Everybody dance now

Gestern kündigte das Landgericht München eine Tendenz an. Der Bundesverband der Versicherungskaufleute (BvK) klagte bekanntlich gegen Check 24, die auf Ihrer Internetseite Versicherungen im Vergleich anbieten. Es ist auch der Kampf des konservativen Geschäftsmodells gegen neue Medien. Die alte Schule des Versicherungsverkaufs wehrt sich gegen das Online-Angebot durch Check24. Beratung im Wohnzimmer statt ein flotter Internetabschluss via IPad.

Das Gericht gab eine erste Einschätzung ab, die von allen Seiten völlig unterschiedlich bewertet wird. „Online-Vergleichsportale dürfen wohl auch in Zukunft Versicherungen vermitteln. Bei einem Vertragsabschluss im Internet müsse der Verbraucher grundsätzlich nicht so intensiv beraten werden wie bei einem Versicherungsmakler von Angesicht zu Angesicht“, hörte die FR im Gerichtssaal und stellte die grundsätzliche Berechtigung von Check24 an.

Aber das Gericht sagte auch, Check24 muss die Kunden künftig besser darüber informieren, dass es als Makler tätig ist und Provisionen für Versicherungsabschlüsse kassiert. Bislang las man dies auf der Webseite des Unternehmens nur in einer Fußzeile, die aus Sicht des BvK wohl von den wenigsten Nutzern zur Kenntnis genommen wird.

Insgesamt sieht dies wie der klassische Pyrrhus-Sieg aus, dessen Verfahren für Check24 kostenlose Werbung bereitet, im Ergebnis jedoch die Rechtmäßigkeit von Online-Portalen verankert, wenn gewisse Regeln eingehalten werden. Das Urteil wird am 13.7.16 erwartet.

Brandenburgisches OLG: Anerkenntnisse sind wirksam

Während sich viele Vertriebe damit rumstreiten, ob das Schweigen ein Anerkenntnis darstellt, gibt es Vertriebe, die diesen Weg umgehen, in dem man Anerkenntnisse einholt. Die OVB beispielsweise hält ihre Berater alljährlich dazu an.

Das OLG Brandenburg hat ein solches Anerkenntnis für wirksam erachtet, auch wenn der Berater sich bei Abgabe unter Druck gesetzt gefühlt hatte.

Hier ein paar Kernzitate der Entscheidung:

„…..Der Provisionsanspruch des Untervertreters entsteht, sobald und soweit der Unternehmer (der Auftraggeber des Hauptvertreters, hier der Klägerin) das vom Untervertreter vermittelte oder abgeschlossene Geschäft ausgeführt hat, § 87a Abs 1 S. 1 HGB. Er entfällt, wenn feststeht, dass entweder der Endabnehmer nicht an den Unternehmer zahlt oder der Unternehmer, mag er auch seinerseits vom Kunden Zahlung erlangt haben, den Provisionsanspruch des Hauptvertreters nicht erfüllt, § 87a Abs 2 HGB (vgl. BGHZ 91, 370).

…..Der Handelsvertreter kann gemäß § 87 c Abs. 2 HGB bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision gebührt. Im Einzelnen muss der Buchauszug alles enthalten, was sich aus allen dem Unternehmer verfügbaren schriftlichen Unterlagen im Zeitpunkt der Ausstellung des Buchauszuges über die fraglichen Geschäfte ergibt und nach der getroffenen Provisionsvereinbarung für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein kann, also Umstände betreffend die Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmer und Kunden. Gefordert ist ein „Spiegelbild“ der provisionsrelevanten Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmer, Kunden und Vertreter (Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012, § 87c Rn 15). Der Unternehmer schuldet den Buchauszug (anders als die Abrechnung selbst, Abs. 1) erst auf Verlangen des Handelsvertreters. § 87c Abs. 5 HGB macht die Regelung in Abs. 2 zwingend. Ein ausdrücklicher Verzicht auf die Rechte aus § 87 c HGB für die Vergangenheit ist aber möglich (Baumbach/Hopt, a.a.O., Rn 4, 29). Soweit ein Saldoanerkenntnis des Handelsvertreters vorliegt, ist der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges nach § 87c HGB ausgeschlossen (Oetker, HGB, 2. Aufl. 2011, § 87c Rn 17 m.w.N.). Ein Saldoanerkenntnis stellt in der Regel einen Verzicht auf dem Handelsvertreter bekannte Einwendungen aus der früheren Zeit dar (BGHZ 56, 290).

……Der Provisionsanspruch des Beklagten bestand auch gemäß § 87a Abs. 3 HGB fort. Nach dieser Vorschrift besteht auch dann Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Der Anspruch auf Provision entfällt im Falle der Nichtausführung nur, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat (BGH NJW-RR 2005, 1196). Die Nichtausführung (Stornierung) eines Vertrages ist schon dann nicht vom Versicherungsunternehmen zu vertreten (§ 87a Abs. 3 S. 2 HGB), wenn es notleidende Verträge in dem gebotenen Umfang „nachbearbeitet“ hat. Art und Umfang der dem Versicherungsunternehmen obliegenden „Nachbearbeitung“ notleidender Versicherungsverträge bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls (BGH NJW 2011, 1590). Der Versicherer kann wahlweise entweder selbst Stornoabwehr betreiben oder dem Versicherungsvertreter durch zugangsbedürftige Stornomitteilung Gelegenheit geben, den notleidenden Vertrag selbst nachzubearbeiten (Stornogefahrmitteilungen).

……..Eine ausreichende Nachbearbeitung kann in der Versendung von Mahnschreiben an die Versicherungsnehmer nach Einstellung der Prämienzahlungen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen, die sich aus der Einstellung der Prämienzahlung ergeben, bestehen, oder darin, dass in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Versicherungsnehmern schriftlich ein Gesprächsangebot unterbreitet und die Bereitschaft zu einem Entgegenkommen bekundet wird (BGH a.a.O. Rz. 17).

……Der Regelungszusammenhang des § 87a HGB gilt auch im Verhältnis von Haupt- und Untervertreter. In den Fällen der Nichtausführung des Vertrages kommt es nach § 87a Abs. 3 HGB darauf an, ob der Hauptvertreter die Umstände, auf denen die Nichtausführung beruht, zu vertreten hat (OLG Köln, VersR 2006, 71). Die Pflicht zur Nachbearbeitung besteht auch im mehrstufigen Vertretungsverhältnis, mit der Folge, dass die Klägerin vertragserhaltende Tätigkeiten entfalten musste. Da unstreitig mit dem Beklagten vereinbart war, dass dieser die Nachbearbeitung unmittelbar übernehme, musste die Klägerin diesem, sofern sie nicht selbst nachbearbeitete, hierzu – in Form der Übersendung von Stornogefahrmitteilungen – Gelegenheit geben.

…….Hinsichtlich dieser Verträge ist der Klägerin der Nachweis der rechtzeitigen Absendung von Stornogefahrmitteilungen nicht gelungen. Der Zeuge W… hat zwar bestätigt, dass insoweit Mitteilungen automatisch und maschinell (elektronisch) über das interne O…System abgesandt worden sind. Zu diesem System hatte aber unstreitig und auch nach Bekundung des Zeugen W… nur ein Herr B…, die „Führungskraft“ des Beklagten, Zugang. Auch wenn der Beklagte Gelegenheit gehabt haben sollte, sich einen entsprechenden Zugang einrichten zu lassen, war er hierzu nicht verpflichtet; aus der reinen Absendung der Mitteilung an Herrn B… kann deshalb nicht auf den Zugang beim Beklagten geschlossen werden.“

LG Braunschweig tendiert dazu, das Schweigen auf eine Provisionsaberechnung für verwerflich zu halten

Gestern berichtete ich davon, dass das Schweigen nach Erhalt einer Provisionsabrechnung nicht als Anerkenntnis der Abrechnung gewertet werden dürfte. So entschied es das KG Berlin, viele andere Gerichte bis hin zum BGH.

Das Landgericht Braunschweig hat sich dieser überwiegenden Rechtsprechung  anschließen wollen, zitierte den BGH, schien sich zunächst gegen das Anerkenntnis entscheiden zu wollen, drehte sich aber dann um die eigene Achse und verurteilte einen Vermögensberater zur Rückzahlung von Provisionsvorschüssen. Aufgrund der jahrelangen unbeanstandeten Hinnahme der Provisionsabrechnungen der DVAG und der Rügepflicht aus dem Vertrag sei der Beklagte „nicht schon mit dem Einwand zu hören“, dass die Abrechnungen nicht nachvollziehbar oder unverständlich seien, meint das Gericht. Aus welchem Rechtsgrund das Gericht den Beklagten nicht hören wollte (oder zuhören wollte?), teilte es allerdings nicht mit.

Dabei hatte der Beklagte Rechenfehler dargelegt, die in falschen Promillezahlen und falschen Haftungszeiten zum Ausdruck kamen. Warum das Gericht das nicht hörte (und las), weiß man nicht.  „Nicht schon mit dem Einwand zu hören“ ist offensichtlich ein neuer Versuch, das Anerkenntnis zu erklären, welches es nach der Rechtsprechung des BGH jedoch nicht geben darf. Gegen die Entscheidung wurden Rechtsmittel eingelegt.

KG Berlin: Schweigen auf Provisionsabrechnung kein Anerkenntnis

Eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der die Provisionsabrechnungen des Unternehmers als anerkannt gelten, wenn der Handelsvertreter nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch erhebt, ist wegen Verstoßes gegen § 87c HGB unwirksam. Der Annahme eines sich ständig wiederholenden negativen Schuldanerkenntnisses des Handelsvertreters durch Schweigen auf die Provisionsabrechnungen des Unternehmers stehen die dem Schutz des meist wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreters dienenden §§ 87a Abs. 5, 87c Abs. 5 HGB entgegen.

Beschluss KG Berlin vom 18.5.2015 Az 12 U 124/13

LG Frankfurt: Softwarepauschale als direkter Zahlungsanspruch

Am 19.4.16 fällte das Landgericht Frankfurt ein Urteil, wonach ein Vertrieb zur unmittelbaren Auszahlung von Softwarepauschalen verurteilt wurde sowie auf die Erteilung eines Buchauszuges.

Hintergrund war, dass ein Vermögensberater die Erstattung von Softwarepauschalen verlangte, die sein Vertrieb, die DVAG, quartalsmäßig einzog. Diese Softwarepauschale muss nach der Frankfurter Entscheidung direkt an den Berater ausgezahlt werden. Das Gericht begründete den Anspruch auf die Softwarepauschale mit einem Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB, weil das geführte Kontokorrentkonto vertragswidrig mit der Softwarepauschale belastet wurde. Ohne diese Pflichtverletzung, so das Gericht, hätte der Kläger bereits entsprechende Auszahlungen vom Kontokorrentkonto erhalten, so dass er nicht nur einen Anspruch auf Gutschrift auf das Kontokorrentkonto, sondern einen Zahlungsanspruch hat.

Das Gericht wies im Übrigen auf Verjährungsvorschriften hin und wies die Klage von verjährten Rückzahlungsansprüchen gleichzeitig ab.

Zudem erkannte das Gericht, dass dem Handelsvertreter ein Buchauszug gem. § 87 c) Abs. 2 HGB zustehe. Der vertrieb wies darauf hin, dass dem Berater, der noch heute Zugriff zum Intranet habe, darin alle Informationen zur Verfügung ständen. Dabei verwies das Gericht auf den Bundesgerichtshof, der entschieden hatte, dass ein EDV-System, welches nur Zugriff auf den aktuellen Datenstand und keinen Gesamtüberblick über den fraglichen Zeitraum gibt, den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen würde und der Handelsvertreter  nicht darauf verwiesen werden kann, er habe die Daten selbst fixieren, also laufend ausdrucken oder speichern, können oder ihm bereits übersandte Unterlagen aufbewahren können (Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.09.2006, – VIII ZR 100/05 -).

Darüber hinaus, so das Gericht, obliege die Erstellung des Buchauszuges als vollständige, geordnete und übersichtliche Darstellung aller Angaben, die für die Provision von Bedeutung sind, nicht dem Handelsvertreter, sondern dem Prinzipal. Selbst wenn daher alle notwendigen Daten im EDV-System für den Kläger zugänglich hinterlegt wären, so wäre es doch Sache der Beklagten, diese in der gebotenen Form zusammenzustellen. Außerdem schulde die Beklagte dem Kläger die dauerhafte Überlassung des Buchauszuges und nicht nur die jederzeit einschränkbare elektronische Abrufbarkeit.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.