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Einem Vermögensberater, der bereits eine sehr hohe Stufe der Strukturhierarchie der DVAG erreicht hatte, wurde u.a. der Konsum von Drogen zum Vorwurf gemacht. Daraufhin hatte die DVAG den Vertrag fristlos gekündigt.
Die Hintergründe sind streitig. Streitig ist auch, ob es zuvor ein ordnungsgemäßes Anhörungsgespräch gegeben hat.
Nachdem die fristlose Kündigung ausgesprochen wurde, wurde gemäß dem Inhalt eines Darlehensvertrages die Rückzahlung aus diesem Darlehensverhältnis fällig. Dies wurde nun eingeklagt. In diesem Zusammenhang musste nunmehr das Landgericht prüfen, ob die fristlose Kündigung wirksam sei. Der Vermögensberater hatte mit Gegenansprüchen aufgerechnet, da er der Ansicht war, die Kündigung sei unwirksam und ihm ständen Schadensersatzansprüche zu.
Das Landgericht Frankfurt hatte der Zahlungsklage stattgegeben. Die fristlose Kündigung sei danach wirksam.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte in anschließenden Berufungsverfahren am 23.06.2014 in einem Vorbehalts- Grund- und Teilurteil festgestellt, dass die Kündigung dagegen nicht wirksam sei.
Nachdem eine Reihe von Zeugen befragt wurde, führte das Gericht dazu aus:
„Die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung ist weder als Verdachtskündigung noch als Tatkündigung, noch aufgrund eines nachgeschobenen Kündigungsgrundes wirksam.
Die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung ist als Verdachtskündigung unwirksam. Denn die Anhörung des Beklagten durch die Klägerin vor dem Aufbruch der fristlosen Kündigung des mit ihm bestehenden Handelsvertretervertrages genügt teilweise – bezüglich bestimmter Verdachtsmomente – nicht den Anforderungen an eine solche nach den Umständen des Einzelfalls erforderliche Anhörung als Voraussetzung für eine wirksame Verdachtskündigung. Teilweise waren die Verdachtsgründe nicht so schwerwiegend, dass dem Kündigungsberechtigten die Fortführung des Vertragsverhältnisses, ohne dass eine vorherige Abmahnung erfolgt wäre, nicht zugemutet werden konnte.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verdachtskündigung bei Arbeitsverhältnissen, welche auf die Verdachtskündigung von Handelsvertreterverhältnissen übertragbar ist (Oberlandesgericht Bamberg Urteil vom 14.07.1997 – 4 U 195/96) und welche der Senat auch für Handelsvertreterverhältnisse folgt, kam der Verdacht, der Vertragspartner habe eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden.
Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen begründet sein. Bloß auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Vermutungen reiche nicht aus, auf die subjektive Wertung des Kündigungsberechtigten kommt es nicht an. Diese objektiv begründeten Tagsachen müssen so geschaffen sein, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Vertragspartner zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können. Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, d. h. es muss eine große Wahrscheinlich dafür bestehen, dass der zu Kündigender die Pflichtverletzung begangen hat. Die Verdachtsmomente und die Verfehlungen der zu kündigende verdächtigt ist, müssen so schwerwiegend sein, dass dem Kündigungsberechtigten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (vgl. zuständige Rechtsprechung des BAG Urteil vom 29.11.2007, 2 AZR 724/06).
Voraussetzung der Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist, dass der Kündigungsberechtigte alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen hat, insbesondere dem zu Kündigenden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.
Ergeben sich im Rahmen der Ermittlungen neue belastende Erkenntnisse, ist der Kündigende auch hier zuzuhören; nur dann sind Anerkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin nicht bewiesen, dass den Beklagten in Rahmen der Anhörung nach den Umständen des Einzelfalles ausreichend Gelegenheit geboten wurde, zu den gegen ihn bestehende Verdachtsmomente Stellung zu nehmen.
Dass der Beklagte bei der Anhörung eingeräumt habe, in der Vergangenheit Drogen genommen zu habe, vermag eine außerordentliche Verdachtskündigung nicht zu begründen. Die Kündigung der Klägerin hat auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer sogenannten Tatkündigung das Rechtsverhältnis beendet. Die Klägerin hat teils nicht bewiesen, dass der Beklagte die ihm vorgeworfenen Handlungen begangen hat, welche einen hinreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung abgeben könnte. Teils sind die von der Klägerin erhobenen Vorwürfe nicht geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung – zumal unvorheriger Abmahnung – abzugeben. Es ist vom Gericht zu prüfen, ob die Pflichtwidrigkeit tatsächlich besteht, also die den Verdacht begründenen Pflichtwidrigkeiten eine Tatkündigung rechtfertigen (vgl. Urteil vom BAG vom 23.06.2009 – 2 AZR 474/07).
Bei der Tatkündigung ist die Anhörung keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Maßgeblich für die Rechtfertigung einer Tatkündigung ist allein, ob im Kündigungszeitpunkt objektiv Tatsachen vorlagen, die dazu führen, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses – im Falle der außerordentlichen Kündigung: bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – unzumutbar ist (Bundesgerichtshof Urteil vom 23.06.2009 Aktenzeichen 2 AZR 474/07). Nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich mit der für die Überzeugung des Senats nach § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit, die Vorwürfe nicht feststellen.“
Das Gericht hatte sich intensiv mit der Frage der Glaubhaftigkeit der Aussagen und Glaubwürdigkeit der Zeugen auseinandergesetzt.
Der Rechtsstreit ist nunmehr wegen der grundsätzlichen Frage der Hintergründe der Verdachtskündigung und der Tatkündigung an den Bundesgerichtshof abgegeben worden.
Urteil Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 23.06.2014.
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Gegen eine gute Maklervollmacht ist nichts einzuwenden, auch dann nicht, wenn mit der Vollmacht in einen fremden Kundenbestand eingegriffen wird. Erhält die Maklervollmacht jedoch das Verbot der Kontaktaufnahme, ist dies bedenklich.
Kern des Gedankens ist eine alte Entscheidungs des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte mit Urteil vom 07.04.2005 Az I-ZR 140/02 entschieden, dass die Kündigungsförderung zum Wesen des Wettbewerbs gehöre und niemand grundsätzlich Anspruch auf Erhaltung des Kundenstammes hat. Dies hatte der Bundesgerichtshof wiederholt bestätigt, zuletzt mit Urteil vom 11.10.2017 (I-ZR 210/16).
Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass das Abwerben von Kunden nur dann unzulässig ist, wenn über das Abwerben hinaus weitere Umstände hinzutreten, die der geschäftlichen Handlung das Gepräge der Unlauterkeit gebe.
Das Gepräge der Unlauterkeit sehen inzwischen viele Gerichte in den Kontaktverboten bestätigt. Diese würden nicht nur den eigenen Wettbewerb fördern, sondern gezielt den eines Konkurrenten hindern.
So hatte das Oberlandesgericht Jena in einem Urteil vom 27.03.2019 (2 U 397/18) über ein Kontaktverbot zu entscheiden. Ein ehemaliger Vermögensberater hatte nach Beendigung seiner Geschäftsbeziehungen vier Kunden angeschrieben und aufgefordert, gegenüber dem bisherigen Auftraggeber nicht nur die Einwilligung zur Speicherung, Verwendung und Weitergabe ihrer Daten zu widerrufen, sondern auch ein generelles Kontaktverbot auszusprechen.
Eine Kündigungshilfe sei nach der Ansicht des Oberlandesgerichts Jena zwar grundsätzlich zulässig, ein Kontaktverbot stelle jedoch eine unzulässige Behinderung dar. Schließlich ginge es bei dem Kontaktverbot nicht um die Förderung des Eigenwettbewerbs, sondern um die vollständige Abschottung des Konkurrenten, die dazu führe, dass der bisherige Vermittler und Betreuer seine Leistungen nicht mehr anbieten könne.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Jena steht nicht alleine. Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte mit Urteil vom 28.05.2019 (06 U 27/18) ähnlich entschieden. Das Bereitstellen eines Schreibens zur Kündigungshilfe sei auch dort zulässig. Die Hilfestellung bei der ordnungsgemäßen Auflösung von Versicherungsverträgen sei grundsätzlich zulässig und auch nicht wettbewerbswidrig. Unzulässig sei es jedoch auch danach, die wettbewerbliche Entfaltung von Mitbewerbern durch ein Kontaktverbot zu beeinträchtigen. Auch dort kam das Argument, dass das Hauptziel nicht die Förderung des eigenen Wettbewerbs, sondern die gezielte Behinderung des Konkurrenten sei.
Das Oberlandesgericht Dresden hatte einer Krankenkasse mit Urteil vom 14.07.2015 unter dem Az 14 U 584/19 untersagt, im Rahmen der Kündigungshilfe beim Wechsel der Krankenversicherung ein generelles Kontaktverbot auszusprechen. Auch hier war die Argumentation vergleichbar.
Über einen sehr plastischen Eingriff in fremde Kundenbeziehungen hatte das Oberlandesgericht Frankfurt in einem Urteil vom 06.10.2016 (6 U 61/16) entschieden. Es ging dort nicht um Fianzdienstleistung. Dieser Fall führt aber deutlich vor Augen, was due Gerichte meinen. Dort ging man auf Kundenfang nicht über „Kontaktverbote“, sondern stellte sich auf die Zufahrt der Konkurrent, um dort mit Handzetteln die Kunden zum Besuch des eigenen Unternehmens aufzufordern.
Das OLG meinte auch hier, dass die Grenze des Wettbewerbers überschritten ist. Wenn der Einzelhändler im Einfahrtsbereich eines Konkurrenten Handzettel verteilt und damit die Kunden gezielt abfangen will, ist dies unlauter und ein unzulässiger Eingriff.
Wenn der Versicherungsvermittler die Kunden motiviert, den Konkurrenten nicht mehr zu kontaktieren, ist dies genauso.
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Am 04.04.2019 wies das Arbeitsgericht Frankfurt an der Oder eine Klage der OVB Vermögensberatung AG ab. Die OVB verlangte einen Betrag von etwa 90.000,00 €.
Sie verlangte eine Rückzahlung aus dem Provisionskonto.
Der Berater hatte für seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Vermittlung und Verwaltung eines Vertrages einen einmaligen Anspruch auf eine Abschlussprovision erworben. Die Abschlussprovision wird vorbehaltlich der Stornoreserve in Höhe der zu erwartenden Provision auf dem Provisionskonto diskontiert. Voraussetzung der Gutschrift eines diesbezügliches Provisionsvorschusses ist, dass der Erstbetrag des Kunden auf dem Konto eingegangen ist. Verdient ist die Provision erst, wenn und soweit der Kunde die Prämie, den Beitrag oder das Entgelt bezahlt hat, aus der sich die Provision nach der Provisionsliste errechnet und die OVB ihrerseits dafür eine Zahlung erhalten hat. Kommt es innerhalb des Haftungszeitraums zu einer Stornierung oder einer sonstigen Vertragsstörung mit dem Kunden, etwa im Fall der Beitragsfreistellung, entfällt der Provisionsanspruch ganz oder vermindert sich, es sei denn, die OVB hätte dies zu vertreten.
Bereits ausgezahlte Provisionen wären dann zurückzuzahlen.
Vereinbart wurde ein Stornoreservekonto, auf das mit dem jeweiligen Vorschuss mindestens 10% der vollen Provision gebucht werden sollte.
In Ziffer 16 des Vertrages wurde geregelt, dass Ansprüche aus diesem Vertrag in 13 Monaten ab dem Schluss des Monats verjähren, in dem der Anspruchsberechtigte Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat. Die Verjährung tritt spätestens in 4 Jahren ein, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
Das Provisionskonto wies irgendwann ein Saldo von etwa 95.000,00 € aus, während das Stornoreservekonto gleichzeitig fast 5.000,00 € Guthaben hatte. Die Differenz war der eingeklagte Betrag.
Es wurde dann eine Liste von weiteren Provisionsabrechnungen angefertigt. Diese bestand aus 84 Monaten. Das Konto hatte danach in 58 Monaten einen Minusstand. Mit Ausnahme von zwei Monaten wurden jedoch jeweils Auszahlungen an den Beklagten vorgenommen. Teilweise handelte es sich nicht ausschließlich um die, in den Abrechnungen als Vorschüsse deklarierten Beträge. Im Rahmen eines notariellen Schuldanerkenntnisses hatte der Berater bei der Köln Bank ein Darlehen in Höhe von fast 30.000,00 € aufgenommen. Die OVB ist gegenüber der Bank in Vorleistung getreten und hatte gegen die Berater vollstreckt.
Die OVB machte das Schlusssaldo eins abgerechneten Kontokorrents geltend und klagte. Sie verwies auf eine im Vertrag geschlossene Kontokorrentvereinbarung und auf ein vor Jahren abgegebenes Anerkenntnis. Der Nachbearbeitungspflicht sei man nachgegangen, in dem man Stornogefahrmitteilungen an den Berater gesandt hat. Das Bestehen einer Kontokorrentabrede wurde von dem Berater in Abrede gestellt. Im Übrigen wurde bestritten, dass es sich bei den vorgenommenen Auszahlungen um Provisionen handelt. Die Klägerin habe pauschale Beträge ausgezahlt und somit zur Verschuldung des Beklagten beigetragen. Obgleich kein Guthaben auf dem Provisionskonto bestand, seien dennoch Auszahlungen vorgenommen worden. Außerdem sei das Provisionskonto belastet worden, in dem vertragswidrige Umbuchungen vom Stornoreservekonto auf das Provisionskonto stattgefunden haben sollen.
Das Gericht ließ die Rückforderung daran scheitern, dass es die vereinbarte Rückzahlungsklausel für nichtig hielt. Es verwies auf §§ 89 a), Abs. 1, Satz 2 HGB; 89 Abs. 2, Satz 1, 2. Halbsatz HGB i.V.m. § 134 BGB.
Das Recht zur Kündigung eines Vertrages gem. § 89 a), Abs. 1 HGB darf weder ausgeschlossen noch beschränkt werden und sei für beide Teile unabdingbar. Dazu gehören nicht nur unmittelbare Beschränkungen, sondern auch mittelbare Erschwernisse, eine Vertragsbeziehung zu beenden, etwa in Form von finanziellen oder sonstigen Nachteilen (z.B. BGH-Urteil vom 03.07.2000, II ZR 282/98). Ein solcher Nachteil kann auch in der vertraglich vorgesehenen Verpflichtung zur sofortigen Rückzahlung langfristiger Vorschussleistungen bestehen. Dabei verwies das Gericht auf eine ganze Reihe von Urteilen, u.a. OLG Köln, OLG Düsseldorf, OLG Karlsruhe, OLG Celle usw.
Das Gericht sah die Regelungen des § 89 HGB als zwingende gesetzliche Regelung an und als Schutzvorschrift zu Gunsten des im Allgemeinen wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreters. Er darf in seiner Entscheidungsfreiheit zur Vertragsbeendigung nicht beschnitten werden. Ob die an eine Vertragsbeendigung geknüpften Nachteile zu einer unwirksamen Kündigungserschwernis führen, sei eine Frage des Einzelfalls. Hier ist insbesondere auf die Höhe der zu erstattenden Zahlungen sowie auf den Zeitraum, für den diese zurückzuerstatten sein sollen, abzustellen.
Die Rückzahlungsklausel im OVB-Vertrag sah keine explizite Verknüpfung zwischen Beendigung des Vertrages und der Rückzahlungspflicht vor. Im Vertrag stand, dass ein Sollsaldo binnen zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung der OVB auszugleichen sei. Damit unterliege dies ausschließlich der Gestaltungsfreiheit der OVB. Diese Klausel öffne ihr einen Spielraum. Sie könne frei darüber verfügen, ob die Rückzahlung über die monatliche Abrechnung erfolge, oder erst mit der Vertragsbeendigung vollzogen wird.
Es fehle eine vertragliche Konkretisierung in zeitlicher oder inhaltlicher Hinsicht, wann eine solche Aufforderung durch die Klägerin zu ergehen hat. In der Regelung sei immanent, dass bei Vorliegen eines Negativsaldos die Zahlungsaufforderung in jedem Fall spätestens mit dem Ausscheiden des Beraters geltend gemacht werden wird. Deshalb sei die Vereinbarung unwirksam. Im Übrigen lasse die Auszahlungspraxis keine Unterscheidung zwischen der Auszahlung von Provisionsvorschüssen und verdienter Abschlussprovisionen zu. Etwaige Auszahlungen seien in den Abrechnungen als Vorschuss bezeichnet worden. Dabei seien auch Zahlungen auf Verbindlichkeiten des Beraters geleistet worden, z.B. an das Finanz- oder Gewerbeamt oder auch an die Köln-Bank zur Begleichung des Kredits.
Im Übrigen wies der Berater darauf hin, dass er gerade dann, wenn das Geschäft schlecht lief, höhere Beträge als Finanzspritze erhielt. Dies konnte das Gericht auch in der Gegenüberstellung der Auszahlungen als Vorschuss mit den Kontenständen der Saldenliste erkennen. Zwischen Auszahlungen und Vorschuss waren teilweise erhebliche Unterschiede.
Für das Gericht war es nicht nachvollziehbar, wonach die OVB die zu erwartenden Provisionsvorschüsse bemessen hat. Die OVB habe zwar einen Ermessensspielraum, weil sie einen angemessenen Vorschuss leisten müsse. Es sei jedoch nicht erkennbar, wie es zu den einzelnen Zahlungsbeträgen gekommen ist. Die Auszahlungen erfolgten auch nicht entsprechend der vertraglichen Vereinbarung, wonach eine Auszahlung nur dann erfolgen kann, wenn im Abrechnungsmonat ein Guthaben von mindestens 25,00 € besteht.
Das Gericht ging sogar davon aus, dass die Zahlungen an den Beklagten unabhängig von dem von ihm vermittelten Geschäft und damit dem erwirtschafteten und zu erwartenden Provisionen erfolgten. Eine Anpassung wurde trotz tendenziell anwachsenden Sollstandes nicht vorgenommen. Im Gegenteil sei sogar die Erhöhung der Auszahlungsbeträge bei steigendem Minusstand erfolgt.
Im Übrigen sei auch wegen der langfristigen Auszahlungen über mehrere Jahre von einer Anschubfinanzierung nicht mehr die Rede. Gem. § 86 a) HGB und § 242 BGB bestehe eine allgemeine Pflicht des Unternehmers, die Arbeit des Handelsvertreters zu unterstützen und auf seine Belange Rücksicht zu nehmen. Der Unternehmer müsse alles unterlassen, was dem Handelsvertreter erkennbar schadet. Es sei deshalb nicht verständlich, warum man keine Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen hatte, als der Minusstand noch überschaubar war.
Der Vertrag enthielt auch keine kompensierenden Regelungen, die das Anwachsen eines solchen Minusstandes verhindern könnte. Eine solche Regelung könnte z.B. darin bestehen, dass zeitlich länger zurückliegende Vorschüsse nicht mehr oder nur noch anteilig zurückzuzahlen sind. Eine solche Klausel enthielt der Vertrag jedoch nicht. Im Übrigen sei es nach Ansicht des Gerichts für die Klägerin erkennbar, dass eine Rückzahlung ab einer bestimmten Höhe faktisch nicht mehr möglich ist für den Beklagten. Wenn die Stornoquote des Beklagten 10% übersteigt, sei die OVB berechtigt, keine Diskontierung von Provisionen mehr vorzunehmen. Damit werde klargestellt, dass die Klägerin die Stornoquote von mehr als 10% als eine Art Risikogrenze ansieht, ab dem sie sich vorbehalten will, weitere Zahlungen vorzunehmen. Die Stornoquote lag jedoch teilweise erheblich darüber.
Das Gericht hielt der Klägerin vor, das Entstehen der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Beklagten zumindest billigend in Kauf genommen zu haben.
Insgesamt sei die Rückzahlungsverpflichtung deshalb nichtig.
Die Forderung der Klägerin stellte sich auch als unzulässige Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB dar. Das Gericht hielt der OVB vor, es habe den Negativsaldo auf dem Provisionskonto unter Verletzung ihrer aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Förderungs- und Übersichtsnahmepflicht mitverursacht. Es habe unter Voraussetzung der vertraglichen Regelungen anlasslose Umbuchungen vom Stornoreservekonto auf das Provisionskonto vorgenommen und damit die vertraglich vorgesehene Mindestrisikoabsicherung für stornierte Verträge dezimiert.
Schließlich soll eine Umbuchung der Sicherheitsleistungen vom Stornoreservekonto auf das Provisionskonto erst erfolgen, wenn das abgesicherte Risiko entfallen ist, ihr keine abzusichernden Forderungen der Klägerin mehr gegenüberstehen, also dann, wenn der Haftungszeitraum ohne Stornierung abgelaufen ist.
OVB legte gegen das Urteil Berufung ein.
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Am 19.02.2014 hat der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen IV ZR 163/13 sich über das Sendeprotokoll eines Faxes Gedanken gemacht, ob dies als Beweismittel genügt.
Dies ist besonders deshalb interessant, weil der ein oder andere Handelsvertreter Aufforderungen oder Abmahnungen per Fax übersendet.
Nach früherer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes war der Sendebericht lediglich als Indiz für den Zugang eines Telefaxes zu sehen, und erfüllte somit nicht die Anforderungen eines Anscheinsbeweises.
Der Bundesgerichtshof musste über eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Jena entscheiden. Dieses hatte zunächst nicht genügend bedacht, dass ein „OK-vermerk“ auf dem Sendebericht immerhin das Zustandekommen einer Verbindung mit der in der Faxbestätigung genannten Nummer belegt.
Deshalb könne sich, so der BGH, der Empfänger nicht auf eine bloßes Bestreiten des Zugangs beschränken, er müsste sich im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast viel mehr näher dazu äußern, welches Gerät er an der fraglichen Gegenstelle betreibt, ob die Verbindung im Speicher enthalten ist, ob und in welcher Weise er ein Empfangsjournal führt und dieses gegebenenfalls vorlegen und so weiter.
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Verstößt ein Handelsvertreter nur geringfügig gegen ein vertragliches Wettbewerbsverbot, ist eine fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrags ohne vorherige Abmahnung regelmäßig unzulässig. Dies gilt auch dann, wenn im Vertrag der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot als wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung benannt ist.
Der Kläger vermittelte für die Beklagte über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren als selbständiger Handelsvertreter Versicherungsverträge. Es war ihm vertraglich verboten, während der Vertragslaufzeit unmittelbar oder mittelbar für andere Versicherungsgesellschaften tätig zu sein.
Im Vertrag war ausdrücklich vorgesehen, dass ein Verstoß gegen dieses Wettbewerbsverbot einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellt. Der Kläger hatte über mehrere Jahre in wenigen Fällen gegen dieses Wettbewerbsverbot verstoßen, ohne jedoch die Beklagte wirtschaftlich schädigen zu wollen. Nachdem die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, kündigte sie den Handelsvertretervertrag fristlos. Der Kläger begehrte die Feststellung, dass der Vertrag nicht durch die fristlose Kündigung beendet wurde.
Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Nach Auffassung der Richter stellten sich die Wettbewerbsverstöße bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen als so geringfügig dar, dass sie einen grundlegenden Vertrauensverlust und damit ein fristloses Kündigungsrecht des Beklagten ohne vorherige Abmahnung nicht begründeten. Eine solche Interessenabwägung im Einzelfall war auch nicht durch die vertragliche Regelung ausgeschlossen, wonach ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellte. Der BGH räumte zwar ein, dass die Benennung von wichtigen Kündigungsgründen im Handelsvertretervertrag die grundsätzlich gebotene Einzelfallabwägung und Zumutbarkeitsprüfung einschränken oder (fast) ganz ausschließen könne (eine Prüfung der Grundsätze von Treu und Glauben erfolgt immer). Ein solcher Parteiwille müsse sich aber deutlich aus der vertraglichen Kündigungsregelung ergeben. Hier ergebe die Vertragsauslegung jedoch, dass geringfügige Wettbewerbsverstöße, durch die das Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter nicht grundlegend beschädigt werde, nicht zur fristlosen Kündigung berechtigen sollten. Zumindest sei in diesen Fällen eine vorherige Abmahnung erforderlich.
BGH, Urteil v. 10.11.2010, VIII ZR 327/09
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Nicht jeder ist Handelsvertreter
Ein Softwareentwickler muss nicht zwangsläufig Handelsvertreter beschäftigen.
Eine Entwicklerfirma, die Softwareprogramme für Arztpraxen verkauft, hatte einen freien Mitarbeiter eingestellt, der über diverse geschäftliche Kontakte verfügt. Dieser hatte eine bestimmte Software an Kunden und Geschäftspartner der Entwicklerfirma vermittelt. Er konnte deshalb die Firmenumsätze erheblich steigern. Es wurde sogar vereinbart, dass er erfolgsabhängig vergütet werden sollte. Man führte ein Erfolgskonto, auf das jährlich 5% der Softwarewartungssteigerung gegenüber dem 31.12.2010 verbucht werden.
Der freie Mitarbeiter verlangte nun einen Buchauszug. Er meinte, er sei Handelsvertreter und deshalb hätte er auch die Auskunftsansprüche eines Handelsvertreters gem. § 87 c) Abs. 3 HGB.
Das Landgericht Magdeburg machte am 26.06.2018 unter dem Aktenzeichen 31 O 97/17 dem Mitarbeiter einen dicken Strich durch die Rechnung. Danach sei er kein Handelsvertreter. Ein Handelsvertreter gem. § 84 Abs. 1, Satz 1 HGB ist, wer ständig damit betraut ist, für einen anderen Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Der Handelsvertretervertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, und zwar ein spezieller Dienstvertrag über eine Geschäftsbesorgung, nachdem der Handelsvertreter zum Tätigwerden verpflichtet ist.
Nach Ansicht des Gerichts genügt es nicht, dass der Verpflichtete nach der Vereinbarung mit dem Unternehmen für dieses nicht nur einmal, sondern immer wieder Geschäfte vermittelt. Nach der Vereinbarung muss der Mitarbeiter verpflichtet sein, sich ständig um Geschäfte zu bemühen. Eine beiderseitige, auf Dauer berechnete Bindung ist entscheidend. Die Umstände des Einzelfalls sind heranzuziehen und das Gesamtbild der tatsächlichen Handhabung zu würdigen.
Unter Würdigung dieser Umstände kam das Landgericht zu dem Ergebnis, dass der Anspruch auf einen Buchauszug nicht gegeben ist, weil ein Handelsvertreterverhältnis nicht vorliegt.
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1. Abrechnung über den Ausgleichsanspruch bindend
Das Landgericht Hamburg musste am 31.01.2019 darüber entscheiden, ob ein Unternehmen an seine eigene Berechnung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs gebunden ist.
Das Unternehmen hatte einen unstreitigen Ausgleichsanspruch gleich zweimal abgerechnet. Zunächst berechnete es einen Betrag von in etwa 34.000,00 €. Dann gab es auf Grund eines Softwareproblems eine Nachberechnung kam dann auf nur etwas mehr als 26.000,00 €. Die Differenz von etwa 7.000,00 € hatte das Unternehmen dem Handelsvertreter als Minus verbucht.
Das Provisionskonto wurde auch nach Vertragsende weitergeführt. Dort wurde der angeblich zu viel gezahlte Betrag als Minus im Provisionskonto verbucht. Dagegen wehrte sich der Handelsvertreter. Er meinte, das Unternehmen sei an die erste Abrechnung gebunden.
Dies sah auch das Landgericht Hamburg in seiner Entscheidung unter dem Aktenzeichen 322 O 34/19 so. Die Beklagte sei hinsichtlich der Höhe des Anspruchs an ihre erste Abrechnung gebunden.
Dass das Softwareprogramm fehlerhaft war oder fehlerhaft bedient wurde, ist ein Unternehmensinternum der Beklagten, welches für den Handelsvertreter erst Recht nicht erkennbar war.
Auch wenn diese Abrechnung für die Beklagte noch nicht bindend gewesen sein sollte, so wurde sie es jedenfalls dadurch, dass der Handelsvertreter diese Abrechnung akzeptiert hat. Man habe sich also konkludent auf das Ergebnis dieser Abrechnung geeinigt.
Landgericht Hamburg, Urteil vom 12.03.2019, Aktenzeichen 322 O 34/19
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Gem. § 4 Nr. 8 und 11 UStG sind die darin genannten Finanzdienstleistungen von der Umsatzsteuer befreit.
Am 03.08.2017 (Az. V R 19/16) entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass der Aufbau eines Strukturvertriebes nicht umsatzsteuerfrei ist. Diese Entscheidung geht nicht nur Strukturvertriebe, Vertriebsgesellschaften und Pools an, möglicherweise auch tätige Versicherungsvermittler, Versicherungsmakler, Versicherungsvertreter und deren Betreuer.
Der BFH betont: „Die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebes einhergehende Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern, die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen sowie das Halten der Kontakte zu den Versicherungsvertretern gehört nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters. Derartige Leistungen sind nur steuerfrei, wenn der Unternehmer durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann, wobei auf die Möglichkeit, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen, abzustellen ist (BFH-Urteil vom 30. Oktober 2008 V R 44/07, BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554, Rz 23). Eine Steuerfreiheit für Leistungen, die keinen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften aufweisen, sondern allenfalls dazu dienen, im Rahmen der Administration einer Vertriebsorganisation einen anderen Unternehmer, der Vermittlungsleistungen erbringt, zu unterstützen, besteht nicht (BFH-Urteil in BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554, Rz 18).
Im Egebnis wurde der Kläger hier zur Umsatzsteuerzahlung verurteilt. Der Kläger hatte nämlich lediglich die Aufgabe, durch direkte und indirekte Anwerbung von Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern für ein für die I-AG zufriedenstellendes Gesamtvolumen an Versicherungen zu sorgen. Zu den einzelnen vermittelten Versicherungsverträgen hatte die Tätigkeit des Klägers keinen spezifischen und wesentlichen Bezug. Damit fehlte es an der erforderlichen Einwirkungsmöglichkeit des Klägers auf die einzelnen Versicherungsverträge.
Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung muss der Dienstleistungserbringer sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten bei der Vermittlung des Versicherungsvertrages in Verbindung stehen. Diese Verbindung kann auch nur mittelbarer Natur sein, wenn der Dienstleistungserbringer ein Unterauftragnehmer des Versicherungsmaklers oder -vertreters ist.
Voraussetzung für eine Umsatzsteuerbefreiung ist also, dass die Tätigkeit des Strukturmitarbeiters wesentliche Aspekte der typischen Versicherungsvermittlungstätigkeit umfasst, wie z.B. Kunden zu suchen, diese zu beraten und vermitteln. Bei einem Unterauftragnehmer ist entscheidend, dass er am Abschluss von Versicherungsverträgen beteiligt ist.
Inwieweit die großen Strukturvertriebe, wie z.B. OVB, DVAG, Swiss Life Select, die Entscheidung betraf und ob sie reagiert haben, ist nicht bekannt.
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Gemäß § 87 a Abs. 3 Satz 3 HGB muss ein Versicherungsvertreter Provisionen nur dann zurückzahlen, wenn ein Vertrag storniert wurde und das Unternehmen das Storno nicht zu vertreten hat.
Das Unternehmen, der Vertrieb oder die Versicherung, hat also Stornobekämpfungsmaßnahmen durchzuführen.
Wie diese Stornobekämpfungsmaßnahmen im Einzelfall aussehen sollen, ist umstritten. Da scheiden sich die Geister.
Immer wieder sagen die Versicherer, dass im Falle der Beitragsfreistellung, der Kündigung oder gar des Widerrufes eines Vertrages eine qualifizierte Nachbearbeitung nicht nötig ist. Hier könne man doch eh nichts machen.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit einem neuen Urteil für Klärung gesorgt. Am 13.01.20017 hat es unter dem Aktenzeichen I-16 U 32/16 entschieden, dass nicht nur im Falle der Kündigung nach Beitragsrückstand eine Bekämpfung durchzuführen ist, sondern bei allen sonstigen sich abzeichnenden provisionsrelevanten Gefährdungen des Bestandes des Versicherungsvertrages.
Das Oberlandesgericht München hatte mit Urteil vom 28.03.2019 unter dem Aktenzeichen 7 U 618/18 gemeint, dass sogar dann eine Stornobekämpfung zu erfolgen hat, wenn der Versicherungsvertrag widerrufen wurde. Schließlich vernichte der Widerruf den Vertrag ja nicht rückwirkend, sondern nur ab dem Zeitpunkt des Widerrufes.
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Auskunft beim Ausgleichsanspruch
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte sich im März 2019 mit dem Ausgleichsanspruch eines Vertragshändlers beschäftigen müssen.
Verklagt wurde eine Generalimporteurin für Fahrzeuge der Marke1 für Deutschland. Mit der Klägerin schloss sie einen Händlervertrag Pkw sowie einen Servicevertrag über die Marke1. Dieser Vertrag wurde gekündigt.
Der Vertragshändler verlangte die Rücknahme von Ersatzteilen bzw. Zahlung und Auskunft. Da sich der Ausgleichsanspruch nach den Unternehmervorteilen berechne und diese dem Händler unbekannt sind und von dem Importeur errechnet werden könnten, wurde die eingeklagte Auskunft darauf gestützt. Der Deckungsbeitrag (Rohertrag) einer Importeurin ergibt durch Abzug des Einkaufspreises vom Verkaufspreis. In dieser Hinsicht bekam der Händler in beiden Instanzen Recht.
Er verlangte noch Belege. Diese wurden ihm allerdings in beiden Instanzen aberkannt.
Die Importeurin wurde von beiden Instanzen zur Zahlung Zug und Zug gegen Rücknahme der Ersatzteile verurteilt.
Das erstinstantliche Urteil wurde vom OLG also in vollem Umfang bestätigt.
Die Ersatzteile mussten zurückgenommen werden, weil der Importeur nachvertraglich zur Treue verpflichtet sein. Der daraus hergeleitete Rücknahmeanspruch beschränkt sich nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 20.07.2005, VIII ZR 121/04) auf Warenbestände, deren Abnahme und Lagerung durch den Eigenhändler im Interesse ordnungsmäßiger Vertragserfüllung geboten war. Der klagende Händler kann so die Folgen seiner vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Importeur, nicht auch das Risiko darüber hinausgehender eigener unternehmerischer Entscheidungen, auf diesen abwälzen.
Ob der Händler einen Auskunftsanspruch hat und ob ihm überhaupt Ausgleichsansprüche zustehen, war vom Gericht zunächst zu prüfen. Denn Ausgleichsansprüche stehen gem. § 89 b HGB nur Handelsvertretern zu. Ein solcher war der Vertragshändler nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist die auf Handelsvertreter zugeschnittene Bestimmung des § 89b HGB auf einen Vertragshändler entsprechend anzuwenden, wenn sich das Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Hersteller oder Lieferanten nicht in einer bloßen Käufer-Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern der Vertragshändler so in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingegliedert ist, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hatte, und der Händler zum anderen verpflichtet ist, dem Hersteller oder Lieferanten seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann (BGH, Urteil vom 06.10.2010 – VIII ZR 209/07 zum Kfz-Vertragshändler). Das OLG meinte, dass allein entscheidend sei, ob der Kfz-Vertragshändler wie ein Handelsvertreter in die Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert ist und einen von ihm für den Hersteller neu geworbenen sowie an den Hersteller zu überlassenden Mehrfachkundenstamm aufbaue.
Dies sah das OLG als erfüllt an.
Maßstab für § 89b Abs. 1 Nr. 1 HGB sind die Unternehmervorteile. Diese sind nach der Neufassung des § 89b Abs. 1 HGB nicht mehr durch die Höhe der Provisionsverluste des Handelsvertreters beschränkt. Deshalb hat sich der Händler auch nicht damit abzufinden, dass er die Berechnung doch anhand der Verluste vornehmen könne, wie es die Beklagte behauptet hatte. So hatte das OLG Frankfurt auf ein Urteil des OLG Düsseldorf Bezug genommen, das einen Auskunftsanspruch abgelehnt hatte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2017 – 16 U 171/15).
Da die Klägerin über eine entsprechende Kenntnis der Unternehmensvorteile nicht verfügt, steht ihr der Auskunftsanspruch zu. Mit dieser profanen Begründung wurde der Auskunftsanspruch durch das OLG Frankfurt bestätigt.
Beim Einsichtnahmerecht in Belege entschied das OLG Frankfurt im Ergebnis anders als das OLG Düsseldorf. Zwar kann nach § 810 BGB und aus § 242 BGB ein Vorlageanspruch von Urkunden bestehen. Unter Abwägung der beiderseitigen schutzwürdigen Belange gebe es in Frankfurt ein berechtigtes Interesse an einer derartigen Urkundeneinsicht nicht. Der Anspruch setze nämlich voraus, dass die Einsicht zur Förderung, Einhaltung und Verteidigung seiner rechtlich geschützten Interessen benötigt wird. Das OLG Düsseldorf hatte das bejaht, weil bereits zuvor erteilte Auskünfte lückenhaft waren. Der Auskunftsverpflichtete war in Düsseldorf trotz entsprechender Hinweise zur Erteilung einer erschöpfenden Auskunft nicht bereit. Dies war allerdings in Frankfurt nicht der Fall, so dass das Einsichtnahmerecht vom OLG Frankfurt abgelehnt wurde.
Urteil des OLG Frankfurt vom 13.03.2019 Az 12 U 37/18