Beratungsprotokoll

Folgen des fehlenden Beratungsprotokolls

Fehlt das Beratungsprotokoll oder wurde der Verzicht nicht ordnungsgemäß erklärt, kann das im Streitfall zu einer Umkehr der Beweislast führen.

Die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers nach § 61 Abs. 1 Satz 2, § 62 VVG kann zu Beweiserleichterung zu Gunsten des Versicherungsnehmers bis hin zu einer Beweislastumkehr führen. Ist ein erforderlicher Hinweis von wesentlicher Bedeutung nicht, auch nicht im Ansatz, dokumentiert worden, so muss grundsätzlich der Versicherungsvermittler beweisen, dass dieser Hinweis erteilt worden ist (amtlicher Leitsatz).Urteil des BGH vom 13.11.2014

Form des Verzichts auf das Beratungsprotokoll

Gemäß § 61 VVG hat der Versicherungsvermittler den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder in der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages nach § 62 zu dokumentieren.

Gemäß Abs. 2 kann der Versicherungsnehmer auf die Beratung oder die Dokumentation nach Abs. 1 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, der vom Versicherungsvermittler ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit des Versicherungsnehmers auswirken kann, gegen den Versicherungsvermittler einen Schadensersatzanspruch nach § 63 geltend zu machen.

Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinne des § 312 c BGB, so kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

Das Gesetz unterscheidet also zwischen der Dokumentation und der Beratung. Auf beides kann bei Vorliegen der Voraussetzungen verzichtet werden.

Sehr umstritten ist, wie ein solcher Verzicht erklärt werden kann.

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat in einem Hinweisbeschluss vom 9.1.2025 unter dem Aktenzeichen 8U 1684/24 entschieden, dass zwar eine gesonderte schriftliche Erklärung erforderlich sei, diese jedoch nicht zwingend voraussetze, dass sie in einer vom Antragsformular körperlich losgelösten eigenen Urkunde erfolgt. Es sei ausreichend, wenn sich die Erklärung und die hierauf bezogene Unterschrift des Versicherungsnehmers deutlich vom übrigen Text des Antrages abhebt Absatz das OLG Nürnberg hatte über ein 45-minütiges Beratungsgespräch über eine formgebundene Rürup-Renten zu entscheiden und über eine Option im Antragsformular “Ich verzichte auf die Beratung“.

Dieser Beratungsverzicht wurde eigenhändig unterschrieben.

Laut dem OLG Nürnberg sei die Verzichtserklärung eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärungen, sodass eine sogenannte HGB-Kontrolle auch mit Blick auf § 307 Abs. 2 Ziffer 1 BGB nicht in Betracht kommt. Nach dieser Vorschrift wären Formularklauseln unwirksam, die mit dem wesentlichen Grundgedanken der verbraucherschützenden Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) unvereinbar wären. Dies wäre jedoch nur bei einem standardmäßigen Beratungs-, und Dokumentationsverzicht der Fall.

Möglicherweise käme auch eine Unwirksamkeit des Beratungsverzichts gemäß § 138 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn im Einzelfall ein Ungleichgewicht zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer bestehen. Und dies deshalb sittenwidrig sei. Dafür wäre allerdings der Versicherungsnehmer darlegungs- und beweisbelastet.

Das Landgericht Osnabrück hatte im Juni 2024 ein Urteil gefällt und einen Beratungsverzicht für unwirksam erklärt.

Dieses hatte einen Verzicht gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nummer 2 BGB wegen einer unangemessenen Benachteiligung für unwirksam erklärt. Der Verzicht sei erkennbar auf einer vorformulierten Erklärung enthalten. Die Pflichten des Vermittlers, eine umfassende Betreuung und Beratung des Kunden durchzuführen, wurden hierdurch in einer den Vertragszweck gefährdenden Weise eingeschränkt. Das Gericht hatte vorher erklärt, dass der Versicherungsnehmer doch gar nicht wisse, was er unreschreibe.

Das Oberlandesgericht Oldenburg vertritt aktuell in Hinblick auf den Beratungsverzicht und den Dokumentationsverzicht eine gleichermaßen strenge Auffassung. Eine formularmäßige Beratungsverzicht sei ohnehin unwirksam. Ob auf eine formularmäßige Dokumentation verzichtet werden kann, sei streitig. Eine Erklärung in Textform in Hinblick auf einen Verzicht auf eine Beratung oder Dokumentation genügt nicht, wenn kein Fernabsatzgeschäft vorliegt. Hier war der Vertrag elektronisch geschlossen worden.

Also Vorsicht bei der Erklärung über den Verzicht einer Dokumentation oder einer Beratung per iPad oder Ähnlichem!

Keine Haftung trotz fehlendem Beratungsprotokoll

Wer gedacht hat, mit Einführung der Pflicht zur Beratungsdokumentation im Jahre 2007 sei es einfach, einen Makler in die Haftung zu nehmen, der wurde nun vom Oberlandesgericht Hamm eines Besseren belehrt.

Ein Rentenversicherungsvertrag wurde Anlass zur Klage in Form eines Rundumschlags. Die Klägerin erklärte den Rücktritt, Widerruf, Anfechtung und mehr. Den Makler verklagten sie auf Schadenersatz. Denn bei so einer Versicherung sah sie sich getäuscht. Eine solche wollte sie angeblich nicht.

Von dem Makler wollte sie die gezahlten Prämien zurück. Dies sei aber nicht ihr Schaden. Einen solchen müsse sie schon konkret darlegen, was sie nach Ansicht des OLG nicht getan habe.

Eine Pflichtverletzung wollte das Gericht auch nicht sehen. Gemäß § 61 Abs. 1 VVG hat der Makler den Versicherungsinteressenten nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu fragen (Pflicht zur Bedarfsermittlung) und sodann den für diesen Bedarf passenden Versicherungsschutz zu empfehlen (Pflicht zur Beratung). Dabei trifft ihn gemäß § 60 Abs. 1 VVG die Pflicht, seine Empfehlung auf eine ausreichende Grundlage zu stützen. Gemäß §§ 61 Abs. 1 S. 2, 62 VVG muss er den Inhalt der Beratung dokumentieren.

Die Beratung war ordentlich, die Dokumentation jedoch nicht.

Das Gericht schrieb dazu:

„Dies kann zwar, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, zu Beweiserleichterungen bis hin zu Beweislastumkehr führen. Das betrifft aber lediglich die Frage, ob eine bestimmte – nicht dokumentierte – Beratung erfolgt ist oder nicht. Ergibt sich ein solcher Hinweis von wesentlicher Bedeutung nicht aus der Dokumentation oder fehlt eine solche gar völlig, kann der Vermittler für seine Behauptung, er habe in bestimmter Weise beraten, beweisbelastet sein (BGH, Urteil vom 13.11.2014 – III ZR 544/13, VersR 2015, 107).

…..Unabhängig vom Vorhandensein oder Fehlen einer Beratungsdokumentation ist hier deshalb die Klägerin beweisbelastet für diejenigen Tatsachen, aus denen sich eine rechtliche Verpflichtung des Beklagten zu 2) ableiten ließe, sie – auch – über einzelne Möglichkeiten einer betrieblichen Altersvorsorge zu beraten.“ Dieser Beweislast kam die Klägerin allerdings nicht nach.

Die unglücklich rentenversicherte Klägerin ging damit leer aus.

Neues Beratungsprotokoll

Der Arbeitskreis Beratungsprozesse empfiehlt laut Cash.de ein neues Beratungsprotokoll.

Interessant ist die Seite www.beratungsprozesse.de allemal.

Hier findet man allerlei Nützliches, wie z.B. Maklervollmachten und Maklerverträge ,

aber auch Beratungsdokumentationen, auch als Worsvorlage.

Beratungsprotokolle im Fokus

Sehr interessant heute im Versicherungsjournal der Beitrag zu den Beratungsprotokollen.

Übrigens: In England und Holland gibt es ab 2013 ein Gesetz, wonach der Kunde die – in England und Holland – provisionsfreie Beratung bezahlen muss.