RA Kai Behrens

Kein Heimspiel beim 15. Senat

Heute beim Oberlandesgericht Karlsruhe. 15. Senat.

Auf dem Prüfstein: Ein Aufhebungsvertrag eines Strukturvertriebs, insbesondere die Vertragstrafenregelung und das Wettbewerbsverbot.

Und zuvor gab eine  „höfliche“ Erinnerung des Klägervertreters an die bisherige Rechtsprechung des 15. Senats. Dieser soll vor einiger Zeit die Klauseln für gutgeheißen haben und entsprechend ausgeurteilt haben.

Diesmal sollte es anders kommen. Inzwischen konnte dem 15. Senat eine Fülle von Entscheidungen präsentiert werden, die genau diese Klauseln für unwirksam hielten. Und eine Entscheidung des BGH, der ebenfalls in diese Kerbe schlug.

So wurde die Klägerseite schon vor der Verhandlung angehalten, auf ihre Vertragsstrafe von 30.000 € zu verzichten – was sie dann auch durch Berufungsrücknahme tat. 

In der Verhandlung machte der 15. Senat dann schnell klar, was er von dem Rest der Wettbewerbsklauseln hält. In intensiven Worten fielen Worte wie unangemessene Benachteiligung, unklarer Inhalt (welche Kunden und welche Vertragsunternehmen waren gemeint), fehlende Entschädigung für ein Wettbewerbsverbot, und vor allem der „weitreichende“ Eingriff in die Berufsfreiheit des Handelsvertreters. Die fehlende Befristung sah das Gericht als weniger problematisch an. Schließlich sei es eh kraft Gesetzes auf zwei Jahre begrenzt.

Der von der Klägerseite erhoffte „Heim“-Vorteil war dahin. Auf die Frage, warum denn der 15. Senat zuvor eine andere Auffassung vertrat, sagte man, dass sich der Anwalt damals gegen den Inhalt der Wettbewerbsregelung nicht zur Wehr gesetzt hatte. Nun denn – dies war jetzt in der Tat anders.

Gute und weniger gute Arbeitgeber

Immer wieder werde ich gefragt, welcher Vertrieb bzw. Arbeitgeber denn gut ist.

Heute wurde ich auf www.kununu.de aufmerksam gemacht.

Den einen oder anderen findet man dort. 

Ein und dieselbe Gerichtsstandsvereinbarung mit unterschiedlichen Ergebissen

Da spricht man doch von der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Gerade bei der Gerichtstandvereinbarung gibt es jedoch Überraschungen.

Der Vermögensberatervertrag der DVAG enthält z.B. die Regelung, dass Frankfurt für Rechtsstreitigkeiten zuständig ist. Eine solche Gerichtsstandvereinbarung (wie auch alle anderen) gilt übrigens immer nur dann, wenn beide Seiten Kaufleute sind. 

Kommt man über diesen Punkt hinweg, heißt das noch lange nicht, dass man in Frankfurt landet. In die Regelung könnte man schließlich noch hineininterpretieren, dass auch Frankfurt zuständig sein könnte.

Legt das Gericht dies so aus, kann sich der Kläger den Gerichtstand in kleinem Umfang aussuchen. Er kann an dem Wohnsitz des Klägers klagen oder eben in Frankfurt.

Bayerische Gerichte taten sich jüngst mit der Einheitlichkeit schwer. Teils verwies man nach Frankfurt, teils ließ man die Akten in Bayern.

Etwas mehr Zuverlässigkeit wäre wünschenswert. Man könnte die Reisen besser planen.

Einfirmenvertreter bei ASI?

Am 07.10.2013 hat das Landesarbeitsgericht Hamm darüber zu entscheiden, ob ein Handelsvertreter der ASI Wirtschaftsberatung AG aus Münster ein sogenannter Einfirmenvertreter ist.

 

Zuvor hatte das Arbeitsgericht Münster dies verneint. Dagegen wurde Beschwerde eingelegt.

 

Das Landesarbeitsgericht Hamm lies diese Frage jedoch offen.

 

Bei der Frage, ob das Arbeitsgericht für einen Rechtsstreit zuständig sei, komme es nicht nur darauf an, dass es sich bei dem Handelsvertreter um einen Einfirmenvertreter handelt, sondern auch darauf, dass er in den letzten 6 Monaten nicht mehr als 1.000,00 Euro monatlich im Schnitt bekommen hat.

 

Hier hatte der Handelsvertreter Vorschüsse erhalten.

 

Der Bundesgerichtshof hatte zwar entschieden, dass nur die Zahlungen zu berücksichtigen sind, wenn es sich um unbedingt entstandene Ansprüche handelt.

 

Das Landesarbeitsgericht meinte jedoch, dass Provisionsvorschüsse nicht bereits deshalb bei der Ermittlung der Einkommensgrenze außer Betracht bleiben haben, weil sie als Provisionsvorschuss bezeichnet werde. Vielmehr seien bei der Ermittlung der maßgeblichen Vergütungsgrenze alle geleisteten Zahlungen zu berücksichtigen, wenn und soweit diese nach den Regelungen des Handelsvertretervertrages nicht zurück zu zahlen sind.

 

Dies gilt auch für als Provisionsvorschüsse bezeichnete Zahlungen. Denn in diesem Fall steht aufgrund der vertraglichen Regelung von Anfang an fest, dass solche Provisionsvorschüsse nicht nur eine vorläufige Zahlung des Unternehmers sind, sondern auf Dauer im Vermögen des Einfirmenvertreters verbleiben und damit als unbedingte gezahlte Vergütung im Sinne des § 5 Abs. 3 ArbGG zu berücksichtigen sind.

 

Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Hamm vom 15.02.2013 Aktenzeichen 2 TA 118/13 

Streit um die Provisionsvorschüsse

07.11.2013, Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Halle.

 

Es geht um die Frage, ob Provisionsvorschüsse zurückgezahlt werden müssen.

 

Das Arbeitsgericht hatte zuvor entschieden, dass die Provisionen nicht zurückgezahlt werden müssten. Eine Provisionsklage, so wie sie hier vorlag, sei nicht einmal zulässig.

 

Dies sah das Landesarbeitsgericht jedoch anders.

 

Turbulent wurde es dann, als es um die Provisionsbedingungen ging. Der Vertrieb machte inzwischen von anderen Provisionsbedingungen gebraucht und behauptete diese als vertraglich vereinbart. Dies konnte jedoch widerlegt werden.

 

Die streitigen Verträge beliefen sich offensichtlich nicht in vollem Umfang auf den Änderungszeitraum, sodass es auf die Diskussionen, welche Provisionsbedingungen denn nun ausschlaggebend sind, nicht unbedingt ankommt.

So ist es mit den Rankings

Kürzlich lobhudelte der Fokus über manch Anwälte und überreichte dann auch gleichzeitig eine Bestenliste. Wie die zu Stande gekommen ist, ist mir nicht klar. Ich kenne keinen Anwaltskollegen, der zuvor hinsichtlich dieser Auswahl gefragt wurde.

Allerdings kenne ich Anwälte, die auf der Bestenliste stehen.

Zunächst dachte man ja: „Das ist ja ein toller uneigennütziger Service von Focus.“

Denkste!

Die Gewinner bekamen dann prompt nach der Veröffentlichung folgendes Angebot von Focus:

„Exklusives Angebot – Siegel

Herzlichen Glückwunsch! Sie zählen zu Deutschlands Top-Privatanwälten und haben es auf die FOCUS-SPEZIAL Anwaltsliste 2013 geschafft. Alle Privatanwälte, die den deutschlandweiten FOCUS-Vergleich erfolgreich bestanden haben, erhalten je nach Kategorie die Auszeichnung TOP Rechtsanwalt Fachbereich”.*

Unser Angebot für Sie: Nutzen Sie das FOCUS-Sieger* für Ihre Kommunikation, z. B. für den Einsatz auf Werbemitteln oder Geschäftspapieren, und kommunizieren Sie so Ihren Erfolg deutlich nach außen. Sie heben sich damit klar vom Wettbewerb ab und schaffen Vertrauen und Sicherheit.”

Das Focus-Siegel kostet jährlich nur 7.500 Euro (zzgl. MwSt.).

Ob sich die Wahrscheinlichkeit nach Zahlung der 7500 € zuzüglich Mehrwertsteuer erhöht, beim nächsten Mal wieder gewählt zu werden, verriet der Fokus in seinem Angebot nicht. Es darf jedoch darüber spekuliert werden.

Warnung

Es gibt doch tatsächlich einen Vertrieb, der seine Vorschüsse mit notariellen Schuldanerkenntnissen absichert.

Und es gibt tatsächlich den Fall, dass dieser Vertrieb vor Vertragsende und vor dem Ausspruch einer Kündigung die Zwangsvollstreckung daraus betreibt und die Existenz seiner Handelsvertreter erheblich bedroht.

Ich habe schon viel erlebt, aber dies schlägt dem berühmten Fass den Boden aus. Sollte die Zwangsvollstreckung nicht zurückgezogen werden, werde ich hier demnächst über erschütternde Einzelheiten zu berichten haben. Aber noch laufen Gespräche. 

BGH: Auskunft muss bei Wettbewerbsverstoß erteilt werden, kann aber korrigiert werden

Noch ein interessantes BGH-Urteil vom 1.8.2013:

a) Soll eine Auskunft zur Vorbereitung vertraglicher Schadensersatzansprü-che aus einem Dauerschuldverhältnis dienen, so genügen für das Aus-kunftsverlangen der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung und die Wahrscheinlichkeit eines daraus resultierenden Schadens (An-schluss an BGH, Beschluss vom 11. Februar 2008 II ZR 277/06, BeckRS 2008, 04552 Rn. 7; Urteil vom 17. Juli 2002 – VIII ZR 64/01, NJW 2002, 3771). Sind diese Voraussetzungen bezüglich der Zuwiderhandlung ge-gen ein wirksam vereinbartes Konkurrenzverbot gegeben, kann der durch das Verbot Geschützte zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs regelmäßig Auskunft über den Umsatz verlangen, den der Vertragspartner

mit der verbotswidrigen Konkurrenztätigkeit erzielt hat, da dieser Umsatz einen relevanten Anhaltspunkt für den dem Geschützten entstandenen Schaden in Gestalt entgangenen Gewinns darstellen kann.

b) Bei der Auslegung von Prozesserklärungen ist der Grundsatz zu beach-ten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Eine Berichtigung einer Prozesshandlung ist nicht ausge-schlossen, wenn es sich um einen offensichtlichen Irrtum handelt (An-schluss an BGH, Beschluss vom 29. März 2011 – VIII ZB 25/10, NJW 2011, 1455 Rn. 9 sowie BGH, Beschluss vom 11. November 1993 – VII ZB 24/93, NJW-RR 1994, 568).

 

LG Dortmund

 

 

Kein Anspruch auf Namen

 Ein interessantes Urteil des BGH vom 26.9.2013:

Hat der Handelsvertreter ein während der Laufzeit des Handelsvertretervertrags bestehendes Wettbewerbsverbot verletzt, kann dem Unternehmer zur Vorberei-tung des Anspruchs auf Ersatz des entgangenen Gewinns ein Anspruch nach § 242 BGB gegen den Handelsvertreter auf Auskunft über die verbotswidrig für Konkurrenzunternehmen vermittelten Geschäfte zustehen, da der verbotswidrig für Konkurrenzunternehmen vermittelte Umsatz als Grundlage einer Schadens-schätzung nach § 287 ZPO dienen kann (Anschluss an BGH, Urteil vom 3. April 1996 – VIII ZR 3/95, NJW 1996, 2097, 2098).

b) Der Unternehmer hat in diesem Fall keinen Anspruch auf Nennung von Namen und Anschriften von Versicherungsnehmern, auch nicht mit der Einschränkung ei-nes Wirtschaftsprüfervorbehalts, denen verbotswidrig Versicherungsverträge mit dem Konkurrenzunternehmen vermittelt worden sind.

c) Auskunft kann über solche Versicherungsverträge zu erteilen sein, die von Außendienstmitarbeitern vermittelt wurden, die der Handelsvertreter bei dem Kon-kurrenzunternehmen nicht angeworben, aber betreut hat.

BGH, Urteil vom 26. September 2013 – VII ZR 227/12 – OLG Oldenburg

LG Osnabrück

 

 

Kostenausgleichung bei Nettopolice muss trotz Vereinbarung nicht gezahlt werden

Heute berichtet das Versicherungsjournal über einen interessanten Fall:

Ein Kunde schloss eine Nettopolice über eine Lebensversicherung ab. Außerdem vereinbarte er eine Kostenausgleichszahlung für Abschluss-und Einrichtungskosten in Höhe von 112 € monatlich für 60 Monate.

Diese Kosten sollten unabhängig davon gezahlt werden, ob die Lebensversicherung zwischendurch gekündigt wird. Die Lebensversicherung oder gekündigt. Der Kunde stellte die Zahlungen der Kostenausgleichungsvereinbarung ein und wurde verklagt.

Vor dem Landgericht wurde der Kunde zunächst zur Zahlung verurteilt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hob die Entscheidung auf und wies die Klage ab.

Es stellte die Entscheidung auf § 169 Abs. 5 Satz 2 VVG.

Rechenübungen vor dem Amtsgericht

Am 22.10.2013 ging es vor dem Amtsgericht Tübingen um zwei Verfahren um Rückforderungen von Provisionsvorschüssen. Provisionen waren zuvor von der DVAG als Vorschüsse gezahlt worden. Da einige Verträge nicht bestandskräftig waren, forderte man Provisionen teilweise zurück. 

 

Streitig war, ob es darauf ankommt, ob der Vertrieb die richtige Provisionshöhe bei den Provisionsabrechnungen zugrunde gelegt hatte. Denn die Provisionshöhe, mit der abgerechnet wurde, war teilweise streitig.

 

Der Richter kam auf die Idee, und meinte, dass – wenn man zu wenig Provisionen bekomme hat – man ja auch weniger zurückgeben müsste. Wer weniger bekommt, müsse auch weniger zurückzahlen.

 

Der Richter sagte dann: Dies ist doch kostenneutral.

 

Daraufhin erklärte ich ihm die Provisionsabrechnungen:

 

Wenn bei einer Verprovisionierung von 24 ‰ beispielsweise 1.200,00 Euro an Provisionen verdient werden könnten, würde man sofort vorab 1.020,00 Euro als Vorschuss enthalten. 180,00 Euro würden in das Rückstellungskonto gezahlt werden. Diese 180 € würde man in voller Höhe nur dann bekommen, wenn der Vertrag die Haftungslaufzeit überlebt.

 

Geht der Vertrag nach der hälftigen Laufzeit kaputt, muss der Handelsvertreter von den 1.020,00 Euro die Hälfte zurückzahlen, also 510,00 Euro. Von den 180,00 Euro bekommt er noch 90,00 Euro, so dass dann die Rückzahlungsverpflichtung 420,00 Euro beträgt.

 

Unterm Strich hätte der Handelsvertreter insgesamt 600,00 Euro verdient.

 

Würde der Handelsvertreter nur 1.000,00 Euro verdienen (wenn der Vertrieb z.B. nur 22 ‰ abrechnet hätte), bekommt er 850,00 Euro sofort und 150,00 Euro werden in das Rückstellungskonto eingezahlt.

 

Überlebt der Vertrag nur die Hälfte der Haftungszeit, müssen von den 850,00 Euro 425,00 Euro zurückgezahlt werden, während man noch 75,00 Euro aus der Rückstellung erhält.

 

Dies ist dann ein Zahlbetrag von 350,00 Euro.

 

Während oben – unterm Strich – 650,00 Euro verdient wurden, hat man unten nur 500,00 Euro verdient.

 

Dies Verstand dann auch der Richter.