BGH erklärt nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Vermögensberatervertrag für unwirksam

Im Vermögensberatervertrag der DVAG 2007 ist folgende Regelung enthalten:

„Der V.berater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, der Gesellschaft V.berater, andere Mitarbeiter oder Kunden abzuwerben oder dies alles nur zu versuchen. Verstößt der V.berater gegen auch nur eines der vorstehenden Verbote, so hat er für jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Gesellschaft eine Vertragsstrafe in Höhe von …. zu zahlen.“

Nachdem einem Vermögensberater vorgeworfen wurde, er habe dagegen verstoßen, geriet die Klausel auf die Waagschale. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte in zweiter Instanz die Klausel für unwirksam gehalten. Schon in einer früheren Entscheidung hatte sich das OLG sehr kritisch mit den Klauseln auseinandergesetzt.

Es wies die Klage auf Auskunft und Schadenersatz ab mit der Begründung ab:

„Die im V.beratervertrag vom 25.05./14.06.2007 getroffene Vereinbarung über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), auch und insbesondere wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), unwirksam….Die von den Parteien unter V. Abs. 2 des V.beratervertrags getroffene Vereinbarung über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam“ (Dabei stellte das Gericht darauf ab, dass nicht gleichzeitig eine Entschädigungsklausel enthalten wäre).

Außerdem sah das Gericht die Klausel als nicht transparent an. “ Das Transparenzgebot ist aber auch deshalb verletzt, weil dem Handelsvertreter durch die Regelung in V. Abs. 2 des V.beratervertrags für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses untersagt wird, V.berater, andere Mitarbeiter oder Kunden der Klägerin abzuwerben, ohne dass dabei hinreichend deutlich gemacht wird, ob sich das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nur auf solche Personen erstreckt, die zur Zeit der Vertragsdauer V.berater, andere Mitarbeiter oder Kunden der Klägerin waren, oder ob es auch solche Personen erfasst, die erst nach dem Ausscheiden des Vertragspartners bei der Klägerin zu deren Mitarbeitern oder Kunden geworden sind. Eine klare Aussage wird insoweit – obwohl sich die Frage aufdrängt, nachdem das nachträgliche Wettbewerbsverbot gerade für die Zeit nach Vertragsende gilt – im Vertrag nicht getroffen. Für den Vertragspartner des Verwenders ist daher aus dem Vertragstext heraus nicht klar erkennbar, welcher Personenkreis dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterfällt, wie weit also das Wettbewerbsverbot reicht (so schon Senat, Urteil vom 16.07.2014, 15 U 215/13, n.v.).“

Dagegen wehrte sich die DVAG im Rahmen der Revision beim Bundesgerichtshof. Die Revision wurde zugelassen,  „da die Klägerin die Klausel für eine wiederholte Verwendung vorgesehen hat, eine Vielzahl von Fällen“ betroffen ist.

Der BGH entschied am 3.12.15 unter dem Az VII ZR 100/15, dass die Klausel unwirksam ist. Der BGH stellte jedoch nicht mehr darauf ab, dass die Klausel benachteiligen könnte, sondern einzig und allein darauf, dass die Klausel intransparent sei.

„Nicht nur ist für einen durchschnittlichen Vertragspartner der Klägerin auch unter Berücksichtigung des Abwerbeverbots während der Vertragslaufzeit in Nr. V. Abs. 1 nicht hinreichend klar, ob mit „Kunden“ im Sinne von Nr. V. Abs. 2 sämtliche Personen gemeint sind, die Verträge mit Partnerunternehmen der Klägerin abgeschlossen haben, oder nur solche Personen, die derartige Verträge aufgrund einer dem Handelsvertreter (Vermögensberater) zuzurechnenden Vermittlungstätigkeit abgeschlossen haben. Hinzu kommt, dass nicht hinreichend klar ist, ob sich das Verbot der Abwerbung von Kunden in Nr. V. Abs. 2 auch auf Personen erstreckt, die erst nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses, aber binnen des Zeitraums von zwei Jahren nach dieser Beendigung Verträge mit Partnerunternehmen der Klägerin geschlossen haben.“

Vermögensberater wird Heilpaktiker

Frau Wallenstein, eine Vermögensberaterin der DVAG, hatte kürzlich auf der Seite der unabhängigen Interessenvertretung der Handelsvertreter der DVAG e.V. von ihrem Lebensschicksal berichtet. Ich hatte darauf aufmerksam gemacht, dass Frau Wallenstein mit ihrer Erkrankung kein Einzelfall ist.

Immer wieder berichte ich gern von Vermögensberatern, die ausgestiegen sind. Einige, nicht wenige, wählen sogar den Ausstieg aus der Branche. Einige haben ihr Glück im Ausland gefunden, andere mit der Produktion von Tierfilmen oder gar dem Betrieb eines Biobauernhofes.

Herr Wolfgang Ernst hat sich ebenfalls aus der Branche verabschiedet. Er ist jetzt Heilpraktiker.

Er war lange Zeit Vermögensberater. Jetzt möchte er auch in seiner neuen Tätigkeit seine Erfahrungen einbringen und  im Rahmen seines Heilpraktikerberufes auch Vermögensberatern und Handelsvertretern seine Hilfe anbieten.

Gerade er als ehemaliger Vermögensberater kann sich daher schnell in die besonderen Probleme von Handelsvertretern hineindenken. Er bietet dazu sämtliche Anwendungen an, auf die ein Heilpraktiker typischer Weise zurückgreift. Insofern empfehle ich einen Blick auf die aussagekräftige Website des Heilpraktikers Wolfgang Ernst.

 

Abwerbeoffensive

Gestern gab es vor dem Landgericht eine umfangreiche Beweisaufnahme. Thema war unter anderem, dass zwei Vermögensberater abgeworben werden sollten.

Dies stellte ein Vermögensberater als Zeuge so dar, dass ein abwerbender Vertrieb, ein Strukturvertrieb aus Dresden mit Makleranbindung, ein Rundumpaket anbot. Lange Kündigungsfristen könnten umgangen werden. Man könne als Tippgeber arbeiten, ohne dass dies dem alten Vertrieb auffalle. Außerdem gebe es eine  juristische Hilfe zu einem geringen Pauschalhonorar der „besten Kanzlei Deutschlands“. Die würden dann für den Vermögensberater fristlos kündigen.

Der Makler, der dieses Angebot so abgegeben haben soll, war auch als Zeuge geladen. Er erschien vor Gericht aber nicht – wohl aus gutem Grunde.

Softwarepauschale 2016

Die DVAG hat das Intranet bzw. die Softwarepauschale umgestellt. Ab dem 01.01.2016 gibt es ein kostenloses Basissystem. Bis zum 31.01.2016 soll die Wahl bestehen, stattdessen eine kostenpflichtige Premiumversion zu erwerben.

Bis zum 31.12.2015 verfügte die DVAG über ein kostenpflichtiges Softwareprogramm.

Mit der Umstellung hat sich die DVAG dem Modell der SwissLife Select angenähert. Dort gibt es ebenfalls ein Basismodell, darüber hinaus ein Professional-Modell und sogar ein Avantgarde-Modell.

Während jedoch das Basismodell bei der DVAG kostenlos ist, soll weiterhin für das Basismodel bei der SwissLife 20,00 € monatlich gezahlt werden.

Wenn ausschließlich eine eine kostenpflichtige Software angeboten werden würde, wäre dies bedenklich. Gemäß § 86 a Abs. 1 HGB ist der Unternehmer verpflichtet, dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Dazu könnte auch ein Softwarepaket gehören, mit dem der Handelsvertreter ordnungsgemäß arbeiten kann.

Versicherungsunternehmen müssen Versicherungsvertreter streichen, wenn sich ein Makler meldet

Die Provinzial hatte sich bekanntlich schwer getan, eine Maklervollmacht zu akzeptieren.

Nun traf es zwei weitere Versicherungen in ähnlichen Fällen, die AachenMünchener und eine andere Versicherung, deren Namen nicht auf der Website der Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler (IGVM) nicht genannt wird.

Dort schreibt die IGVM, dass das Oberlandesgericht Nürnberg der Aachen-Münchener mit Urteil vom 30. Juni 2015  untersagt (Aktenzeichen 3 U 2086/14 – noch nicht rechtskräftig) hat, weder unter „es betreut Sie“ noch unter „Ihr persönlicher Ansprechpartner“ einen konzerneigenen DVAG-Mitarbeiter anzugeben, wenn es einen Maklervertrag und eine Maklervollmacht gibt.

Im Urteil heißt es auszugsweise

zum Sachverhalt:

„Die Beklagte übersandte der Klägerin am 07.09.2013 ein Schreiben zur Weiterleitung an den Versicherungsnehmer H…, der bei ihr eine Wohngebäudeversicherung durch Vermittlung der Klägerin abgeschlossen hatte und von dieser als Maklerin betreut wurde, sowie einen Versicherungsschein zu dieser Versicherung mit Datum vom selben Tag. Das Schreiben enthält unter der Überschrift „Ihr Ansprechpartner zum Vertrag:“ die Telefonnummer des Kunden-Service-Centers des für die Beklagte tätigen Außendienstes, der A… D… V… AG (im Folgenden: „D…“) sowie unter der Überschrift „Es betreut Sie:“ den Hinweis auf einen Vermögensberater der D… mit Angabe dessen Adresse, Telefon- und Telefaxnummer. In dem mitübersandten Versicherungsschein werden auf Seite 5 unter der Rubrik „Ihre persönlichen Ansprechpartner:“ ein Vermögensberater und die Direktion für die D… unter Namensnennung sowie  mit Angaben deren Adressen, Telefon- und Telefaxnummern benannt.

…..

In einer Zusatzerklärung vom 27.08.2013, die der Beklagten am 28.08.2013 übersandt worden war, hatte der Versicherungsnehmer erklärt, dass er auf eine Beratung der Beklagten während der Vertragslaufzeit gemäß § 6 Abs. 4 S. 2 VVG verzichte und der Beklagten eine Datenspeicherung bzw. Datenverarbeitung untersage, soweit diese die Weitergabe an Dritte umfasst.“

und zu den Entscheidungsgründen:

„Entgegen dem Berufungsvorbringen ist die Benennung eines konkreten Mitarbeiters der D…als Betreuer auch irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 UWG.

„Insofern ist der Beklagten zuzugestehen, dass als maßgeblicher Verkehrskreis nicht der Versicherungsnehmer allgemein, sondern der durch einen Versicherungsmakler vertretene Versicherungsnehmer anzusehen ist. Aber selbst bei einer derartig engen Eingrenzung des angesprochenen Verkehrskreises besteht die Gefahr, dass nicht unerhebliche Teile dieses Publikums aufgrund der Formulierung „es betreut Sie“ annehmen können, die als Betreuer genannten Personen seien als maßgebliche Ansprechpartner auf Seiten der Versicherungsnehmer an Stelle der Klägerin anzusehen und werden daher über den tatsächlich für sie zuständigen, kompetenten Ansprechpartner getäuscht. Der Senat teilt insofern die Auffassung des Landgerichts Potsdam (RuS 2012, 465 ff.), dass zwar möglicherweise zahlreiche Versicherungsnehmer den von einer Versicherung eingeschalteten, in deren Lager stehenden Vertriebsmitarbeiter von dem im eigenen Lager stehenden Versicherungsmakler unterscheiden können, ein erheblicher Teil der Versicherungsnehmer als juristische Laien diesen Unterschied aber nicht versteht. Dabei ist, wie das Landgericht Potsdam zutreffend ausführt, auch zu berücksichtigen, dass sich der Versicherungsnehmer in vielen Fällen nur selten mit einem Versicherungsthema zu beschäftigen hat und, wenn er dann einen Ansprechpartner benötigt, um Versicherungsleistungen geltend zu machen, sich nach längerer Zeit oftmals nicht mehr an seinen letzten Ansprechpartner erinnern kann.“

 Übrigens hatte das Landgericht in erster Instanz die Klage nur teilweise für begründet angesehen. In der Berufung mussten prozessuale Anträge berichtigt werden.
Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Offenbar war man dort der Meinung, dass eine grundsätzliche Entscheidung von Bedeutung wäre.

Schließlich gibt es einige Versicherer, die ihre Produkte ausschließlich selbst verkaufen oder durch einen bestimmten Vertrieb verkaufen lassen. Das Interesse, dass sich Makler einschalten, dürfte bei diesen Versicherungen eher als gering einzuschätzen sein.