RA Kai Behrens

Provisionen nicht zurückzuzahlen

Am  30.09.2013 entschied das Amtsgericht Mönchengladbach in einem Rechtstreit der OVB gegen einen ehemaligen Handelsvertreter, dass dieser nicht verpflichtet ist, Provisionen zurückzuzahlen.

 

Der Vermögensberater erhielt Provisionen auf Vorschussbasis. Über die Provisionen wurde monatlich abgerechnet und diese in ein Kontokorrent eingestellt.

 

10 % der Vorschüsse wurden in ein Stornoreservekonto gebucht.

 

Mit der Klage verlangte die OVB Geld zurück. Anspruchsgrundlage dafür soll § 812 BGB sein. Es war für das Gericht jedoch nicht nachvollziehbar, was mit den Beträgen, die auf das Stornoreservekonto des Beklagten gebucht worden sind, geschehen ist. Soweit die Klägerin hierzu pauschal behauptet, dass das dort vorhandene Guthaben bereits zu Gunsten des Beklagten im Zusammenhang mit der Rückforderung von Provisionen aus anderen Verträgen verrechnet und damit aufgebraucht worden sei, ist dies unsubstantiiert und daher unbeachtlich.

 

Urteile des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 30.09.2013 AZ 2C 32/13 und 2C 33/13

 

Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

 

Rundschreiben kann gegen UWG verstoßen

Am 29.11.2012 entschied das Landgericht Potsdam, dass ein Vermögensberater, der in einem Rundschreiben behauptet, er sei rechtlich in der Lage, Versicherungs- und Finanzierungsleistungsprodukte zu vermitteln, jedoch nicht Inhaber einer entsprechenden Gewerbeerlaubnis ist, dies zu unterlassen habe.

 

Ein Vermögensberater verfasste nach Ausscheiden aus dem Unternehmen ein entsprechendes Schreiben an einzelne Kunden. Darin schrieb er: „Alle meine Kunden, die keinen neuen … -vertreter wünschen, können selbstverständlich darauf zählen, dass ich weiterhin beratend und betreuend für die tätig sein werde und ihr Ansprechpartner bezüglich bestehender Verträge und anderen Fragen zu Finanzthemen verbleibe“.

Darin sah das Unternehmen einen Verstoß gegen §§  17, 4 UWG und verklagte ihn, dies zu unterlassen. Das Landgericht Potsdam gab dem Unternehmen Recht. Er habe irreführende Angaben zu seiner Befähigung gemacht. Mit dem Satz, er sei nicht mehr als gebundener Vermittler tätig, habe er suggeriert, dass er als ungebundener Vermittler tätig sei.

 

Dem Handelsvertreter wurde erstinstanzlich das Verfassen dieser Briefe verboten. Gegen diese Entscheidung wurde Berufung eingelegt.

 

 

Es geht auch mal anders

Neuestes aus dem Gerichtssaal:

 

Am 20.09.2013 wurde über einen Rechtstreit der Bonnfinanz mit einem Handelsvertreter verhandelt.

 

Hier wurden feste Zuschüsse über einen gewissen Zeitraum gezahlt.

 

Provisionen, die verdient wurden, wurden davon abgezogen.

 

Trotzdem blieb ein Minus, das die Bonnfinanz einklagte.

 

Zwischendurch gab es außergerichtlich ein Angebot des Handelsvertreters zur Güte, indem er einen fünfstelligen Betrag anbot. Dies wertete die Bonnfinanz bereits als Anerkenntnis.

 

Gegenstand des Vertrages war eine in sich widersprüchliche Regelung. Die Zusage der festen Provisionsvorschüsse sollten über einen Zeitraum von 24 Monaten gelten. Außerdem war geregelt, dass ein Minus auszugleichen sei.

 

Etwas verwinkelt fand man jedoch auch eine Regelung, wonach Bonnfinanz ein mögliches Debit ausgleichen wollte.

 

Der Handelsvertreter wandte ein, er sei vertraglich deshalb nicht zur Rückzahlung verpflichtet. Er wandte auch ein, zwischen den Möglichkeiten, Provisionen zu verdienen, und den Provisionsvorschüssen gab es ein eklatantes Missverhältnis. Er sei in eine Verschuldung hineingelockt worden. Dies stelle den Tatbestand der Kündigungserschwernis dar und deshalb sei eine etwaige Rückzahlungsvereinbarung unwirksam.

 

All dies wurde nun vor dem Landgericht Kassel verhandelt. Die Richterin gab vorsichtig zu verstehen, dass sie evtl. den klägerischen Anspruch für gegeben hielt. Im Falle dieser festen Vorschüsse gebe es nach Ansicht der Richterin eine Beweislastumkehr. Der Handelsvertreter müsse beweisen, dass er mehr Provisionen verdient hat, als die, die von dem Unternehmen abgerechnet wurden.

 

Ein Anerkenntnis wollte das Gericht jedoch wohl nicht gesehen haben (im Gegensatz zu einer Rechtsauffassung des Landgerichts Münster, die ich kürzlich erfahren durfte).

 

Bevor das Gericht einstieg, konnten sich die Parteien einigen. Bonnfinanz lies sich auf eine äußert niedrige Ratenzahlung ein. Wirtschaftliche Gesichtspunkte des Handelsvertreters wurden dabei sowohl von Bonnfinanz als auch vom Gericht umfassend berücksichtigt.

 

Vorsicht ist aber die Mutter der Porzellankiste! Unklare Vertragsbedingungen sollten nicht so schnell unterzeichnet werden. Einen Vertrag nicht zu unterzeichnen oder auch möglicherweise eine andere Laufbahn einzuschlagen kann, viel Geld und Ärger ersparen.

 

Man sollte auch immer vorsichtig sein, wenn man einen Betrag zur Güte anbietet. Denn darin könnte bereits ein Anerkenntnis zu sehen sein. Dies hat zumindest die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in mehreren Entscheidungen bestätigt.

 

BGH: Krankenkasse darf keine Zusatzversicherungen vermitteln

Wie der Versicherungsdienst mitteilt, darf die AOK Nordost
künftig ohne Erlaubnis nach Paragraf 34d Gewerbeordnung (GewO) keine privaten Krankenzusatzversicherungen mehr vermitteln. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem (1 ZR 183/12 vom 18.9. 2013).

Geklagt hatte der AfW- Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. gegen den gesetzlichen Krankenversicherer.

Arbeitsgericht unzuständig

Am 28.08.2013 entschied das Schleswig-holsteinische Oberlandesgericht, dass in einem Rechtsstreit der Deutschen Vermögensberatung gegen eine ehemalige Vermögensberaterin das Landgericht zuständig ist. Damit schloss sich das Oberlandesgericht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an.

 

Gegenstand dieser Entscheidung war die Frage, ob ausnahmsweise das Arbeitsgericht über diesen Rechtsstreit entscheiden müsste. Das Schleswig-holsteinische Oberlandesgericht bestätigte, dass die Vermögensberaterin nicht als sogenannte Einfirmenvertreterin angesehen werden kann.

 

Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht vom 28.08.2013

Aktenzeichen: 2 W 17/13

OLG Schleswig und das Gespräch danach

In dem Termin vor dem Oberlandesgericht Schleswig trat bekanntlich ein zweiter, interessanter Zeuge auf. Ich hatte kurz von seinen Aussagen berichtet. Dieser Zeuge bekannte sich während der Vertriebszugehörigkeit zu seiner Homosexualität und hatte in diesem Vertrieb deshalb eine Reihe von widerlichen Dingen zu ertragen.

 

Das tags zuvor zitierte Vorstandsmitglied, welches inzwischen zur Konkurrenz gewechselt ist, hatte nämlich verbreitet, dass Mitarbeiter dieses Handelsvertreter nur „mit dem Hintern zur Wand“ an ihm vorbeigehen sollte. Wohlgemerkt: Diese Idee stammte von einem Vorstandsmitglied!

 

Nachdem diese Empfehlung durch das (Ex-)Vorstandsmitglied und dem Handelsvertreter ausgesprochen wurde, kündigte er fristlos, und machte Schadensersatzansprüche nach dem Antidiskriminierungsgesetz geltend.

 

Wie er nach der Zeugenvernehmung vor vier Tagen sagte, verlor er damit, weil sein Anwalt angeblich die Abmahnung vergessen hatte. Nun durfte der Anwalt für den Schaden aufkommen.

 

Zu dem Kapitel Abmahnung hatte ich hier in diesem Blog schon ausführlich Stellung genommen.

 

Dieses Antidiskriminierungs-Verfahren hatte mehrere Konsequenzen: Der Vertrieb startete ein Antidiskriminierungsprogramm. Außerdem ist seitdem das Vorstandsmitglied nunmehr bei der Konkurrenz beschäftigt. Ob dies ausschließlich auf seine Äußerungen zuzuführen ist, können wir nicht beurteilen.

Ergänzung zum OLG Schleswig

Etwas sehr nachdenklich machte das Verhalten des ersten Zeugen vor der Verhandlung. Er wandte sich an mich, weil er meinte, dass ich ja schon bereits wegen mehrerer Veröffentlichungen branchenbekannt wäre und er würde sich darüber freuen, dass ich gewissen Konkurrenten kritisch gegenüber stehe. Derart Versuche, sich einzuschmeicheln, erlebt man dann und wann schon einmal. Diese Worte dienten offensichtlich dazu, mich „wohl“ zu stimmen.

 

Im Übrigen irrt der erste Zeuge, wenn er meint, dass ich nur „einem“ Vertrieb gegenüber kritisch gegenüberstehen würde. Um es deutlich zu sagen: ich stehe auch dem Vertrieb kritisch gegenüber, der diesen Prozess geführt hatte und indem er hochrangiger Mitarbeiter ist.

 

Meine „Wohlstimmung“ war dann bereits bei seiner Zeugenvernehmung vorbei. Ich fuhr aus der Haut, als ich den Eindruck gewann, dass der Zeuge log.

 

Und als mich der Zeuge fragte, ob ich denn glauben würde, dass er hier die Unwahrheit erzählen würde, gab es nur eine Antwort: „Ja“.

 

„Hohes Gericht, ich kann mich an nichts erinnern“

Gestern gab es in den idyllischen Ort Schleswig eine Verhandlung vor dem  Oberlandesgericht. Geklagt hatte ein Vertrieb gegen ein Handelsvertreter.

 

Dieser Vertrieb leistete im Rahmen eines sogenannten Gebietserweiterungskonzeptes regelmäßige Zahlungen  an einen Handelsvertreter.

 

Dieser stammte aus Norddeutschland und sollte in Freiburg einen neuen Standort gründen. Dem Handelsvertreter wurden dafür Kundenadressen zur Verfügung gestellt (diese stellten sich als untauglich heraus, weil die Kunden schon dann, als sie den Namen des Vertriebs hörten, auflegten).

 

Es handelte bei den Vorschüssen sich um monatliche Leistungen à 2.000 €. Insgesamt wollte der Vertrieb etwa 25.000 € zurückbekommen.

 

Für den Handelsvertreter stellte dieser Prozess bereits eine existentielle Bedrohung dar.

 

Zuvor wurde ihm von einem Vorstandsmitglied versprochen, dass er diese Zahlungen nicht zurückgeben müsse. Ihm wurde sogar auf einem persönlichen Schreiben dieses Vorstandsmitgliedes zugesichert, dass es sich um nicht rückzahlbare Vorschüsse handelt.

 

Dieses Schreiben wurde vor dem maßgeblichen Vertrag unterschrieben. Der maßgebliche Handelsvertretervertrag hatte indes einen anderen Inhalt. Danach sollten alle Vorschüsse zurückgezahlt werden.

 

Zunächst kam es zu einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Itzehoe. In diesen Rechtsstreit machte das Gericht kurzen Prozess. Obgleich Zeugen angeboten wurden, wurde der Handelsvertreter zur Rückzahlung verurteilt.

 

Das Oberlandesgericht Schleswig meinte, das Landgericht habe vorschnell geurteilt. Jedenfalls müsse eine Beweisaufnahme durchgeführt werden, um zu ermitteln, ob es sich bei dem Handelsvertretervertrag tatsächlich um einen Scheinvertrag handelt und ob möglicherweise anderweitige Dinge abgesprochen wurden.

 

Das ehemalige Vorstandsmitglied hatte sich übrigens mittlerweile von dem Vertrieb verabschiedet und ist jetzt bei der Konkurrenz tätig. 

 

Dieses Ex-Vorstandsmitglied und zugleich geladener Zeuge wollte nicht als Zeuge aussagen, weil er zur gleichen Zeit eine Direktionsleiterkonferenz hätte. Das Gericht wollte dies nicht als genügende Entschuldigung werten lassen. Dieser Zeuge meldete sich jedoch am Gerichtstermin kurzfristig krank, weil der weh tun würde.

 

Dennoch waren vier Zeugen anwesend.

 

Der erste Zeuge war die sogenannte rechte Hand des ehemaligen Vorstandsmitglieds. Dieser war noch immer bei dem Vertrieb beschäftigt. Er gab zu verstehen, dass er sich nicht mit den vertraglichen Angelegenheiten auskenne, nichts davon wusste, dass irgendwann einmal versprochen wurde, dass man diese Vorschüsse nicht zurückzahlen müsse. Von irgendwelchen Versprechungen des Vorstandsmitgliedes wusste er nichts. Er hätte mit Provisionen und vertraglichen Angelegenheiten nichts zu tun. Auch Schreiben, die aus seiner Feder stammten, konnten seine Erinnerung nicht auffrischen. Er habe diese vielleicht gar nicht verfasst. Konkreten Fragen wich er immer wieder aus.

 

Dann wurde es interessant.

 

Der zweite Zeuge ist Pilot. Auch er nahm an dem Gebietserweiterungskonzept teil. Er sollte das Gebiet in Frankfurt erweitern.

 

Er berichtete davon, dass auch er Vorschüsse erhielt. Auch ihm wurde mündlich und schriftlich zugesagt, dass er diese Vorschüsse nicht zurückzahlen müsse. Er war sich sicher, dass dies auch für den Beklagten dieses Verfahrens gelte.

 

Erstaunlicherweise bekam er von dem ersten Zeugen, dem treuen Vertriebsmitarbeiter, einen Anruf, indem dieser sagte, dass auch der Vertrieb die Zahlungen  von ihm verlangen würde. Dann wurde diesem ersten Zeugen die schriftliche Zusage des Vorstandsmitglieds zugesandt, woraufhin der Vertrieb dann auf die Geltendmachung verzichtet hatte.

 

Nach dieser ausführlichen Zeugenbefragung unterbrach das Gericht und zog sich zur Beratung zurück.

 

Danach war dem Gericht klar, dass der Anspruch des Vertriebes nicht bestand. Dem Gericht war auch klar, dass der erste Zeuge gelogen hatte.

 

Es war dem Gericht auch klar, dass der erste Zeuge sehr wohl in die vertraglichen Dinge eingeweiht war und die konkreten Zusicherungen kannte.

 

Das Gericht riet dingend an, der Vertrieb solle  seine Klage insoweit zurücknehmen.

 

Ansonsten würde das Gericht ein Urteil verfassen, indem diese Rechtsauffassung deutlich zum Ausdruck kommt. Es würde auch deutlich zum Ausdruck kommen, dass der verdiente Mitarbeiter des Vertriebes falsch ausgesagt hatte. Insgesamt war dies für den Handelsvertreter, meinem Mandanten, ein sehr schönes Ergebnis.

 

Mein Mandant hatte mir zuvor angekündigt, dass er den gestrigen Verhandlungstag nicht überstehen würde, ohne eine Träne zu vergießen. Entweder würde er anschließend vor Freude oder vor Ärger weinen. Dass anschließend Tränen des Glücks zu sehen waren, gab der Angelegenheit einen besonderen Abschluss.

 

 

 

Einzelaspekte zu den „Grundsätzen“ in der Lebensversicherung

Die Grundsätze Leben gelten nur für dynamische Lebensversicherungen (Anpassungsversicherungen, Angestellten-Befreiungsversicherungen), d.h. für Lebensversicherungen, „deren Versicherungsbedingungen ein Anwachsen von Beitrag und Leistung in regelmäßigen Zeitabständen von Anbeginn oder aufgrund einer späteren, vom Vertreter bewirkten Vereinbarung vorsehen, soweit der Vertreter dieser Versicherungen selbst vermittelt hat und diese Versicherungen bei der Beendigung des Vertretervertrages die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllen und zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind. Sie gelten aber nicht für dynamische Gruppenversicherungen, Gruppenversicherungen mit Andienungspflicht und dynamische Risikoversicherungen. Bei diesen Versicherungen muss weiterhin eine individuelle Regelung des Ausgleichsanspruchs zwischen dem Vertreter und seinem Unternehmen getroffen werden, wobei die Gutachterseite (vgl. Ziffer VI der „Grundsätze Leben“) angerufen werden kann.

Im Gegensatz zu den „Grundsätzen Sach“, bei denen der Ausgleichsanspruch aus den Folgeprovisionen errechnet wird, sind bei den „Grundsätzen Leben“ die addierten Versicherungssummen der vom Vertreter vermittelten dynamischen Lebensversicherungen einschließlich der bis zu Beendigung des Vertretervertrages erfolgten Dynamisierungen Berechnungsgrundlage.

Beispiel: Bei einer Versicherungssumme von 1 Mio. Euro ergibt sich bei einem Provisionssatz von 25 %0 und einer Tätigkeit von mehr als 19 Jahren ein Ausgleichsanspruch von 3.000 Euro.

Einzelaspekte des Ausgleichsanspruchs zu den „Grundsätzen“ in der Sachversicherung

Nach herrschender Auffassung enthalten die Folgeprovisionen in der Sachversicherung, unabhängig von ihrer Bezeichnung1, Vermittlungsfolgeprovisionen, also Abschlussfolgeprovisionen, auf die der Vertreter neben der Abschlussprovision des ersten Jahres einen Anspruch hat. Sie allein sind nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes ausgleichspflichtig.

Um zu vermeiden, dass wegen jeden Ausgleichsanspruchs eines Versicherungsvertreters ein Prozess geführt werden muss, bei dem es in erster Linie immer nur um die Frage gehen würde, wie die Folgeprovisionen in der Sachversicherung – hierzu rechnen auch die HUK-, Rechtsschutz-, Transport- und ähnliche Versicherungen – in Vermittlungs- und Verwaltungsprovisionen aufzuteilen sind, haben sich vernünftigerweise der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und die Verbände der Versicherungsvertreter zusammengesetzt, um gemeinsam nach einer Lösung dieses Problems zu suchen. Das Ergebnis waren die „Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs“, die zunächst nur für die Sachsparten vereinbart wurden.

Diese „Grundsätze Sach“, die wie die Präambel betont, „in dem Bemühen um gegenseitige Verständigung und ausgehend von vorwiegend wirtschaftlichen Erwägungen erarbeitet“ wurden, „um die Höhe des nach Auffassung der beteiligten Kreise angemessenen Ausgleichs global errechnen“, werden seit 1958 erfolgreich praktiziert. Sie haben sich zweifellos bewährt. Vertreter und Unternehmen sind von einer Flut von Prozessen verschont geblieben.

Bei der Berechnung wird von der durchschnittlichen Jahresbruttoprovision (Folgeprovision) aus dem selbst vermittelten Bestand (ohne erstjährige Abschlussprovision) der letzten fünf Jahre der Tätigkeit ausgegangen. Daraus wird ein Ausgleichswert gebildet, der in den Verschiedenen Sparten unterschiedlich ist. Schließlich wird der sich daraus ergebende Wert mit Multiplikatoren, die von der Dauer der Tätigkeit für das ausgleichsverpflichtete Unternehmen abhängig ist, multipliziert.

Beispiel: Für die verschiedenen Sparten ergeben sich bei einer Tätigkeitsdauer von mehr als 20 Jahren (Höchstanspruch) folgende Ausgleichsansprüche.

Sach-, Haftplicht-, Unfall- und Rechtsschutzversicherung:

nach 3 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen

Industrie-Feuer-, Maschien-, Groß-BU-und Fahrradverkehrsversicherung:

2,1 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen

Transportversicherung:

1,5 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen

Verkehrsserviceversicherung:

1,5 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen

Vertrauensschadenversicherung:

3 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen 2

Kautionsversicherung:

2,4 durchschnittliche Jahresbruttoprovisionen 3

Kraftfahrtversicherung:

1/2 durchschnittliche Jahresbruttoprovision (Höchstanspruch bereits nach 10 Jahren)

Zusätzlich zum selbst vermittelten Bestand wird ein übertragener Bestand berücksichtig, und zwar in Abhängigkeit davon, wann der Bestand übertragen wurde und ob er in den letzten fünf Jahren der Tätigkeit noch vorhanden war.

Ausgleichsanspruch und Alterversorgung

Nach § 89 b Abs. 1. Ziff. 3 HGB muss die Zahlung des Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Um­stände per Billigkeit entsprechen. Nach den Grundsatzentscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 23.05.1966 (VII ZR 263/04) und vom 17.11.1983 (I ZR 139/81) können Altersversorgungsleistungen des Unternehmens – nicht hinge­gen bereits die Anwartschaft auf diese Leistungen, wenn die Leistung selbst z. B. wegen der Kündi­gung des Vertretervertrages nicht zum Zuge kommt! – aus Billigkeitsgründen auf den Ausgleichsan­spruch angerechnet werden. Wird z. B, eine Altersversorgung in Form einer Kapitalversicherung gewährt und sind die Beiträge je zur Hälfte vom Unternehmen und vom Vertreter aufgebracht worden, so kann die halbe Leistung aus der Kapitalversicherung (Versicherungssumme und Dividende) auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden. Hierbei ist allerdings darauf zu achten, dass bei einer Beendigung des Vertragsverhältnisses vor Fälligkeit der Versicherungsleistung der halbe Wert der Kapitalversicherung anzurechnen ist. Liegt der Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses hingegen nach der Fälligkeit der Versicherungsleistung, so wird sich der Vertreter die Anrechnung einer angemessenen Verzinsung der halben Versiche­rungsleistung gefallen lassen müssen.

Abweichend davon hat der BGH am 23.2.1994 (VIII ZR 94/93) entschieden, dass freiwillige Leistungen des Unternehmens für die Altersversorgung des Handelsvertreters mangels entsprechender Verein­barung jedenfalls dann nicht auf den Ausgleichsan­spruch anzurechnen sind, wenn der Versorgungsanspruch erst 21 Jahre nach dem Ende des Handelsvertreterverhältnisses fällig wird.

Gegen die auf der Grundlage dieser Urteile in den Versorgungswerken der Unternehmen vereinbarten Klauseln, wonach die Altersversorgung des Unter­nehmens auf den Ausgleichsanspruch aus Billig­keitsgründen angerechnet wird, hat sich der BVK mit einer AGB-Klage gegen die Allianz gewandt. Der BGH hat mit Urteil vom 20.11.2002 (Vlll ZR 146/01) entschieden, dass der pauschale Abzug der Versorgungsleistungen vom Ausgleichsanspruch ohne Prüfung der Billigkeit unzulässig ist. In Zukunft muss also in jedem Einzelfall eine Billigkeitsprüfung vorgenommen werden. Sofern die Auffassungen der beteiligten Parteien darüber auseinandergehen, sind wiederum die Gerichte gefragt.

ln einer vom BVK unterstützten Einzelfall­entscheidung hat der BGH ebenfalls am 20.11.2002 (VIII ZR 211/01) den vollen Abzug der Versorgung vom Ausgleichsanspruch für billig erklärt, obwohl die Anrechnungsklausel AGB-rechtlich unzulässig ist. Per BVK wird sich mit dieser Entscheidung na­türlich nicht zufrieden geben.