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In dem Termin vor dem Oberlandesgericht Schleswig trat bekanntlich ein zweiter, interessanter Zeuge auf. Ich hatte kurz von seinen Aussagen berichtet. Dieser Zeuge bekannte sich während der Vertriebszugehörigkeit zu seiner Homosexualität und hatte in diesem Vertrieb deshalb eine Reihe von widerlichen Dingen zu ertragen.
Das tags zuvor zitierte Vorstandsmitglied, welches inzwischen zur Konkurrenz gewechselt ist, hatte nämlich verbreitet, dass Mitarbeiter dieses Handelsvertreter nur „mit dem Hintern zur Wand“ an ihm vorbeigehen sollte. Wohlgemerkt: Diese Idee stammte von einem Vorstandsmitglied!
Nachdem diese Empfehlung durch das (Ex-)Vorstandsmitglied und dem Handelsvertreter ausgesprochen wurde, kündigte er fristlos, und machte Schadensersatzansprüche nach dem Antidiskriminierungsgesetz geltend.
Wie er nach der Zeugenvernehmung vor vier Tagen sagte, verlor er damit, weil sein Anwalt angeblich die Abmahnung vergessen hatte. Nun durfte der Anwalt für den Schaden aufkommen.
Zu dem Kapitel Abmahnung hatte ich hier in diesem Blog schon ausführlich Stellung genommen.
Dieses Antidiskriminierungs-Verfahren hatte mehrere Konsequenzen: Der Vertrieb startete ein Antidiskriminierungsprogramm. Außerdem ist seitdem das Vorstandsmitglied nunmehr bei der Konkurrenz beschäftigt. Ob dies ausschließlich auf seine Äußerungen zuzuführen ist, können wir nicht beurteilen.
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Etwas sehr nachdenklich machte das Verhalten des ersten Zeugen vor der Verhandlung. Er wandte sich an mich, weil er meinte, dass ich ja schon bereits wegen mehrerer Veröffentlichungen branchenbekannt wäre und er würde sich darüber freuen, dass ich gewissen Konkurrenten kritisch gegenüber stehe. Derart Versuche, sich einzuschmeicheln, erlebt man dann und wann schon einmal. Diese Worte dienten offensichtlich dazu, mich „wohl“ zu stimmen.
Im Übrigen irrt der erste Zeuge, wenn er meint, dass ich nur „einem“ Vertrieb gegenüber kritisch gegenüberstehen würde. Um es deutlich zu sagen: ich stehe auch dem Vertrieb kritisch gegenüber, der diesen Prozess geführt hatte und indem er hochrangiger Mitarbeiter ist.
Meine „Wohlstimmung“ war dann bereits bei seiner Zeugenvernehmung vorbei. Ich fuhr aus der Haut, als ich den Eindruck gewann, dass der Zeuge log.
Und als mich der Zeuge fragte, ob ich denn glauben würde, dass er hier die Unwahrheit erzählen würde, gab es nur eine Antwort: „Ja“.
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Gestern gab es in den idyllischen Ort Schleswig eine Verhandlung vor dem Oberlandesgericht. Geklagt hatte ein Vertrieb gegen ein Handelsvertreter.
Dieser Vertrieb leistete im Rahmen eines sogenannten Gebietserweiterungskonzeptes regelmäßige Zahlungen an einen Handelsvertreter.
Dieser stammte aus Norddeutschland und sollte in Freiburg einen neuen Standort gründen. Dem Handelsvertreter wurden dafür Kundenadressen zur Verfügung gestellt (diese stellten sich als untauglich heraus, weil die Kunden schon dann, als sie den Namen des Vertriebs hörten, auflegten).
Es handelte bei den Vorschüssen sich um monatliche Leistungen à 2.000 €. Insgesamt wollte der Vertrieb etwa 25.000 € zurückbekommen.
Für den Handelsvertreter stellte dieser Prozess bereits eine existentielle Bedrohung dar.
Zuvor wurde ihm von einem Vorstandsmitglied versprochen, dass er diese Zahlungen nicht zurückgeben müsse. Ihm wurde sogar auf einem persönlichen Schreiben dieses Vorstandsmitgliedes zugesichert, dass es sich um nicht rückzahlbare Vorschüsse handelt.
Dieses Schreiben wurde vor dem maßgeblichen Vertrag unterschrieben. Der maßgebliche Handelsvertretervertrag hatte indes einen anderen Inhalt. Danach sollten alle Vorschüsse zurückgezahlt werden.
Zunächst kam es zu einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Itzehoe. In diesen Rechtsstreit machte das Gericht kurzen Prozess. Obgleich Zeugen angeboten wurden, wurde der Handelsvertreter zur Rückzahlung verurteilt.
Das Oberlandesgericht Schleswig meinte, das Landgericht habe vorschnell geurteilt. Jedenfalls müsse eine Beweisaufnahme durchgeführt werden, um zu ermitteln, ob es sich bei dem Handelsvertretervertrag tatsächlich um einen Scheinvertrag handelt und ob möglicherweise anderweitige Dinge abgesprochen wurden.
Das ehemalige Vorstandsmitglied hatte sich übrigens mittlerweile von dem Vertrieb verabschiedet und ist jetzt bei der Konkurrenz tätig.
Dieses Ex-Vorstandsmitglied und zugleich geladener Zeuge wollte nicht als Zeuge aussagen, weil er zur gleichen Zeit eine Direktionsleiterkonferenz hätte. Das Gericht wollte dies nicht als genügende Entschuldigung werten lassen. Dieser Zeuge meldete sich jedoch am Gerichtstermin kurzfristig krank, weil der weh tun würde.
Dennoch waren vier Zeugen anwesend.
Der erste Zeuge war die sogenannte rechte Hand des ehemaligen Vorstandsmitglieds. Dieser war noch immer bei dem Vertrieb beschäftigt. Er gab zu verstehen, dass er sich nicht mit den vertraglichen Angelegenheiten auskenne, nichts davon wusste, dass irgendwann einmal versprochen wurde, dass man diese Vorschüsse nicht zurückzahlen müsse. Von irgendwelchen Versprechungen des Vorstandsmitgliedes wusste er nichts. Er hätte mit Provisionen und vertraglichen Angelegenheiten nichts zu tun. Auch Schreiben, die aus seiner Feder stammten, konnten seine Erinnerung nicht auffrischen. Er habe diese vielleicht gar nicht verfasst. Konkreten Fragen wich er immer wieder aus.
Dann wurde es interessant.
Der zweite Zeuge ist Pilot. Auch er nahm an dem Gebietserweiterungskonzept teil. Er sollte das Gebiet in Frankfurt erweitern.
Er berichtete davon, dass auch er Vorschüsse erhielt. Auch ihm wurde mündlich und schriftlich zugesagt, dass er diese Vorschüsse nicht zurückzahlen müsse. Er war sich sicher, dass dies auch für den Beklagten dieses Verfahrens gelte.
Erstaunlicherweise bekam er von dem ersten Zeugen, dem treuen Vertriebsmitarbeiter, einen Anruf, indem dieser sagte, dass auch der Vertrieb die Zahlungen von ihm verlangen würde. Dann wurde diesem ersten Zeugen die schriftliche Zusage des Vorstandsmitglieds zugesandt, woraufhin der Vertrieb dann auf die Geltendmachung verzichtet hatte.
Nach dieser ausführlichen Zeugenbefragung unterbrach das Gericht und zog sich zur Beratung zurück.
Danach war dem Gericht klar, dass der Anspruch des Vertriebes nicht bestand. Dem Gericht war auch klar, dass der erste Zeuge gelogen hatte.
Es war dem Gericht auch klar, dass der erste Zeuge sehr wohl in die vertraglichen Dinge eingeweiht war und die konkreten Zusicherungen kannte.
Das Gericht riet dingend an, der Vertrieb solle seine Klage insoweit zurücknehmen.
Ansonsten würde das Gericht ein Urteil verfassen, indem diese Rechtsauffassung deutlich zum Ausdruck kommt. Es würde auch deutlich zum Ausdruck kommen, dass der verdiente Mitarbeiter des Vertriebes falsch ausgesagt hatte. Insgesamt war dies für den Handelsvertreter, meinem Mandanten, ein sehr schönes Ergebnis.
Mein Mandant hatte mir zuvor angekündigt, dass er den gestrigen Verhandlungstag nicht überstehen würde, ohne eine Träne zu vergießen. Entweder würde er anschließend vor Freude oder vor Ärger weinen. Dass anschließend Tränen des Glücks zu sehen waren, gab der Angelegenheit einen besonderen Abschluss.
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Die Grundsätze Leben gelten nur für dynamische Lebensversicherungen (Anpassungsversicherungen, Angestellten-Befreiungsversicherungen), d.h. für Lebensversicherungen, „deren Versicherungsbedingungen ein Anwachsen von Beitrag und Leistung in regelmäßigen Zeitabständen von Anbeginn oder aufgrund einer späteren, vom Vertreter bewirkten Vereinbarung vorsehen, soweit der Vertreter dieser Versicherungen selbst vermittelt hat und diese Versicherungen bei der Beendigung des Vertretervertrages die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllen und zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind. Sie gelten aber nicht für dynamische Gruppenversicherungen, Gruppenversicherungen mit Andienungspflicht und dynamische Risikoversicherungen. Bei diesen Versicherungen muss weiterhin eine individuelle Regelung des Ausgleichsanspruchs zwischen dem Vertreter und seinem Unternehmen getroffen werden, wobei die Gutachterseite (vgl. Ziffer VI der „Grundsätze Leben“) angerufen werden kann.
Im Gegensatz zu den „Grundsätzen Sach“, bei denen der Ausgleichsanspruch aus den Folgeprovisionen errechnet wird, sind bei den „Grundsätzen Leben“ die addierten Versicherungssummen der vom Vertreter vermittelten dynamischen Lebensversicherungen einschließlich der bis zu Beendigung des Vertretervertrages erfolgten Dynamisierungen Berechnungsgrundlage.
Beispiel: Bei einer Versicherungssumme von 1 Mio. Euro ergibt sich bei einem Provisionssatz von 25 %0 und einer Tätigkeit von mehr als 19 Jahren ein Ausgleichsanspruch von 3.000 Euro.
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Nach herrschender Auffassung enthalten die Folgeprovisionen in der Sachversicherung, unabhängig von ihrer Bezeichnung1, Vermittlungsfolgeprovisionen, also Abschlussfolgeprovisionen, auf die der Vertreter neben der Abschlussprovision des ersten Jahres einen Anspruch hat. Sie allein sind nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes ausgleichspflichtig.
Um zu vermeiden, dass wegen jeden Ausgleichsanspruchs eines Versicherungsvertreters ein Prozess geführt werden muss, bei dem es in erster Linie immer nur um die Frage gehen würde, wie die Folgeprovisionen in der Sachversicherung – hierzu rechnen auch die HUK-, Rechtsschutz-, Transport- und ähnliche Versicherungen – in Vermittlungs- und Verwaltungsprovisionen aufzuteilen sind, haben sich vernünftigerweise der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und die Verbände der Versicherungsvertreter zusammengesetzt, um gemeinsam nach einer Lösung dieses Problems zu suchen. Das Ergebnis waren die „Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs“, die zunächst nur für die Sachsparten vereinbart wurden.
Diese „Grundsätze Sach“, die wie die Präambel betont, „in dem Bemühen um gegenseitige Verständigung und ausgehend von vorwiegend wirtschaftlichen Erwägungen erarbeitet“ wurden, „um die Höhe des nach Auffassung der beteiligten Kreise angemessenen Ausgleichs global errechnen“, werden seit 1958 erfolgreich praktiziert. Sie haben sich zweifellos bewährt. Vertreter und Unternehmen sind von einer Flut von Prozessen verschont geblieben.
Bei der Berechnung wird von der durchschnittlichen Jahresbruttoprovision (Folgeprovision) aus dem selbst vermittelten Bestand (ohne erstjährige Abschlussprovision) der letzten fünf Jahre der Tätigkeit ausgegangen. Daraus wird ein Ausgleichswert gebildet, der in den Verschiedenen Sparten unterschiedlich ist. Schließlich wird der sich daraus ergebende Wert mit Multiplikatoren, die von der Dauer der Tätigkeit für das ausgleichsverpflichtete Unternehmen abhängig ist, multipliziert.
Beispiel: Für die verschiedenen Sparten ergeben sich bei einer Tätigkeitsdauer von mehr als 20 Jahren (Höchstanspruch) folgende Ausgleichsansprüche.
Sach-, Haftplicht-, Unfall- und Rechtsschutzversicherung:
nach 3 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen
Industrie-Feuer-, Maschien-, Groß-BU-und Fahrradverkehrsversicherung:
2,1 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen
Transportversicherung:
1,5 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen
Verkehrsserviceversicherung:
1,5 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen
Vertrauensschadenversicherung:
3 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen 2
Kautionsversicherung:
2,4 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen 3
Kraftfahrtversicherung:
1/2 durchschnittliche Jahresbruttoprovision (Höchstanspruch bereits nach 10 Jahren)
Zusätzlich zum selbst vermittelten Bestand wird ein übertragener Bestand berücksichtig, und zwar in Abhängigkeit davon, wann der Bestand übertragen wurde und ob er in den letzten fünf Jahren der Tätigkeit noch vorhanden war.
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Nach § 89 b Abs. 1. Ziff. 3 HGB muss die Zahlung des Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände per Billigkeit entsprechen. Nach den Grundsatzentscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 23.05.1966 (VII ZR 263/04) und vom 17.11.1983 (I ZR 139/81) können Altersversorgungsleistungen des Unternehmens – nicht hingegen bereits die Anwartschaft auf diese Leistungen, wenn die Leistung selbst z. B. wegen der Kündigung des Vertretervertrages nicht zum Zuge kommt! – aus Billigkeitsgründen auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden. Wird z. B, eine Altersversorgung in Form einer Kapitalversicherung gewährt und sind die Beiträge je zur Hälfte vom Unternehmen und vom Vertreter aufgebracht worden, so kann die halbe Leistung aus der Kapitalversicherung (Versicherungssumme und Dividende) auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden. Hierbei ist allerdings darauf zu achten, dass bei einer Beendigung des Vertragsverhältnisses vor Fälligkeit der Versicherungsleistung der halbe Wert der Kapitalversicherung anzurechnen ist. Liegt der Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses hingegen nach der Fälligkeit der Versicherungsleistung, so wird sich der Vertreter die Anrechnung einer angemessenen Verzinsung der halben Versicherungsleistung gefallen lassen müssen.
Abweichend davon hat der BGH am 23.2.1994 (VIII ZR 94/93) entschieden, dass freiwillige Leistungen des Unternehmens für die Altersversorgung des Handelsvertreters mangels entsprechender Vereinbarung jedenfalls dann nicht auf den Ausgleichsanspruch anzurechnen sind, wenn der Versorgungsanspruch erst 21 Jahre nach dem Ende des Handelsvertreterverhältnisses fällig wird.
Gegen die auf der Grundlage dieser Urteile in den Versorgungswerken der Unternehmen vereinbarten Klauseln, wonach die Altersversorgung des Unternehmens auf den Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen angerechnet wird, hat sich der BVK mit einer AGB-Klage gegen die Allianz gewandt. Der BGH hat mit Urteil vom 20.11.2002 (Vlll ZR 146/01) entschieden, dass der pauschale Abzug der Versorgungsleistungen vom Ausgleichsanspruch ohne Prüfung der Billigkeit unzulässig ist. In Zukunft muss also in jedem Einzelfall eine Billigkeitsprüfung vorgenommen werden. Sofern die Auffassungen der beteiligten Parteien darüber auseinandergehen, sind wiederum die Gerichte gefragt.
ln einer vom BVK unterstützten Einzelfallentscheidung hat der BGH ebenfalls am 20.11.2002 (VIII ZR 211/01) den vollen Abzug der Versorgung vom Ausgleichsanspruch für billig erklärt, obwohl die Anrechnungsklausel AGB-rechtlich unzulässig ist. Per BVK wird sich mit dieser Entscheidung natürlich nicht zufrieden geben.
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Nach § 89 b des Handelsgesetzbuches (HGB) kann der Vertreter von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit
1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, Insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht
Diesen Anspruch hat nur der hauptberufliche Vertreter, und zwar gleichgültig, ob er Einfirmen-vertreter oder Mehrfachvertreter ist, ob er seine Tätigkeit als Einzelkaufmann oder als Gesellschaft ausübt. Auf einen Vertreter Im Nebenberuf ist § 89 b HGB nicht anzuwenden, ebenfalls nicht auf Versicherungsmakler.
Ob ein Vertreter nur als Vertreter Im Nebenberuf tätig ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung (§ 92 b Abs. 3 HGB). Ein für das Unternehmen A hauptberuflich tätiger Vertreter übt auch gegenüber den Unternehmen B, C usw. eine hauptberufliche Tätigkeit aus, und zwar auch dann, wenn er für diese Unternehmen nur in geringem Umfang Verträge vermittelt.
Wichtig Ist, dass sich ein Unternehmen auf die Nebenberuflichkeit des Vertreters nur berufen kann, wenn es den Vertreter ausdrücklich als Vertreter im Nebenberuf mit der Vermittlung von Verträgen betraut hat (§ 92 b Abs. 2 HGB).
Der Ausgleichsanspruch besteht nicht, wenn der Vertreter das Vertragsverhältnis kündigt, ohne dass ein Verhalten des Unternehmens hierzu einen begründeten Anlass gegeben hat Das gleiche gilt, wenn das Unternehmen den Vertretungsvertrag gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Vertreters vorlag (§ 89 b Abs. 3 HGB).
Der Vertreter darf also nicht von sich aus den Vertretungsvertrag kündigen, wenn er nicht den Ausgleichsanspruch verlieren will, es sei denn, das Unternehmen hätte ihm einen begründeten Anlass zur Kündigung gegeben. Ob ein solcher begründeter Anlass vorliegt, richtet sich nach den Umstanden des Einzelfalles. Letztlich werden nur die Gerichte darüber entscheiden können, wenn, was wohl die Regel sein dürfte, die Auffassungen des Vertreters und des Unternehmens auseinandergehen. Jedes Verbandsmitglied sollte den Rat des BVK einholen, bevor es sich zu einer Kündigung aus begründetem Anlass entschließt, da dieser Schritt zu erheblichen rechtlichen und finanziellen Nachteilen führen kann.
Unschädlich Ist eine Beendigung des Vertragsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen, Bietet ein Vertreter seiner Gesellschaft eine derartige Beendigung an, so sollte er gleichzeitig darauf hinweisen, dass er natürlich die Zahlung eines Ausgleichs voraussetzt.
Eine Eigenkündigung des Vertreters löst auch dann den Ausgleichsanspruch aus, wenn er seinen Vertretungsvertrag aus Alters- oder Gesundheitsgründen kündigt. Insbesondere bei Gesundheitsgründen empfiehlt sich der Hinweis, dass die Kündigung nur unter der Bedingung, dass auch der Ausgleichsanspruch gezahlt wird, wirksam sein soll. Denn darüber, ob die Gesundheitsgründe ausreichend sind, kann es durchaus unterschiedliche Auffassungen geben.
Oftmals enthalten Vertreterverträge die Klausel, dass das Vertragsverhältnis automatisch beendet wird, wenn der Vertreter das 65. Lebensjahr vollendet. Auch diese Beendigung löst den Ausgleichsanspruch aus.
Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, wird auch beim Tode des Versicherungsvertreters ein Ausgleichsanspruch begründet. Nach den „Grundsätzen“ steht dieser Ausgleichsanspruch grundsätzlich nur seiner Witwe und seinen Verwandten in gerader Linie, in Härtefällen auch seinen sonstigen Erben zu. Diese Bestimmung wird dahin interpretiert, dass gegenüber „sonstigen Erben“ der Ausgleichsanspruch in der Regel bei einer durch familiäre Bindungen begründeten wirtschaftlichen Abhängigkeit dieser Erben von dem verstorbenen Vertreter anerkannt werden soll. Üb er diese Bestimmung der „Grundsätze“ geht der BGH mit seinem Urteil vom 17.11.1983 (l ZR 139/81, KG) hinaus, in dem er feststellte, dass der Ausgleichsanspruch unbeschränkt vererblich ist.
Der Anspruch kann nicht im Voraus, d. h. z. B. im Vertretervertrag, ausgeschlossen werden. Während des Bestehens des Vertragsverhältnisses kann der Vertreter nicht auf ihn verzichten, wohl aber nach der Beendigung. Er Ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertretervertrages – bei Beendigung Im Todesfall also Innerhalb eines Jahres nach dem Tode – geltend zu machen. Diese Frist muss unbedingt eingehalten werden, da anderenfalls der Ausgleichsanspruch verwirkt ist! Die Geltendmachung braucht nicht gerichtlich zu erfolgen; es genügt durchaus ein eingeschriebener Brief an das Versicherungs- oder Bausparunternehmen. Der Anspruch braucht hierbei nicht der Höhe nach angegeben werden.
Das HGB sagt nichts über die Höhe des Ausgleichsanspruchs. § 89 b Abs. 2 In Verbindung mit Abs. 5 bestimmt lediglich, dass der Anspruch höchstens drei nach dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre der Tätigkeit (bei kürzerer Tätigkeit entsprechend) berechnete Jahresprovisionen oder sonstige Jahresvergütungen beträgt. Hierbei sind sämtliche Vergütungen, die der Vertreter bezogen hat, also sowohl Abschluss- als auch Folgeprovisionen (Inkassoprovisionen, Bestandspflegeprovisionen, usw.), zu berücksichtigen.
Der Ausgleichsanspruch entsteht nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. Das Gesetz sagt nicht ausdrücklich, wann der Anspruch fällig wird. Die Abrechnung über den Anspruch und die Zahlung haben aber unverzüglich, d. h. ohne schuldhafte Verzögerungen, zu erfolgen, wobei den Vertreter eine gewisse Mitwirkungspflicht treffen kann. Erfolgt die Zahlung nicht unverzüglich, so hat der Vertreter einen Zinsanspruch gegen das Versicherungsunternehmen.
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Am 1, Dezember 1353 Ist das „Änderungsgesetz zum Handelsgesetzbuch (HGB) — Recht der Handelsvertreter*‘ in Kraft getreten, das als die wohl bedeutsamste Bestimmung für Handels- sowie Versicherungs- und Bausparkassenvertreter den Ausgleichsanspruch (§ 89 b HGB) gebracht hat. Nicht länger mehr konnte ein Unternehmen (Versicherungs- oder Bausparunternehmen) einem Vertreter (Versicherungs- und Bausparkassenvertreter) grundlos Kündigen und Ihm entschädigungslos den von Ihm vielleicht in lebenslanger Arbeit aufgebauten Versicherungsbestand oder die von Ihm vermittelten Bausparverträge abnehmen.
Durch den Ausgleichsanspruch wurde die Situation des Vertreters sowohl finanziell als auch rechtlich entscheidend verbessert. Dieser Anspruch gibt Ihm nicht nur einen finanziellen Schutz bei Beendigung des Vertretungsverhältnisses, sondern er schützt ihn auch bis zu einem gewissen Grade vor dem Begehren seines Vertragspartners, Vertragsverschlechterungen zu akzeptieren. Seine Rechts- und damit auch seine Verhandlungsposition ist erheblich stärker geworden. Lehnt er diese Verschlechterungen ab, so hat das Unternehmen nur die Möglichkeit, den Vertretervertrag unter Beachtung der gesetzlichen oder (längeren) vertraglichen Fristen zu kündigen. Da eine solche Kündigung aber den Ausgleichsanspruch auslösen würde, werden die Unternehmen nicht gerade leichtfertig kündigen, vor allen Dingen natürlich dann nicht, wenn der Vertreter aufgrund seiner erfolgreichen Arbeit einen hohen Ausgleichsanspruch hat.
Da § 89 b HGB keine Regeln über die Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs, sondern nur den Höchstanspruch definiert, sind zwischen den Verbänden der Versicherungs- und Bauspar- wirtschaft und den Vermittlerverbänden BVK und VGA „Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Außgleichsnspruchs“ vereinbart worden, nach denen in der Versicherungs- und Bausparwirtschaft die Ausgleichsansprüche generell abgewickelt werden. Sie wurden abgeschlossen für die Sachversicherung die dynamische Lebensversicherung, die private Krankenversicherung, den Bausparbereich und Finanzdienstleistungen.
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Der Bundesgerichtshof entschied, dass Handelsvertreter eines Strukturvertriebes ebenso einen Anspruch auf einen Ausgleich nach Ausscheiden aus dem Vertragsverhältnis haben, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt . Oftmals werden zur Berechnung dieser Ausgleichsansprüche die so genannten Grundsätze herangezogen. Diese wurden von Vertretern der Versicherungswirtschaft ausgearbeitet. Sie bieten eine vereinfachte Formel, um die Höhe des Anspruches errechnen zu können. Der Bundesgerichtshof hatte im letzten Jahr entschieden, dass diese Grundsätze als Schätzungsgrundlage herangezogen werden können, auch wenn diese nicht ausdrücklich vereinbart . Wie die Ausgleichsansprüche berechnet werden und wie die Formel lautet, werde ich in den nächsten Tagen in diesem Blog darstellen.
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Bei Streitigkeiten der DVAG mit einem Vermögensberater sind die ordentlichen Gerichte zuständig, nicht das Arbeitsgericht.
Es gibt – nicht wie bisher von mir geschrieben – einen Beschluss des BGH, sondern zwei Beschlüsse, die das bestätigen. Sie haben die Aktenzeichen VII ZB 27/12 und VII 45/12 und sind vom 18.7.2013.
Veröffentlicht wurden sie in juris.
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Und wieder durfte ich von einem Vertrieb hören, der engmaschig Anerkenntnisse verlangt. Wenn der Handelsvertreter sich weigert, die zu unterschreiben, würde er keine Provisionen mehr bekommen.
Die Bafin würde es so verlangen, heißt es. (Oftmals ist übrigens die VVG Schuld daran, dass Provisionsbedingungen geändert werden.) Einen Schuldigen findet man immer.
Und wenn man näher hinsieht, fällt auf, dass im Falle eines Stornos die Provision zu 100 % rückbelastet wird, obgleich nur 90 % ausgezahlt wurden und der Rest in die Rückstellung wanderte.
Und wenn man die Abgabe von Anerkenntnissen verlangt, könnte dies schon ein deutliches Zeichen dafür sein, dass der Vertrieb weiß, dass er systematisch falsch abrechnet.
Also: Vorsicht vor Anerkenntnissen, insbesondere dann, wenn man diese regelmäßig abgeben soll und die Begründung mehr als fadenscheinig ist.