RA Kai Behrens

Immer wieder Ärger mit den Vollmachten

Das Versicherungsjournal berichtete am 21.08.2012 darüber, dass die HDI Gerling eine Vollmacht nicht akzeptieren wollte, die älter als zwei Jahre alt ist. Ein Makler hatte die Vollmacht seines Kunden bei dem Versicherer vorgelegt im Zusammenhang mit der Übertragung von Kundenpolicen.
HDI bestätigte, dass man intern nur Vollmachten akzeptiere, die jünger als 24 Monate alt seien.
Der Makler wandte sich daraufhin an seinen Berufsverband, die Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. Der Verband unterstützte den Makler bei seiner Klage gegen den HDI.
Vor dem Amtsgericht Köln soll dann HDI den Anspruch anerkannt haben.
Auch Sicht der Maklerschaft bleibt zu hoffen, dass HDI sich nun auch in Zukunft von ihrer Vorgehensweise verabschiedet. Schließlich gelten Vollmachten unbefristet, es sei denn, dass sich aus den Vollmachten etwas anderes ergibt.
Der Wunsch von HDI, die Vollmachten auf zwei Jahre zu beschränken, verstößt mithin gegen geltendes Recht.
Leider gibt es auch bei anderen Versicherern, z.B. bei der Provinzial aus Münster, immer wieder Probleme mit der Anerkennung von Vollmachten. Aus internen Kreisen erfuhr ich, dass die Provinzial Maklervollmachten noch immer nicht akzeptieren wolle.
Die HDI-Angelegenheit ging vor dem Amtsgericht Köln mit einem Anerkenntnisbeschluss vom 01.08.2012 unter dem Aktenzeichen 144 C 86/12 zu Ende.

Ein Amtsgericht zu der Frage, wann Provisionen zurück zu zahlen sind

Beschluss des Amtsgericht Northeim vom 17.08.2012
Wieder einmal geht es um die Frage, ob Provisionen zurückzuzahlen sind. Dazu das Amtsgericht Northeim:
„Die Prozessbevollmächtigten werden darauf hingewiesen, dass es Aufgabe des Gerichts ist, für die Schlüssigkeit bzw. Erheblichkeit des Parteivortrages Sorge zu tragen. Insbesondere ersetzt die Bezugnahme auf Anlagen nicht den ordnungsgemäßen und umfassenden Parteivortrag …
Die Klägerin ist darlegungs- und beweisbelastet für die Höhe der ausgezahlten Provisionen und Rückbuchungen. Hierfür dürften jedenfalls entsprechende Kontenübersichten vorzulegen sein. Ferner trifft sie die Darlegungs- und Beweislast für die behaupteten Haftungszeiten. Hierzu fehlt es an Sachvortrag.
Soweit die Klägerin einräumt, es seien Stornorücklagen gebildet worden, ist darauf hinzuweisen, dass ein Rückzahlungsanspruch nur insoweit besteht, als Provisionen dem Beklagten auch tatsächlich ausgezahlt wurden. Es ist ja gerade der Sinn der Stornoreserven, derartige Rückforderungen dadurch zu vermeiden, dass sie nicht ausgezahlt und im Bedarfsfall mit Forderungen gegen Gläubiger verrechnet werden.

Landgericht Hechingen: fristlose Kündigung eines Handelsvertreters und Vertragsstrafe unwirksam

Gleich im Doppelpack stellte ein Gericht fest, dass die fristlose Kündigung eines Handelsvertreters und auch die im Vertrag vereinbarte Vertragsstrafe von bis 25.000€ unwirksam ist.

Am 29.06.2012 entschied das Landgericht Hechingen, dass die fristlose Kündigung eines Handelsvertreters unwirksam sei.
Daraufhin wurde er verurteilt, es zu unterlassen, der Klägerin Handelsvertreter und andere Mitarbeiter und Kunden abzuwerben.
Weiterhin wurde festgestellt, dass eine in dem Vermögensberatervertrag vom 11.06.2007 unter Ziffer V vereinbarten Vertragsstrafenregelung unwirksam sei.
Hintergrund war eine von dem Beklagten zunächst ausgesprochene ordentliche Kündigung.
Daraufhin sperrte die Klägerin nach Erhalt dieser Kündigung die E-Mail-Adresse des Beklagten und später auch seinen Zugang zum firmeninternen EDV-Netzwerkes. Daraufhin kündigte der Beklagte erneut außerordentlich fristlos und erklärte, dass er sich von dem zwischen der Klägerin und ihm vereinbarten Wettbewerbsverbot lossage.
Das Landgericht Heckingen erkannte, dass die außerordentliche fristlose Kündigung unwirksam sei. Ein wichtiger Grund bestände nicht. Nach umfassender Interessensabwägung kann dies bei einer Kündigung durch den Handelsvertreter insbesondere dann der Fall sein, wenn der Unternehmer wesentliche Vertragspflichten verletzt.
Die Verhinderung des Zugriffs zum EDV-Netzwerk stelle einen solchen wichtigen Grund allein nicht dar, so das Landgericht Hechingen. Zwar sei der Beklagte laut Ziffer 2 des Vertragsvertrages sogar zur Nutzung des EDV-Netzwerkes verpflichtet. Mit der Sperrung seines Zugangs war er aber nicht daran gehindert, auf anderem Wege über einen Gastzugang oder den Zugang anderer bei der Klägerin beschäftigte Handelsvertreter auf die Inhaltes des Netzwerkes zuzugreifen.
Das Gericht weiter:
„Er konnte seine Tätigkeit, wenn auch etwas umständlicher, weiterhin ausüben. Diese Überzeugung ergibt sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund der Angaben des Zeugen …, der glaubhaft geschildert hat, dass es auch ohne Zugang zum EDV-Netzwerk und ohne Dienst- E-Mail-Adresse möglich ist, der Tätigkeit als Berater ohne weiteres nachzugehen. Nach seiner Aussage stehen ohnehin sämtliche Unterlagen in Papierform zur Verfügung. Zudem sei es dem Beklagten möglich gewesen, beispielswiese über den Zugang seines Betreuers, an sämtliche notwendigen Informationen zu gelangen, die er für die Kundenbetreuung benötigt.
Auch der Zeuge … hat geschildert, dass ihm mitgeteilt worden sei, dass das Fahrzeug des Beklagten regelmäßig und zu allen möglichen Zeitpunkten vor den Büroräumlichkeiten des Herrn … gesehen wurde.
Das Gericht erkannte auch, dass die Vertragsstrafenregelung unwirksam sei. Hauptzwecke einer solchen Regelung ist ihre Funktion als Druckmittel für den Beklagten, seiner vertraglichen Verpflichtung ordnungsgemäß nachzukommen.“
„Die vereinbarte Vertragsstrafe orientiert sich nicht an den für die Klägerin in Betracht kommenden Auswirkungen und stellt daher eine unangemessene Benachteiligung für den Beklagten dar. In Ziffer 5 des Handelsvertretervertrages heißt es: „Verstößt der Vermögensberater gegen eines der vorstehenden Verbote, so hat er für einen jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Gesellschaft eine Vertragsstrafe in Höhe von 25.000,00 € zu zahlen, und zwar auch für jeden erfolglos gebliebenen Versuch. Diese Vertragsstrafe ist der Höhe nach auf einen Betrag beschränkt, der den sechsmonatigen Provisionsbezügen des Vermögensberaters – errechnet nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Verstoß – entspricht. Die Regelung enthält damit dem Wortlaut nach keinerlei Differenzierung hinsichtlich der Schwere des Verstoßes, sondern sieht pauschal für jeden Verstoß eine Strafe von 25.000,00 € vor. Ob der Verstoß vorsätzlich oder fahrlässig erfolgt ist, macht daher genauso wenig einen Unterschied wie die Feststellung, ob der Klägerin ein geringer oder hoher Schaden entstanden ist.“

Wie bekomme ich ein Gutachten

Schnelle Bearbeitung versprach der Sachbearbeiter der BU.

Und er wollte schnell das Gutachten der KV anfordern, damit alles schnell geklärt wird. Immerhin habe die Sache schon besondere Bedeutung gehabt.

Und heute bekam ich einen Anruf, in dem man mir mitteilte, dass – zu unser aller Überraschung – die KV eine Schweigepflichtentbindungserklärung sehen will, damit sie das Gutachten herausrücken darf. Und diese hätte man ja gar nicht.

Wen wunderts?

Und ganz beiläufig kam dann die Idee, dass ich doch das Gutachten auch in meinen Akten hätte und es einfach rüberfaxen könne.

Meine Büro-Faxgeschwindigkeit von wenigen Stunden ist zu der erwarteten Zusendungszeit von einer Woche von Versicherer zu Versicherer beinahe rekordverdächtig.

Und jetzt warten wir mal, was noch kommt.

Neuestes vom BU-KV-Dilemma

Noch mal eine Kurzfassung der Ereignisse:

Versicherter erkrankte und beantragte Krankentagegeld. Die Leistungen wurden gewährt.

Dann holte die private Krankenversicherung ein Gutachten ein, welches ergab, dass der Versicherte zu über 50 % dauerhaft berufsunfähig sei und stellte die Zahlungen ein.

Der Versicherte wandte sich an die Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese holte ebenfalls ein Gutachten ein, welches ergab, dass der Versicherte allenfalls 10-20 % arbeitsunfähig sei. Sie zahlte deshalb nicht.

Arbeiten die Gutachter etwa für die jeweilige Versicherung? Gilt hier der Grundsatz „wes Brot ich ess, des Lied ich sind?“. Eine generelle Problematik.

Beide Versicherer gehören dem gleichen Konzern an.

Heute kam der Anruf vom BU-Versicherer.

Man sei überrascht, das müsse man aufklären, das dauere noch ein bisschen.

Und dann sagte man mir, man habe ja nicht gewusst, dass die KV solch ein Gutachten angefertigt hätte.

Hoppla ?

Meine Gegenfrage blieb unbeantwortet, die da lautete: Und wenn man das Gutachten der KV gekannt hätte, wäre dann das zweite Gutachten anders ausgefallen?????

Peinlich, peinlich, peinlich.

Ich hoffe, dass der Hinweis, dass Medien an dieser Posse durchaus Interesse haben dürfte, verstanden wurde. Die Versicherer liefern das Drehbuch – wenn auch unfreiwillig – selbst.

BU schreibt Versicherten „nur“ etwas krank, KV schreibt ihn berufsunfähig

Diese Geschichte hatte ich schon am 23.8.12 angeschnitten.

Umso unverständlicher ist es, wenn man sich vor Augen hält, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung und die Krankenversicherung aus einem Hause kommen. Beide gehören zum selben Konzern.

Und wer glaubt, das kann bei einem Versicherer, der Top-Nr.1-Berater hat, nicht passieren, der wird eines besseren belehrt.

Die Geschichte – so traurig sie ist – könnte auch die Vorlage einer Realsatire sein.

Einer der Versicherer wollte sich bis gestern zu dieser Peinlichkeit melden, tat es aber nicht.

Glaubt man der Werbung der Versicherer, hätte man eigentlich ein umgekehrtes Ergebnis erwartet: Nämlich, dass sich die Versicherer darum reißen, leisten zu dürfen.

Wie gut es doch täte, wenn der Krankenversicherer geschrieben hätte: „Wir freuen uns sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie nicht berufsunfähig sind und wir weiterhin für Sie leisten dürfen.“

Aber der Kunde wurde generalstabsmäßig ausgemustert.

LG Koblenz zum Thema Kündigungserschwernis

Das Landgericht Koblenz entschied am 14.08.2012 in einer Prozesskostenhilfeangelegenheit darüber, ob gewisse Klauseln als Kündigungserschwernis zu sehen sind und deshalb unwirksam seien.
Das Amtsgericht hatte dazu in einem Prozesskostenhilfebeschluss eine Auffassung vertreten, gegen die der Antragsteller Beschwerde eingelegt hatte. Er hatte nur teilweise Prozesskostenhilfe erhalten.
Das Landgericht Koblenz wies diese Beschwerde zurück und führte aus:
„Aus der Zusatzvereinbarung der Parteien über eine monatliche Mindestvorauszahlung von maximal 2.000,00 €, insgesamt begrenzt auf 4.000,00 €, die bei Vertragsbeendigung – sofern nicht mit Provisionszahlungen verrechnet – zinslos zurückzugewähren ist, ergibt sich keine Kündigungserschwernis im Sinne von § 98 a Abs. 1 HGB. Eine existenzvernichtende Wirkung im Falle der Kündigung ist entgegen der Ansicht des Beklagten soweit nicht ersichtlich.“
Ps: Leider lässt die Entscheidung eine tiefgreifende Begründung vermissen. Dennoch dürfte der Kern der Entscheidung interessant sein.

Vertragsstrafe und Wettbewerbsverbot in Aufhebungsvertrag unwirksam

Am 19.07.2012 musste das Landgericht Bautzen über Kündigungen zweier Handelsvertreter im Finanzdienstleistungsbereich sowie deren Rechtsfolgen entscheiden.

Beide waren langfristig an einen Strukturvertrieb gebunden. Der eine schied mit Aufhebungsvertrag aus und unterwarf sich der Verpflichtung, weder Mitarbeiter noch Kunden abzuwerben und im Falle des Verstoßes pauschal eine Vertragsstrafe von 15.000,00 € zu zahlen.

Diesem warf man vor, er habe Mitarbeiter abgeworben.

Der andere Handelsvertreter soll vor Ablauf der Kündigungsfrist bereits für die Konkurrenz vermittelnd tätig geworden sein.

Das Landgericht Bautzen verkündete am 19.07.2012, dass es tatsächlich von einer vermittelnden Tätigkeit des einen Handelsvertreters ausgeht und deshalb müsse dieser es noch bis Ende 09/2012 es unterlassen, für den Konkurrenten zu arbeiten.

Der Strukturvertrieb beantragte auch die Erteilung einer Auskunft darüber, welche Anlagen oder Versicherungen der Handelsvertreter für die Konkurrenz vermittelt hatte. Einen Beweis für den verbotenen Wettbewerbs konnte das Gericht jedoch nicht erkennen, so dass dieser Antrag scheiterte.

Von dem anderen Handelsvertreter, der im Rahmen des Aufhebungsvertrages ausgeschieden war, verlangte der Vertrieb die Zahlung der Vertragsstrafe. Auch damit ist der Vertrieb vor dem Landgericht Bautzen gescheitert.

Dazu das Landgericht Bautzen:

Die nachvertragliche Vereinbarung des Wettbewerbsverbotes und der Vertragsstrafe mit dem Beklagten zu 1) ist jeweils unwirksam (§§ 138, 242, 307 Abs. 2 Nr. 1BGB).

a)
Die Bestimmungen des Aufhebungsvertrages stellen allgemeine Geschäftsbedingungen dar …

b)
… vertragliche Wettbewerbsverbote zu Lasten von Berufsausübenden die ihren bisherigen Tätigkeitsbereich aufgeben, sind unter Berücksichtigung der durch Artikel 12 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Berufsfreiheut nur dann mit den guten Sitten zu vereinbaren, wenn und soweit für den Schutz eines berechtigten Interesses des aus der Wettbewerbsabrede berechtigten dienen und die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des verpflichteten nach Ort, Zeit und Gegenstand nicht unbillig beschränken …

Da das Verbot der Eigennutzung geworbener Kunden schwerwiegend in die Berufsausübung des Handelsvertreters eingreift, dessen Kundenstamm die Grundlage seiner beruflichen Tätigkeit ist, muss dieser Eingriff durch schutzwürdige Interessen des aus der Wettbewerbsabrede berechtigten gerechtfertigt sein (Vergleiche Oberlandesgericht Naumburg vom 17.02.2005 4 U 171/04). Hier besteht bereits keine zeitliche Einschränkung. Dies ist ohne weitere Prüfung den Beklagten auch unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin nicht zumutbar. Selbst das gesetzliche Leitbild geht – während der höhere Beschränkungen zulassenden vertraglichen Bindung – von einer allenfalls zulässigen Dauer von zwei Jahren aus …

c)
… denn das Wettbewerbsverbot ist auch sachlich oder räumlich nicht eingegrenzt. Insoweit ist die bedeutende Marktposition der Klägerin zu berücksichtigen. Der Beklagte zu 1) hätte mit einer eigenständigen Tätigkeit – vor allem in einer gewissen Entfernung zum alten Vertrag – damit kaum eine Chance.

Bei der hier gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung ist die Klausel damit zeitlich, räumlich und gegenständlich denkbar umfassend. Insoweit gibt es kein anerkennenswertes Schutzbedürfnis der Klägerin (Vergleiche zutreffend Oberlandesgericht München vom 01.10.2009 Aktenzeichen 23 U 2947/09).

Mit der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes entfallen auch die weiteren Ansprüche der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1) …

d)
Die Höhe der Vertragsstrafe stellt bereits für sich eine unangemessene Benachteiligung dar.

Gemessen an diesen Kriterien stellt die hier vorgesehen Vertragsstrafe von 15.000,00 € für jede Begehungsform und jede denkbare Art eines Wettbewerbsverstoßes eine unangemessene Benachteiligung dar. Die Klausel lässt jede Differenzierung hinsichtlich der Schwere des Verstoßes vermissen. Selbst für leichteste Verstöße sieht sie eine Vertragsstrafe von 15.000,00 € vor. Diese steht auch zu den zu erwartenden Schäden in keiner Relation. So geht es um – eher geringe – Prämienverluste. Selbst unter Berücksichtigung des von der Klägerin vorgetragenen Kaskadeneffekts, wonach mit Abwerbungen auch weitere Hierarchieebenen Nachteile erleiden, handelt es sich ebenfalls um Beträge im untersten vierstelligen Bereich. Dies steht – auch unter Berücksichtigung eines gewissen Abschreckungseffekts – zu der Höhe von 15.000,00 € je Verstoß außer Verhältnis.

Eine Herabsetzung der formularmäßig vereinbarten Vertragsstrafe kommt nicht in Betracht (Vergleiche Bundesgerichtshof vom 17.05.1991 Aktenzeichen V ZR 140/90, Oberlandesgericht München vom 29.07.2010 Aktenzeichen 23 O 5643/09, jeweils zitiert nach Juris.

e)
Gleiches gilt für den Verzicht auf den Einwand des Fortsetzungszusammenhanges. Damit können exorbitante Vertragsstrafen in Höhe von mehreren hunderttausend Euro für mehrere – nach den vorherigen Ausführungen verhältnismäßig geringfügige – Verstöße entstehen.

Urteil des Landgerichts Bautzen vom 19.07.2012, Aktenzeichen 3 O 227/11 (noch nicht rechtskräftig)

7.446.831,75 Euro für Lehman-Aktie

Header Justiz

Den bisher höchsten Schadenersatz in Sachen Lehman gab es jetzt vor dem OLG Hamburg.

Ganze 7.446.831,75 Euro (in Worten mehr als sieben Millionen Euro) muss die Hamburger Privatbank Bethmann an einen Anleger zahlen, weil man ihm nicht sagte, wie riskant die Anlage sei.

Bethmann ist eine Privatbank mit Sitz in Frankfurt und auf Vermögensverwaltung, Vermögensberatung und Vermögensplanung spezialisiert.

Mehr dazu hier im Hamburger Abendblatt.

Die neue BGH-Entscheidung zur Stornoabwehr

Am 28.06.2012 gab es vor dem Bundesgerichtshof eine interessante Entscheidung zur Stornoabwehr.
Die Tragweite wurde leider bisher oft falsch interpretiert. Dabei muss man den Inhalt nur zitieren.

1.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Versicherer die Wahl hat, die Stornobekämpfung durch den in Anspruch genommenen Versicherungsvertreter durchführen zu lassen oder dies durch andere Versicherungsvertreter zu erledigen.

2.
Entschließt sich der Versicherer, durch die Versendung einer Stornogefahrmitteilung einen Versicherungsvertreter entgegenzuwirken, und sendet er zu diesem Zweck eine Mitteilung, die diesen von ihrem Inhalt her in die Lage versetzt, seinerseits Abwehrmaßnahmen gegen die Stornogefahr zu ergreifen, so rechtzeitig an den Versicherungsvertreter, dass bei einem normalen Verlauf mit deren rechtzeitigen Eingang zu rechnen ist, so ist der Versicherer seiner Pflicht zur Stornogefahrabwehr in ausreichendem Maße nachgekommen.

Der Versicherer, der den Weg der Stornogefahrmitteilung wählt, muss sich daher sobald, wie es ihm nach den Umständen möglich und zumutbar ist, gegenüber dem Versicherungsvertreter erklären. Die Aussichten auf Rettung des Vertrages sinken nach der Lebenserfahrung, je mehr Zeit verstreicht.

Eine Stornogefahrmitteilung muss nicht bereits nach dem ersten Scheitern des Einzugs von Versicherungsbeiträgen versendet werden.

Es ist dem Versicherer gestattet, sich in angemessener Zeit eine gewisse Klarheit zu verschaffen, ob Anhaltspunkte für eine Vertragsgefährdung vorliegen.

Nach diesem Klärungsversuch darf der Versicherer mit der entsprechenden Mitteilung einen Vertreter in der Regel nicht mehr als zwei Wochen warten lassen.

3.
Der Versicherer kann die Stornobekämpfung auch durch den Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters durchführen.

Die bloße Versendung einer Stornogefahrmitteilung an den Bestandsnachfolger ist keine ausreichende Maßnahme. Ein darauf gerichtetes Wahlrecht des Versicherers gibt es nicht und ist in der Rechtsprechung auch nicht gebilligt worden.

Denn der Bestandsnachfolger wird den Schwerpunkt seiner Tätigkeit aus Gründen des eigenen Provisionsinteresses darauf setzen, Neuverträge abzuschließen und nicht dem Provisionsinteresse seines Vorgängers dienen wollen. Daher muss der Versicherer weiteren Vortrag zur konkreten Nacharbeit durch den Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters oder zur Aussichtslosigkeit der Nacharbeit halten. Daran hat die Klägerin es fehlen lassen.

Urteil vom 28.06.2012 Aktenzeichen VII ZR 130/11

BU-Versicherung hält Kunden „nur“ für krank, KV hält ihn für berufsunfähig

Gerade habe ich perfides Spiel erlebt.

Ein Kunde erhielt Leistungen von einer Krankenversicherung, deren Namen ich hier nicht nennen will. Diese lässt nach einiger Zeit gutachterlich feststellen, dass der Kunde berufunfähig ist (also zu als 50% seiner Arbeit nicht nachgehen kann).

Sie mustert ihn folgerichtig aus und zahlt das Krankengeld nicht weiter aus.

Der Kunde beantragt dann Leistungen von der Berufsunfähigkeitsversicherung. Auch diese beauftragt einen Gutachter, der zu dem Ergebnis kommt, der Kunde sei allenfalls krank und längst nicht berufsunfähig.

Eins steht fest: Der Kunde ist entweder krank oder sogar berufsunfähig. Nur zahlen will mal wieder keiner.

Aber dafür gibt es ja Gerichte.