Urteile vorgestellt von RA Kai Behrens

OLG München und Grundsätzliches dazu, wann Vorschüsse zurückgezahlt werden müssen

Am 20.02.2013  fasste das Oberlandesgericht München einen interessanten Beschluss, in dem es einige grundsätzliche Dinge klärten sollte.

Streitig war, ob eine Vermögensberaterin, die in einem Rechtsstreit mit der DVAG über die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen steht, Prozesskostenhilfe erhalten sollte.

Dazu das Oberlandesgericht München:

„Die Klägerin macht einen Saldoforderung aus einem behaupteten Kontokorrent geltend. Die Klägerin hat jedoch schon nicht schlüssig vorgetragen, dass ein Kontokorrent im Sinne von § 355 HGB vereinbart wurde. Hierzu gehört neben dem Vortrag, dass die Parteien eine Kontokorrentabrede getroffen haben, auch die Darlegung, dass ein periodischer Saldenabschluss mit der Wirkung eines Schuldanerkenntnisses vereinbart war (Baumbach/Hopt, HGB § 355 RdNr. 5).

Die Klägerin hat hier nicht dargelegt, dass ein Saldoanerkenntnis hinsichtlich der geltend gemachten Saldoforderung vereinbart war. Die widerspruchlose Entgegennahme von Provisionsabrechnungen stellt kein wirksames Schuldanerkenntnis dar (Bundesgerichtshof NJW 1996, 588). Der Aufhebungsvertrag ist allenfalls ein Anerkenntnis eines Saldos auf dem Rückstellungskonto zu entnehmen, wobei offen bleiben kann, ob es sich hierbei um ein abstraktes oder kausales Schuldanerkenntnis oder ein bloßes Zeugnis gegen sich selbst handelt.

Die Klägerin musste daher zumindest die in das Kontokorrent ab diesem Zeitpunkt eingestellten Forderungen im Einzelnen dartun (Bundesgerichtshof-Urteil vom 28.05.1991, XI ZR 214/90). Die Rechtsverteidigung der Beklagten gegen die Klage kann derzeit dennoch die Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden, da die Beklagte bestritten hat, dass die von der Klägerin im Einzelnen angeführten Stornierungen tatsächlich stattgefunden haben. Ein solch pauschales Bestreiten war hier zulässig, da die Beklagte außerhalb des Geschehens steht und daher auch keine eingehenderen Einwände gegen die Behauptung der Klägerin vorbringen kann, zumal die Beklagte auch unstreitig keine Stornogefahrmitteilungen mehr erhalten hat.“

Im Ergebnis wurde der Vermögensberaterin Prozesskostenhilfe gewährt. Auf den Ausgang des Verfahrens hat dies jedoch keinen Einfluss.

Beschluss vom Oberlandesgericht München vom 25.02.2013 Aktenzeichen 23 W 78/13

Unterlassen ja – Vertragsstrafe nein

Am 01.06.2011 hatte das Landgericht Erfurt darüber zu entscheiden, ob ein Vertrieb Ansprüche auf Zahlung einer Vertragsstrafe bzw. unterlassen hat.

Die Parteien schlossen einen sogenannten Vertrag für Organisationsleiter. Der Organisationsleiter ist ein sogenannter selbstständiger Handelsvertreter. Im Vertrag war ein Wettbewerbs- und Abwerbeverbot vereinbart. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung sollten 25.000 € Vertragsstrafe gezahlt werden.

Das Landgericht stellte fest, dass es zumindest einen Abwerbeversuch gegeben hat. Es verurteilte daher den Handelsvertreter, es – Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu unterlassen, Handelsvertreter, die für die Klägerin tätig sind, zur Kündigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin zu bestimmen und/ oder dies auch nur zu versuchen.

Die Klage auf Vertragsstrafe wurde abgewiesen.

Das Gericht hielt das Wettbewerbsverbot für wirksam, die Vertragsstrafe jedoch nicht. Die Höhe der Vertragsstrafe hat sich nach Ansicht des Gerichts als eine unangemessene Benachteiligung dargestellt. Eine Vertragsstrafe von 15.000 € für jede Begehungsform und jede denkbare Art eines Wettbewerbsverstoßes stelle eine unangemessene Benachteiligung dar.

Urteil des Landgerichts Erfurt vom 01.06.2011 Aktenzeichen 10 O 1247/10

LG Mannheim: Ohne Karrenzentschädigung kein Wettbewerbsverbot

Am 04. Oktober 2013 hatte das Landgericht Mannheim über eine Klage eines Vertriebes zu entscheiden, die da aufgerichtet war, dass ein Vermögensberater es zu unterlassen habe, in einem bestimmten Zeitraum, Kunden zur Aufgabe, zur Einschränkung oder zur inhaltlichen Änderung von Verträgen zu veranlassen. Außerdem sollte er Auskunft darüber erteilen, bei welchen Kunden er dies schon getan hat.

Der Vertrieb berief sich auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot.

Das Gericht wies die Klage mit dem Hinweis ab, der Handelsvertreter dürfe seine Verpflichtungen verweigern. Er dürfe deshalb verweigern, weil der Unternehmer nach der Kündigung fortlaufend zu erkennen gibt, dass er zu keiner Zahlung bereit ist. Dabei schloss sich das Landgericht einem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28.11.1972 (VersR 73,857,858) an. Das Landgericht dazu im Einzelnen:

Das mehr als 8 DIN A 4 Seiten nebst Anlage umfassende Vertragswerk regelt zwar umfassend die Pflichten des Handelsvertreters, ebenso manche entbehrliche Kleinigkeit, schweigt aber zum Recht des Handelsvertreters auf Karenzentschädigung vollständig. Auch das Schreiben der Klägerin vom … weist den Beklagten einseitig auf seine Verpflichtung zur Unterlassung nach vertraglichem Wettbewerb hin…. Selbst im Prozess ist die Klägerin auf den Einwand fehlender Entschädigung schriftsätzlich mit keiner Silbe eingegangen… Dieses Gesamtverhalten kommt einer Zahlungsverweigerung zumindest nahe, beinhaltet auf keinen Fall ein Angebot der Klägerin. In Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Karlsruhe ist aber auch die Kammer der Ansicht, dass der Unternehmer spätestens nach der Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses und vor oder bei Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses dem Handelsvertreter seine Zahlungsbereitschaft bezüglich der Entschädigung für die Unterlassung des Wettbewerbs mitteilen und – je nach den Umständen des Einzelfalles – entweder einen bestimmten Betrag anbieten oder den Handelsvertreter auffordern müsse, ihm seine Vorstellungen über die Höhe der Entschädigung mitzuteilen.

Nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14.10.2013 Aktenzeichen 24 O 43/13

EuGH zum Widerrufsrecht

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte dem Aktenzeichen C-209/12 Ende des letzten Jahres eine interessante Entscheidung gefällt.

Er hatte Lebens- und Rentenversicherungsverträge, die in den Jahren von 1994-2007 abgeschlossen wurden, in Hinblick auf das Kleingedruckte überprüft.

Das Widerrufsgesetz ist im Versicherungsvertragsgesetz verankert. Es stammt ursprünglich vom 30.05.1908. Eine Reform ist am 01.01.2008 in Kraft getreten. Die alte Rechtslage bis 31.12.2007 gilt teilweise noch für Altverträge.

Verbraucher können ohne Angabe von Gründen widerrufen: Bei Lebensversicherungen gilt dies bis 30 Tage nach Abschluss (§ 152 VVG) bei allen anderen Versicherungsverträgen mit einer Frist von 14 Tagen (§ 8 VVG). Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherungsschein und eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht dem Versicherungsnehmer in Textform zugegangen sind.

Im Kleingedruckten vieler Versicherungen, auch der Allianz, war früher geregelt, dass das Rücktrittsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlöschen würde.

Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes lag folgender Fall zu Grunde:

Ein Versicherungsnehmer – namens Endress – schloss bei der Allianz eine Rentenversicherung mit Vertragsbeginn zum 01.12.1998. Die allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation erhielt er mit dem Versicherungsschein.

Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes wurde er nicht hinreichend über seine Rechte gemäß § 5 a VVG alter Fassung belehrt.

Ab Dezember 1998 war für fünf Jahre jährlich eine Versicherungsprämie zu zahlen. Rentenbeginn sollte der 01.12.2011 sein.

Zum 01.09.2007 wurde der Vertrag gekündigt und der knapp über dem Nominalwert der eingezahlten Prämien liegende Rückkaufswert ausgezahlt.

Am 31.03.2008 übte der Versicherungsnehmer das Widerrufsrecht gemäß § 5 a VVG aus. Er forderte die Rückzahlung der Prämien nebst Zinsen unter Verrechnung des Rückkaufswertes und verwies dabei auf eine Entscheidung des Landgerichts Stuttgart vom 13.07.2010 unter dem Aktenzeichen 22 O 587/09. Nach seiner Berechnung waren dies 22.272,56 €.

Das Landgericht Stuttgart und auch das Oberlandesgericht Stuttgart wiesen seine Klage jedoch ab. Sie verwiesen auf das erloschene Rücktrittsrecht.

Gemäß der allgemeinen Versicherungsbedingungen sollte nämlich der Rücktritt allenfalls bis ein Jahr nach Zahlung der Erstprämie möglich sein.

Der Bundesgerichtshof setzte mit Beschluss vom 28.03.2012 das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob § 5 a VVG alter Fassung gegen Europarecht verstoße.

Das Berufungsgericht (OLG Stuttgart) hatte zuvor festgestellt, dass die Versicherung den Versicherungsnehmer nicht in drucktechnisch deutlicher Form über sein Widerspruchsrecht belehrt hatte.

Der Europäischen Gerichtshof hat nunmehr die Frage bejaht, dass § 5 a VVG alter Fassung gegen Europarecht verstoße. Das Verfahren wurde nunmehr an den Bundesgerichtshof zurückgegeben. In diesem Jahr ist zu erwarten, dass der Bundesgerichtshof über die Rechtsfolgen entscheide.

Übrigens: Mit Urteil vom 16.10.2013 hatte der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen IV. ZR 52/12 entschieden, dass zwar ein Widerruf auch dann noch möglich sei, wenn der Vertrag bereits gekündigt wurde, jedoch dann nicht mehr, wenn beiderseitig vollständige Leistungserbringung erbracht worden wäre.

AG Weilheim: Klage von Rückzahlung von Provisionsvorschüssen abgewiesen

 

Das Amtsgericht Weilheim hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob Provisionsvorschüsse wieder zurückgezahlt werden müssen.

 

Mit Urteil vom 25.02.2014 wies das Amtsgericht die Klage eines Vertriebes ab.

 

Der Handelsvertreter klagte widerklagend einen Buchauszug ein. Auch dies wurde zurückgewiesen.

 

In dem geschlossenen Vertrag wurde vereinbart, dass der Berater verpflichtet sei, ein Soll Saldo sofort auszugleichen, wenn das Konto einen entsprechenden Soll Saldo ausweist. In diesem Fall ging es um ein Minus von fast 3.700 €.

 

Das Gericht meinte, die Klage sei nicht substantiiert. Die Abrechnungen und die Schriftsätze würden keine überprüfbare Grundlage darstellen. Allein aufgrund des Vortrags von Gutschriften, Verrechnungen und Soll Stellungen kann das Gericht nicht positiv zu einem Zahlungsanspruch kommen, so das Amtsgericht. Eine Überprüfbarkeit sei nicht möglich.

 

„Wenn aber mit dieser Klage selbstständige Zahlungsansprüche gelten gemacht werden, bedarf es einer näheren Spezifizierung, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll. Anderenfalls hat die Klage keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BGH NJW 2008 S.3, 142).

 

Der Buchauszug scheiterte daran, weil dieser als Hauptanspruch geltend gemacht wurde gemäß § 87 c HGB hätte er nur als sogenannter Hilfsanspruch gelten gemacht werden dürfen, der seinen Bestand und seine Existenz nach unmittelbar von Hauptansprüchen abhängt.

 

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

OLG Oldenburg und die Gedanken über die Wirksamkeit von Kündigungsfristen

Im Jahre 2012 hatte das Oberlandesgericht Oldenburg über einen Rechtsstreit einer Vermittlungsgesellschaft mit seinem Handelsvertreter zu entscheiden.

Der Handelsvertreter kündigte mit Schreiben vom 31.05.2010 zum 30.11.2010. Der Vertrieb wies die Kündigung zurück und bestätigte eine Kündigung zum 31.12.2011. Danach kündigte der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis fristlos aus richtigem Grund, weil er die Fortsetzung des Vertrages unter Einhaltung der Kündigungsfrist für unzumutbar hielt.

Ab 01.08.2010 wechselte der Handelsvertreter zur Konkurrenz.

Der Vertrieb verlangt Schadensersatz. Im Rahmen der Stufenklage verlangte der Vertrieb zunächst erst einmal Auskunft darüber, welche Produkte er für die Konkurrenz vermittelt hatte.

Während das Landgericht zunächst die Klage nur für einen Teil für begründet hielt, meinte das Oberlandesgericht, dass dem Vertrieb die geltend gemachten Auskunftsansprüche für den Zeitraum 01.08.2010 – 31.12.2011 zustehen würden. Schließlich sei das Vertragsverhältnis erst dann zu Ende gegangen. Das Landgericht hätte zunächst auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (Beschluss vom 09.06.2005 – 11 U 110/05) Bezug genommen, wonach eine Kündigungsfrist, die bis zu 23 Monaten über die gesetzliche Kündigungsfrist hinausgeht, unangemessen lang und knebelnd sei. Dies gelte vor allem dann, wenn es sich um eine nebenberufliche Tätigkeit handele.

Diesem Gedanken folgte das Oberlandesgericht jedoch nicht. Es sei schon gesetzlich nicht unterschieden, ob jemand hauptberuflich oder nebenberuflich tätig ist. Nach dem Willen des Gesetztes soll ein nebenberufliches Handelsvertreterverhältnis nicht rascher beendet werden können als ein hauptberufliches.

Außerdem sei nicht ersichtlich, warum ein besonderes Interesse des nebenberuflichen Handelsvertreters darin bestehen soll, sich schneller aus einer vertraglichen Bindung zu lösen, als der Vertreter im Hauptberuf. Deshalb könne es nach der Auffassung des Gerichtes dahinstehen, ob hier ein nebenberuflicher oder hauptberuflicher Vertrag geschlossen wurde.

In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht erweiterte der Vertrieb seine Klage auf Auskünfte, um einen Vertragsstrafenanspruch durchzusetzen.

Vertraglich war vereinbart:

Vermittelte Finanzdienstleister während der Laufzeit des Vertrages unter Verletzung des Wettbewerbsverbotes konkurrierender Produkte oder Dienstleistungsgeschäfte für Dritte, verpflichtet er sich für jedes einzelne vermittelte Geschäft zur Zahlung einer Vertragsstrafe an die… Die Vertragsstrafe beläuft sich auf das Dreifache der erstjährigen Abschlussprovision, die der Finanzdienstleister aus dem Geschäft von der … zu beanspruchen hätte, wenn er es vertragsgemäß bei der … eingereicht hätte.

Die Bestimmungen der vorgenannten Ziffer dieses Vertrages gelten entsprechend, wenn der Finanzdienstleister Kunden dazu überredet, Verträge aus dem Bestand der … beitragsfrei oder prämienfrei zu stellen, zu widerrufen, zu kündigen ohne die geschuldeten Entgelte nicht mehr an die Patengesellschaft zu zahlen.

Für jeden schuldhaften Versuch schuldet der Finanzdienstleister die Hälfte der jeweils bestimmten Vertragsstrafe.

Diese Klausel hielt das Gericht für wirksam. Es würde den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen. Allein das Fehlen einer Obergrenze mache die Vertragsstrafe nicht unwirksam.

Der Handelsvertreter berief sich dabei auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes München vom 13.12.1995 ( 7 U 5432/95).

Der Senat hat übrigens die Revision in Hinblick auf die vom Oberlandesgericht Celle (Beschluss vom 09.06.2005 – 11 U 110/05) vertretene abweichende Auffassung zur Wirksamkeit der Regelung über die Kündigungsfrist sowie zur Rechtsfortbildung hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit von Vertragsstrafenklauseln in Handelsvertreterverträgen zugelassen.

Ob Revision eingelegt wurde, ist nicht bekannt.

Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 24.07.2012.

BGH: Bei leichtem Verstoß Kündigung unzulässig

Verstößt ein Handelsvertreter nur geringfügig gegen ein vertragliches Wettbewerbsverbot, ist eine fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrags ohne vorherige Abmahnung regelmäßig unzulässig. Dies gilt auch dann, wenn im Vertrag der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot als wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung benannt ist.

Sachverhalt

Der Kläger vermittelte für die Beklagte über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren als selbständiger Handelsvertreter Versicherungsverträge. Es war ihm vertraglich verboten, während der Vertragslaufzeit unmittelbar oder mittelbar für andere Versicherungsgesellschaften tätig zu sein.

Im Vertrag war ausdrücklich vorgesehen, dass ein Verstoß gegen dieses Wettbewerbsverbot einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellt. Der Kläger hatte über mehrere Jahre in wenigen Fällen gegen dieses Wettbewerbsverbot verstoßen, ohne jedoch die Beklagte wirtschaftlich schädigen zu wollen. Nachdem die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, kündigte sie den Handelsvertretervertrag fristlos. Der Kläger begehrte die Feststellung, dass der Vertrag nicht durch die fristlose Kündigung beendet wurde.

Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Nach Auffassung der Richter stellten sich die Wettbewerbsverstöße bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen als so geringfügig dar, dass sie einen grundlegenden Vertrauensverlust und damit ein fristloses Kündigungsrecht des Beklagten ohne vorherige Abmahnung nicht begründeten. Eine solche Interessenabwägung im Einzelfall war auch nicht durch die vertragliche Regelung ausgeschlossen, wonach ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellte. Der BGH räumte zwar ein, dass die Benennung von wichtigen Kündigungsgründen im Handelsvertretervertrag die grundsätzlich gebotene Einzelfallabwägung und Zumutbarkeitsprüfung einschränken oder (fast) ganz ausschließen könne (eine Prüfung der Grundsätze von Treu und Glauben erfolgt immer). Ein solcher Parteiwille müsse sich aber deutlich aus der vertraglichen Kündigungsregelung ergeben. Hier ergebe die Vertragsauslegung jedoch, dass geringfügige Wettbewerbsverstöße, durch die das Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter nicht grundlegend beschädigt werde, nicht zur fristlosen Kündigung berechtigen sollten. Zumindest sei in diesen Fällen eine vorherige Abmahnung erforderlich.

(BGH, Urteil v. 10.11.2010, VIII ZR 327/09).

Wie hoch ist der Ausgleichsanspruch bei Strukturvertrieben

Über die Berechnungsgrundlagen des Ausgleichsanspruchs hatte jüngst der BGH in seiner Entscheidung vom 23.11.2011 unter dem Az. VIII ZR 203/10 entschieden. Er sagte, dass die „Grundsätze“ auch dann anwendbar sind, wenn sie nicht vereinbart wurden.

Der BGH sah die Grundsätze zumindest als Grundlage für eine Schätzung an und löste mit diesem Urteil eine Rechtssicherheit aus. Während es früher mitunter streitig war, auf welcher Grundlage der Ausgleichsanspruch für Versicherungsvertreter berechnet werden sollte, gibt es jetzt genaue Anhaltspunkte.

Dies gilt auch für Strukturvertriebe. Schließlich war Gegner der BGH-Entscheidung ein großer deutscher Strukturvertrieb.

Dieses Urteil wird nun Anfang Mai in Hinblick auf Einzelfragen vom BGH überprüft. Da darf man gespannt sein.

Landgericht Hanau: Vertragsstrafe unwirksam

Das Landgericht Hanau wies kürzlich eine Klage ab, in der es um die Ausurteilung einer Vertragsstrafe ging. Ein Vertrieb verlangte eine Vertragsstrafe von 15.000,00 €.

Im Rahmen eines Aufhebungsvertrages hatte sich der Berater verpflichtet, weder persönlich noch durch Einschaltung dritter Kunden, die mit Partnergesellschaften der … Verträge geschlossen haben, zur Kündigung und/oder Einschränkung bestehende Verträge zu bewegen.

Außerdem hatte er sich verpflichtet, für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die niedergelegten Unterlassungspflichten unter Verzicht auf den Einwand des Fortsetzungszusammenhanges eine Vertragsstrafe in Höhe von 15.000,00 € an die …. zu zahlen.

Das Gericht sah die Klage als unbegründet an.

Bei den fraglichen Bestimmungen handelte es sich um eine Vielzahl in Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen. Mithin handelte es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen.

Diese würden jedoch den Berater entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Das in der Klausel ausgesprochene Verbot, Kunden, die mit Partnergesellschaften der … Verträge geschlossen zu haben, zur Kündigung und/oder Einschränkung bestehende Verträge zu bewegen, gilt nach dem Wortlaut der Klausel ausnahmslos für sämtliche Verträge, unabhängig von der Vertragssparte, der verbliebenden Laufzeit des Vertrages und unabhängig von den Gründen für die Kündigung oder Einschränkung; nach der Klausel gibt es auch keine zeitliche Begrenzung für das Verbot. Dieses sachlich und zeitlich uneingeschränkte Verbot benachteiligt die für die Klägerin tätigen Vertragspartner, hier den Beklagten, unangemessen, denn der Rat an einen Kunden, einen bestehenden Vertrag zu kündigen oder beispielsweise beitragsfrei zu stellen, muss nicht auf unredlichen Motiven beruhen oder dem systematischen Umdecken eines Bestandes dienen. Es sind durchaus Fälle denkbar, in denen die vorzeitige Beendigung eines Versicherungsvertrages für den Versicherungsnehmer von Vorteil sein kann, beispielsweise wegen günstigerer Konditionen bei einem anderen Versicherer. Dem Beklagten wird mit der fraglichen Klausel aber auch in solchen Fällen ausnahmslos und ohne zeitliche Beschränkung verboten, seinen Kunden einen entsprechenden Rat zu erteilen. Darin liege eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten (vergleiche Oberlandesgericht Oldenburg Urteil vom 24.07.2012-Aktenzeichen 13 U 13/12), so das Gericht.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Landgericht Hechingen von 2005 oder früher war anders

Bereits im Jahre 2005 wurde ein Berater eines Strukturvertriebes durch das Landgericht Hechingen verurteilt es zu unterlassen, Kunden zur Kündigung oder Einschränkung bestehender Verträge zu bewegen, einen Betrag in Höhe von 5.000 € zu bezahlen, und dem Vertrieb Auskunft darüber zu erteilen, welche Kunden er zur Kündigung oder Einschränkung bestehende Verträge bewegt hat.

Weiterhin wurde er verurteilt, einen weiteren Betrag von 15.000 € zu zahlen.

Hintergrund ist, dass der Beklagte für die Klägerin als Handelsvertreter / Vermögensberater tätig war. Das Vertragsverhältnis endete mit Aufhebungsvertrag. In diesen wurde ein befristetes Wettbewerbsverbot, Unterlassungspflicht und eine Vertragsstrafe in Höhe von 50.000 € aufgenommen.

Das Gericht führte eine Beweisaufnahme durch und kam zu dem Ergebnis, dass der Berater mindestens einen Kunden zur Kündigung bestehender Verträge zu bewegen versucht hat.

Auch hatte das Gericht gegen die Regelungen im Aufhebungsvertrag keine Bedenken. Schließlich soll es vor Abschluss des Aufhebungsvertrages ausführliche Verhandlungen über den Vertragsinhalt gegeben haben.

Die Vertragsstrafe hatte der Berater zu zahlen. Da er gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen hat, war die Vertragsstrafe verwirkt.

Das Gericht setzte die Strafe jedoch herab.

50.000 € waren dem Gericht zu viel. Es hätte daher gemäß § 242 BGB eine Herabsetzung der Vertragsstrafe vorgenommen.

Bei einem anderen Verstoß hatte das Gericht eine Vertragsstrafe von 15.000 €, also im beantragten Umfang, ausgeurteilt. Hier hielt es die Vertragsstrafe für angemessen. Der Berater hatte einen Kunden zur Kündigung von mit einer Partnergesellschaft der Klägerin geschlossenen Verträgen veranlasst.

Urteil vom Landgericht Hechingen vom 15.07.2005 Aktenzeichen 5 O 138/04 KfH

OLG Stuttgart 2006

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte in einem älteren Urteil aus dem Jahre 2006 über eine Regelung in einem Aufhebungsvertrag zu entscheiden. Das OLG hatte die Regelung für wirksam gehalten.

Die Klägerin hatte nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses die Zahlung von Vertragsstrafen wegen Wettbewerbsverstößen in Höhe von 30.000 € verlangt. Außerdem stritt man sich um eine nachvertragliche Wettbewerbsabrede.

Die Wettbewerbsabrede war in diesem Fall zeitlich nicht begrenzt. Das OLG sah darin eine Überschreitung des Wettbewerbsverbotes in zeitlicher Hinsicht um das notwendige Maß.

Das Oberlandesgericht nahm eine geltungserhaltene Reduktion vor und reduzierte die Wettbewerbsabrede auf zwei Jahre.

„Anzunehmen ist, dass zwei Jahre nach Beendigung der Handelsvertretertätigkeit die Verbindungen zu früheren Mitarbeitern und Kunden sich so gelockert haben, dass der Beklagte wie jeder andere Wettbewerber behandelt werden kann, zumal die Klägerin gegen wettbewerbswidrige Abwerbungen früher durch § 1 UWG geschützt war und nunmehr durch § 4 Nr. 10 UWG geschützt ist.

Mithin war in diesem Fall das Wettbewerbsverbot zwei Jahre nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses ausgelaufen.

Erstinstanzlich sollte der Handelsvertreter eine Vertragsstrafe von 30.000 € zahlen. Dies scheiterte jedoch daran, dass nach einer Beweisaufnahme ein Wettbewerbsverstoß nicht nachweisbar war. Die Berufung hatte sich nicht gegen die Vertragsstrafenzahlung gewehrt.