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Wie das Landgericht München I bereits angekündigt hat, wurde Check24 zur Nachbesserung verurteilt. Es hat danach gegen gesetzliche Mitteilungspflichten verstoßen.
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Mitunter beschäftigen sich zwei oder mehrere Gerichte mit denselben Prozessparteien. Dies kann sogar soweit führen, dass beide Prozesse etwas miteinander zu tun haben. Schlimmstenfalls würde sich dann das Ergebnis des einen Prozesses auf den anderen auswirken.
Um so etwas zu verhindern, hat man die Möglichkeit der Widerklage geschaffen. Bei einer Widerklage ist es zweckmäßig, sämtliche Forderungen in einem einzigen Prozess abzuhandeln.
Es ist jedoch nicht vorgeschrieben, die Form der Widerklage zu wählen. Man kann auch ein neues Fass aufmachen, also eine neue Klage einreichen.
Das Amtsgericht Dresden hatte am 28.07.2016 darüber zu entscheiden, was aus einem später eingeklagten Anspruch, der Gegenstand eines neuen Verfahrens ist, werden soll.
Zunächst hatte die Deutsche Vermögensberatung DVAG die Erstattung eines Darlehens eingeklagt. Die Parteien hatten vereinbart, dass das Darlehen mit dem Provisionskonto verrechnen werden sollte. Dann, wenn das Provisionskonto eine entsprechende Verrechnung nicht mehr möglich macht, wäre der Restbetrag zu zahlen. Der Vermögensberater wandte ein, es sei falsch abgerechnet worden. Wäre richtig abgerechnet worden, wäre es nicht zu einem Minus gekommen. Dann wäre das Darlehen inzwischen ausgeglichen. Der Vermögensberater verwies insbesondere auf abgezogene Softwarepauschalen. Wären diese nicht abgezogen worden, würde sich das Provisionskonto nicht im Minus befinden und das Darlehen könnte damit ausgeglichen werden.
Während darüber noch gestritten wird, wurden in einem weiteren Verfahren Provisionen eingeklagt. Nunmehr hat das Amtsgericht Dresden gemäß §148 ZPO dieses Provisionsverfahren ausgesetzt.
Es argumentiert damit, dass die Parteien um Ansprüche aus einem Kontokorrentkonto streiten und die Klägerin die Zahlung des Endsaldos aus dem Kontokorrent zu einem bestimmten Zeitpunkt geltend macht. Gleichzeitig jedoch würden dieselben Parteien ebenfalls in einem anderen Rechtsstreit um Ansprüche streiten, die auf diesem Kontokorrentkonto gebucht wurden. Im Übrigen wurde nicht vorgetragen, inwieweit sich die in beiden Rechtsstreiten geltend gemachten Ansprüche abgrenzen ließen. Einem Kontokorrentverhältnis ist es gerade inhärent, dass sämtliche Buchungen aus der Vergangenheit auf den aktuellen Saldo des Kontokorrents unmittelbar Einfluss haben.
Streiten sich die Parteien in einem Rechtsstreit um einzelne Buchungen aus dem Kontokorrent…, so hat dies Einfluss auf den vorliegenden Rechtsstreit…, entschied das Gericht. Zusätzlich trug die Beklagte in beiden Rechtsstreitigkeiten nahezu identische Einwendungen betreffend dem Themenkomplex Frankfurter Schnellbriefe vor. Es ist nicht auszuschließen, so das Gericht, dass – die gegebenenfalls nach richterlichem Hinweis auf die Erforderlichkeit weiteren substantiierten Vortrags – auch diese Einwendungen in beiden Rechtsstreiten streitentscheidend werden.
Deshalb hatte das Gericht die Möglichkeit der Aussetzung gemäß §148 ZPO erkannt und zur Vermeidung einer anderen widersprechenden Entscheidung das eine Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des anderen Verfahrens ausgesetzt.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
In einem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt ging es in einer mündlichen Verhandlung kürzlich um eine sehr vergleichbare Frage. Dort meinte der Richter allerdings etwas unjuristisch, er sein kein Freund des Aussetzens, was auch immer er damit gemeint hatte. Vielleicht meinte er statt Aussetzen Aussitzen, was tatsächlich nicht wünschenswert wäre, wenn ein Gericht etwas aussitzen würde. Aussitzen als Prinzip ist eine oft gewählte Parade in der Politik, die man Ex-Kanzler Kohl vorgehalten hat. Aussetzen im Sinne des Gesetzes soll jedoch etwas anderes sein.
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Unister betreibt über 40 Internet-Portale. Eines davon heißt Kredit.de. Dort soll es zu einem effektiven Jahreszinssatz von 0,99 % im Rahmen einer Sofortzusage online oder telefonisch, eine Auszahlung innerhalb von zwei Tagen und einer schufaneutralen Kreditabfrage Kredite geben. Kredit.de bietet „Erste Hilfe bei Finanzengpässen“.
Thomas Wagner hat Kredit.de nicht in Anspruch genommen. Er entschied sich für etwas Unseriöses.
Im Impressum von Kredit.de steht die Firma Geld.de GmbH, Barfußgässchen 11, 09109 Leipzig. Geld.de GmbH war Tochterunternehmen von Unister.
Ex-Unister Chef Thomas Wagner bevorzugte eine Kreditempfehlung von Finanzvermittler Wilfried Schwätter aus Unna. Deshalb flog Wagner nach Venedig, verlor dort durch ein betrügerisches Kreditgeschäft mehr als eine Million Euro und stürzte auf dem Rückflug nach Deutschland ab.
Nun wurde bekannt, dass Wilfried Schwätter aus Unna in Dresden in Untersuchungshaft sitzt.
Es besteht Fluchtgefahr. Fluchtgefahr wird ihm unterstellt, obgleich er die Reise nach Venedig gar nicht mit angetreten war – oder vielleicht deswegen? Ihm wird Beihilfe zum Betrug in einem besonders schweren Fall vorgeworfen.
Kausal soll sein Verhalten jedenfalls gewesen sein. Schließlich hatte er den Kontakt zwischen Thomas Wagner und dem betrügerischen Geschäftsmann in Venedig hergestellt. Ob er auch gewusst hat, dass der Kredit auf venezianische Weise scheitern musste, soll nun die Staatsanwaltschaft ermitteln.
Ein finanzielles Motiv soll auch vorhanden gewesen sein. Wilfried Schwätter durchlebte mit seiner Firma von 2012 bis 2014 ein Insolvenzverfahren.
Geld.de wurde übrigens im Mai 2016 an den Wiesbadener Finanzdienstleister JDC verkauft. JDC holte sich also schon ein großes Stück vom Kuchen Unister. JDC wirbt mit intelligenten Finanzvertriebslösungen. Vorstandsmitglied Dr. Sebastian Grabmaier ist zugleich Vorsitzender des Vorstandes von Jung, DMS & Cie AG und der Finum. Finanzhaus AG.
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Handelsvertreter haben einen Anspruch auf den Buchauszug gem. § 87 c HGB, um Provisionsansprüche nachrechnen und überprüfen zu können. Das Landgericht Frankfurt hat beispielsweise Vermögensberatern oder ehemaligen Vermögensberatern der DVAG in vielen Fällen einen solchen Buchauszug zugesprochen.
Oft geht es bei dem Buchauszug vorbereitend um die Frage, ob den Vermögensberatern ein weiterer Provisionsanspruch seit einer im Jahre 2008 durchgeführten Provisionskürzung zusteht.
Bisher gab es übrigens noch kein Urteil, das der einen oder anderen Seite Recht gibt. Die Mühlen der Justiz arbeiten langsam. Angedeutet wurde jedoch wiederholt, dass eine einseitige Provisionskürzung unzulässig sei, weil der Vermögensberatervertrag eine konkrete Regelung über die Provisionshöhe geschaffen habe, die einseitig nicht veränderbar ist.
Von der DVAG wird immer wieder gesagt, dass es bis heute kein Urteil gegeben habe, wonach die Provisionskürzung zu Unrecht erfolgt sei. Das ist richtig. Es gibt aber bis heute auch noch kein Urteil, aus dem sich ergibt, dass die Provisionskürzung zu Recht erfolgt ist. In Anbetracht der richterlichen Äußerungen in den Gerichtsterminen wird es dies auch kaum geben.
Die Durchsetzung der Provisionsansprüche wird in der Regel durch den Buchauszug vorbereitet. Hier gibt es regelmäßig in den DVAG-Fällen Streit über die Dauer bzw. Verjährungsfrist des Buchauszugs. Hier werden vom Landgericht Frankfurt unterschiedliche Ansätze verfolgt. Der Zeitraum, für den der Buchauszug zustehen soll, wird unterschiedlich beurteilt. Man ist jedoch einhellig der Auffassung, dass die Verjährung des Buchauszug etwas mit der Verjährung von Provisionsansprüchen zu tun habe. Schließlich diene der Buchauszug ja der Überprüfung der Provisionen.
Da Provisionen von Haftungszeiten abhängig sind, und diese z.B. im Lebensversicherungsbereich grundsätzliche fünf Jahre betragen, müsste auch eine entsprechende Verjährung der Provision und auch des Buchauszugs um diese Zeit verlängern werden.
Um z.B. Ansprüche wegen einer Provisionskürzung aus dem Jahre 2008 ausrechnen zu können, müsste man am besten einen Buchauszug für vermittelte Geschäfte seit 2008 erhalten. Provisionen unterliegen einer dreijährigen Verjährungsfrist. Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte übrigens die Auffassung vertreten, dass die Provisionen nicht nach und nach entstehen, wenn der Kunde einzahlt. Sie entstehen mit dem Ende der Haftungszeit, wenn der Kunde über den Zeitraum eingezahlt hat. Bei einer fünfjährigen Haftungszeit entsteht der Provisionsanspruch eines im Jahre 2008 vermittelten Geschäftes frühestens im Jahre 2013. Rechnet man drei Jahre Verjährung hinzu, wären bis heute Provisionsansprüche aus im Jahre 2008 vermittelten LV-Verträge bis heute nicht verjährt.
Bekommt man aber auch über einen so langen Zeitraum einen Buchauszug?
Das Oberlandesgericht Stuttgart, sonst eigentlich für eine handelsvertreterfreundliche Gesetzesauslegung bekannt, sieht in einem Urteil unter dem Az. 3 U 118/15 vom 17.2.2016 aber die Verjährungsvorschriften des Buchauszugs völlig losgelöst von den Provisionen. Der Buchauszug verjährt in drei Jahren. Punkt aus. Hier die Kernaussage der Entscheidung:
„Bei dem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs gemäß § 87c Abs. 2 HGB handelt es sich um ein Kontrollrecht, welches dazu dient, dem Handelsvertreter für die Geltendmachung seiner Ansprüche Kenntnisse zu verschaffen, die aus eigenem Wissen nur der Unternehmer haben kann (BGH, Urteil vom 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 Rn. 53). Diese Hilfsfunktion führt aber nicht dazu, dass die Verjährung des Buchauszugsanspruchs an diejenige des Provisionsanspruchs gekoppelt wäre. Der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs unterliegt vielmehr einer gegenüber dem Hauptanspruch selbständigen Verjährung (BGH, Urteil vom 01.12.1978 – I ZR 7/77, NJW 1979, 764; vom 22.05.1981 – I ZR 34/79, NJW 1982, 235 f.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.01.2011 – 12 U 744/10, juris Rn. 71; OLG Oldenburg, Urteil vom 04.04.2011 – 13 U 27/10, juris Rn. 59; OLG Köln, Urteil vom 22.08.2014 – 19 U 177/13, juris Rn. 17; Thume in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl., § 87c Rn. 6a; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 87 Rn. 53).“
Glücklicherweise lassen sich Provisionsansprüche auch ohne den Buchauszug ermitteln.
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Darf ein Richter Versicherungen verkaufen? Eigentlich eine blöde Frage, wenn sie nicht wegen eines praktischen Bezugs berechtigt wäre.
Ein Blick ins Deutsche Richtergesetz (DRiG) erleichtert vielleicht die Rechtsfindung:
§ 4 (1) Ein Richter darf Aufgaben der rechtsprechenden Gewalt und Aufgaben der gesetzgebenden oder der vollziehenden Gewalt nicht zugleich wahrnehmen
(übersetzt heißt das, dass ein Richter nicht gleichzeitig noch Polizist oder Bundestagsabgeordneter sein darf).
(2) Außer Aufgaben der rechtsprechenden Gewalt darf ein Richter jedoch wahrnehmen Aufgaben der Gerichtsverwaltung, andere Aufgaben, die auf Grund eines Gesetzes Gerichten oder Richtern zugewiesen sind, Aufgaben der Forschung und Lehre an einer wissenschaftlichen Hochschule, öffentlichen Unterrichtsanstalt oder amtlichen Unterrichtseinrichtung, Prüfungsangelegenheiten, den Vorsitz in Einigungsstellen und entsprechenden unabhängigen Stellen im Sinne des § 104 Satz 2 des Bundespersonalvertretungsgesetzes.
Damit sieht es insgesamt schlecht aus, wenn ein Richter nebenbei Versicherungen verkauft, wie es berichtet wurde. Aber wo kein Kläger, da kein Richter…
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Finanzvertriebe werben gern mit Mitarbeiter- oder Umsatzzahlen. Der beste sind sie alle. Nur einer ist der größte.
Infinus hält dagegen einen traurigen eigenen Rekord, auf den niemand stolz sein kann: Die Dresdener Finanzgruppe soll das größte deutsche Schneeballsystem betrieben haben. So schreibt es in einem spannenden Artikel capital.de .
Man dachte, dass „ab in den Urlaub“- Unister allein für die Unterhaltung in der Finanzdienstleistungsbranche während des Sommerlochs verantwortlich ist. Mit Infinus aus Dresden gibt es in der Programmunterhaltung einen Konkurrenten.
Um einen spannenden Prozess zu führen, bedurfte es allerdings weder halbseidener Finanzvermittler (das Wort halb passt bei Infinus nicht ganz), eines veneziösen Kredits oder einem dramatischen Flugzeugabsturz. Infinus ist auch ohne Absturz gescheitert.
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Paul Biedermann ist inzwischen 30 Jahre alt und wird als Einzelkämpfer in Zukunft keine Wettbewerbe mehr bestreiten.
Noch bis 2014 war er Werbepartner der DVAG. Jetzt ist er es nicht mehr. Warum das Werbeverhältnis zu Ende ist, wird nicht berichtet.
Brustschwimmer Marco Koch ist noch bei der DVAG unter Vertrag. Er wird heute ins Geschehen eintauchen. Ob er den Rio-Fluch brechen kann, wird man dann sehen. Er will jedenfalls einen Weltrekord schwimmen und Gold gewinnen. Wer will das nicht.
08
Nachdem Unister-Gründer Thomas Wagner bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, wurde auch der Absturz des Unister-Unternehmens sichtbar. Ab in den Urlaub und fluege.de füllen so weithin das Sommerloch.
Um das monetäre Unister-Loch zu stopfen, benötigte Wagner einen Kredit, den er sich in Venedig beschaffen wollte, und dabei auf einen Kreditschwindler hereinfiel. Die Bild berichtete nun, dass der Vermittler Wilfried Schwätter aus Unna mit seiner Firma selbst pleite war. Von 2012 bis 2014 lief ein Insolvenzverfahren beim Amtsgericht. Dortmund, schreibt Focus.de.
Über Xing erfährt man, dass Schwätter Schulungen für den Vertriebsaufbau anbietet.
Neben den beiden Unister-Gesellschaftern Thomas Wagner und Oliver Schilling starb bei dem Absturz ein Finanzvermittler aus dem Sauerland, Heinz Horst B.. Ein Exbanker, Herr K., reiste mit dem Auto nach Venedig, und überlebte. So hieß es immer. Beide sollen den venezianischen Kredit mit eingefädelt haben. Der Bänker, der sauerländische Finanzberater und Herr Schwätter sollen sich in einem Hannoveraner Hotel zuvor getroffen haben, wohl um den Rip-Deal abzusprechen.
Schwätter war Mittelsmann und „im Schlepptau“ von Herrn B.. Schwätter soll den Kontakt zu dem veneziösen Betrüger hergestellt haben, der statt echter Währung hauptsächlich Blüten unterschob.
Unister bekam übrigens Steuergelder in Millionenhöhe. ProsiebenSat1, HolidayCheck und der Münchener Finanzen-Verlag sollen laut meedia.de Kaufinteresse signalisiert haben.
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Unchlüssig ist, wenn der Richter mit dem Taschenrechner und den vier Grundrechenarten die Klagehöhe nicht nachrechnen kann
Ein Urteil des Amtsgerichts Hanau mit Klartext: Es geht wieder einmal um die Rückforderung von Provisionsvorschüssen, dem Streitthema Nr. 1 in der Welt der Handelsvertreter. Und es geht um die Verständlichkeit von Provisionsabrechnungen.
Viele Vertriebe haben da ein erhebliches Manko. Viele Abrechnungen stellen sich eher als ein zufälliges Aneinanderreihen von Zahlen dar. Etwas unsachlich beschrieb das Amtsgericht Warendorf eine DVAG-Abrechnung als Abrechnungskauderwelsch (obgleich die DVAG-Abrechnungen diese Bezeichnung sicher nicht verdient haben, weil man doch einige Dinge nachvollziehbar berechnen kann). Provisionsabrechnungen von Swiss Life Select und OVB sind dagegen in sich nicht schlüssig. Ein Mitarbeiter aus der OVB-Verwaltung sagte kürzlich als Zeuge aus. Auch er konnte anhand der Abrechnung nicht einen einzigen Vorgang erklären.
Bereits am 18.2.2011 hatte ein Richter des Amtsgerichts Hanau die Sache auf den Punkt gebracht. Er wies eine Klage einer Bank auf Erstattung von Provisionen unter dem Az 33 C 453/10 (13) kurzerhand ab. Dazu führte er zutreffend aus:
„Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückzahlung auf der Rechtsgrundlage des § 87 a Abs. 3 HGB nicht zu, da die Klägerin die Höhe des Rückforderungsanspruches nicht in nachvollziehbarer und verständlicher Form vorgenommen hat. Im Falle der Geltendmachung eines Rückforderungsanspruchs nach § 87 a Abs. 3 HGB gegenüber dem Handelsvertreter ist es erforderlich jede einzelne Position verständlich und nachvollziehbar darzustellen. Dieser Anforderung ist die Klägerin nicht gerecht geworden.
Dabei war keine am Verfahren beteiligte Person dazu in der Lage, die von der Klägerin jetzt geltend gemachten Beträge hinsichtlich der einzelnen Berechnungsschritte nachzuvollziehen. Solange für eine Person, die die vier Grundrechenarten beherrscht und einen Taschenrechner sachgerecht bedienen kann, eine rechnerische Nachvollziehbarkeit der Beträge von 1.267,97 EUR und von 300,19 € nicht gegeben ist, kann der Klägerin der jetzt noch geltend gemachte Betrag von 1.567,97 € nicht zugesprochen werden.“
02
OLG Hamm: Maklerbetreuer bekommen Ausgleichsanspruch
OLG Hamm 25.10.2012 Az. I-18 U 193/11
Provisionsrente für selbständige Maklerbetreuer im Versicherungsaußendienst?
OBERLANDESGERICHT HAMM
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I-18 U 193/11
Verkündet am
25.10.2012
In dem Rechtsstreit
[…]
hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 12.07.2012
durch […]
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 04.05.2011 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen
des Landgerichts Dortmund – 10 O 221/09 – bezüglich des auf die Erteilung eines Buchauszugs
gerichteten Antrags zu 1. a) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldnerinnen einen Buchauszug über sämtliche Versicherungsverträge
zu erteilen, die ihnen von folgenden Maklern oder Mehrfachgeneralagenten vermittelt worden
sind und nach dem 30.09.2006 zur Abrechnung und Zahlung fällig waren: […] (Agenturnr. 9), […]
(Agenturnr. 46), … .
Der Buchauszug muss für die Sparten Lebens-, Berufungsunfähigkeits- und Rentenversicherungen folgende
Angaben enthalten:
– Name und Anschrift des Versicherungsnehmers,
– Nummer des Versicherungsscheins,
– Art der Versicherung (Risikolebensversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung etc.),
– Datum des Antrags,
– Ausstellungsdatum der Police,
– Versicherungsbeginn,
– Laufzeit,
– Beitrag,
– Zahlungsweise,
– provisionspflichtige Summe (Beitragssumme, Bewertungsfaktoren),
– Fälligkeit der Beiträge,
– Provisionsstufe in % des vermittelnden Maklers oder Mehrfachgeneralagenten,
– Stornohaftungszeit (in Monaten),
– bei Verträgen mit Dynamisierungsklauseln für jede Beitragsanpassung Datum, Umfang und Laufzeit der
Beitragserhöhung, provisionspflichtige Summe, Provisionsstufe in %o des vermittelnden Maklers oder
Mehrfachgeneralagenten,
– bei Stornierungen deren Datum und Gründe.
Für Sachversicherungen muss der Buchauszug folgende Angaben enthalten:
– Sparte (Haftpflicht-, Kraftfahrzeug-, Unfallversicherungen),
– Name und Anschrift des Versicherungsnehmers,
– Nummer des Versicherungsscheins,
– Datum des Antrags,
– Ausstellungsdatum der Police,
– Versicherungsbeginn,
– Jahresprämie (ohne Versicherungssteuer),
– Fälligkeit der Prämie,
– Eingang der Prämie,
– bei Stornierungen deren Datum und Gründe.
Die weitergehende Klage auf Erteilung eines Buchauszugs wird abgewiesen und die Berufung insoweit
zurückgewiesen.
Im Übrigen wird das am 04.05.2011 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Dortmund – 10 O 221/09 – aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung
über den auf Zahlung der sich aus dem Buchauszug ergebenden Provisionen gerichteten
Antrag zu 1. b) an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben; die Entscheidung über die
Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert keine der Parteien mit mehr als 20.000,– EUR.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
Der Kläger begehrt im Wege der Stufenklage die Erteilung eines Buchauszuges und Zahlung der sich
aus dem Buchauszug ergebenden Abschlussbeteiligungsprovisionen zzgl. Zinsen, hilfsweise Zahlung
eines Ausgleichsbetrages gem. § 89b HGB.
Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen
gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, abgewiesen. Es könne offen bleiben, ob der
Kläger überhaupt Handelsvertreter i. S. v. §§ 84 ff. HGB gewesen sei, und ob überhaupt Raum sei für die
Erteilung eines Buchauszuges gem. § 87c Abs. 2 HGB, wenn der Unternehmer keine Provisionsabrechnungen
für den maßgeblichen Zeitraum erteilt habe. Ein entsprechender Anspruch scheide jedenfalls
deshalb aus, da dem Kläger für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses keine Ansprüche
mehr auf Zahlung von Abschlussbeteiligungsprovisionen zustünden. Mit der Beendigung des zwischen
den Parteien geschlossenen Vertrages und der damit verbundenen Einstellung seiner Betreuungstätigkeit
sei die Grundlage für die Zurechnung der zukünftigen Vermittlungserfolge der Makler und Mehrfachgeneralagenten,
dessen Betreuung der Kläger übernommen habe, entfallen. Allein die Tatsache, dass der
Kläger die Agenturverträge und Provisionsvereinbarungen mit den Beklagten vermittelt habe, reiche für
die Zurechnung künftiger Vermittlungserfolge nicht aus. Erforderlich sei vielmehr eine die jeweiligen Vertragsschlüsse
zumindest mittelbar fördernde Tätigkeit, die mit dem Ausscheiden des Klägers aus dem
„Betreuungsverhältnis“ zu den ihm ehemals unterstellten Maklern und Mehrfachgeneralagenten nicht
mehr gegeben sei. Bei den Abschlussbeteiligungsprovisionen, die für die Zeit nach Beendigung des
Vertragsverhältnisses beansprucht würden, handle es sich nicht um sog. Überhangprovisionen für Geschäfte,
die nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen werden. Die Voraussetzungen
des § 87 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HGB lägen nicht vor, da die Versicherungsverträge weder auf vorbereitende
Maßnahmen des Klägers noch auf eine sonstige die Abschlüsse zumindest mittelbar fördernde Tätigkeit
zurückzuführen sei. Auch der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Ausgleichsanspruch aus § 89b HGB
bestehe nicht. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass er, wenn der Vertrag nicht gekündigt worden wäre,
noch Ansprüche auf Zahlung einer Beteiligungsprovision aus den während der Vertragszeit vermittelten
neuen Versicherungsverträgen zu erwarten hätte. Unter Berücksichtigung der Provisionsbestimmungen,
die Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages seien, spreche alles dafür, dass der Kläger
während der Dauer der Vertragszeit für die Vermittlung der neuen Verträge jeweils eine abschließende
Einmalprovision als Abschlussbeteiligungsprovision erhalten habe.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klageziel vollumfänglich weiter. Der Maklerbetreuervertrag
vom 04./09.04.2003 unterliege Handelsvertreterrecht schon deshalb, weil die Parteien dies
selbst durch den Verweis auf §§ 84 ff. HGB bestimmt hätten. Überdies entspreche die Tätigkeit des Klägers
sowohl nach den vertraglichen Vereinbarungen als auch der tatsächlichen Vertragspraxis derjenigen
eines Handelsvertreters i. S. v. § 84 Abs. 1 HGB. Gegenstand eines Handelsvertretervertrages könnten
auch die Vermittlung und der Abschluss von Vertriebsmittlerverträgen sein, z. B. zum Aufbau eines sog.
Strukturvertriebs. Zudem sei die Tätigkeit des Klägers als mitursächlich für den Abschluss der Versicherungsverträge
durch die von ihm angeworbenen Vertriebsmittler anzusehen. Entgegen der Auffassung
des Landgerichts verlange der Kläger gar keine Überhangprovisionen gem. § 87 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
HGB, sondern Provisionen für während der Vertragslaufzeit abgeschlossene Geschäfte gem. § 87 Abs. 1
Satz 1 HGB. Es sei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde zu legen, die an der Zuführung von
Vertriebsvermittlern durch den Kläger anknüpfe. Die Abschlussbeteiligungsprovisionen seien bereits bedingt
durch die Vermittlung der Geschäftsverbindungen zu den Maklern und Mehrfachagenten entstanden
und durch die Kündigung nicht weggefallen. Da vertraglich kein Provisionsverzicht vorgesehen sei,
könne der Kläger so lange Abschlussbeteiligungsprovisionen verlangen, wie die Verträge mit den von
ihm akquirierten Vertriebsvermittlern liefen und daraus zugunsten der Beklagten Versicherungsverträge
generiert würden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien diese Provisionsansprüche nicht von
einer fortlaufenden Betreuung der geworbenen Makler und Mehrfachgeneralagenten abhängig. Weder
dem Wortlaut des Maklerbetreuervertrages vom 04./09.04.2003 noch der zwischen den Parteien „gelebten“
Vertragspraxis lasse sich eine entsprechende Einschränkung entnehmen. Die Provisionen seien
allein aufgrund des Vermittlungserfolges der zugeführten Makler und Mehrfachgeneralagenten unabhängig
davon gezahlt worden, ob und in welchem Umfang der Kläger Betreuungsleistungen erbracht habe.
Jedenfalls gingen Auslegungszweifel zu Lasten der Beklagten, da es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen
handle (§ 305c Abs. 2 BGB). Andernfalls hätten die Beklagten es in der Hand, den Provisionsanspruch
des Klägers dadurch zu vereiteln, dass sie das Vertragsverhältnis kündigten, nachdem der
Kläger ihnen erfolgreich mehrere Vertriebsmittler zugeführt habe, bevor diese ihre Vertriebstätigkeit entfaltet
hätten. Bei einer derartigen Auslegung würden die Provisionsbestimmungen den Kläger unangemessen
benachteiligen und müssten als unwirksam gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verworfen werden.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 04.05.2011 – 10 O 221/09 – aufzuheben und die Beklagten
im Wege der Stufenklage zu verurteilen,
a) ihm einen Buchauszug gem. § 87c Abs. 2 HGB zu erteilen, der Auskunft über alle Geschäfte gibt, die
die ihm von den Beklagten während der Laufzeit seines Vertragsverhältnisses unterstellten Makler und
Mehrfachagenten für die Beklagten vermittelt haben und für die die Abschlussbeteiligungsprovision nach
dem 30.09.2006 zur Abrechnung und Zahlung fällig war, wobei der Buchauszug folgende Punkte enthalten
muss:
(1) für die Sparte Lebens-, Berufungsunfähigkeits- und Rentenversicherungen:
– Name und Anschrift des Versicherungsnehmers,
– Nummer des Versicherungsscheins,
– Art der Versicherung (Risikolebensversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung etc.),
– Datum des Antrags,
– Ausstellungsdatum der Police,
– Versicherungsbeginn,
– Laufzeit,
– Beitrag,
– Zahlungsweise,
– provisionspflichtige Summe (Beitragssumme, Bewertungsfaktoren),
– Fälligkeit der Beiträge,
– Provisionsstufe in %o des vermittelnden Maklers oder Mehrfachgeneralagenten,
– Abschlussbeteiligungsprovisionssatz des Klägers,
– Stornohaftungszeit (in Monaten),
– bei Verträgen mit Dynamisierungsklauseln für jede Beitragsanpassung Datum, Umfang und Laufzeit der
Beitragserhöhung, provisionspflichtige Summe, Provisionsstufe in %o des vermittelnden Maklers oder
Mehrfachgeneralagenten und Abschlussbeteiligungsprovisionssatz des Klägers,
– bei Stornierungen deren Datum und Gründe, das Datum der Stornogefahrmitteilung an den vermittelnden
Makler oder Mehrfachgeneralagenten und die ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen (Kundenbesuch
bzw. Kundengespräch mit Datum und Ergebnis),
(2) für Sachversicherungen:
– Sparte (Haftpflicht-, Kraftfahrzeug-, Unfallversicherungen),
– Name und Anschrift des Versicherungsnehmers,
– Nummer des Versicherungsscheins,
– Datum des Antrags,
– Ausstellungsdatum der Police,
– Versicherungsbeginn,
– Jahresprämie (ohne Versicherungssteuer),
– Fälligkeit der Prämie,
– Eingang der Prämie,
– Abschlussbeteiligungsprovisionssatz des Klägers,
– bei Stornierungen deren Datum und Gründe, das Datum der Stornogefahrmitteilung an den vermittelnden
Makler oder Mehrfachgeneralagenten und die ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen (Kundenbesuch
bzw. Kundengespräch mit Datum und Ergebnis).
b) und ihm die sich aus dem Buchauszug ergebenden, noch zu beziffernden Abschlussbeteiligungsprovisionen
zzgl. 5 % Zinsen seit Fälligkeit und Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 19.12.2009 zu zahlen,
2. hilfsweise das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 04.05.2011 –
10 O 221/09 – aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, ihm einen Ausgleichsanspruch aus § 89b
HGB in Höhe von 87.291,36 EUR zzgl. 5 % Zinsen vom 01.10.2006 bis zum 16.11.2009 und Verzugszinsen
in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2009 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sind der Ansicht, die Tätigkeit des Klägers unterliege nicht dem Handelsvertreterrecht, soweit sie die
Betreuung von Maklern und Mehrfachgeneralagenten betroffen habe, da sie nicht auf den Abschluss von
Versicherungsverträgen, sondern allein auf die Betreuung von Vertragspartnern der Beklagten ausgerichtet
sei. Sie sei auch nicht mit der Tätigkeit eines Generalvertreters gleichzusetzen, da der Kläger keinerlei
Kontroll- und Aufsichtsbefugnisse über die von ihm betreuten Makler und Mehrfachagenten ausgeübt
habe. Dabei habe es sich nicht um echte oder unechte Untervertreter gehandelt, sondern um selbständige
Handelsmakler i. S. v. § 93 HGB. Jedenfalls könne die Anwerbung und Betreuung von Maklern und
Mehrfachgeneralagenten nicht Anknüpfungspunkt für Provisionsansprüche eines Handelsvertreters gem.
§§ 87 ff. HGB sein. Provisionspflichtig könnten nur Vertragsbeziehungen zwischen dem Unternehmer und
dem Kunden, nicht aber Courtagezusagen oder Agenturverträge mit Maklern und Agenten sein. Schließlich
stünden dem Kläger nach der Vertragsbeendigung keine Provisionsansprüche mehr zu, da er aus
der Betriebsstruktur der Beklagten ausgeschieden und eine Betreuung der dem Kläger unterstellten Makler
und Mehrfachgeneralagenten nicht mehr möglich sei. Diese laufende Betreuung und nicht die Akquise
neuer Vermittler sei die wesentliche, nach dem Maklerbetreuervertrag vom 04./09.04.2003 geschuldete
Leistung, die auch in der tatsächlich „gelebten“ Umsetzung des Vertrages im Vordergrund gestanden
habe. Der Kläger habe als „Maklerbetreuer“ die Funktion des früheren „Orgaleiters“ übernommen, dessen
Kernaufgabe die Unterweisung und Betreuung der ihm unterstellten Vermittler gewesen sei und der daher
auch nur bis zur Beendigung seiner Tätigkeit vergütet wurde, solange er diese Leistung noch erbringen
konnte. Die Tätigkeit des Klägers unterscheide sich davon lediglich dadurch, dass er den ihm zugeordneten
Vermittlern gegenüber nicht weisungsbefugt sei, woraus indes eine Rechtfertigung für eine
unterschiedliche Vergütung nicht herzuleiten sei. Dass auch bei den „Maklerbetreuern“ die Betreuungstätigkeit
das einzige Vergütungskriterium sei, zeigten die Provisionsbestimmungen, die nicht zwischen den
Vermittlern unterschieden, die der Kläger angeworben habe, und jenen, die ihm bereits zu Beginn seiner
Tätigkeit für die Beklagten zugeordnet gewesen seien. Wenn überhaupt, dann könne der Kläger den
Buchauszug nur für die von ihm zugeführten Makler und Mehrfachgeneralagenten verlangen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll zur.
mündlichen Verhandlung vom 12.07.2012 einschließlich des Berichterstattervermerks Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520
ZPO), und teilweise auch begründet.
1. Der Kläger hat Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges für die von ihm akquirierten Makler und
Mehrfachgeneralagenten aus § 87c Abs. 2 HGB.
a) Der Kläger ist Handelsvertreter i. S. v. § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB. Er ist aufgrund des Maklerbetreuervertrages
vom 04./09.04.2003 als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut gewesen, für die
Beklagten Geschäfte zu vermitteln, nämlich „Verbindungen zu geeigneten Maklern und Mehrfachgeneralagenten
mit dem Ziel herzustellen, dass diese in vertragliche Beziehungen zu den VB-Unternehmen [den
Beklagten] treten und für die VB-Unternehmen Versicherungen vermitteln“ (Ziff. II. Abs. 1 S. 1 des Vertrages).
Gegenstand eines Handelsvertretervertrages kann auch die Vermittlung von Dienstleistungen sein
(MüKoHGB- von Hoyningen-Huene, 3. Aufl. 2008, § 84 Rn. 61; Küstner/Thume-Schürr, Handbuch des
gesamten Vertriebsrechts, Bd. 1, 4. Aufl. 2012, Kap. I Rn. 38). Die vom Kläger i. S. v. §§ 84 Abs. 1 Satz 1,
86 Abs. 1 HGB vermittelten Geschäfte sind die Rechtsbeziehungen, die die Beklagten mit den vom Kläger
akquirierten Maklern und Mehrfachgeneralagenten eingegangen sind. Der Vertreter der Beklagten hat
in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erläutert, dass durch das Modell des Maklerbetreuers der
klassische „Orgaleiter“ abgelöst worden sei, der selbst noch in nennenswertem Umfang operativ im
Rahmen der Vertragsvermittlung tätig geworden sei. Die vom Maklerbetreuer .angeworbenen Vermittler
würden auf ihre Eignung geprüft und im Erfolgsfall im System der Beklagten registriert und mit einer
Agenturnummer geführt, wenn auch die Makler im Gegensatz zu den Mehrfachgeneralagenten anschließend
dem Einfluss der Beklagten weitgehend entzogen seien. Dies macht deutlich, dass durch die Vermittlungstätigkeit
des Klägers entweder bereits Maklerverträge i. S. v. § 652 BGB bzw. § 93 HGB oder
zumindest rahmenvertragliche Rechtsbeziehungen zwischen den Maklern und Mehrfachgeneralagenten
auf der einen und den Beklagten auf der anderen Seite zustande gekommen sind, die wiederum im Einzelfall
Grundlage für den späteren Abschluss von Versicherungsmakler- bzw. Versicherungsvertreterverträgen
geworden sind.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass das bloße Schaffen von Geschäftsbeziehungen, Kontaktpflege und
Kundenbetreuung ohne Vermittlung von Einzelgeschäften nicht die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1
Satz 1 HGB erfüllt, sondern nur dem Dienstvertragsrecht unterfällt (Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012,
§ 84 Rn. 23; BGH, Urt. 19.05.1982 – 1 ZR 68/80 – NJW 1983, 42, unter II. 2.). Der Kläger leitet seine Provisionsansprüche
nicht unter dem Gesichtspunkt der Mitverursachung mittelbar aus den Vertragsabschlüssen
her, die die ihm zugeordneten Vermittler erzielt haben, sondern unmittelbar aus der vertraglichen
Beziehung der Beklagten zu den Maklern und Mehrfachgeneralagenten, die er angeworben hat.
Deren Geschäftsabschlüsse sind nicht für das Entstehen des Provisionsanspruchs von Belang, sondern
nach den Provisionsbestimmungen der Beklagten lediglich für die Höhe der Abschlussbeteiligungsprovisionen
maßgeblich.
Von einem entsprechenden Verständnis sind die Parteien bei Abschluss des Handelsvertretervertrages
vom 04./09.04.2003 auch ausgegangen. Dies ergibt sich bereits aus dem Titel des Vertrages „für selbständige
Maklerbetreuer“ und der ausdrücklichen Bezugnahme auf die §§ 84 ff. HGB in der Präambel
unter Ziff. I. des Vertrages, die erkennbar der Klarstellung der rechtlichen Grundlagen der rechtlichen
Beziehungen der Parteien diente und nicht – wie die Beklagte meint – lediglich der Abgrenzung zu einer
abhängigen Beschäftigung als Arbeitnehmer oder eine Tätigkeit mit Weisungsbefugnis gegenüber den
Vermittlern wie der frühere „Orgaleiter“. Die Bezeichnung als „Maklerbetreuer“ und die Beschreibung der
weiteren Leistungspflicht in Ziff. II Abs. 1 S. 2 des Vertrages, wonach der Kläger „darüber hinaus […] die
laufende Betreuung der durch seine Mitwirkung […] tätig gewordenen Makler und Mehrfachgeneralagenten“
schuldete, sowie die Formulierung in den Provisionsbestimmungen, dass die Abschlussbeteiligungsprovisionen
„für alle durch Vermittler der ihm unterstellten Organisation vermittelten Versicherungen“
gezahlt werden, stehen der Anwendbarkeit des Handelsvertreterrechts nicht entgegen, sondern
belegen nur, dass die Tätigkeit des Klägers mit den Elementen der Akquise und Betreuung bifunktional
ausgestaltet war. Allein der Aspekt der Zuführung neuer Vermittler unterfällt jedenfalls dem Regime der §§
84 ff. HGB, ohne dass es darauf ankommt, worauf nach der vertraglichen Konzeption oder der „gelebten“
Vertragspraxis der tatsächliche Tätigkeitsschwerpunkt gelegen hat.
b) Für die Zuführung neuer Vermittler während der Vertragslaufzeit kann der Kläger auch nach Beendigung
des Vertragsverhältnisses zum 30.09.2006 gem. §§ 87 Abs. 1 Satz 1, 87a Abs. 1 Satz 1 HGB weiterhin
Provisionen verlangen.
Die Zuführung der Makler und Mehrfachgeneralagenten ist ein während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenes
Geschäft i. S. v. § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB, das auf die Tätigkeit des Klägers zurückzuführen
ist. Die vertragliche Beziehung der Vermittler mit den Beklagten ist während des Bestehens des Handelsvertreterverhältnisses
zustande gekommen, und zwar unabhängig davon, wann die Versicherungsverträge
zustande kommen, die von den Maklern oder Mehrfachgeneralagenten nachgewiesen oder vermittelt
werden. Demnach kann der Kläger für die Akquise eines jeden Vermittlers Provision verlangen, auch
wenn und soweit dieser erst nach seinem Ausscheiden zum 30.09.2006 die Produkte der Beklagten vermarktet
hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt es daher auch nicht auf die Voraussetzungen
des § 87 Abs. 3 HGB an. Das provisionspflichtige Geschäft ist bereits die Herstellung der Verbindung
zwischen den Vermittlern und den Beklagten; daher handelt es sich nicht um Überhangprovisionen,
die für nach Vertragsbeendigung abgeschlossene Geschäfte zu gewähren sind. Durch die von den Vermittlern
erzielten Abschlüsse, die auch nach Vertragsbeendigung stattfinden können, bemisst sich lediglich
die Höhe der vom Kläger bereits während der Vertragslaufzeit verdienten Provision für die Zuführung
des jeweiligen Vermittlers. Dies hat zwar zur Folge, dass der Kläger ohne zeitliche Begrenzung Provisionen
verdient, solange die von ihm angeworbenen Makler und Mehrfachgeneralagenten für die Beklagten
tätig sind. Aus diesem Umstand ergibt sich jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten schon deshalb
kein Gesichtspunkt, der gegen die Zuerkennung des Provisionsanspruchs spricht, da in dem Handelsvertretervertrag
gerade keine zeitliche Beschränkung der nach Vertragsbeendigung zu zahlenden
Provisionen vereinbart worden ist. Den Parteien hätte es frei gestanden, in die Provisionsbestimmungen
auf diesen Fall ausgerichtete Vergütungsregelungen aufzunehmen oder eine in den Grenzen der § 87a
Abs. 5 HGB zulässige Provisionsverzichtsklausel zu vereinbaren, wie dies gerade im Versicherungsgewerbe
verbreitet und üblich ist (vgl. Graf von Westphalen, Provisionsverzichtsklauseln im Spannungsverhältnis
zum Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters, DB 2003, 2319 ff.).
Dass der Kläger nach dem Maklerbetreuungsvertrag vom 04./09.04.2003 auch zur Betreuung der ihm
unterstellten Vermittler verpflichtet war, die nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht mehr möglich
und geschuldet ist, steht entgegen der Auffassung des Landgerichts den Provisionsansprüchen nicht
dem Grunde nach entgegen, sondern wirkt sich (allenfalls) auf ihre Höhe aus. Die Frage, ob die dem
Kläger zustehenden Abschlussbeteiligungsprovisionen unter dem Aspekt des Wegfalls der Betreuungspflicht
um einen Verwaltungsanteil zu kürzen sind, betrifft allein die zweite Stufe der Klage, über die nach
Erteilung des Buchauszuges zunächst das Landgericht zu verhandeln und entscheiden hat.
c) Demnach kann der Kläger gem. § 87c Abs. 2 HGB die Erteilung eines Buchauszuges für sämtliche
Geschäfte verlangen, die die von ihm während der Vertragslaufzeit angeworbenen Makler und Mehrfachgeneralagenten
vermittelt haben.
aa) Er muss sich nicht – wie das Landgericht erwogen hat – auf einen Anspruch auf Abrechnung aus §
87c Abs. 1 HGB verweisen lassen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats und der herrschenden
Meinung im Schrifttum ist zwar eine vorherige Abrechnung Voraussetzung für die Erteilung des Buchauszugs,
die jedoch als gegeben anzusehen ist, wenn der Unternehmer erklärt, die zu erstellende Abrechnung
ergebe für den fraglichen Zeitraum keine Provisionsansprüche zugunsten des Handelsvertreters
und dieser diese Mitteilung als Provisionsabrechnung hinnimmt (Senat, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/07 –
BeckRS 2010, 02540, unter IV. 1., Rn. 106; Baumbach/Hopt, a.a.O., § 87c Rn. 18; Löwisch, a.a.O., § 87c
Rn. 67; Kästner/ Thume- Riemer, a.a.O., Kap. VI Rn. 103 m.w.N.). Nicht anders ist der vorliegende Fall zu
beurteilen, in dem die Beklagten in Abrede gestellt haben, dass dem Kläger für die Zeit nach Vertragsbeendigung
überhaupt noch Provisionsansprüche zustehen und im Hinblick darauf keine Abrechnung erteilt
haben.
bb) Dem Umfang nach ist der mit dem Klageantrag zu 1. a) geltend gemachte Auskunftsanspruch im
Wesentlichen begründet.
In den Buchauszug sind sämtliche Angaben aufzunehmen, die sich aus den verfügbaren schriftlichen
Unterlagen über die fraglichen Geschäfte ergeben und nach der getroffenen Provisionsvereinbarung für
die Berechnung der Provision von Bedeutung sein können (BGH, Urt. v. 21.03.2001 – VIII ZR 149/99 –
NJW 2001, 2333, 2334, Baumbach/Hopt, a.a.O., § 87a Rn. 15; Löwisch, a.a.O., § 87a Rn. 68, jew.
m.w.N.). Demnach kann der Kläger insbesondere sämtliche Details über die Versicherungsverträge verlangen,
die die von ihm akquirierten Vermittler abgeschlossen haben, die nach den Provisionsbestimmungen
der Beklagten für die Berechnung der Abschlussbeteiligungsprovisionen maßgeblich sind, namentlich
um welche Art von Versicherungsvertrag es sich handelt (Lebens- oder Sachversicherung), mit
welcher Beitragssumme und Laufzeit der Vertrag geschlossen worden ist und in welche Provisionsstufe
der vermittelnde Makler oder Mehrfachgeneralagent eingruppiert ist, da die Höhe der Abschlussbeteiligungsprovisionen
auch von dem Provisionssatz abhängig ist, der dem Vermittler gegenüber den Beklagten
vertraglich zusteht.
Nicht in den Buchauszug aufzunehmen ist dagegen der Provisionssatz; ihn muss der Vertreter anhand
der übrigen Angaben selbst errechnen (Baumbach/Hopt, a.a.O., § 87c Rn. 15). Insoweit war daher nicht
nach dem Klageantrag zu erkennen.
Zudem vermag der Senat eine rechtliche Grundlage für die Mitteilung der Stornogefahrmitteilungen und
Bestandserhaltungsmaßnahmen nicht zu erkennen. Während ein Versicherungsvertreter durch die Stornogefahrmitteilung
Gelegenheit zur Nachbearbeitung notleidender Verträge erhält, um trotz der Stornierung
noch eine Provision ins Verdienen zu bringen (vgl. Baumbach/Hopt, a.a.O., § 87a Rn. 27 m.w.N.), ist
die Situation bei (Versicherungs-) Maklern i. S. v. § 93 HGB grundlegend anders, deren Provisionsansprüche
von der nachträglichen Stornierung des Hauptvertrages nicht berührt werden. Dass für die dem
Kläger zustehenden Abschlussbeteiligungsprovisionen, die sich aus den Geschäftsabschlüssen der ihm
zugeordneten Vermittler ergeben, etwas anderes gilt, ergibt sich weder aus den Provisionsbestimmungen
des Vertrages vom 04./09.04.2003 noch aus dem sonstigen Vorbringen des Klägers.
2. Die auf Erteilung eines weitergehenden Buchauszugs gerichtete Berufung war dagegen als unbegründet
zurückzuweisen. Über die von den übrigen Vermittlern geschlossenen Geschäfte, die der Kläger bereits
bei Begründung des Handelsvertreterverhältnisses vorgefunden hat und deren Betreuung ihm oblag,
kann der Kläger keinen Buchauszug gem. § 87c Abs. 2 HGB verlangen, da in Bezug auf diese nach
Vertragsbeendigung keine Provisionsansprüche mehr in Betracht kommen.
Die Makler und Mehrfachgeneralagenten, die der Kläger nicht selbst angeworben hat, die ihm aber
gleichwohl in der Betriebsstruktur der Beklagten zugeordnet waren, hatte er nach dem Maklerbetreuervertrag
vom 04./09.04.2003 lediglich zu betreuen. Damit schuldete er den Beklagten nur eine Dienstleistung
i. S. v. §§ 611 Abs. 2, 675 Abs. 1 BGB und hat ihnen kein provisionspflichtiges Geschäft i. S. v. §§ 87
Abs. 1 Satz 1, 87a Abs. 1 Satz 1 HGB vermittelt. Für die Betreuung ohne gleichzeitige Zuführung kann
der Kläger gem. §§ 611 Abs. 1, 614 BGB Vergütung nur bis zum Wirksamwerden der Kündigung vom
01.06.2006, also nicht mehr für die Zeit nach dem 30.09.2006 verlangen. Dies gilt unabhängig davon, ob
und in welchem Umfang die Tätigkeit des Klägers bei den Vermittlern zu einer Umsatzsteigerung geführt
hat. Dieser Gesichtspunkt mag es – wie der Kläger meint – im Einzelfall gerechtfertigt erscheinen lassen,
von einer Intensivierung i. S. v. § 89b Abs. 1 Satz 2 HGB auszugehen; dies ist jedoch nur für den Umfang
des Ausgleichsanspruchs aus § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB von Belang und führt nicht zur Begründung von
Provisionsansprüchen gem. §§ 87, 87a HGB. Den Ausgleichsanspruch aus § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB hat
der Kläger jedoch nur hilfsweise geltend gemacht, und über den Hilfsantrag hatte der Senat nicht zu
entscheiden, nachdem bereits dem Hauptantrag (teilweise) stattzugeben war.
3. Demnach waren .die Beklagten, die für die Erteilung des Buchauszuges gem. § 421 BGB gesamtschuldnerisch
haften, auf der ersten Auskunftsstufe der Klage nach § 254 ZPO zu verurteilen. Insoweit
war das Urteil des Landgerichts abzuändern und im Übrigen aufzuheben und der Rechtsstreit im Umfang
der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung in entsprechender Anwendung von § 538
Abs. 2 Nr. 4, 2. Alt. ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen (vgl. BGH, Urt. v. 22.05.1981 – I ZR 34/79
– NJW 1982, 235, 236, unter II. 4., juris, Rn. 50); Urt. v. 03.05.2006 – VIII ZR 168/05 – NJW 2006, 2626,
2627, Rn. 13 ff.; Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 254 Rn. 13; § 538 Rn. 48).
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 11,
713 ZPO.
Im Rahmen der Kostenentscheidung ist der Senat – ausgehend von der Gegenüberstellung der vom
Kläger neu akquirierten mit den seiner Ansicht nach i. S. v. § 89b Abs. 1 Satz 2 HGB intensivierten Vermittlern
in der Anlage K 9 zum Schriftsatz vom 24.09.2010 – davon ausgegangen, dass die auf die vom
Kläger zugeführten Vermittler entfallenden Umsätze mit dem von ihm übernornmenen Bestand quantitativ
in etwa gleichwertig sind.
Gründe für die Zulassung der Revision vermochte der Senat nicht zu erkennen. Die Sache hat weder
grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des
Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 543 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1,
Nr. 2 ZPO). Sie betrifft durch die Ausgestaltung in dem Maklerbetreuervertrag vom 04./09.042003 einen
besonders gelagerten Einzelfall und gibt keinen Anlass, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen
des materiellen Rechts oder des Prozessrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen.
Weder die angefochtene Entscheidung des Landgerichts noch die Rechtsauffassung des Senats
weichen von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.
02
„Als Maklerbetreuer steht ihm kein Handelsvertreterausgleich zu“, hörte ich kürzlich eine freundliche Stimme am Telefon. Schließlich steht einem Makler ja auch solch ein Anspruch nicht zu.
Liebe Frau am Telefon: So einfach ist das nicht. Schließlich steht im Vertrag eingangs groß und deutlich: Unser Maklerbetreuer ist ein Handelsvertreter iSd §§ 84 Abs. 1 ff, 92 HGB. Und deshalb stehen ihm auch die Ansprüche eines Handelsvertreters zu.
Höchstrichterlich entschieden ist, dass auch ein Vertreter, der quasi nur noch Leitungsfunktionen ausübt, Handelsvertreter sei und grundsätzlich Anspruch auf Ausgleich gemäß § 89 b HGB haben kann (BGH, Urteil vom 22.06.1972): Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise erfülle auch eine solche Tätigkeit den Begriff der „Vermittlung von Geschäften“, denn sie sei mitursächlich für die vom Abschlussvertreter vermittelten Abschlüsse. Eine persönliche Mitwirkung des Vertreters bei der einzelnen Vermittlung durch den Abschlussvertreter sei hingegen nicht notwendig.
Konsequent hat der BGH des Weiteren bereits entschieden, dass Verluste an Superprovisionen infolge der Vertragsbeendigung grundsätzlich ausgleichsfähig sind. Ihre Berücksichtigung scheitert jedenfalls nicht daran, dass der Vertreter die ihm zugeordneten Abschlussvermittler lediglich anleitet und berät (BGH Urteil vom 06.07.1972).
Das LG Gießen sah dies ähnlich. gemäß Urteil vom 21.6.2007 unter dem Az. 8 O 75/01 vertritt es die Auffassung, dass für den Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters berücksichtigungsfähig seien solche Vergütungen, die sich als Entgelt für die werbende Tätigkeit des Vertreters darstellen. Nicht ausgleichspflichtig seien Entgelte, die nicht für die Schaffung eines Kundenstammes gezahlt werden, sondern beispielsweise für verwaltende Tätigkeiten, wie zum Beispiel die so genannte Bestandspflege. Ausgleichspflichtig seien somit auch Vergütungen, die sich als Beteiligung eines Hauptvertreters am Vermittlungserfolg des ihm unterstellten Untervertreters darstellen.
Ob eine erfolgsbezogene Superprovision vorliegt, müsse notfalls ausgelegt werden. Dafür spreche
– dass die Höhe der Vergütung orientiert sei an der Provision, die für die Vermittlung eines Versicherungsvertrages durch einen unterstellten Mitarbeiter gezahlt werde,
– dass nach dem Vertrag die „Leistungsvergütung“ dem übergeordneten Mitarbeiter auch dann verbleibe, wenn derjenige Mitarbeiter, der den Vertrag vermittelt hat, ausgeschieden sei, und
– dass nach den weiteren vertraglichen Bestimmungen der Anspruch auf die Leistungsvergütung entfalle, wenn die Führungskraft nicht mehr ihre Verpflichtung zur Aus- und Weiterbildung der unteren Stufen wahrnehme.
Auch das OLG Hamm hatte in einer sehr ähnlichen Entscheidung zugunsten des Maklerbetreuers entschieden und ihm den Anspruch auf einen Buchauszug zugesprochen.
Man sieht: Der Maklerbetreuer hat umfassende Ansprüche.