07
Am 01.10.2018 wurde eine Agentur der Provinzial vom Landgericht Münster dazu verurteilt, eine Freistellungsvergütung zu zahlen.
Die Agentur beschäftigte einen Handelsvertreter. Diesem wurde die fristgemäße Kündigung ausgesprochen. Gleichzeitig wurde er mit Erhalt der Kündigung von der weiteren Tätigkeit freigestellt.
Das Landgericht Münster entschied, dass dem freigestellten Handelsvertreter ein Schadenersatzanspruch zustehe. Er sei so zu stellen, als habe er seine Tätigkeit bis zum Beendigungszeitpunkt des Vertrages weiterführen können (§ 249 Abs. 1 BGB)
Ihm ist also grundsätzlich die volle Vergütung zu zahlen, wobei gegebenenfalls nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung Einnahmen anderweitiger Vertriebstätigkeit schadensmindernd anzurechnen sind. Dabei ist auf den Durchschnittsverdienst abzustellen. Das Gericht hält es für zulässig, die letzten 12 Monate vor Freistellung bei der Berechnung des Durchschnittsverdienstes zugrunde zu legen.
Der Kläger hatte Arbeitsmittel in Höhe von 250,00 € monatlich hinzugezogen. Auch dies hielt das Gericht für einen Teil der Vergütung.
Eine Vorteilsausgleichung konnten schadensmindernd nicht berücksichtigt werden. Schließlich konnte diese nicht festgestellt werden.
Dem Kläger wurde sogar eine Sonderbonifikation als auszugleichendes Einkommen zugesprochen. Diese sollte ihm ab einer bestimmten Umsatzhöhe zustehen. Da der Kläger diese Umsatzhöhe erreicht hatte, wurde die Sonderbonifikation fällig.
Mithin wurde zugunsten Kläger eine Zahlung von mehr als 22.000,00 € ausgeurteilt.
Ein Zinsanspruch in Höhe von etwa mehr als 1.000,00 € wurde hingegen abgewiesen. Schließlich soll es sich bei den Freistellungszahlungen um einen Schadenersatzanspruch gehandelt haben, und nicht um einen Vergütungsanspruch, so dass die Fälligkeit erst mit Klageerhebung gegeben war.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
03
2018 ist zu Ende. Trotz vielfacher gesetzlicher Mühen ist in der Branche der Finanzdienstleistungen jedoch vieles beim „Alten“ geblieben.
Die Qualität der Beratung soll verbessert werden. Ausbildung und Weitberbildung sollen die Berater nachweisen. Der Kunde soll gleich von vornherein wissen, was die Beratung kostet, mit wem er es zu tun, vor allem aber auch, ob man einen Versicherungsmakler – oder vertreter vor sich hat.
Dass dies längst noch nicht klappt, hat kürzlich eine vom Focus veröffentlichte Studie unter Beweis gestellt. Dort wollte man die besten Versicherungsmakler küren und – welch Fauxpas – hatte man dort dann auch gleich die DVAG mitgenannt.
Dass die DVAG kein Makler ist, sondern Versicherungsvertreter, dürfte sich über den Kreis der Leser des Handelsvertreterblogs herumgesprochen haben. Das Analysehaus Statista hatte sich für den Fehler entschudligt.
Dies zeigt deutlich, dass der gesetzlich eingeschlagene Weg hin zur Qualität, Klarheit und Transparenz im Zeitalter der IDD noch längst nicht zu Ende ist.
Noch immer gibt es viele schwarze Schafe. Noch immer werden in Einzelfällen Beratungen von nicht qualifizierten Personen durchgeführt. Noch immer gibt es fragwürdige Strukturen, die ein großes Potential von fehlerhaften Beratungen mit sich bringt.
Einer der großen Strukturvertriebe lehrt seinen Strukturleitern tatsächlich noch immer, dass man neue Handelsvertreter in einen finanzielle Abhängigkeit bringen solle. Von einem Behaltungsprogramm ist dort die Rede, und davon, dass man frisch angeworbene Handelsvertreter hoch versichern soll, sie dazu bringen soll, z.B. ein teures Auto zu leasen. Die Verschuldung soll die Motivation dafür sein, diesen Strukturvertrieb nicht zu verlassen.
Eine der ersten Emails, die mich Anfang des Jahres 2019 erreichte, begann mit den Worten „begeisterter …Aussteiger“. In Zeiten, in denen fragwürige Behaltungsprogramme immer noch gepredigt werden, wird auch künftig das Thema Ausstieg aus der Ausschließlichkeit relevant sein.
Auf ein gutes und spannendes 2019!
24
Die Autoren des Handelsvertreterblogs,
allen voran Rechtsanwalt Kai Behrens,
wünschen allen Lesern
ein paar schöne und friedliche
Weihnachten!
11
Die Generali kommt nicht zur Ruhe.
Erst gab es lange Diskussionen um den sog. Run-off der Lebensversicherungsprodukte. 2018 wurden viele Außendienstmitarbeiter der Generali zur Allfinanz Aktiengesellschaft DVAG in München überführt. Nun steht die Generali in der Kritik, weil ehemalige Mitarbeiter der Volksfürsorge, die 2009 von der Generali übernommen wurden, sich über eine zu geringe Rente beklagen.
Beklagen ist eigentlich der falsche Begriff. Bis zum Bundesarbeitsgericht soll bereits geklagt und prozessiert worden sein, auch mit Erfolg, wie sich aus dem folgenden Beitrag des NDR ab 35:20 Min ergibt.
06
Verstöße gegen § 8 Abs. 5 VVG alter Fassung könnten bei Verträgen, die in der Zeit zwischen dem 29.07.1994 und dem 31.12.1994 geschlossen wurden, für Versicherte auch noch ein nachträgliches späteres Rücktrittsrecht ermöglichen.
Die Frist für den Rücktritt beginnt erst zu laufen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer über sein Widerrufsrecht belehrt und der Versicherungsnehmer die Belehrung mit seiner Unterschrift bestätigt hat. Dies gilt für Versicherungen mit einer Laufzeit von mehr als 1 Jahr, mit Ausnahme von Lebensversicherungen. So einfach steht es im Gesetz.
In einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Dresden hatten die Parteien darüber gestritten, ob in der Belehrung darauf hinzuweisen wäre, dass der Rücktritt auschließlich schriftlich zu erfolgen hat.
Denn die hier streitige Belehrung enthielt nicht den Hinweis, dass der Widerruf schriftlich zu erfolgen hat. Das Oberlandesgericht Dresden stellte mit Beschluss vom 16.10.2018 unter dem Aktenzeichen 4 U 943/18 klar, dass eine Widerrufsbelehrung den Hinweis „schriftlich“ nicht enthalten muss. Schließlich genüge, dass darauf hingewiesen wird, dass zur Wahrung der First die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Daraus ergibt sich, dass ein mündlicher Widerruf nicht genügt. Mehr verlange das gesetz im Übrigen nicht.
Auf diesen – wenn man das so liest, scheinbar überflüssigen Rechtsstreit – wies jetzt das Versicherungsjournal hin.
Der Bundesgerichtshof hatte zu dem Problem der Schriftform in seinen Entscheidungen bereits Stellung genommen. So hatte er bereits am 28.01.2004 unter dem Aktenzeichen IV ZR 58/03 entschieden, dass eine wirksame Belehrung des Verbrauchers über sein Widerspruchsrecht nach § 5 a) Abs. 1, Satz 1 VVG voraussetzt, dass auf die vorgeschriebene Form des Widerspruchs (hier Schriftlichkeit) und darauf hingewiesen wird, dass die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs die 14-tätige Frist wahrt.
Der Bundesgerichtshof meinte damals, dass die in § 5 a) Abs. 2, Satz 1 VVG geforderte Belehrung über das Widerspruchsrecht nach dem Sinnzusammenhang eine Belehrung über die zur Wirksamkeit des Widerspruchs erforderliche Schriftform einschließt.
In dieser Entscheidung hatte die dort Beklagte zwar über den Beginn und die Dauer der Widerspruchsfrist belehrt, jedoch nicht darauf hingewiesen, dass die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genügt (Im Gegensatz zu dem Fall vor dem OLG Dresden). Auch auf die rechtzeitige Absendung muss sich die Belehrung gem. Bundesgerichtshof erstrecken. Insofern könnte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden möglicherweise dennoch nicht im Widerspruch zur Bundesgerichtshofs-Rechtsprechung stehen.
Wichtig ist, dass auch der richtige Gesetzestext herangezogen wird. Gerade die Widerrufs- und Rücktrittsbelehrungen haben sich ständig verändert. Im Bundesgesetzblatt aus dem Jahre 2001 heißt es dann:
05
Bereits am 06.09.2018 verstarb Rechtsanwalt Josef Schaaf. Er wurde 83 Jahre alt.
Vielen älteren Vermögensberatern der Deutschen Vermögensberatung AG ist Josef Schaaf noch ein Begriff. Er, bzw. die von ihm gegründete Kanzlei, vertrat die Deutsche Vermögensberatung viele Jahre lang.
In dem Konzernabschlussbericht von 2015 der DVAG wurde Rechtsanwalt Josef Schaaf noch als Aufsichtsratsmitglied geführt (bis 31.07.2015).
Zwischen Rechtsanwalt Josef Schaaf und Reinfried Pohl sen., dem Gründer und langjährigen Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Vermögensberatung AG, soll eine enge und langjährige Freundschaft bestanden haben.
Beiden ist gemein, dass sie bis ins hohe Alter für die DVAG tätig waren. Professor Dr. Reinfried Pohl starb am 12.06.2014 im Alter von 86 Jahren. Nach dem Tod Pohls und dem Ausscheiden Schaafs hat sich viel verändert im Hause der DVAG. Die Unternehmenszentrale zog in die Wilhelm-Leuschner-Straße 24 in Frankfurt. Die DVAG verkauft jetzt neben Versicherungen auch Strom und Gas, und sogar Inkasso. Der ein oder andere spricht von Generationswechsel oder gar von neuer Ära. Ob Strom, Gas und Inkasso auch früher denkbar waren, ist nicht bekannt.
Von neuer Ära kann auch in Zusammenhang mit dem neuen Vermögensberatervertrag gesprochen werden, der 2017 kam und den „alten“, den aus dem Jahre 2007, ablöste. Der Verfasser dieses Nachrufs durfte Rechtsanwalt Schaaf persönlich kennenlernen, als Rechtsanwalt und als Rheinländer, so wie man sich einen Rheinländer vorstellt. Als man damals – vor Jahren – intensiv um Klauseln aus dem alten Vertrag vor dem Oberlandesgericht Karsruhe stritt und das Gericht im strengen Ton einige Klauseln für unwirksam erklärte, wurde Rechtsanwalt Schaaf gefragt, wer denn den Vermögensberatervertrag verfasst hätte. Daraufhin sagte er, dass er selbst den damals geschrieben habe. Das Gericht zog sich dann zur Beratung zurück. In dieser Pause sagte Herr Kollege Schaaf, dass er die Richter für sehr unfreundlich halte. Diese Richter als „unfreundlich“ zu bezeichnen, entsprach sicher seiner ganz eigene Sicht- und Umgangsweise.
27
Einem Handelsvertreter stehen nach Ende des Handelsvertretervertrages noch Ansprüche auf Dynamikprovisionen zu. Dies entschied ausgerechnet das Oberlandesgericht Frankfurt, und zwar m 16.03.2018 unter dem Aktenzeichen 16U 106/17.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte in diesem Fall über einen Consultant-Vertrag entscheiden müssen. Der Begriff des MLP Financial Consultant wird üblicherweise für Handelsvertreter der MLP verwendet. Das Oberlandesgericht Frankfurt könnte jedoch auch bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Vermögensberatern und der DVAG zuständig sein. Ein Vermögensberater klagte jedoch nicht. Jedenfalls war der Kläger ein Handelsvertreter und auch ein Versicherungsvertreter gem. § 92 Abs. 1 HGB. Deshalb könne er – so argumentiert das Oberlandesgericht – auch von der Beklagten gem. §§ 92 Abs. 2, 87 c), Abs. 1 HGB die Abrechnung der Dynamikprovisionen verlangen. Nach dem Vertrag hat er einen Anspruch auf Auszahlung der Dynamikprovision gem. §§ 92 Abs. 2, Abs. 3, 87 Abs. 1, Satz 1 HGB i.V.m. dem Vertrag.
Das Landgericht Frankfurt stellte in der Vorinstanz bereits darauf ab, dass es sich bei den Dynamiken um Erhöhungen handelt und sich dies nach den Regelungen für Abschlussprovisionen entsprechend den Regelungen für Neuabschlüsse drehe. Die Dynamikprovision ist eine reine Abschlussprovision. Die Erhöhung finde mangels Widerspruchs automatisch statt. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat sich dieser Auffassung im Wesentlichen angeschlossen.
Der Widerspruch bzw. die Zahlung der erhöhten Dynamikprämien stellt lediglich eine auflösende Bedingung dar. Es handelt sich bei der Dynamikprovision um eine verzögert ausgezahlte Abschlussprovision für eine Erhöhung der Lebensversicherung, die bereits im Erstabschluss ihren Grund findet. Das Oberlandesgericht hat auch gesehen, dass die Dynamikprovisionen möglicherweise über viele Jahre noch an den Handelsvertreter zu zahlen sind. Dem stehe auch nicht § 87 Abs. 3, Satz 1, Ziff. 1 HGB entgegen, wonach ein nach Beendigung des Handelsvertretervertrages geschlossenes Geschäft darauf abstellt, dass das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden sein muss.
Das Oberlandesgericht Frankfurt meinte auch, dass es nicht eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg widerspreche, welches im Ergebnis den Anspruch auf Dynamikprovisionen abgeschmettert hatte. Schließlich waren bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg die Lebensversicherungsverträge bereits durch einen Nachfolger des ausgeschiedenen Handelsvertreters betreut worden.
Das Oberlandesgericht wandte sich auch nicht gegen eine frühere Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 18.02.1998 unter dem Aktenzeichen 21 U 87/97. Bei dieser älteren Entscheidung soll es eine vertragliche Regelung gegeben haben im Rahmen eines Rahmenagenturvertrages, nachdem mit Ende des Vertrages die Ansprüche auf Vergütungen oder Provisionen erlöschen.
Eine solche vertragliche Regelung erkannte das Oberlandesgericht hier nicht. Die Parteien hatten vertraglich eben nicht vereinbart, dass nach Vertragsende irgendwelche Provisionen wegfallen sollen. Selbst dann, wenn die Parteien im Handelsvertretervertrag einen Ausgleichsanspruch gem. § 89 b) HGB geregelt haben, ist darin nicht zu erkennen, dass der Handelsvertreter auf bereits verdiente Provisionen verzichten soll.
Anmerkung: Diese Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben, da viele Strukturvertriebe nach Ende des Handelsvertretervertrages Dynamikprovisionen nicht mehr abrechnen. Gem. der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 16.03.2018 ist jedoch ein solcher Anspruch, auch auf Jahre hinaus, gegeben.
27
Ausgangswert für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs ist die durchschnittliche Jahresprovision der letzten vier Jahre aus dem Finanzdienstleistungsgeschäft abzüglich etwa vereinbarter Verwaltungsprovisionen und abzüglich etwa nicht verdienter Einarbeitungsprovisionen bzw. Garantieprovisionen – bei kürzerer Tätigkeit der Durchschnitt aus diesem Zeitraum.
Als Verwaltungsprovision gelten Vergütungen, die Vertreter für das Neugeschäft von Vermittlern erhalten, die dem Vertreter organisatorisch nicht zugeordnet sind oder zu deren Vermittlungen er akquisitorisch nicht beiträgt.
1 In einem Schreiben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft vom 14.9.1993 an den BVK heißt es hierzu: „Richtig ist, dass die „Folgeprovision“ in der Schadenversicherung grundsätzlich auch einen Teil Abschlussprovision beinhaltet. Die verwendeten Begriffe wie z.B. „Bestandspflege- bzw. Betreuungsprovision“ sind mithin – auch aus unserer Sicht – grundsätzlich im Sinne von „Folgeprovision“ zu verstehen. Die anderweitige Bezeichnung der Folgeprovision hat demnach auch keinerlei Auswirkungen auf die Feststellung des Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB i.V.m. den zur Berechnung heranzuziehenden „Grundsätzen zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs (§ 89 b HGB)“.
- Zuschüsse und sonstige zusätzliche Vergütungen des Versicherungsunternehmens (wie z. B. Bürozuschüsse, Ersatz von Porti, Telefon- und Reklameaufwendungen) werden bei der Errechnung des Ausgleichswertes nicht berücksichtigt.
- Berücksichtigung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung
- Da nach Auffassung der Beteiligten ein Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen (§ 89 b
Abs. 1 Ziffer 3 HGB) insoweit nicht entsteht, wie der Vertreter Leistungen aus einer durch Beiträge des Versicherungsunternehmens aufgebauten Alters- und Hinterbliebenenversorgung erhalten oder zu erwarten hat, ist von der nach I. und II. errechneten Höhe des Ausgleichsanspruchs bei einer Rentenversicherung der kapitalisierte Barwert der Rente der Anspruchsberechtigten, bei einer Kapitalversorgung deren Kapitalwert und bei fixierten Provisionsrenten (früher auch als Nachinkassoprovisionen oder Nachprovisionen bezeichnet) der kapitalisierte Barwert der zugesagten Provisionsrenten abzuziehen.
- Ist die Dauer der Provisionsrente von dem Fortbestehen der vom Vertreter bei Beendigung des Vertretervertrages verwalteten Versicherungsverträge abhängig, so wird aus dem in Ziffer 1. genannten Grund bei Beendigung des Vertretervertrages der Ausgleichsanspruch vorläufig so errechnet, als ob dem Vertreter keine Provisionsrente zugesagt worden wäre. Der Vertreter stundet den derart errechneten fiktiven Ausgleichsanspruch bis zum völligen Auslaufen der Provisionsrente oder bis zu dem Zeitpunkt, in dem er auf die Weiterzahlung der Provisionsrente in rechtsgültiger Weise endgültig verzichtet. Alsdann wird die Gesamthöhe der bis zu diesem Zeitpunkt gezahlten Provisionsrenten von dem errechneten fiktiven Ausgleichsanspruch abgezogen und auf diese Weise festgestellt, ob und inwieweit im Zeitpunkt der Beendigung des Vertretervertrages ein Ausgleichsanspruch trotz des Anspruchs auf Provisionsrente tatsächlich entstanden ist. Gegebenenfalls ist dieser Ausgleichsanspruch sofort fällig.
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Am 23.11.18 hat der Bundesrat die endgültige Fassung der Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) verabschiedet. Die VersVermV setzt die für den europäischen Versicherungsvertrieb erlassene EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie (Insurance Distribution Directive – IDD) in deutsches Recht um. Die IDD wurde bereits am 23.2.2018 beschlossen.
Das Wichtigtse in Kurzfassung:
1. Lernerfolgskontrolle bei der Weiterbildung wird nur noch bei Selbststudium gefordert. Bei Seminaren, bei denen der Teilnehmer präsent sein muss, muss es eine Lernerfolgskontrolle nicht geben.
2. Vermittler müssen die Nachweise der Weiterbildung zwar archivieren. Diese sind der Aufsichtsbehörde aber nur auf aktive Nachfrage hin vorlegen.
3. Die Nachweise zur Weiterbildung müssen nicht mehr per Erklärung bis zum 31.01. der IHK vorgelegt werden.
4. Es müssen mind. volle 15 Stunden Weiterbildung geleistet werden.
5. Inhaltlich kann auch die „Aufrechterhaltung der personalen Kompetenz“ als Ziel der Weiterbildung anerkannt werden.
6. Für die Qualität der Weiterbildung ist der Anbieter der Weiterbildung verantwortlich.
Übrigens: Spontane Treffen oder Besprechungen, oder das bloße Lesen von Fachliteratur oder des Handelsvertreterblogs, reichen dafür natürlich nicht aus.
25
Wann ein Handelsvertreter hauptberuflich arbeitet
Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach am 26.05.2017 einem Versicherungsvertreter einen Ausgleichsanspruch ab. Unter dem Aktenzeichen 16 U 61/16 hob es damit eine Entscheidung des Landgerichtes Düsseldorf auf. Das Oberlandesgericht meinte, der Versicherungsvertreter sei nebenberuflich tätig, wonach der Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB nach § 92 b Abs. 2 Satz 1 Abs. 5 HGB ausgeschlossen ist.
Entscheidend war, dass der Kläger nicht nur als Versicherungsvertreter tätig war. Das Oberlandesgericht nahm an, dass er nur nebenberuflich arbeitete. Bei dieser Bewertung kommt es auf den Einzelfall an. Ein nebenberuflich betrauter Handelsvertreter, der tatsächlich hauptberuflich täötig war, trägt die Beweislast für die Hauptberuflichkeit.
Entgegen des schriftlichen Vertrages bewertete das Oberlandesgericht den Kläger als Nebenberufler. Gemäß der so genannten Übergewichtstheorie kann ein Vermitter nur dann im Hauptberuf sein, wenn er überwiegend als solcher tätig ist und aus dieser Tätigkeit auf den überwiegenden Teil seines Arbeitseinkommens bezieht. Liegen beide Kriterien vor, handelt er hauptberuflich, fehlt nur eines der beiden Kriterien, handelt es sich um einen nebenberuflichen Handelsvertreter. Die bedeutensten Abgrenzungsmerkmale liegen im Zweifel im Zeit- und Entgeltmoment, wobei die Bedeutung des Zeitelementes überwiegt. Schließlich braucht ein Handelsvertreter ja nicht einmal Einkommen generieren, auch dann nicht, wenn er hauptberuflich tätig ist.
Das Gericht nannte auch ein Beispiel: Übernimmt ein Student, eine Hausfrau, ein Beamter oder ein Rentner eine Vertretung, um sich zu den sonstigen verfügbaren Mitteln oder nach Dienstschluss noch eine kleine Nebeneinnahme hinzuzuverdienen, dann soll eine Vetretung im Nebenberuf vorliegen. Nach diesen Abgrenzungskriterien hatte das Oberlandesgericht den Versicherungsvertreter als Nebenberufler eingestuft. Schließlich war er darlegungs- und beweisbelastet und hatte nicht ansatzweise vorgetragen, in welchem zeitlichen Rahmen er für die Beklagte tätig war. In einem ähnlichen Fall des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 04.11.1998, Aktenzeichen VIII ZR 248/97) hatte der Kläger immerhin ein Kundendienstbüro mit festen Bürozeiten und einer festgelegten Erreichbarkeit für seine Kunden betrieben. Dies lag hier nicht vor.
Abschließend hatte das Gericht dann noch entschieden, dass eine fristlose Kündigung des Versicherungsunternehmens gemäß § 89 a HGB wirksam ist. Dabei schloss sich das Oberlandesgericht dem Landgericht an. Schließlich hatte der Versicherungsvertreter einen Versicherungsantrag auf Abschluss einer Lebensversicherung eingereicht, welche jedoch nicht von dem Versicherungsnehmer selbst unterschrieben war, sondern von dessen Bruder. Dies war dem Versicherungsvertreter bekannt. Das Austauschen der Unterschriften fiel auf, weil man diese Unterschrift mit alten Unterschriften verglich. Das Oberlandesgericht unterstellt dem Versicherungsvertreter Vorsatz. Eine darauf beruhende Kündigung war deshalb wirksam.
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OLG Hamm: Buchauszug verjährt nach drei Jahren
Das Oberlandesgericht Hamm schloss sich in einem Urteil unter dem Aktenzeichen 18 U 96/16 am 30.01.2017 der Auffassung an, dass der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß § 87 c Abs. 2 HGB nach drei Jahren verjähre.
Hamm nahm lange Bezug auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main unter dem Aktenzeichen 5 U 101/09, welches am 08.09.2012 zu dem Ergebnis kam, dass es sich bei dem Buchauszug um einen so genannten verhaltenen Anspruch handele, der erst dann fällig werde, wenn dieser geltend gemacht wird. Ohne dass das Oberlandesgericht Hamm darauf Bezug nahm, wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main von seiner eigenen Rechtsprechung inzwischen abgerückt ist. Das Oberlandesgericht Hamm wies darauf hin, dass der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges grundsätzlich selbständig verjähre. Die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB betrage drei Jahre. Der Buchauszugsanspruch entsteht mit der Abrechnung der Provision.
Danach nahm das Oberlandesgericht Hamm eine dreijährige Verjährungsfrist an und wies im Rahmen der Berufung durch das Landgericht Arnsberg ausgeurteilt. Ansprüche zurück.
Anmerkung: Haftungszeiten, die üblicherweise bei Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern eine Rolle spielen, gab es hier nicht. Berücksichtigt man diese Haftungszeiten, werden die Provisionen erst nach deren Ablauf fällig, so dass auch dann erst die Verjährung des Buchauszuges beginnt. Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte in der oben zitierten Entscheidung auf einen ehemaligen Vermögensberater abgestellt, der einen Buchauszug gegen die DVAG geltend machte.
Eine dreijährige Verjährungsfrist, beginnend mit der Abrechnung, sah im Ürbigen auch das Oberlandesgericht Köln in einer Entscheidung vom 27.01.2017 unter dem Aktenzeichen 19 U 89/16 an.