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Gem § 35 GewO kann einem Gewerbetreibenden die Zulassung bei Unzuverlässigkeit entzogen werden. Wann jemand unzuverlässig ist, verrät das Gesetz nur grob. Es bleibt eine Einzelfallentscheidung. Das Verwaltungsgericht Augsburg hatte intensiv einen Fall beschrieben, wonach sich ein Gewerbetreibender gleich mehrmals strafbar gemacht hat und dies dann zu der Entziehung führte. Es argumentierte wie folgt:
„Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO) die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen sei, wenn Tatsachen vorlägen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich sei. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sei unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür biete, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß führen werde. Zu einem ordnungsgemäßen Betrieb eines Lebensmittelbetriebes gehöre insbesondere die Einhaltung arzneimittelrechtlicher Vorschriften. Unzuverlässigkeit sei dann anzunehmen, wenn der Gewerbetreibende zu Störungen der Rechtsordnung neige oder wenn ihm der erforderliche Halt fehle, um Versuchungen zur Verletzung der Rechtsordnung zu widerstehen. Die Annahme der Unzuverlässigkeit des Klägers ergebe sich aus dem Verhalten, welches zu der strafrechtlichen Würdigung des Amtsgerichtes … vom 4. Juli 2012 geführt habe. Die zuletzt verübte Straftat zeige deutlich auf, dass der Kläger offenbar nicht gewillt bzw. nicht in der Lage sei, sich an die bestehende Rechtsordnung zu halten, auch wenn die zuvor begangenen Straftaten bereits einen erheblichen Zeitraum zuvor begangen worden seien. Bei der Beurteilung der Unzuverlässigkeit komme erschwerend hinzu, dass die begangene Straftat in Ausübung eines Gewerbes stattgefunden habe. Trotz Kenntnis, dass es sich bei dem vertriebenen Produkt um ein bedenkliches Arzneimittel gehandelt habe, sei dieses vom Kläger über sieben Wochen hinweg weiter verkauft worden. Das vertriebene Produkt sei laut Feststellungen des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit geeignet gewesen, Schäden beim Verbraucher auszulösen. Daher gebiete das Schutzinteresse der Allgemeinheit im vorliegenden Fall eine Gewerbeuntersagung. Es könne aufgrund des bisherigen Verhaltens des Klägers nicht ausgeschlossen werden, dass besonders wichtige Rechtsgüter der Allgemeinheit gefährdet würden. Das zuletzt gezeigte Verhalten mache deutlich, dass der Kläger das Vertrauensverhältnis zu seinen Kunden ausnutze, indem er diesen ein bedenkliches Arzneimittel verkaufe. Abgerundet werde das Gesamtbild des Klägers dadurch, dass er erheblich vorbestraft sei. Von der Möglichkeit der Ausdehnung der Untersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO auf alle weiteren Gewerbe, werde Gebrauch gemacht. Das Verhalten des Klägers als Einzelgewerbetreibender habe gezeigt, dass er über eine erhebliche kriminelle Energie und gesteigertes Gewinnstreben verfüge. Weiter könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger auf die Ausübung anderer Gewerbe ausweiche. Besondere Umstände, die dies ausschließen würden, seien nicht erkennbar.
Im Rahmen der Entscheidung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO sei das Landratsamt … nach pflichtgemäßer Ermessensausübung zu dem Ergebnis gelangt, dass den schutzwürdigen Belangen der Allgemeinheit – vorrangig des Verbraucherschutzes und der menschlichen Gesundheit – nur durch eine Untersagung in dem zuvor bezeichneten Umfang Rechnung getragen werden könne. Ein milderes Mittel scheide aus. Das Interesse des Klägers als Gewerbetreibender müsse hinter den Schutzbedürfnis der Allgemeinheit zurücktreten.“
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Ein interessanter Beitrag in der Rechtslupe beschäftigt sich mit einem neuen BGH-Urteil vom 12.5.2016 unter dem Az. IX ZR 241/14, wonach abermals bestätigt wird, dass ein Rechtsanwalt nicht als Handelsvertreter arbeiten darf.
Das kann sogar notfalls zur Entziehung der Zulassung führen.
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Buchauszug verjährt erst nach Korrekturabrechnung
„Bei Geschäften, für die später eine Korrekturabrechnung erteilt wird, ist für den Beginn der Verjährung in entsprechender Anwendung des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB der Zeitpunkt der Korrekturabrechnung maßgeblich“ entschied das Oberlandesgericht Oldenburg am 12.7.2011 unter dem Az. 13 U 16/11 .
Wenn zunächst der Vorschuss abgerechnet wird, die Provisionsansprüche gem. § 92 Abs.4 HGB ratierlich entstehen, erfolgt am Ende der Haftungszeit eine Abrechnung über die verdienten Provisionen. Die dreijährige Verjährung auf einen Buchauszug beginnt evtl. erst dann zu laufen.
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Das Oberlandesgericht München wies eine Klage zurück, die darauf gerichtet war, Ansprüche wegen eines ehemals vorbestraften Vermögensberater gegen die DVAG geltend zu machen.
Die Parallelgeschichte:
Am 11. 07.2013 urteilte der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen III ZR 31/12, dass die Deutsche Vermögensberatung für einen Vermögensberater hafte, der zuvor zu einer 2jährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Betrug (Urteil vom 25.08.1993) verurteilt wurde. Dieser Vermögensberater firmierte unter der Bezeichnung „Deutsche Vermögensberatung – G.F.“. Er vermittelte einen Anlagevertrag und nahm das Geld bar entgegen. Dieses kam jedoch nicht bei dem Empfänger an. Der Vermögensberater steckte das Geld selbst ein. Die DVAG müsse nach Ansicht des Bundesgerichtshofs dafür haften, weil es ein sog. Vertragsanbahnungsverhältnis gegeben hat. Dieses sei mit dem Betreten der Büroräume zu Stande gekommen.
Es obliege dann zum Schutz der Rechtsgüter der Kunden die vorvertragliche Pflicht, nur solche Handelsvertreter mit der Vermittlung von Anlageverträgen zu betrauen, von deren Zuverlässigkeit sie sich auf der Grundlage eines polizeilichen Führungszeugnisses überzeugt hatten. Ein solches Führungszeugnis wurde nicht eingeholt. Eine Haftung hatte der Bundesgerichtshof deshalb grundsätzlich ausgeurteilt.
Sodann hatte der Bundesgerichtshof diese Streitsache an das Oberlandesgericht München zurückgegeben. Von dort wurde ein Schadensersatz ausgeurteilt.
In einem Parallelverfahren musste das Oberlandesgericht München am 04.04.2011 erneut über die Hintergründe dieses Vermögensberaters entscheiden. In diesem Fall wurde die Klage jedoch abgewiesen. Der Vermögensberater selbst konnte nicht herangezogen werden – er verstarb im Jahr 1998. Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung für diesen Vermögensberater am 25.08.1993 wurde im Bundeszentralregister eingetragen. Nach den gesetzlichen Fristen müsste die Verurteilung bis zum August 2000 im Führungszeugnis eingetragen gewesen sein. Deshalb hatte das Oberlandesgericht München in diesem Verfahren entschieden, dass die vorvertragliche Verpflichtung entfalle. In dem weiteren Verfahren vor dem Oberlandesgericht München datierten die Verträge jedoch aus dem Jahr 2005, 2006 und 2007, während entsprechende Barübergaben bereits 2004 hätten erfolgt sein müssen. Dies sei aber zu einer Zeit, als die Eintragung im Führungszeugnis schon nicht mehr bestand und deshalb auch eine Aufklärungspflicht nicht mehr gegeben sei.
„Alle relevanten Zeitpunkte liegen lange nach dem August 2000 und damit lange nach dem Zeitraum, in dem eine vorvertragliche Verpflichtung der Beklagten bestand, die Kläger auf die einschlägige Vorstrafe des Herrn …. wegen eines Vermögensdeliktes hinzuweisen bzw. darauf, dass nicht geprüft worden war, ob Herr …. entsprechend vorbestraft ist“.
Wer einmal vorbestraft ist, ist eben nicht immer vorbestraft.
Oberlandesgericht München, Aktenzeichen 21 U 294/11, Entscheidung vom 04.04.2011
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Das Versorgungswerk der Deutsche Vermögensberatung DVAG ist Thema eines Rechtsstreits zwischen einem Vermögensberater und der AachenMünchener. Die DVAG hatte den Versorgungsvertrag gekündigt. Dies geschah, nachdem ein Aufhebungsvertrag unterschrieben war. Die Parteien streiten sich darum, ob der Aufhebungsvertrag wirksam zustande kam.
Der seit Jahren inaktive Vermögensberater verlangt vor Gericht die Feststellung, dass der Vertrag mit der AachenMünchener ungekündigt wäre und bis heute fortbesteht.
Vor dem Landgericht Aachen hatte der Vermögensberater keinen Erfolg. Unabhängig vom Aufhebungsvertrag hätte die DVAG das Versorgungswerk kündigen dürfen. Schließlich habe ja der Versicherungsschein vorgelegen. Außerdem seien ja sie Ansprüche aus dem Versorgungswerk bis zum 60. Lebensjahr an die DVAG abgetreten.
Gegen die Entscheidung legte der Vermögensberater Berufung ein. Er begründete dies mit den Hintergründen des Aufhebungsvertrages und einem sittenwidrigen Verhalten ihm gegenüber. Schließlich war er bereits schwer erkrankt, als er zur Unterschrift gebracht wurde.
In der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Köln bekam der Fall dann eine ganz neue Entwicklung. Da der Versicherungsvertrag zwischen AachenMünchener und dem Vermögensberater auf die Regelungen über das Versorgungswerk (Vertrag zwischen Vermögensberater und DVAG) Bezug nimmt, müsse sich die AachenMünchener wohl den Inhalt aus dem Versorgungswerkvertrag zurechnen lassen.
Dort jedoch ist – nach Auslegung des Vertrages – geregelt, ob und wann das Versorgungswerk gekündigt werden kann. Wäre der -streitige – Vortrag des Vermögensberaters zutreffend, käme man dann zu dem Ergebnis, dass die Kündigung des Versorgungswerkes unwirksam ist.
Hätte die AachenMünchener dann noch über die Hintergründe des umstrittenen Aufhebungsvertrages Bescheid gewusst, käme es auch nicht mehr darauf an, wo sich der Versicherungsschein befunden hat. Mit dieser Rechtsansicht war der Vermögensberater zufrieden. Schließlich habe er, wie er sagt, die AachenMünchner rechtzeitig vor der Kündigung über die Hintergründe informieren lassen. Im weiteren wird eine Beweisaufnahme erwartet.
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Es regnet und regnet. Bei dem Wetter kann man sich ja mal Gedanken machen. ob alles gut versichert ist.
Ach übrigens:
Im Bereich der Elementarversicherung gibt es viele Fehlinformationen. Elementarschäden sind Schäden durch Sturm, Hagel, Überschwemmung, aber auch Erdbeben, Lawinen und Vulkanausbrüche.
Was zahlt welche Versicherung, wenn es zur Überschwemmung kommt?
Gebäudeversicherung mit Zusatz Elementarschaden:
Die Versicherung zahlt hier in der Regel ausschließlich Beschädigungen bzw. die Reparatur an der Immobilie.
Teilweise wird der Mietausfall ersetzt, wenn ein Mieter, der in der versicherten Immobilie wohnt, wegen Unbewohnbarkeit die Miete kürzt. Macht ein Mieter weitere Ansprüche wegen Unbewohnbarkeit durch Überschwemmung geltend (Hotelkosten, durch Wasser beschädigte Einrichtungsgegenstände), zahlt die Gebäudeversicherung wohl nicht. Bewegliche Sachen des Eigentümers oder des Mieters werden durch die Gebäudeversicherung mit Zusatz Elementarschaden nicht abgedeckt.
Hier sind für den Hauseigentümer trotz Versicherung erhebliche Gefahren vorhanden. Er haftet zwar bei Schäden an den Sachen des Mieters nur bei Verschulden. In Anbetracht der häufigen Überschwemmungen könnte der Vorwurf, nicht genügend Sicherungsmaßnahmen geschaffen zu haben, schnell gemacht werden.
Will der Mieter sein persönliches Hab und Gut gegen Überschwemmung sichern, muss er dies im Rahmen der Hausratversicherung mit Elementarschaden tun.
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Ein Mitarbeiter eines großen Strukturvertriebs wollte aussteigen. Dies stieß, wie leider so oft, auf Unmut bei den alten Kollegen. Dann wurde ein Kundenbesuch initiiert. Bei diesem Kundenbesuch, so sagt der ausscheidende Vermögensberater, habe man ihm körperlich zugesetzt, ihn in einen Schwitzkasten genommen und dann Geschäftsunterlagen, unter anderem Versicherungsanträge, weggenommen.
Dies wird von den alten Kollegen bestritten.
Nunmehr wurde das Strafverfahren eingestellt. Die Staatsanwaltschaft hatte dies damit begründet, dass Unterlagen wohl auf dem Küchentisch lagen und man diese einfach nur an sich genommen habe. Es habe nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestanden, dass die Beschuldigten den Anzeigenerstatter festhielten, schlugen oder in seiner Bewegungsfreiheit einschränkten und, dass sie ihm gehörende Gegenstände und Dokumente wegnahmen.
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Die Gerüchteküche brodelt immer. Gerade im Kreise der Vermögensberater wird viel getuschelt. Manchmal ist zumindest etwas Wahres dran. Zumeist fällt es aber tief in den Brei der „leichten Muse“.
Was ich nicht schon alles über den „Doktor“ gehört habe (als er noch lebte), würde viele Abende füllen. Von Verschwörungstheorien war die Rede, von Geheimbünden und vielem mehr. Als Jurist soll man das rechtlich Wichtige vom Unwichtigen trennen, habe ich vor Jahren mal gelernt. Deshalb habe ich diesen Geschichten keine große Bedeutung zukommen lassen. Das gleiche betrifft die Erbfolge des Doktors und die Frage der Aufteilung der Geschäftsbereiche an die Nachfolger. Aus juristischer Sicht ist allenfalls am Rande bedeutsam, wer im Vorstand einer AG sitzt und nicht, ob der Grund für die Erbaufteilung religiöser oder anderer Natur ist.
Dann gibt es noch die Gerüchteküche um Michael Schuhmacher, dem langjährigen Werbepartner der DVAG, die stets neue Zutaten erhält. Je mehr man offiziell nicht erfährt, umso mehr wird auch hier geredet. Glücklicherweise hat es sich bei manchen Gerüchten um böse Vorahnungen gehalten, von denen man bis heute weiß, dass es nur Gerüchte waren. Sie sind bis heute nicht eingetreten.
An dieser Stelle habe ich noch geglaubt, man müsse irgendwo im Rampenlicht stehen, wenn sich die Gerüchteküche über jemanden ausschüttet. Von wegen. Denn auch die, die hinten stehen, bekommen „ihr Fett weg“, und zwar die Anwälte.
Schließlich gibt es auch die Gerüchte über die Anwälte der DVAG und die Anwälte der Vermögensberater. Die meisten, vor allem die bösen Gerüchte über die geschätzten Kollegen, konnte ich ausräumen.
Und heute kam dann noch ein böses – und vor allem blödes – Gerücht über mich hinzu. Ein Vermögensberater, der ein paar Fragen hatte, sagte, ein anderer Vermögensberater habe gesagt, ich, also Rechtsanwalt Kai Behrens, würde von der DVAG bezahlt werden.
Wenn damit gemeint ist, dass man mich kauft, um prozessuale Vorteile zu bekommen, so ist dies natürlich blödsinnig. Wenn damit gemeint ist, dass derjenige die Prozesskosten (und auch mich als Anwalt) zu zahlen hat , der einen Prozess verliert, dann ist diese Aussage durchaus richtig. Dann werde aber nicht ich bezahlt, sondern der Vermögensberater, dem seine Anwaltskosten erstattet werden.
Dass ein noch aktiver Vermögensberater so denkt, wirft einen Schatten, denn im Falle einer solchen Vereinbarung über heimliche Zahlungen würden sich wohl beide Seiten – als Anstifter und Täter – strafrechtlich zu verantworten haben (§ 356 StGB). Ein „unmoralisches Angebot“ hat es aber schon nie geben. Von keinen Seiten.
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Das Landesarbeitsgericht München hat einen Versicherungs- und Finanzvermittler zur Zahlung von ausstehendem Bruttolohn in Höhe von insgesamt 50.000,00 € verurteilt. Der Arbeitgeber hatte fünf Jahre lang eine Mitarbeiterin als angebliche „Praktikantin“ beschäftigt. Die Praktikantin war voll in den Betrieb integriert und ersetzte durch ihre Arbeitskraft einen normal bezahlten Mitarbeiter. Außerdem „durfte“ die Praktikantin sogar noch den privaten Garten des Chefs pflegen. Die Praktikantin bekam 300,00 € mtl. bei 43 Wochenstunden zzgl. unbezahlter Überstunden. Im Ergebnis entspricht dies einem durchschnittlichen Stundenlohn von etwa EUR 1,75.
Das Landesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass der Stundenlohn sittenwidrig sei. Die Richter sprachen der Klägerin die Differenz zwischen den 1,75 € und dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € zu.
Praktika dürfen grundsätzlich gem. § 22 MiLoG höchstens drei Monate dauern.
Auf diese interessante Entscheidung hatte ein Anwaltskollege in seinem Blog hingewiesen.
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Der Bundesgerichtshof hat es in seiner neuen Entscheidung auf den Punkt gebracht:
Der Versicherungsvertreter arbeitet für die Versicherung, der Makler arbeitet für den Kunden. Der BGH machte diesen Grundsatz noch einmal deutlich. Ein Makler darf eben nicht untreu werden.
In dem gesetzlichen Rahmen ist Rechtsberatung als Nebentätigkeit für beide erlaubt, außerhalb dieses Rahmens natürlich nicht. Ob einfache Tätigkeiten, die aus dem Rahmen fallen und mit Rechtsdienstleistungen nicht zu tun haben, erlaubt sind, hatte der Bundesgerichtshof nicht zu entscheiden gehabt.
Wussten Sie schon, dass Anwälte davon noch viel härter von Ihrer Treuepflicht betroffen sind?
Gem. § 356 StGB wird ein Anwalt mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren bestraft, wenn dieser in derselben Rechtssache zwei Parteien pflichtwidrig dient.
Gem. § 43 a) Abs. 4 BRAO darf ein Anwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten. Dies kann für den Anwalt zu einem Berufsverbot führen.
Makler sind von einem solchen Berufsverbot grundsätzlich nicht betroffen. Eine gewisse „Nachdenklichkeit“ ergibt sich für die Tätigkeit als Makler bereits daraus, dass er ausschließlich im Kundeninteresse handelt, die Provisionszahlungen jedoch von dem Versicherer erfolgt. Dies stellt jedoch grundsätzlich keine Interessenskollision dar. Schließlich wird der obsiegende Anwalt ja auch von der Gegenseite bezahlt.
Was einem „untreuen“ Makler blühen kann, hatte ein Immobilienmakler mit Urteil des Landgerichts München I vom 26.04.2012 erfahren. Unter dem Aktenzeichen 23 O 24749/12 wurde er zur Rückzahlung seiner Provisionen verurteilt. Die Begründung war: Interessenskollision wegen Doppeltätigkeit.
In diesem Fall tanzte der Immobilienmakler auf zwei Hochzeiten, und zwar auf der Hochzeit des Bauträgers und auf der Hochzeit des Käufers.
Wegen Interessenskollision hatte der Makler die Provision zurückzuzahlen, weil er treuwidrig gehandelt hat und seine Treuepflicht gegenüber seinem Auftraggeber verletzt hat. Der Makler darf nicht „Diener zweier Herren“ sein, so das Gericht.
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Der Bundesgerichtshof entschied am 14.1.2016 unter dem Az I ZR 107/14, ein Makler dürfe nicht im Auftrag der Versicherer einen Schaden bearbeiten.
Was war denn überhaupt passiert?
Im Jahr 2011 schrieb ein Makler seinen Kunden mit folgendem Anschreiben an: „Der zuständige Versicherer hat uns mit der Bearbeitung des o.g. Schadens beauftragt.“
Anschließend rechnete der Makler zwischen Zeitwertentschädigung, Schadensersatzanspruch und Reinigungskosten wegen einer bei der Reinigung beschädigten Textilie hin und her. Anschließend wurde eine entsprechende Auszahlung einer Zeitwertpauschale veranlasst. Diese Tätigkeit kam in die Hände der Anwaltskammer Köln. Von dort wurde eine Unterlassensklage veranlasst, mit dem Hinweis darauf, der Makler verstoße gegen § 2 Abs. 1 RDG (Rechtsdienstleistungsgesetz).
Das Landgericht Bonn hatte zunächst entschieden, es würde sich bei der Tätigkeit des Maklers tatsächlich um eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG handeln, diese sei aber gem. § 5 Abs. 1 RDG erlaubnisfrei. Die Anwaltskammer scheiterte in dieser Instanz.
Dann wurde Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln eingelegt. Auch hier wurde die Berufung mit Entscheidung vom 11.04.2014 abgewiesen. Streitig war wieder, ob es sich überhaupt um eine Rechtsdienstleistung handelt. Der Makler meinte nämliche, eine Rechtsdienstleistung würde nur dann vorliegen, wenn eine besondere bzw. intensive Rechtsprüfung erforderlich sei. Zur Info: Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert (§ 2 RDG).
Das Oberlandesgericht führte dazu aus, dass hier ein Schreiben des Maklers beanstandet würde, in dem der Makler Ausführungen zum Nachweis des Schadens macht uns sich mit Ersatzfähigkeit bestimmter Schadenspositionen auseinandersetzte. Dies stelle bei der Tätigkeit des Maklers im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag eine Nebenleistung dar, die im Rahmen ihrer gesamten Tätigkeit nicht entscheidend ins Gewicht fällt. Zur Info: Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören (§5 Abs.1 RDG).
Das Oberlandesgericht beschäftigte sich auch mit der Frage, ob in diesem Fall eine möglicherweise bestehende Interessenskollision vorliege und eine Unzulässigkeit des Schreibens gem. § 4 RDG bestehen würde, wenn die Rechtsdienstleistung unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben kann. Zur Info: Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, dürfen nicht erbracht werden, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird (§ 4 RDG).
Während das Oberlandesgericht in der mündlichen Verhandlung dies wohl noch wegen der Maklereigenschaft noch für unzulässig hielt, entschied es nachher doch in seinem Urteil anders. Die Revision wurde vom Oberlandesgericht zwar nicht zugelassen. Dennoch wurde Revision erhoben. Schließlich sah der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 14.01.2016 einiges anders.
Der Bundesgerichtshof meinte, dass die Schadensregulierung im Auftrag des Versicherers im Regelfall nicht als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers gehöre und dass es sich hier tatsächlich um eine Rechtsdienstleistung gem. § 2 Abs. 1 RDG handele, zu der jede Subsumtion eines Sachverhalts unter einer rechtlichen Bestimmung gehöre. Zur Info: Das Wort Subsumtion ist ein zentraler Rechtsbegriff und bedeutet die Prüfung eines Sachverhaltes darauf, ob auf eine Norm/ein Gesetz anwendbar ist.
Der Bundesgerichtshof meinte weiter, dass hier in dem Schreiben des Maklers grundsätzlich eine schadensregulierende Tätigkeit zu sehen sei, die als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Maklers gehöre und deshalb gem. § 5 Abs. 1 RDG erlaubt sei. Dabei sei es zunächst egal, ob der Makler für den Versicherer oder den Versicherungsnehmer tätig wurde.
Schließlich sei anerkannt, dass Versicherungsagenten gem. Rechtsberatungsgesetz Schadensregulierungen für den Versicherer als Nebentätigkeit erbringen dürfen. Dies gilt auch für den Versicherungsmakler.
Der Bundesgerichtshof meinte aber weiter, dass die mit dem Schreiben erbrachte Tätigkeit bei der Schadensregulierung nicht gem. § 5 Abs. 1 RDG erlaubt sei. Schließlich gehöre diese Schadensregulierung im Bereich der Textilhaftpflichtversicherung nicht zur Nebenleistung des Berufs- oder Tätigkeitsbildes der Versicherungsmaklerin. Ein Versicherungsvermittler soll nicht zugleich Versicherungsmakler sei. Die Einordnung als Makler oder Vertreter soll für den Kunden transparent sein und einer Typenvermischung entgegenwirken. Ein Versicherungsvermittler muss daher von vornherein entscheiden, ob er Makler oder Versicherungsvertreter sein will (BGH-Urteil vom 06.11.2013, AZ: I ZR 104/12).
Der Makler hat im Rahmen der Nachbearbeitung und im Schadensfall den Versicherungsnehmer sachkundig zu beraten, für sachgerechte Schadensanzeigen zu sorgen und bei der Schadensregulierung die Interessen des Versicherungsnehmers wahrzunehmen (BGH-Urteil vom 22.05.1985, AZ: IV a ZR 190/83). Der Makler steht daher im Lager des Kunden und nicht des Versicherers.
Kurzum: Als Versicherungsvertreter wäre die rechtsdienstleistende Tätigkeit einschließlich „Subsumtion“ für eine Versicherung vielleicht erlaubt, weil sie eine typische Nebentätigkeit darstellt. Als Makler ist so ein Anschreiben plus Subsumtion „für die Versicherung“ jedoch nicht erlaubt, weil dies keine maklertypische Nebentätigkeit darstellt.