Urteile vorgestellt von RA Kai Behrens

Maklerbetreuer Handelsvertreter?

„Als Maklerbetreuer steht ihm kein Handelsvertreterausgleich zu“, hörte ich kürzlich eine freundliche Stimme am Telefon. Schließlich steht einem Makler ja auch solch ein Anspruch nicht zu.

Liebe Frau am Telefon: So einfach ist das nicht. Schließlich steht im Vertrag eingangs groß und deutlich: Unser Maklerbetreuer ist ein Handelsvertreter iSd §§ 84 Abs. 1 ff, 92 HGB. Und deshalb stehen ihm auch die Ansprüche eines Handelsvertreters zu.

Höchstrichterlich entschieden ist, dass auch ein Vertreter, der quasi nur noch Leitungsfunktionen ausübt, Handelsvertreter sei und grundsätzlich Anspruch auf Ausgleich gemäß § 89 b HGB haben kann (BGH, Urteil vom 22.06.1972): Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise erfülle auch eine solche Tätigkeit den Begriff der „Vermittlung von Geschäften“, denn sie sei mitursächlich für die vom Abschlussvertreter vermittelten Abschlüsse. Eine persönliche Mitwirkung des Vertreters bei der einzelnen Vermittlung durch den Abschlussvertreter sei hingegen nicht notwendig.

Konsequent hat der BGH des Weiteren bereits entschieden, dass Verluste an Superprovisionen infolge der Vertragsbeendigung grundsätzlich ausgleichsfähig sind. Ihre Berücksichtigung scheitert jedenfalls nicht daran, dass der Vertreter die ihm zugeordneten Abschlussvermittler lediglich anleitet und berät (BGH Urteil vom 06.07.1972).

Das LG Gießen sah dies ähnlich. gemäß Urteil vom 21.6.2007 unter dem Az. 8 O 75/01 vertritt es die Auffassung, dass für den Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters berücksichtigungsfähig seien solche Vergütungen, die sich als Entgelt für die werbende Tätigkeit des Vertreters darstellen. Nicht ausgleichspflichtig seien Entgelte, die nicht für die Schaffung eines Kundenstammes gezahlt werden, sondern beispielsweise für verwaltende Tätigkeiten, wie zum Beispiel die so genannte Bestandspflege. Ausgleichspflichtig seien somit auch Vergütungen, die sich als Beteiligung eines Hauptvertreters am Vermittlungserfolg des ihm unterstellten Untervertreters darstellen.

Ob eine erfolgsbezogene Superprovision vorliegt, müsse notfalls ausgelegt werden. Dafür spreche

– dass die Höhe der Vergütung orientiert sei an der Provision, die für die Vermittlung eines Versicherungsvertrages durch einen unterstellten Mitarbeiter gezahlt werde,

– dass nach dem Vertrag die „Leistungsvergütung“ dem übergeordneten Mitarbeiter auch dann verbleibe, wenn derjenige Mitarbeiter, der den Vertrag vermittelt hat, ausgeschieden sei, und

– dass nach den weiteren vertraglichen Bestimmungen der Anspruch auf die Leistungsvergütung entfalle, wenn die Führungskraft nicht mehr ihre Verpflichtung zur Aus- und Weiterbildung der unteren Stufen wahrnehme.

Auch das OLG Hamm hatte in einer sehr ähnlichen Entscheidung zugunsten des Maklerbetreuers entschieden und ihm den Anspruch auf einen Buchauszug zugesprochen.

Man sieht: Der Maklerbetreuer hat umfassende Ansprüche.

OVB-Rechtsstreit zum Arbeitsgericht verwiesen?

Das Landgericht Mainz verwies am 15.07.2016 einen Rechtstreit der OVB gegen einen ehemaligen Handelsvertreter zum Arbeitsgericht. Das Landgericht meint, der Beklagte sei als Ein-Firmen-Vertreter im Sinne des § 92 a Abs. 1 HGB anzusehen. Im Zusatzvertrag für leitende Finanzdienstleistungsvermittler war zwischen den Parteien bestimmt, dass der Beklagte seine Tätigkeit als Handelsvertreter im Hauptberuf ausübt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 21.10.2015 – VII ZB 8/15) ist ein Handelsvertreter nach Sinn und Zweck dann als Ein-Firmen-Vertreter kraft Vertrages einzustufen. Er ist zwar nicht völlig von dem Unternehmer abhängig, sofern ihm eine nebenberufliche Tätigkeit gestattet ist. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung ist er jedoch einem Angestellten ähnlich angenähert wie ein Handelsvertreter, den vertraglich vollständig untersagt ist, für weitere Unternehmer tätig zu werden. Denn er ist – ähnlich wie ein hauptberuflich Angestellter – verpflichtet, hauptberuflich für den Unternehmer tätig zu werden, mit dem er den Handelsvertretervertrag abgeschlossen hat, und kann die sich aus seiner anderweitigen Tätigkeit ergebenen Chancen nicht in gleicher Weise nutzen wie ein nicht in den Anwendungsbereich des § 92 a Abs. 1 Satz 1 HGB fallender Mehr-Firmen-Vertreter. Es komme im Übrigen nicht darauf an, ob im Vertrag geregelt sei, dass der Handelsvertreter ausschließlich für den jeweiligen Unternehmer tätig sein darf.

Nicht rechtskräftiger Beschluss des Landgerichtes Mainz vom 15.07.2016

Neu ist nicht immer ganz neu: EuGH stärkt Rechte des Handelsvertreters beim Ausgleichsanspruch

Gegenstand einer aktuellen Entscheidung des EuGH vom  07.04.2016 unter dem Aktenzeichen C-315/14 war die Frage, wann ein Kunde als „neu“ im Sinne des Ausgleichsanspruchs gilt.

Kläger ist ein Handelsvertreter, Beklagte ist Großhändlerin und handelt unter anderem mit Brillengestellen verschiedener Marken, die sie durch Handelsvertreter an Optiker vertreiben lässt. Zu Beginn eines Vertragsverhältnisses wurden dem Handelsvertreter bereits viele Kunden überlassen, die jedoch ursprünglich nicht die Marken kauften, die der klagende Handelsvertreter anbot, sondern andere Marken aus dem hause der Beklagten. Der Handelsvertreter war ein Optiker, der nur eine bestimmte Marke von Gestellen vertreiben durfte. Dazu wurde ihm zu Beginn eine Liste mit Kunden überreicht, die zwar schon Kunden seien, aber ausschließlich andere Marken bezogen hatten.

Der EuGH sagte, dass dies Neukunden seien und legte die Richtlinie handelsvertreterfreundlich aus.

Artikel 17 Abs. 2 der EU-Richtlinie 86/653/EWG regelt, dass der Handelsvertreter Anspruch auf einen Ausgleich hat, wenn und soweit er für den Unternehmer neue Kunden geworben oder die Geschäftsverbindungen mit vorhandenen Kunden wesentlich erweitert hat ….

„Art. 17 II der Handelsvertreterrichtlinie (RL 86/653/EWG) ist dahin auszulegen, dass die von einem Handelsvertreter für Waren geworbene Kunden, mit deren Vertrieb ihn der Unternehmer beauftragt hat, auch dann als neue Kunden anzusehen sind, wenn sie bereits wegen anderer Waren Geschäftsverbindungen mit dem Unternehmer unterhielten, sofern der Verkauf der erstgenannten Waren durch diesen Handelsvertreter die Begründung einer speziellen Geschäftsverbindung erfordert hat“ .

Übrigens: Wenn der EuGH vom Schadenersatz schreibt, meint er eigentlich den Ausgleichsanspruch. Er bezeichnet diesen nur anders als die deutsche Gesetzgebung. Die europ. Richtlinie stellt den Gesetzgebern die Wahl frei.

Zwei Parteien, zwei Verfahren, zwei Urteile

Das Landgericht Frankfurt am Main hatte am 02.02.2016 über Abmahnkosten zu urteilen gehabt.

Ein ausgeschiedener Vermögensberater der DVAG hatte noch nach Ende des Vermögensberatervertrages sein altes DVAG-Firmenschild am Geschäftslokal hängen gelassen. Dieses hatte auch das Logo der DVAG mit dem Kreis, welches durch ein großes V unterbrochen ist. Der ehemalige Vermögensberater kam einer anwaltlichen Aufforderung nach, dieses Schild zu entfernen, jedoch nicht der Aufforderung, die Anwaltskosten dafür zu begleichen.

Er rechnete jedoch mit einem Schadenersatzanspruch auf und kam erstinstanzlich vor dem Landgericht Frankfurt am Main damit durch.

Das Landgericht meinte, dass die Rechtsverfolgungskosten als Teil des Schadenersatzes gemäß § 14 Abs. 6 MarkenG zu erstatten wäre, dem Vermögensberater jedoch ein Schadenersatzanspruch zustehe, weil er während der Kündigungsphase vom bundesweiten Netzwerk abgeschaltet wurde. Das Gericht rechnete mit verlorenen Provisionsansprüchen hoch, die der Vermögensberater hätte verdienen können, wenn er hätte weiterarbeiten können.

(Nicht rechtskräftige Entscheidung des Landgerichtes Frankfurt am Main vom 02.02.2016).

Dieselben Parteien führten parallel noch einen weiteren Rechtsstreit.

Am 22.02.2016 wurde der Vertrieb zur Erteilung eines Buchauszuges für den Zeitraum 01.01.2011 bis Vertragsende verurteilt. Der Buchauszug soll folgenden Inhalt enthalten:

–        Name des Versicherungsnehmers und/ oder Vertragspartners

–        zu Art und Inhalt des Vertrages die Sparte, Tarifart, die Prämien und/   oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen

–        Vertrags- und/ oder Versicherungsbeginn

–        bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages

–        bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme; Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie

–        im Fall von Stornierung: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnamen

Eingeklagt wurde jedoch ein Buchauszug ab 01.01.2009. Der Buchauszug über den langen Zeitraum wurde zurückgewiesen.

Der Vertrieb wandte übrigens ein, dass sich bereits aus den Provisionsabrechnungen alles ergeben würde. Dazu das Gericht: Es ist nicht ersichtlich, dass sich sämtliche, den Provisionsanspruch betreffende Umstände dem jeweiligen Abrechnungen entnehmen lassen. Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf Ziffer IV Seite 5 des Handelsvertretervertrages berufen, wonach die Provisionsabrechnungen als „permanenter Buchauszug“ gelten. Eine solche Regelung ist für den Handelsvertreter nachteilig und deshalb nach § 87 c Abs. 5 HGB als Beschränkung unwirksam.

Allerdings, so das Gericht, habe die Beklagte zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben. Der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges unterliege der dreijährigen regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Insbesondere ist er nicht abhängig von dem damit verfolgten Hauptanspruch auf Zahlung der Provisionen, er ist nach allgemeiner Ansicht nicht als Nebenleistung im Sinne des § 217 BGB anzusehen.

Vielmehr beginne der Lauf der Verjährungsfrist selbständig mit Erfüllung der tatbestandlichen  Voraussetzung der Fälligkeit, somit mit vollständiger und abschließender Abrechnung für einen bestimmten Zeitraum.

Anmerkung: An dieser Stelle macht das Gericht wohl einen Fehler. Es hätte berücksichtigen müssen, dass Provisionen zweimal angerechnet werden, zunächst als Vorschuss und dann anschließend nach Ende des Haftungszeitraumes. Damit würde sich eine Verlängerung der Verjährung ergeben.

(Urteil Landgericht Frankfurt am Main vom 22.02.2016)

Schlechte Aufklärung über Check24

Schlechte Aufklärung wird zur Zeit wegen eines Urteils des Landgerichts München I gegen Check24 betrieben. Wenn man den aktuellen Presseveröffentlichungen folgt, erfährt man viel, aber nichts Genaues.

Verkauft wird das Urteil als Sieg des Verbraucherschutzes. So stellte es Michael Heinz, Präsident des klagenden Bundesverbandes Deutscher Versicherungskauflaute e.V., dar. Christoph Röttele von Check24 sagt, man könne mit dem Urteil leben. Warum dann dieser Rechtsstreit, fragt sich.

Zum Hintergrund: Gem § 61 VVG , und auch gem § 60 VVG,  ist der Versicherungsnehmer zu beraten und informieren. Gem § 11 VersVermV muss der Kunde näher über den Vermittler informiert werden. Alles stand auf dem Prüfstand.

Infos gem. § 11 VersVermG: Dies kam wohl zu kurz, weil auf der Seite von Check 24 nicht offensichtlich auf die Maklertätigkeit von Check24 hingewiesen wurde. Der Abruf eines Buttons in der Fußzeile der Internetseite mit der Aufschrift „Erstinformation“ genügt dafür nicht. Die Informationen müssen dem Besucher der Website so präsentiert werden, dass er nicht erst danach suchen muss.

Beratung § 60 VVG: Eine standardisierte Liste von Tarifen, die Check24 den Besuchern als Beratungsgrundlage nach § 60 VVG vorlegt, sei dagegen ausreichend, so das Gericht.

Beratung § 61 VVG: Check24 muss kleine Anpassungen an seinem Angebot bei der Vermittlung von Kfz-, Hausrat- oder Haftpflichtversicherungen in einzelnen Punkten vornehmen.

Entscheidend: Die Kammer stimmte nur drei so genannten Nebenanträgen zu.  So schreibt es die Bild.

Fazit: Es wird viel geschrieben und behauptet. Jeder hat ein bisschen gewonnen und verloren. Check24 ist mal wieder in aller Munde. Ob diese Werbung im Interesse der Versicherungskaufleute ist, darf bezweifelt werden. Eine juristische Nachbearbeitung wird erforderlich sein, wenn das schriftliche Urteil da ist.

Makler nicht nur in Bayern rentenversicherungspflichtig

Das bayrische Landessozialgericht in München hat die Maklerschaft vor eine Herausforderung gestellt. Am 03.06.2016 hatte es unter dem Aktenzeichen L 1 R 679/14 entschieden, dass ein Makler, der einem Maklerpool angeschlossen ist, rentenversicherungspflichtig ist.

Gemäß §2 S. 1 Nr. 9 SGB VI sind versicherungspflichtig selbstständig tätige Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind.

Dass der Makler als eingetragener Kaufmann selbstständig tätig ist und nicht gegen Entgelt abhängig beschäftigt war, lag auf der Hand. Das Gericht erkannte auch, dass der Makler im Wesentlichen frei seine Tätigkeiten gestalten und über seine Arbeitszeit bestimmen kann. Er sei nicht weisungsgebunden, insbesondere auch nicht im Verhältnis zur A. Service AG.

Ob es sich bei der A. Service AG um die 1:1 Assekuranzservice AG aus Augsburg handelt, kann allenfalls gemutmaßt werden.

Das Gericht hatte sich dann lange mit der Frage beschäftigt, ob der Makler auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist.

Das Gericht meinte dann, dass ein Auftraggeber jede natürliche oder juristische Person oder Personenmehrheit sei, die im Wege eines Auftrags oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer anderen Tätigkeit betraut, sie ihr vermittelt, oder ihr Vermarktung oder Verkauf von Produkten nach einem bestimmten Organisations- und Marketingkonzept überlässt. Entscheidend sei dabei nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe, sondern das Vorliegen typischer Tätigkeitsmerkmale. Wer ohne versicherungspflichtige Arbeitnehmer selbstständig ist, sei typischerweise nicht in der Lage, so erhebliche Verdienste zu erzielen, dass er sich außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht absichern könnte. Eine Tätigkeit nur für einen Auftraggeber indiziere eine wirtschaftliche Abhängigkeit und damit ebenfalls typisierende soziale Schutzbedürftigkeit, ohne, dass es auf eine konkrete wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit im Einzelfall ankäme. Das Gericht setzt sich damit mit einem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 23.04.2015 unter dem Aktenzeichen B5RE 21/14 R auseinander.

Das Bundessozialgericht hatte in dieser Entscheidung die Auffassung vertreten, wer nur für einen Auftraggeber tätig sei, sei wirtschaftlich abhängig und sozial schutzbedürftig. Das Bundessozialgericht hatte darauf abgestellt, dass es nicht einmal darauf ankomme, ob zwischen dem Selbstständigen und dem Auftraggeber vertragliche Beziehungen bestanden haben und, ob der Selbstständige einen rechtlich durchsetzbaren Vergütungsanspruch habe.

Von diesen Auffassungen lässt sich das Landessozialgericht leiten. Es meinte, der Makler sei faktisch wirtschaftlich abhängig von der AG. Ohne diese könne er keine Versicherungsverträge vermakeln. Nur durch die Anbindung an die AG, würde der Makler überhaupt erst in die Lage versetzt, seiner Maklertätigkeit mit hinreichender Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg nachzugehen. Ohne diese Anbindung würde dem Kunden eine deutlich geringere Anzahl an Versicherungsgesellschaften zur Verfügung stehen. Der Makler äußerte sich in dem Verfahren so, dass es schwierig sei, als Alleinmakler zu einer Zusammenarbeit mit Versicherungsgesellschaften zu gelangen. Einen Marktzugang habe der Kläger letztlich nur durch die Inanspruchnahme der Leistungen der AG erlangt, so das Gericht. Schließlich habe der Kläger auch mehrere Jahre nach Aufnahme seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler immer noch fast ausschließlich seine Maklertätigkeit über die AG abgewickelt. Deshalb war das Gericht der Auffassung, dass die Möglichkeit, selbstständig Abschlüsse mit nicht im Pool der AG aufgeführten Gesellschaften zu vermitteln, nach wie vor begrenzt sei.

Auch sei 1:1 nicht mit einer zahnärztlichen Verrechnungsstelle vergleichbar, bei denen lediglich die ärztliche Vergütung abgerechnet wird. Der entscheidende Unterschied sei, dass der Makler durch die Zusammenarbeit erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber etablierten freien Alleinmaklern genießt.

In diesem Zusammenhang würde der Makler seine Administration auf die AG auslagern, auch in Hinblick darauf, dass die Dokumentationsanforderungen in den letzten Jahren erheblich zugenommen haben. Auch dies spreche für eine wirtschaftliche Abhängigkeit, so das Gericht.

Das Gericht führte weiter die Grundsätze der Entscheidungen des Bundessozialgerichts aus. Wenn das Bundessozialgericht schon meine, dass es auf eine Vertragsbeziehung und auf durchsetzbare Vergütungsansprüche nicht ankomme, so ergebe sich die wirtschaftliche Abhängigkeit für den Makler gerade daraus, dass er seine Vergütung von der AG erhält. Das Bestehen eines derartigen unmittelbaren und wirtschaftlich nahezu ausschließlichen Vergütungsanspruchs ist ein Indiz für ein alleiniges Auftragsverhältnis zur AG selbst.

Im Ergebnis seien deshalb als Auftraggeber nicht die einzelnen Makler als Kunden des Klägers anzusehen, sondern die AG.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Ob sie Erfolg haben kann, ist in Anbetracht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts fraglich.

Makler rentenversicherungspflichtig

Ein spannendes Urteil beschäftigt (und überrascht) die Branche:

Das Landessozialgericht Bayern urteilte, dass ein Makler, der einem Pool angeschlossen ist,  gem. § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI  versicherungspflichtig ist.

Hier das Urteil des LSG Bayern vom 3.6.16 unter dem Az. L 1 R 679/14 im Volltext.

Fraglich ist, ob Ziff 9 b erfüllt ist. War der klagende Makler „auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig“ ?

Das Urteil bereitet auf den ersten Blick Bauchschmerzen und bedarf einer näheren Betrachtung.

1:1 Assekuranzservice AG dürfte das Urteil nicht gefallen haben.

Viele Straftaten führen zur Entziehung

Gem § 35 GewO kann einem Gewerbetreibenden die Zulassung bei Unzuverlässigkeit entzogen werden. Wann jemand unzuverlässig ist, verrät das Gesetz nur grob. Es bleibt eine Einzelfallentscheidung.   Das Verwaltungsgericht Augsburg hatte intensiv einen Fall beschrieben, wonach sich ein Gewerbetreibender gleich mehrmals strafbar gemacht hat und dies dann zu der Entziehung führte. Es argumentierte wie folgt:

„Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO) die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen sei, wenn Tatsachen vorlägen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich sei. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sei unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür biete, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß führen werde. Zu einem ordnungsgemäßen Betrieb eines Lebensmittelbetriebes gehöre insbesondere die Einhaltung arzneimittelrechtlicher Vorschriften. Unzuverlässigkeit sei dann anzunehmen, wenn der Gewerbetreibende zu Störungen der Rechtsordnung neige oder wenn ihm der erforderliche Halt fehle, um Versuchungen zur Verletzung der Rechtsordnung zu widerstehen. Die Annahme der Unzuverlässigkeit des Klägers ergebe sich aus dem Verhalten, welches zu der strafrechtlichen Würdigung des Amtsgerichtes … vom 4. Juli 2012 geführt habe. Die zuletzt verübte Straftat zeige deutlich auf, dass der Kläger offenbar nicht gewillt bzw. nicht in der Lage sei, sich an die bestehende Rechtsordnung zu halten, auch wenn die zuvor begangenen Straftaten bereits einen erheblichen Zeitraum zuvor begangen worden seien. Bei der Beurteilung der Unzuverlässigkeit komme erschwerend hinzu, dass die begangene Straftat in Ausübung eines Gewerbes stattgefunden habe. Trotz Kenntnis, dass es sich bei dem vertriebenen Produkt um ein bedenkliches Arzneimittel gehandelt habe, sei dieses vom Kläger über sieben Wochen hinweg weiter verkauft worden. Das vertriebene Produkt sei laut Feststellungen des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit geeignet gewesen, Schäden beim Verbraucher auszulösen. Daher gebiete das Schutzinteresse der Allgemeinheit im vorliegenden Fall eine Gewerbeuntersagung. Es könne aufgrund des bisherigen Verhaltens des Klägers nicht ausgeschlossen werden, dass besonders wichtige Rechtsgüter der Allgemeinheit gefährdet würden. Das zuletzt gezeigte Verhalten mache deutlich, dass der Kläger das Vertrauensverhältnis zu seinen Kunden ausnutze, indem er diesen ein bedenkliches Arzneimittel verkaufe. Abgerundet werde das Gesamtbild des Klägers dadurch, dass er erheblich vorbestraft sei. Von der Möglichkeit der Ausdehnung der Untersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO auf alle weiteren Gewerbe, werde Gebrauch gemacht. Das Verhalten des Klägers als Einzelgewerbetreibender habe gezeigt, dass er über eine erhebliche kriminelle Energie und gesteigertes Gewinnstreben verfüge. Weiter könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger auf die Ausübung anderer Gewerbe ausweiche. Besondere Umstände, die dies ausschließen würden, seien nicht erkennbar.

Im Rahmen der Entscheidung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO sei das Landratsamt … nach pflichtgemäßer Ermessensausübung zu dem Ergebnis gelangt, dass den schutzwürdigen Belangen der Allgemeinheit – vorrangig des Verbraucherschutzes und der menschlichen Gesundheit – nur durch eine Untersagung in dem zuvor bezeichneten Umfang Rechnung getragen werden könne. Ein milderes Mittel scheide aus. Das Interesse des Klägers als Gewerbetreibender müsse hinter den Schutzbedürfnis der Allgemeinheit zurücktreten.“

Rechtsanwalt darf kein Handelsvertreter sein

Ein interessanter Beitrag in der Rechtslupe beschäftigt sich mit einem neuen BGH-Urteil vom 12.5.2016 unter dem Az. IX ZR 241/14, wonach abermals bestätigt wird, dass ein Rechtsanwalt nicht als Handelsvertreter arbeiten darf.

Das kann sogar notfalls zur Entziehung der Zulassung führen.

 

Buchauszug verjährt erst nach Korrekturabrechnung

„Bei Geschäften, für die später eine Korrekturabrechnung erteilt wird, ist für den Beginn der Verjährung in entsprechender Anwendung des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB der Zeitpunkt der Korrekturabrechnung maßgeblich“  entschied das Oberlandesgericht Oldenburg am 12.7.2011 unter dem Az.  13 U 16/11 .

Wenn zunächst der Vorschuss abgerechnet wird, die Provisionsansprüche gem. § 92 Abs.4 HGB ratierlich entstehen, erfolgt am Ende der Haftungszeit eine Abrechnung über die verdienten Provisionen.  Die dreijährige Verjährung auf einen Buchauszug beginnt evtl. erst dann zu laufen.

Einmal vorbestraft, immer vorbestraft?

Das Oberlandesgericht München wies eine Klage zurück, die darauf gerichtet war, Ansprüche wegen eines ehemals vorbestraften Vermögensberater gegen die DVAG geltend zu machen.

Die Parallelgeschichte:

Am 11. 07.2013 urteilte der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen III ZR 31/12, dass die Deutsche Vermögensberatung für einen Vermögensberater hafte, der zuvor zu einer 2jährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Betrug (Urteil vom 25.08.1993) verurteilt wurde. Dieser Vermögensberater firmierte unter der Bezeichnung „Deutsche Vermögensberatung – G.F.“. Er vermittelte einen Anlagevertrag und nahm das Geld bar entgegen. Dieses kam jedoch nicht bei dem Empfänger an. Der Vermögensberater steckte das Geld selbst ein. Die DVAG müsse nach Ansicht des Bundesgerichtshofs dafür haften, weil es ein sog. Vertragsanbahnungsverhältnis gegeben hat. Dieses sei mit dem Betreten der Büroräume zu Stande gekommen.

Es obliege dann zum Schutz der Rechtsgüter der Kunden die vorvertragliche Pflicht, nur solche Handelsvertreter mit der Vermittlung von Anlageverträgen zu betrauen, von deren Zuverlässigkeit sie sich auf der Grundlage eines polizeilichen Führungszeugnisses überzeugt hatten. Ein solches Führungszeugnis wurde nicht eingeholt. Eine Haftung hatte der Bundesgerichtshof deshalb grundsätzlich ausgeurteilt.

Sodann hatte der Bundesgerichtshof diese Streitsache an das Oberlandesgericht München zurückgegeben. Von dort wurde ein Schadensersatz ausgeurteilt.

In einem Parallelverfahren musste das Oberlandesgericht München am 04.04.2011 erneut über die Hintergründe dieses Vermögensberaters entscheiden. In diesem Fall wurde die Klage jedoch abgewiesen. Der Vermögensberater selbst konnte nicht herangezogen werden – er verstarb im Jahr 1998. Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung für diesen Vermögensberater am 25.08.1993 wurde im Bundeszentralregister eingetragen. Nach den gesetzlichen Fristen müsste die Verurteilung bis zum August 2000 im Führungszeugnis eingetragen gewesen sein. Deshalb hatte das Oberlandesgericht München in diesem Verfahren entschieden, dass die vorvertragliche Verpflichtung entfalle. In dem weiteren Verfahren vor dem Oberlandesgericht München datierten die Verträge jedoch aus dem Jahr 2005, 2006 und 2007, während entsprechende Barübergaben bereits 2004 hätten erfolgt sein müssen. Dies sei aber zu einer Zeit, als die Eintragung im Führungszeugnis schon nicht mehr bestand und deshalb auch eine Aufklärungspflicht nicht mehr gegeben sei.

„Alle relevanten Zeitpunkte liegen lange nach dem August 2000 und damit lange nach dem Zeitraum, in dem eine vorvertragliche Verpflichtung der Beklagten bestand, die Kläger auf die einschlägige Vorstrafe des Herrn …. wegen eines Vermögensdeliktes hinzuweisen bzw. darauf, dass nicht geprüft worden war, ob Herr …. entsprechend vorbestraft ist“.

Wer einmal vorbestraft ist, ist eben nicht immer vorbestraft.

Oberlandesgericht München, Aktenzeichen 21 U 294/11, Entscheidung vom 04.04.2011