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Der BGH hat mit Urteil vom 28.06.2018 unter dem Az.: I ZR 77/17 enschieden, dass Tarifwechselberatung in der privaten Krankenversicherung erlaubt ist. Versicherungsmakler dürfen dahingehend beraten, (Versicherungsvertreter wohl nicht).
Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob die klagende Versicherungsvermittlerin Recht hatte. Sie wurde seitens des Beklagten schriftlich beauftragt, Einsparmöglichkeiten bei seiner privaten Krankenversicherungsgesellschaft zu recherchieren. In der als „Dienstleistungsvereinbarung“ bezeichneten Vereinbarung der Parteien war geregelt, dass der Kunde der Klägerin eine Vergütung in Höhe des neunfachen Betrages seiner monatlichen Einsparung zzgl. Mehrwertsteuer zu zahlen hätte, wenn er in einen von ihr recherchierten, günstigeren, Tarif seines privaten Krankenversicherers wechselte. Auf Vorschlag der Vermittlerin kam der Wechseln in einen günstigeren Tarif zustande. Der Kundin hatte eine Einsparung von 138,85 Euro monatlich und dafür 1.487,08 Euro Honorar zahlen sollen. Zahlen wollte er aber nicht. Man klagte durch alle Instanzen bis hin zum BGH, der endlich für Klarheit sorgte entgegen einiger anderslautender Urteile
Der BGH stellte klar, dass die streitige Vereinbarung ein Versicherungsmaklervertrag im Sinne von § 59 Abs. 3 VVG ist und dieser nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verstoße.
Zunächst wurde im Urteil auf § 59 Abs. 3 S. 1 VVG abgestellt, wonach Versicherungsmakler ist, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein. Diese Bestimmung würde der Umsetzung der Richtlinie 2002/92/EG über Versicherungsvermittlung dienen. Nach dieser Richtlinie ist Versicherungsvermittler jede natürliche oder juristische Person, die die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt. Versicherungsvermittlung ist somit das Anbieten, Vorschlagen und Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten, gerichtet auf den Abschluss von Versicherungsverträgen, der Verwaltung und Erfüllung dieser, insbesondere im Schadensfall.
Die Klägerin sollte auch hier nach Ansicht des BGH als Versicherungsmaklerin tätig werden sollen. Die Maklerin habe zwar dem Kunden den Wechsel in einen anderen Tarif seines privaten Krankenversicherers empfohlen und damit eigentlich keine Versicherungsvermittlung unternommen. Sie hat dagegen „ein konkretes Angebot zum Abschluss eines geänderten Krankenversicherungsvertrags eingeholt“.
Dies würde in der Sache aber nichts ändern. Sie bleibt Maklerin, auch wenn sie keine Befugnis zur Abgabe von Vertragserklärungen besitzt und auch wenn die beratung nicht Ziel eines Neuabschlusses eines Versicherungsvertrags ist.
Zwar sei die Einholung des Angebots eines Versicherers zum Abschluss eines Versicherungsvertrags nach Ansicht des BGH Tatbestandsvoraussetzung für die Maklertätigkeit, nicht aber auch dessen Abschluss durch eine eigene Vertragserklärung des Versicherungsmaklers. Dies ließe sich aus § 59 Abs. 3 Satz 1 VVG entnehmen. Dort steht nämlich „die Vermittlung oder den Abschluss“. Darunter sollen nach Ansicht des BGH auch darauf gerichtete Vorarbeiten gehören.
Ebenso unschädlich sei es nach Ansicht des BGH, dass kein neuer Versicherungsvertrag geschlossen wird, sondern lediglich der bisherige Versicherungsvertrag mit Tarifwechsel fortgesetzt wird. § 204 VVG (Tarifwechsel) diene dem Schutz des Versicherungsnehmers, dem damit die im Herkunftstarif erworbenen Rechte und die dort aufgebaute Altersrückstellung erhalten bleibe. Dieser Schutz wäre bei einer Tarifwechselberatung nicht gefährdet. Schließlich habe der Berater auf einen adäquaten Versicherungsschutz zu besseren Bedingungen hinzuwirken.
Auch setze der Versicherungsmaklervertrag keine laufende weitere Betreuung des Kunden durch den Makler voraus. Auch habe der Makler in diesem Fall keine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zugrunde zu legen. Ebensowenig verstoße der Maklervertrag nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und wäre dann nach § 134 BGB nichtig.
Weil ein Versicherungsmaklers in der Hauptsache den Abschluss von Versicherungsverträgen zu vermitteln habe, gehöre die Betreuung auch dazu. Im Maklervertrag muss diese Betreuung aber nicht als Dauerschuldverhältnis ausgewiesen sein.
Die Überprüfung der KV-Tarife sei nach Ansicht des BGH als typische Leistung eines Maklers zu sehen, die zum Berufsbild des Versicherungsmaklers gehört. Ein Verstoß gegen das RDG sei deshalb nicht zu erkennen.
Damit steht fest : Die Tarifwechselberatung in der Krankenversicherung ist eine Maklertätigkeit.
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BGH rettet die nachvertragliche Dynamikprovision
Einen gedanklichen Schlussstrich hat der Bundesgerichtshof gesetzt, als er am 20.12.2018 unter dem Aktenzeichen VII ZR 69/18 grundsätzlichen allen Versicherungsvertretern dynamische Lebensversicherungen auch nach Vertragsende zusprach. Im Handelsvertreterblog wurde bereits auf diese bahnbrechende Entscheidung hingewiesen.
Ein Versicherungsvertreter klagte auf Erteilung von Provisionsabrechnungen für von ihm vermittelte dynamische Lebensversicherungen. Der Consultant-Vertrag, so hieß der Handelsvertretervertrag, war beendet. Der Kläger betreute weiterhin die Versicherungsverträge.
Diese sahen regelmäßig während der Laufzeit eine Erhöhung der Beiträge und Leistungen vor (so genannte Dynamik), so lange der Versicherungsnehmer nicht widerspricht. Während des Bestehens des Handelsvertretervertrages bekam er monatliche Abrechnungen und die Dynamikprovisionen wurden regelmäßig gutgeschrieben. Nach Vertragsende war damit Schluss. Der Consultant klagte auf Rechnungslegung.
Der Bundesgerichtshof verwies auf §§ 92 und 87 HGB. Dabei habe ein Versicherungsvertreter Anspruch auf Provision nur für die Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind. Dabei entspreche es der Eigenart der dynamischen Lebensversicherungen, dass Erhöhungen bereits mit Anschluss des Versicherungsvertrages als vereinbart anzusehen sind. Dem Versicherungsnehmer stehe lediglich ein Widerspruchsrecht zu.
Damit sei die Erhöhung der Versicherungssumme nicht von einer werbenden Tätigkeit eines Dritten abhängig. Die Erhöhung der Versicherungssumme entsteht automatisch immer dann, wenn der Versicherungsnehmer nicht widerspricht.
Der Bundesgerichtshof verwies im Übrigen auf Entscheidungen, z.B. die des Oberlandesgerichtes Köln mit Urteil vom 28.11.2014 unter dem Aktenzeichen 19 U 71/14 und einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Nürnberg mit Urteil vom 10.09.2003 unter dem Aktenzeichen 12 U 806/03 (letzteres hatte anders entschieden).
Der Bundesgerichtshof sah darin auch keinen Widerspruch zu dem Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b Abs. 5 HGB. Soweit dem Vermittler gemäß § 92, § 87 HGB Abschlussprovisionen zustehen, tritt kein Provisionsverlust ein, der etwa für den Ausgleichsanspruch zu berücksichtigen wäre. Insgesamt bestehe kein Grund, die Beschränkungen des § 89 b Abs. 5 HGB auf vom Versicherungsvertreter gemäß § 92, § 87 HGB zu beanspruchende Abschlussprovisionen, die nach Beendigung des Vertrages fällig werden, zu erstrecken.
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Dass Unternehmen für Fehler ihrer Handelsvertreter haften können, ist nicht erst seit der Entscheidung des BGH vom 15.3.2012 unter dem Az. III ZR 148/11 bekannt. Dort hatte ein für die DVAG tätiger Vermögensberater die Fondanlage eines Kunden aufgelöst und die Gelder veruntreut. Schließlich komme zwischen Vermittler und Kunde zumindest ein Beratungsvertrag zustande, so der BGH damals. Dies begründe nach § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs.2 BGB. Die Einstandspflicht des Unternehemens für eigenmächtiges Verhalten seines Handelsvertreters sei nach Ansicht des BGH nur dann zu verneinen, wenn dessen Verfehlung sich von dem ihm übertragenen Aufgabenbereich so weit entfernt, dass aus der Sicht eines Außenstehenden ein innerer Zusammenhang zwischen dem Handeln der Hilfsperson und dem allgemeinen Rahmen der ihr übertragenen Aufgaben nicht mehr zu erkennen ist. da es sich hier um einen Kunden handelte, wurde der Zusammenhang bejaht.
Am 9.11.2018 hatte das Landgericht Frankfurt unter dem Az 3-10 O 40/18 wieder über die Haftung einer Handelsvertreterin zu entscheiden. Eine Maklerin hatte eine Anzeige geschaltet und dabei vorgeschriebene Pflichtangaben unterlassen. Ein Mitbewerber hatte das Unternehmen, für das die Maklerin tätig ist, abgemahnt und diesem Anwaltskosten Rechnung gestellt. Darüber stritt man.
Das Gericht sah einen Anspruch auf Unterlassung gem. § 8 I, II, III Nr. 3, § 5a Abs. 2 UWG unter dem Gesichtspunkt der Irreführung durch Vorenthalten wesentlicher … Informationen. Auch das Fehlverhalten der Maklerin musste sich das Unternehmen nach dem UWG zurechnen lassen.
Beauftragter im Sinne vom § 8 II UWG kann auch ein selbstständiges Unternehmen sein, das in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg seiner Geschäftstätigkeit dem Betriebsinhaber zu Gute kommt und dieser auf das Unternehmen einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss hat. Ob der Betriebsinhaber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, diesen Einfluss auszuüben, spielt dabei keine Rolle.
Die nötige Eingliederung der Maklerin hatte das Landgericht bejaht.
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Der Handelsvertreter ist endlich raus. Nach vielem Ärger bekam er endlich den Aufhebungsvertrag. In der Hoffnung, endlich Ruhe zu haben, wurde der Vertrag kurzerhand unterschrieben und zurückgeschickt.
Gelesen wurde der Vertrag nur oberflächlich. Der erste Ärger kam schnell, als ein Kollege sagte, der Aufhebungsvertrag sei einseitig. Er habe jetzt ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, eine Vertragsstrafe im Falle des Verstoßes, Geld bekomme er für die Zukunft keines mehr, aber dafür dürfe er noch lange haften, für Provisionsvorschüsse und Beratungsfehler. Außerdem habe er ja auf Ansprüche aus einem Versorgungswerk verzichtet. Schnell wird er Beratungstermin mit dem Anwalt gemacht, in dem bestätigt wird, dass der Vertrag – außer das schnelle Ende – nur Nachteile für den Handelsvertreter enthalte. Und ein Ausgleichsanspruch sei aufhebungsvertraglich auch noch ausgeschlossen.
Aber anfechten wolle er dann, woraufhin der Anwalt entgegenete, das ginge nur bei Irrtum, Drohung oder Täuschung und all das lege nicht vor. Aber er habe sich doch geirrt, meinte der Handelsvertreter, weil er die Rechtsfolgen nicht überblicken konnte. Der Irrtum über die Rechtsfolgen sei schon seit einer Rechsgerichtsentscheidung als Motivirrtum zu werten, so der Anwalt, der normalerweise unbeachtlich ist und keinen Raum für eine Anfechtung gibt.
Dann jedoch könne er widerrufen, glaubte bis dato der Handelsvertreter. Seit das Haustürwiderrufgesetz gegolten hat und nunmehr die Regelungen in §§ 312 ff BGB zu finden sind, gibt es die Möglichkeit des Widerrufs.
Jedoch auch hier geht der Handelsvertreter wohl rechtlos aus. Das Bundesarbeitsgericht entschied am 7.2.2019 unter dem Az 6 AZR 75/18, dass ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag nicht widerrufen könne.
Das „Haustürwiderrufsrecht“ nach den §§ 312 ff. BGB a.F. stelle vertragstypenbezogenes Verbraucherschutzrecht dar und würde nur auf „besondere Vertriebsformen“ Anwendung finden, nicht jedoch auf Verträge, die wie der Arbeitsvertrag und der arbeitsrechtliche Aufhebungsvertrag keine Vertriebsgeschäfte sind. Daran soll sich auch durch den neu gefassten § 312 g BGB nichts ändern, wonach Verbrauchern nunmehr „bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen“ ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zustehe. Die vom BAG zur bisherigen Rechtslage aufgestellten Grundsätze sind nach Auffassung des BAG auch auf Aufhebungsverträge und den neuen § 312 g BGB übertragbar. Ein Arbeitsnehmer könne danach nicht widerrufen.
Wenn schon bereits Arbeitnehmer nicht widerrufen können, steht den Handelsvertretern wohl erst recht keine Widerrufsrecht zu. Schließlich ist der Handelsvertreter selbständig und vom Gesetz weniger geschützt.
Dennoch gibt es nach der Entscheidung des BAG zumindest für Arbeitnehmer eine zarte Hoffnung. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen müsse noch prüfen, ob das Gebot des fairen Verhandelns beachtet worden sei. Dieses Gebot stelle eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht dar. Wenn z.B. der Arbeitgeber eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Arbeitnehmers über den Abschluss des Aufhebungsvertrages erheblich erschwert, würde er dagegen verstoßen. Das könnte dann der Fall sein, wenn jemand krankheitsbedingt den Aufhebungsvertrag, wie in dem Fall des BAG, unterschreibt.
Der Arbeitgeber müsse für den Fall des Verstoßes Schadensersatz leisten und den Arbeitnehmer so stellen, als wäre der Aufhebungsvertrag nie unterschrieben worden.
Dieser Grundsatz des Gebotes des fairen Verhandelns hat in dieser Form im Handelsvertreterrecht bisher keine Berücksichtigung gefunden. Da jedoch der BGH in neueren Entscheidungen eine gewisse Schutzbedürftigkeit für abhängige Handelsvertreter betont hat, und zumindest bei der Frage von Kündigungsfristen die Abhängigkeit eines Handelsvertreters mit dem eines Arbeitnehmers verglichen hat, könnte auch dieser Grundsatz hier bald mal eine Rolle spielen.
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Das Urteil ist der Hammer! Der BGH hat endlich einen Umstand geklärt, um den man lange gestritten hat.
Vermittelt der Versicherungsvertreter dynamische Lebensversicherungen, bei denen sich die Versicherungssumme nach dem Inhalt des Versicherungsvertrags in regelmäßigen Zeitabständen erhöht, wenn der Versicherungsnehmer nicht widerspricht, gehen die Erhöhungen auf die Vermittlungstätigkeit bei Abschluss des Versicherungsvertrags zurück und sind gemäß § 92 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB im Zweifel provisionspflichtig (im Anschluss an BAG, VersR 1984, 897; VersR 1986, 251)
ist der Kernsatz einer BGH-Entscheidung vom 20.12.2018. Diese neue Entscheidung stellt nunmehr eindeutig klar, dass es grundsätzlich einen Anspruch auf Dynamikprovision gibt, auch nach Vertragsende.
Das Urteil ist nicht überraschend, aber in seiner Form ein Hammer. Die Versicherung, die sich bis zum BGH verklagen ließ und bereits in den Vorinstanzen in Frankfurt unterlag (wir berichteten), hat der Branche keinen Gefallen getan. Gerade die Vertriebe, die nach Vertragsende die Dynamikprovisionen nicht mehr abrechnen und auszahlen, müssen sich jetzt warm anziehen.
Beispielsweise die DVAG stellte sich immer noch auf den Standpunkt, dass eine Betreuung notwendig ist, um die Dynamikprovision zu erzielen. Die Betreuung kann nach Vertragsende nicht mehr geleistet werden, so dass dann der Provisionsanspruch entfalle.
Damit dürfte aber nach der eindeutigen Entscheidung des BGH Schluss sein.
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Arbeitsgericht Hamburg verurteilt Vertrieb zum Buchauszug
Das Arbeistgericht Hamburg sprach kürzlich einem Arbeitnehmer einen Buchauszug zu. Es begründete wie folgt:
Der Buchauszugsanspruch besteht, wenn der Betroffene die Provisionsansprüche gemäß § 254 ZPO nicht mit vorliegenden Provisionsabrechnungen ermitteln kann. Dies stellt eine Ausnahmeregelung zum § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dar.
Der Kläger – zugleich Arbeitnehmer und Versicherungsvermittler – muss geltend machen, dass er ohne den begehrten Buchauszug seine Provisionsansprüche gegen die Beklagte nicht überprüfen und gegebenenfalls beziffern kann. Dann kann der Kläger in Form einer Stufenklage sowohl Provisionszahlungen sowie Buchauszüge verlangen.
Voraussetzung hierfür ist, dass der Kläger Handelsgehilfe des Beklagten im Sinne von § 59 HGB ist. Gemäß § 87 c Abs. 2 und 3 HGB muss der Beklagte dem Kläger einen Buchauszug im tenorierten Umfang erteilen.
Der Buchauszug muss nach § 87 c Abs. 2 HGB die zum Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, Höhe und Fälligkeit der Provisionen des Handelsvertreters relevanten geschäftlichen Verhältnisse in klarer und übersichtlicher Weise vollständig widerspiegeln, soweit sie sich den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen (BGH, 21.03.2001, VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333ff.; Saarländisches OLG, 23.05.2001, 1 U 760/00, NJW-RR 2002, 391f.; LG Bochum, 10.01.2006, 12 O 42/04, zitiert nach juris; Baumbach/Hopft, HGB, 38. Auflage, § 87c Rn. 15)
Nur dann kein sein Zweck erfüllt werden, dem Handelsvertreter über seine Provisionsansprüche Klarheit zu verschaffen und ihm eine Nachprüfung der vom Unternehmer erteilten oder noch zu erteilenden Provisionsabrechnung zu ermöglichen.
Der Buchauszug muss alle aus den Büchern des Unternehmers ersichtlichen Angaben enthalten, die für die Berechnung der Provision des Handelsvertreters von Bedeutung sein können.
Das sind insbesondere:
- Name des Versicherungsnehmers und/oder Vertragspartner sowie Geb.
- Police- und/oder Versicherungsscheinnummer
- Art und Inhalt des Vertrages (Sparte, Tarifart, Prämie oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen)
- Jahresprämie
- Vertrags- und Versicherungsbeginn
- bei Lebensversicherungsverträgen; Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages
- bei LVV mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumm, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie
- im Falle von Stornierungen: Datum der Stornierung, Grund der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen
Der Anspruch, so das Gericht, ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Unternehmer dem Handelsvertreter gegenüber regelmäßig über dessen Provisionsansprüche abgerechnet hat. Auch ist der Buchauszugsanspruch des Handelsvertreters nicht deshalb eingeschränkt, weil dieser gar nicht als solcher tätig war, sondern als Arbeitnehmer. Des Weiteren ist der Anspruch auch nicht auf das Ende des Arbeitsverhältnisses beschränkt.
Eine Verjährungsfrist beginnt erst mit dem Ende maßgeblichen Fälligkeitsjahres für die Entstehung des Provisionsanspruchs.
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Versicherungsmakler können sich zu Jahresbeginn zurücklehnen. Wen das schlechte Gewissen quält, einen Kunden am Ende des Jahres nicht genügend informiert zu haben, der kann sich jetzt getrost auf ein Urteil des Oberlandesgerichtes Hamburg berufen.
Das OLG Hamburg hat mit Urteil vom 27.09.2018 unter dem Az.: 1 U 2/18 entschieden: Es gibt für Versicherungsmakler keine Dauerbetreuungspflicht ( mit Ausnahme Fondspolicen) und auch keine Pflicht für ein Jahresendgespräch.
Ausgerechnet wegen einer abgeschlossenen Reisegepäckversicherung nahm man den Makler in Anspruch. Die Versicherungsnehmer wurden in ihrem Ferienhaus überfallen. Die Versicherung war auf eine bestimmte Versicherungssumme beschränkt. Uhren und Schmucksachen aller Art waren gar nicht versichert.
Die Unterversicherung warf man dem Makler vor. Wenn er den regelmäßig überprüft hätte, hätte ihm das auffallen müssen.
Dies empfand das OLG jedoch für überspannt und schloss sich im Ergebnis einer Entscheidung des OLG Frankfurt an. Das OLG Frankfurt urteilte bereits am 08.06.2016 unter dem Az 4 U 223/15, dass keine Haftung des Versicherungsmaklers für Unterversicherung durch nachträgliche Anschaffungen bestehe. Der BGH nahm seinerzeit eine Beschwerde gegen das Urteil des OLG Frankfurt nicht an.
07
Am 01.10.2018 wurde eine Agentur der Provinzial vom Landgericht Münster dazu verurteilt, eine Freistellungsvergütung zu zahlen.
Die Agentur beschäftigte einen Handelsvertreter. Diesem wurde die fristgemäße Kündigung ausgesprochen. Gleichzeitig wurde er mit Erhalt der Kündigung von der weiteren Tätigkeit freigestellt.
Das Landgericht Münster entschied, dass dem freigestellten Handelsvertreter ein Schadenersatzanspruch zustehe. Er sei so zu stellen, als habe er seine Tätigkeit bis zum Beendigungszeitpunkt des Vertrages weiterführen können (§ 249 Abs. 1 BGB)
Ihm ist also grundsätzlich die volle Vergütung zu zahlen, wobei gegebenenfalls nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung Einnahmen anderweitiger Vertriebstätigkeit schadensmindernd anzurechnen sind. Dabei ist auf den Durchschnittsverdienst abzustellen. Das Gericht hält es für zulässig, die letzten 12 Monate vor Freistellung bei der Berechnung des Durchschnittsverdienstes zugrunde zu legen.
Der Kläger hatte Arbeitsmittel in Höhe von 250,00 € monatlich hinzugezogen. Auch dies hielt das Gericht für einen Teil der Vergütung.
Eine Vorteilsausgleichung konnten schadensmindernd nicht berücksichtigt werden. Schließlich konnte diese nicht festgestellt werden.
Dem Kläger wurde sogar eine Sonderbonifikation als auszugleichendes Einkommen zugesprochen. Diese sollte ihm ab einer bestimmten Umsatzhöhe zustehen. Da der Kläger diese Umsatzhöhe erreicht hatte, wurde die Sonderbonifikation fällig.
Mithin wurde zugunsten Kläger eine Zahlung von mehr als 22.000,00 € ausgeurteilt.
Ein Zinsanspruch in Höhe von etwa mehr als 1.000,00 € wurde hingegen abgewiesen. Schließlich soll es sich bei den Freistellungszahlungen um einen Schadenersatzanspruch gehandelt haben, und nicht um einen Vergütungsanspruch, so dass die Fälligkeit erst mit Klageerhebung gegeben war.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
06
Verstöße gegen § 8 Abs. 5 VVG alter Fassung könnten bei Verträgen, die in der Zeit zwischen dem 29.07.1994 und dem 31.12.1994 geschlossen wurden, für Versicherte auch noch ein nachträgliches späteres Rücktrittsrecht ermöglichen.
Die Frist für den Rücktritt beginnt erst zu laufen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer über sein Widerrufsrecht belehrt und der Versicherungsnehmer die Belehrung mit seiner Unterschrift bestätigt hat. Dies gilt für Versicherungen mit einer Laufzeit von mehr als 1 Jahr, mit Ausnahme von Lebensversicherungen. So einfach steht es im Gesetz.
In einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Dresden hatten die Parteien darüber gestritten, ob in der Belehrung darauf hinzuweisen wäre, dass der Rücktritt auschließlich schriftlich zu erfolgen hat.
Denn die hier streitige Belehrung enthielt nicht den Hinweis, dass der Widerruf schriftlich zu erfolgen hat. Das Oberlandesgericht Dresden stellte mit Beschluss vom 16.10.2018 unter dem Aktenzeichen 4 U 943/18 klar, dass eine Widerrufsbelehrung den Hinweis „schriftlich“ nicht enthalten muss. Schließlich genüge, dass darauf hingewiesen wird, dass zur Wahrung der First die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Daraus ergibt sich, dass ein mündlicher Widerruf nicht genügt. Mehr verlange das gesetz im Übrigen nicht.
Auf diesen – wenn man das so liest, scheinbar überflüssigen Rechtsstreit – wies jetzt das Versicherungsjournal hin.
Der Bundesgerichtshof hatte zu dem Problem der Schriftform in seinen Entscheidungen bereits Stellung genommen. So hatte er bereits am 28.01.2004 unter dem Aktenzeichen IV ZR 58/03 entschieden, dass eine wirksame Belehrung des Verbrauchers über sein Widerspruchsrecht nach § 5 a) Abs. 1, Satz 1 VVG voraussetzt, dass auf die vorgeschriebene Form des Widerspruchs (hier Schriftlichkeit) und darauf hingewiesen wird, dass die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs die 14-tätige Frist wahrt.
Der Bundesgerichtshof meinte damals, dass die in § 5 a) Abs. 2, Satz 1 VVG geforderte Belehrung über das Widerspruchsrecht nach dem Sinnzusammenhang eine Belehrung über die zur Wirksamkeit des Widerspruchs erforderliche Schriftform einschließt.
In dieser Entscheidung hatte die dort Beklagte zwar über den Beginn und die Dauer der Widerspruchsfrist belehrt, jedoch nicht darauf hingewiesen, dass die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genügt (Im Gegensatz zu dem Fall vor dem OLG Dresden). Auch auf die rechtzeitige Absendung muss sich die Belehrung gem. Bundesgerichtshof erstrecken. Insofern könnte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden möglicherweise dennoch nicht im Widerspruch zur Bundesgerichtshofs-Rechtsprechung stehen.
Wichtig ist, dass auch der richtige Gesetzestext herangezogen wird. Gerade die Widerrufs- und Rücktrittsbelehrungen haben sich ständig verändert. Im Bundesgesetzblatt aus dem Jahre 2001 heißt es dann:
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Einem Handelsvertreter stehen nach Ende des Handelsvertretervertrages noch Ansprüche auf Dynamikprovisionen zu. Dies entschied ausgerechnet das Oberlandesgericht Frankfurt, und zwar m 16.03.2018 unter dem Aktenzeichen 16U 106/17.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte in diesem Fall über einen Consultant-Vertrag entscheiden müssen. Der Begriff des MLP Financial Consultant wird üblicherweise für Handelsvertreter der MLP verwendet. Das Oberlandesgericht Frankfurt könnte jedoch auch bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Vermögensberatern und der DVAG zuständig sein. Ein Vermögensberater klagte jedoch nicht. Jedenfalls war der Kläger ein Handelsvertreter und auch ein Versicherungsvertreter gem. § 92 Abs. 1 HGB. Deshalb könne er – so argumentiert das Oberlandesgericht – auch von der Beklagten gem. §§ 92 Abs. 2, 87 c), Abs. 1 HGB die Abrechnung der Dynamikprovisionen verlangen. Nach dem Vertrag hat er einen Anspruch auf Auszahlung der Dynamikprovision gem. §§ 92 Abs. 2, Abs. 3, 87 Abs. 1, Satz 1 HGB i.V.m. dem Vertrag.
Das Landgericht Frankfurt stellte in der Vorinstanz bereits darauf ab, dass es sich bei den Dynamiken um Erhöhungen handelt und sich dies nach den Regelungen für Abschlussprovisionen entsprechend den Regelungen für Neuabschlüsse drehe. Die Dynamikprovision ist eine reine Abschlussprovision. Die Erhöhung finde mangels Widerspruchs automatisch statt. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat sich dieser Auffassung im Wesentlichen angeschlossen.
Der Widerspruch bzw. die Zahlung der erhöhten Dynamikprämien stellt lediglich eine auflösende Bedingung dar. Es handelt sich bei der Dynamikprovision um eine verzögert ausgezahlte Abschlussprovision für eine Erhöhung der Lebensversicherung, die bereits im Erstabschluss ihren Grund findet. Das Oberlandesgericht hat auch gesehen, dass die Dynamikprovisionen möglicherweise über viele Jahre noch an den Handelsvertreter zu zahlen sind. Dem stehe auch nicht § 87 Abs. 3, Satz 1, Ziff. 1 HGB entgegen, wonach ein nach Beendigung des Handelsvertretervertrages geschlossenes Geschäft darauf abstellt, dass das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden sein muss.
Das Oberlandesgericht Frankfurt meinte auch, dass es nicht eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg widerspreche, welches im Ergebnis den Anspruch auf Dynamikprovisionen abgeschmettert hatte. Schließlich waren bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg die Lebensversicherungsverträge bereits durch einen Nachfolger des ausgeschiedenen Handelsvertreters betreut worden.
Das Oberlandesgericht wandte sich auch nicht gegen eine frühere Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 18.02.1998 unter dem Aktenzeichen 21 U 87/97. Bei dieser älteren Entscheidung soll es eine vertragliche Regelung gegeben haben im Rahmen eines Rahmenagenturvertrages, nachdem mit Ende des Vertrages die Ansprüche auf Vergütungen oder Provisionen erlöschen.
Eine solche vertragliche Regelung erkannte das Oberlandesgericht hier nicht. Die Parteien hatten vertraglich eben nicht vereinbart, dass nach Vertragsende irgendwelche Provisionen wegfallen sollen. Selbst dann, wenn die Parteien im Handelsvertretervertrag einen Ausgleichsanspruch gem. § 89 b) HGB geregelt haben, ist darin nicht zu erkennen, dass der Handelsvertreter auf bereits verdiente Provisionen verzichten soll.
Anmerkung: Diese Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben, da viele Strukturvertriebe nach Ende des Handelsvertretervertrages Dynamikprovisionen nicht mehr abrechnen. Gem. der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 16.03.2018 ist jedoch ein solcher Anspruch, auch auf Jahre hinaus, gegeben.
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Wann ein Handelsvertreter hauptberuflich arbeitet
Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach am 26.05.2017 einem Versicherungsvertreter einen Ausgleichsanspruch ab. Unter dem Aktenzeichen 16 U 61/16 hob es damit eine Entscheidung des Landgerichtes Düsseldorf auf. Das Oberlandesgericht meinte, der Versicherungsvertreter sei nebenberuflich tätig, wonach der Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB nach § 92 b Abs. 2 Satz 1 Abs. 5 HGB ausgeschlossen ist.
Entscheidend war, dass der Kläger nicht nur als Versicherungsvertreter tätig war. Das Oberlandesgericht nahm an, dass er nur nebenberuflich arbeitete. Bei dieser Bewertung kommt es auf den Einzelfall an. Ein nebenberuflich betrauter Handelsvertreter, der tatsächlich hauptberuflich täötig war, trägt die Beweislast für die Hauptberuflichkeit.
Entgegen des schriftlichen Vertrages bewertete das Oberlandesgericht den Kläger als Nebenberufler. Gemäß der so genannten Übergewichtstheorie kann ein Vermitter nur dann im Hauptberuf sein, wenn er überwiegend als solcher tätig ist und aus dieser Tätigkeit auf den überwiegenden Teil seines Arbeitseinkommens bezieht. Liegen beide Kriterien vor, handelt er hauptberuflich, fehlt nur eines der beiden Kriterien, handelt es sich um einen nebenberuflichen Handelsvertreter. Die bedeutensten Abgrenzungsmerkmale liegen im Zweifel im Zeit- und Entgeltmoment, wobei die Bedeutung des Zeitelementes überwiegt. Schließlich braucht ein Handelsvertreter ja nicht einmal Einkommen generieren, auch dann nicht, wenn er hauptberuflich tätig ist.
Das Gericht nannte auch ein Beispiel: Übernimmt ein Student, eine Hausfrau, ein Beamter oder ein Rentner eine Vertretung, um sich zu den sonstigen verfügbaren Mitteln oder nach Dienstschluss noch eine kleine Nebeneinnahme hinzuzuverdienen, dann soll eine Vetretung im Nebenberuf vorliegen. Nach diesen Abgrenzungskriterien hatte das Oberlandesgericht den Versicherungsvertreter als Nebenberufler eingestuft. Schließlich war er darlegungs- und beweisbelastet und hatte nicht ansatzweise vorgetragen, in welchem zeitlichen Rahmen er für die Beklagte tätig war. In einem ähnlichen Fall des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 04.11.1998, Aktenzeichen VIII ZR 248/97) hatte der Kläger immerhin ein Kundendienstbüro mit festen Bürozeiten und einer festgelegten Erreichbarkeit für seine Kunden betrieben. Dies lag hier nicht vor.
Abschließend hatte das Gericht dann noch entschieden, dass eine fristlose Kündigung des Versicherungsunternehmens gemäß § 89 a HGB wirksam ist. Dabei schloss sich das Oberlandesgericht dem Landgericht an. Schließlich hatte der Versicherungsvertreter einen Versicherungsantrag auf Abschluss einer Lebensversicherung eingereicht, welche jedoch nicht von dem Versicherungsnehmer selbst unterschrieben war, sondern von dessen Bruder. Dies war dem Versicherungsvertreter bekannt. Das Austauschen der Unterschriften fiel auf, weil man diese Unterschrift mit alten Unterschriften verglich. Das Oberlandesgericht unterstellt dem Versicherungsvertreter Vorsatz. Eine darauf beruhende Kündigung war deshalb wirksam.

