seien nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden. Es muss somit der Verdacht bestehen, dass die vorgelegten Unterlagen unvollständig sind und dies auf mangelnder Sorgfalt beruht (Krüger, Münchener Kommentar BGB, § 259 Randnr. 38).

Dabei müssten die Unvollständigkeit und die mangelnde Sorgfalt jedoch nicht feststehen. § 259 Abs. 2 BGB setzt nur den dahingehenden Verdacht voraus. Der Verdacht muss sich auf Tatsachen gründen, die der Kläger als Berechtigter darlegen und notfalls beweisen muss.

Der Buchauszug soll dem Handelsvertreter die Nachprüfung ermöglichen, ob die erteilte Provisionsabrechnung richtig und vollständig ist, und zwar in Hinblick auf jedes einzelne provisionspflichtige Geschäft (Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.05.1995, Aktenzeichen VII ZR. 146/94).

Daraus folgt, dass der Buchnachweis für den relevanten Aufstellungszeitpunkt eine bis ins Einzelne gehende Bestandsaufnahme der Kundenbeziehungen beinhalten muss, soweit sie die Provisionsansprüche des Handelsvertreters berühren. Der Buchauszug muss aus sich heraus verständlich sein und in übersichtlicher Weise die Geschäfte auflisten, die für den Handelsvertreter von Bedeutung sind. Ein Anspruch auf eine bestimmte Darstellungsweise besteht nicht. Die erforderliche Form hängt vom Einzelfall ab (Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.03.2001, Aktenzeichen VII ZR. 149/99).

Der Buchauszug muss die im Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, Höhe und Fälligkeit der Provision des Handelsvertreters relevanten Geschäftsverhältnisse vollständig widerspiegeln, sowie sie sich den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen. Nicht aufgenommen werden müssen die Provisionssätze und die Provisionsbeträge. Diese muss der Handelsvertreter selbst errechnen. …

Ein Buchauszug ist dann vollständig, wenn er den Unternehmer in die Lage versetzt, sich über die zustande gekommenen Geschäftsabschlüsse zu informieren und anhand des Buchauszuges die früher oder gleichzeitig erteilten Provisionsabrechnungen zu überprüfen.

Dies ist hier der Fall. Jedenfalls aus der Gesamtschau der beispielhaft eingereichten Buchauszüge in Verbindung mit den Provisionsabrechnungen sind für den Kläger alle relevanten Daten ersichtlich, um den jeweiligen Provisionsanspruch zu berechnen.“

Treffender Titel

Ein Berater hat mit seinem Vertrieb eine sehr lange Kündigungsfrist vereinbart. Er möchte aber schon früher raus.

Deshalb hatte er zunächst alle Dinge in Bewegung gesetzt, um das zu erreichen. Einen Aufhebungsvertrag wollte man ihm nicht anbieten. Er korrespondierte weiter.

Seinen Sammelordner, mit dem Inhalt der gesamten und inzwischen umfangreichen Korrespondenz, nannte er  „Abschied“. Einen treffenderen Titel gibt es wohl kaum.

Landgericht Mannheim weist Klage auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen ab

Am 15.05.2014 hob das Landgericht Mannheim ein Urteil des Amtsgerichts Schwetzingen vom 12.06.2013 auf. Das Amtsgericht verurteilte einen Vermögensberater zur Rückzahlung von Provisionsvorschüssen.

Vor dem Amtsgericht Schwetzingen wurden von der DVAG erfolgreich Provisionen eingeklagt, die als Vorschüsse geleistet wurden.

Das Landgericht Mannheim sah das anders:

„Die Klage ist nach wie vor unschlüssig. Die erkennende Kammer hat in der mündlichen Verhandlung … ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Klage unschlüssig ist und für die Schlüssigkeit der Klage erforderlich ist, dass in überschaubarer und nachvollziehbarer Weise für jeden einzelnen Vertrag die erforderlichen Daten insbesondere Kunde, Vertragsnummer, Kündigungsgrund, Nachbearbeitungsaufwand, gegebenenfalls unter Beweisantritt vorgetragen werden. Auch die Berechnung müsse nachvollziehbar sein. Trotz des gerichtlichen Hinweises und des auf diesen Hinweis erfolgenden ergänzenden Sachvertrages der Klägerin sind die für die Entscheidung maßgeblichen Daten nach wie vor nicht nachvollziehbar. Zwar hat die Klägerin die einzelnen Kunden nebst Vertragsnummer, Kündigungsgrund und Nachbearbeitungsaufwand hinreichend übersichtlich aufgeführt. Gerade die Herleitung des ursprünglichen Provisionssatzes, die Berechnung des jeweiligen Provisionsvorschusses sowie die konkrete Berechnung der einzelnen Provisionsrückforderungen bezogen auf die einzelnen Verträge sind jedoch weiterhin unverständlich und nicht nachvollziehbar. Dies bezüglich beschränkte sich der Vortrag der Klägerin im Wesentlichen auf den Verweis auf Anlagen, welche bereits in erster Instanz vorgelegt wurden. Wie spätestens durch den gerichtlichen Hinweis in zweiter Instanz deutlich werden musste, reichen diese Anlagen jedoch gerade nicht aus, die Berechnung plausibel zu machen. Die als Anlage 0 vorgelegte Provisionsabrechnung ist nicht aus sich heraus verständlich. Auch der Versuch einer Erläuterung im Schriftsatz vom … trägt nicht zur wesentlichen Erhellung bei. Soweit die Klägerin vorträgt, die Berechnung erfolge anhand eines simplen Dreisatzes, ist selbst innerhalb des herausgegriffenen Beispiels nicht feststellbar, was die Grundlage der einzelnen Berechnungsposten ist. Darüber hinaus lässt dich bloße Nennung des Beispiels keine Übertragung der vorgestellten Berechnungsmethode auf die übrigen Verträge zu, sodass die einzelnen Berechnungen der Provisionen, Vorschüsse und Rückforderungen auch weiterhin nicht zuverlässig nachprüfbar sind“.

Urteil Landgericht Mannheim vom 15.05.2014

In Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit von Provisionsabrechnungen und Nachbearbeitungspflichten hat es in der letzten Zeit sehr viele unterschiedliche Urteile ergeben. Die Rechtsprechung ist leider nicht einheitlich.

Wichtigste HGB-Regelungen zu Provisionsvorschüssen und Storni für Versicherungsvertreter

Versicherungsvertreter und Vermögensberater erhalten Provisionen für vermittelte Geschäfte. Teilweise werden Vorschüsse gezahlt. Provisionen gibt es grundsätzlich, wenn der Kunde die Prämie/Beiträge zahlt.

Vorschüsse darf man auch nur dann behalten. Sonst müsste der Versicherungsvertreter die Vorschüsse zurückzahlen. Zurückzahlen muss er aber nur, wenn der Versicherer/Vertrieb das Storno nicht zu vertreten hat (er also genügend Stornobekämpfung betrieben hat.

Aus welchen gesetzlichen Regelungen ergeben sich diese Grundsätze?

Hier die wichtigste HGB-Regelungen zu Provisionsvorschüssen, Storni u.s.w.:

§87 a HGB:

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer (oder ein Dritter, Satz3) das Geschäft ausgeführt hat.

(2) Steht fest, daß der Dritte nicht leistet, so entfällt der Anspruch auf Provision; bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren.
Regelung zur Stornobekämpfungspflicht des Unternehmers:
(3) Satz 2 : Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind.

§87 c HGB:

Buchauszug:
(2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt.

§92 HGB:

Provisionsanspruch entsteht immer dann, wenn Kunde zahlt (pro rata temporis):

(4) Der Versicherungsvertreter hat Anspruch auf Provision (§ 87a Abs. 1), sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet.

Nachweis der Berufsunfähigkeit eines Handelsvertreters

Das Kammergericht Berlin hatte kürzlich entschieden, bei der Frage, ob ein Handelsvertreter wegen Angststörungen berufsunfähig sei, auch Rückschlüsse aus dem Verhalten/den Tätigkeiten des Versicherten außerhalb seines Arbeitsfeldes zu ziehen sind.

Der Sachverständige hielt dem Kläger vor, „dass ein sinnvolles Arbeitsergebnis bei einem reduzierten Umfang der Tätigkeit zu erzielen gewesen wäre.“

„Zutreffend ist, dass der Kläger keinen Raubbau mit seiner Gesundheit betreiben musste. Er musste auch keine überobligationsmäßigen Anstrengungen betreiben, um seine berufliche Tätigkeit fortzusetzen. Diese Obersätze der Rechtsprechung greifen hier jedoch nicht ein. Der Sachverständige differenziert bei seiner persönlichen Anhörung zwischen dem subjektiven Empfinden von Beschwerden durch den Kläger. Dieses Empfinden hat seine Ursache in der Anpassungsstörung. In einem zweiten Schritt kommt es jedoch für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit des Klägers darauf an, ob die objektiven Befunde und das objektive Beschwerdebild bei dem Kläger den Schluss zulassen, dass sein verbliebenes Leistungsvermögen dazu ausreicht, um gegen die subjektiv empfundenen Beschwerden willentlich anzusteuern. Hierbei geht es nicht um einen Raubbau an der Gesundheit, sondern um die Feststellung der trotz der Anpassungsstörung verbliebenen Restfähigkeiten des Klägers. Die vorhandenen Restfähigkeiten zu mobilisieren, stellt auch keine Anforderung an den Kläger, die als überobligationsmäßig zu bewerten wäre. Überobligationsmäßig wären Anforderungen, die eine Überforderung des Klägers bedeuten und letztlich zu einem Raubbau an der Gesundheit führen würden. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.“

Beschluss KG Berlin 2.12.2014

 

Solvabilitätsquoten sinken

Einen interessanten Artikel gab es im Versicherungsjournal vom 30.7.2015.

Die Solvabilitätsquoten der Lebensversicherer sind 2014 abermals gesunken, wenn auch nur weniger als in den Vorjahren. Nur rund jeder dritte der 53 aufgeführten Anbieter erzielte eine Steigerung.

OLG Karlsruhe zum Bezirksschutz eines Handelsvertreters

Das Oberlandesgericht Karlsruhe zu der Frage, ob einem Handelsvertreter Bezirksschutz zugewiesen wurde:

Wird dem Handelsvertreter in einer Vertriebsvereinbarung ein bestimmtes Gebiet „exklusiv“ zugewiesen, handelt es sich in der Regel um einen Bezirksschutz im Sinne von § 87 Abs. 2 HGB.

Ein Wettbewerbsverbot für den Unternehmer ist möglich, bedarf aber einer eindeutigen vertraglichen Vereinbarung. Die Interessenlage des Handelsvertreters mit Bezirksschutz lässt eine solche Vereinbarung nicht naheliegend erscheinen, anders als beispielsweise bei einem Vertragshändler, der nicht selten darauf angewiesen ist, dass der Unternehmer einen Wettbewerb durch einen Parallelvertrieb unterlässt.

OLG Karlsruhe 6.11.2014