BGH

Wettbewerbsverbot nach unwirksamer fristloser Kündigung

Wie soll sich ein Handelsvertreter verhalten, wenn er eine Kündigung erhält, die unwirksam ist ?

Der BGH meint, der Handelsvertreter könne sich vertragswidrig verhalten, wenn er nach der Kündigung für die Konkurrenz arbeitet (schließlich bestehe der Handelsvertretervertrag ja noch fort). Es drohe dann eine (weitere) Kündigung aus wichtigem Grund, die dann wirksam sein könnte. Und der Handelsvertreter könne sich schadensersatzpflichtig machen u.s.w….

Dazu das Urteil des BGH vom 12.03.2003

Leitsatz : „Ein Handelsvertreter, der nach einer unwirksamen fristlosen Kündigung seitens des Unternehmers am Vertrag festhalten und die sich hieraus ergebenden Rechte nach wie vor in Anspruch nehmen will, muss sich grundsätzlich bis zur rechtswirksamen Beendigung des Vertrages weiterhin jeglichen Wettbewerbs enthalten, der die Interessen des Unternehmers beeinträchtigen könnte.“

BGH : Nach mehr als 2 Monaten kommt Kündigung zu spät

Nach § 626 Abs. 2 BGB kann die ausserordentliche Kündigung eines Dienstverhältnisses nur innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis der für die Kündigung massgebenden Tatsachen erfolgen.

Der Bundesgerichtshof stellt jedoch klar, dass diese Vorschrift auf das Handelsvertreterrecht nicht anzuwenden ist.

Der BGH entschied : Auf Grund der dem Kündigenden zuzubilligenden Überlegungsfrist ist die Kündigung jedoch innerhalb eines Zeitraums von weniger als zwei Monaten auszusprechen. Wird die fristlose Kündigung danach ausgesprochen, ist sie nicht wirksam.

Urteil des BGH vom 26.05.1999
VIII ZR 123/98
NJW Heft 35/1999, S.8

BGH : Handelsvertreter hat jedenfalls Anspruch auf Buchauszug

Nach § 87 c HGB hat ein Handelsvertreter zur Berechnung seiner Provisionsansprüche gegenüber seinem Auftraggeber einen Anspruch auf einen Buchauszug.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs braucht sich ein Versicherungsvertreter nicht mit der Übersendung regelmäßiger Abrechnungen zufrieden geben. Ihm steht ein Anspruch auf Vorlage aller Unterlagen über die vermittelten Geschäfte zu. Aus diesen müssen sich insbesondere die Jahresprämie als Bemessungsgrundlage für die Abschluss- und Betreuungsprovision, der Versicherungsbeginn, eine eventuelle Stornierung von Verträgen, Prämienerhöhungen, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Restlaufzeiten ergeben.

Dem Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung des Buchauszuges seitens des Auftraggebers kann auch nicht entgegengehalten werden, die Zusammenstellung der Unterlagen sei nur mit ganz erheblichem finanziellen Aufwand möglich. Vielmehr, so der BGH, ist es Aufgabe des Unternehmens, die Buchhaltung so einzurichten, dass es den Auskunftsansprüchen gegenüber seinen Handelsvertretern ordnungsgemäß nachkommen kann.

Urteil des BGH vom 21.303.2001; Az.: VIII ZR 149/99

Kunden bleiben Kunden des Unternehmens – Kundendaten dürfen nicht mitgenommen werden

Der BGH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung : Angeworbene Kunden bleiben der Gesellschaft und „gehören“ nicht dem Handelsvertreter.

Der BGH :

„Ein Versicherungsvertreter darf Daten, die ein Geschäftsgeheimnis (hier Kundendaten) seines früheren Dienstherrn darstellen, nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses nicht deshalb für eigene Zwecke verwenden, weil er die Kunden während des Bestehens des Handelsvertreterverhältnisses selbst geworben hat.“

Urteil des BGH vom 26.02.2009
Aktenzeichen: I ZR 28/06
NJW 2009, 1420

Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit kann Abmahnung voraussetzen

Die Fortsetzung des Handelsvertreterverhältnisses kann für den Unternehmer auch dann unzumutbar sein, wenn der Handelsvertreter eine verbotswidrige Konkurrenztätigkeit ausübt, ohne diese dem Unternehmen zu verheimlichen (offene Konkurrenztätigkeit). Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Handelsvertreterverhältnisses beschränkt sich daher nicht auf Fälle eines gestörten Vertrauensverhältnisses infolge heimlicher Konkurrenztätigkeit.

In derartigen Fällen bedarf es vor Ausspruch der ausserordentlichen Kündigung einer vorherigen Abmahnung des Handelsvertreters. Die Kündigung des Handelsvertretervertrages aus wichtigem Grund nach § 89a HGB muss jedoch in der Regel innerhalb von zwei Monaten ab Kenntnis des Kündigungsgrundes erfolgen.

Urteil des BGH vom 26.05.1999
VIII ZR 123/98

Betriebs-Berater 1999, 1516

Geheimhaltung und Datenschutz – noch immer ein Fremdwort ?

Am 10.02.2010 entschied der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen IX ZA 21/09, dass ein Krankenversicherer keine Daten an einen Dritten weitergeben darf.

Hintergrund war, dass Provisionsansprüche und Rechte auf die Erstellung eines Buchauszuges an einen Dritten abgetreten waren. Dieser Dritte verlangte dann den Buchauszug. Daten hätten also an ihn weitergegeben werden müssen.

Der BGH sagte, dieser Dritte habe darauf keinen Anspruch, da sich sonst der Krankenversicherer gemäß § 203 Abs. 1 Ziffer 6 StGB strafbar mache. Die Abtretung sei deshalb unwirksam.

Übrigens : Das Urteil stellt keine Überraschung dar. Anwälte dürfen ihre Forderungen aus dem gleichen Grunde auch nicht abtreten, z.B. an ein Inkassounternehmen, um Gebührenansprüche einzuziehen.

Zu dem großen Thema Geheimhaltung und Datenschutz konnte das Bundesverfassungsgericht am 02.03.2010 umfassend beitragen. Danach ist die sechsmonatige Speicherung von Telekommunikationsdaten durch private Dienstanbieter – trotz gesetzlicher Grundlage – unzulässig. Das Bundesverfassungsgericht verlangt hinsichtlich der Datensicherheit Regelungen, die einen besonders hohen Sicherheitsstandard entsprechen und klar und verbindlich sind.

Durch diese beiden Entscheidungen ist der Datenschutz wieder in den öffentlichen Fokus gerückt.

Kürzlich wurde uns mitgeteilt, dass persönliche Daten einer Mandantin, die Kundin der Central Krankenversicherung ist, an einen Direktionsleiter der deutschen Vermögensberatung DVAG weitergegeben wurden. Dieser schrieb die Mandantin daraufhin an.

Wir denken: Auch das ist strafbar gemäß § 203 Abs. 1 Zf. 6 StGB

Wenn der Vater mit dem Sohne

Der BGH entschied am 26.02.2009, in einer sehr interessanten Entscheidung, dass ein Versicherungsmakler nicht wettbewerbswidrig handele, wenn er Kunden, die er zuvor über die Versicherungsagentur seines Vaters einem Versicherer zugeführt hatte, mit dem Ziel anschreibt, ihnen neue Versicherungen zu vermitteln.

Hintergrund:

Ein Vater hatte mit einem Versicherer ein Agenturverhältnis. Dieses wurde beendet. Daraufhin hatte der Sohn mehrere hundert Kunden angeschrieben.

Der Versicherer verlangte die Kundenakten heraus. Der BGH entschied, dass der Vater die kundenbezogenen Daten nicht herausgeben musste – im Gegensatz zu dem für einen Hauptvertreter tätigen Untervertreter. Bei einer Verwendung der Daten handele er deshalb nicht wettbewerbswidrig.

Der BGH gab die Sache an das entscheidende Gericht zurück, weil nicht festgestellt werden konnte, ob der Vater nun Versicherungsmakler oder Untervertreter sei.

Ausgleichsanspruch nach 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB ?

In § 89 b Absatz 3 Nr. 2 HGB steht, dass ein Handelsvertreter dann keinen Ausgleichsanspruch hat, wenn der Unternehmer den Vertretervertrag aus wichtigem Grund gekündigt hat. Es kommt mithin darauf an, ob der Handelsvertreter sich schuldhaft Verhalten hat und ob dies die fristlose Kündigung gerechtfertigt hat.

Was ist aber wenn sich erst nach Vertragsende herausstellt, dass sich der Handelsvertreter vertragsbrüchig verhalten hat?

Kann der Ausgleichsanspruch auch dann ausgeschlossen sein, wenn das schuldhafte Verhalten des Vertreters nicht der eigentliche Grund für die Kündigung war?

Konkret hatte sich der BGH damit zu beschäftigen, ob die Firma Volvo einen solchen Ausgleichsanspruch zu zahlen hatte, nachdem bekannt wurde, dass der Vertragshändler sich in großem Umfang angeblich unberechtigt Zuschüsse verschafft haben soll.

Der BGH hatte darauf auch keine Antwort und hatte die Angelegenheit nunmehr mit Vorlagebeschluss dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

BGH zum Umfang des Schadenersatzes bei fehlerhafter Beratung

Entscheidung vom BGH vom 15. 01.2009 zur fehlerhaften Anlageberatung:

Wenn jemand bei einer Anlage fehlerhaft beraten wird, kann er Schadenersatz in der Form, dass er die Erstattung des gezahlten Betrages „Zug um Zug“ gegen Übereignung der erworbenen Kapitalanlage, verlangen.

Dies entschied der Bundesgerichtshof am 15.01.2009 unter dem Aktenzeichen III ZR 28/08.

In dieser Entscheidung ging es eigentlich um eine fehlerhafte Beratung bei dem An- und Verkauf von Immobilien. Diese Entscheidung ist jedoch offensichtlich auf sämtliche fehlerhafte Anlagenberatungen zu übertragen, so das Landgericht Hannover in einer aktuellen Beschlussfassung.

Schadenersatz zu leisten bedeutet in erster Linie den Zustand wieder herzustellen, der bestanden hätte, wenn das fehlerhafte Verhalten nicht vorgelegen hätte. Einfaches Beispiel ist die Reparatur eines Kraftfahrzeuges, wenn jemand einen fremden Wagen beschädigt hat. Er muss dann die Reparatur bezahlen. Die Juristen sprechen in diesem Fall von der so genannten Naturalrestitution.

Bei Maklern oder Vermittlern ist dies nicht möglich. Wenn ein Makler einen Vertrag vermittelt (wie in dem Fall des BGH ein Grundstückskaufvertrag), ist er nicht in der Lage, diesen zurück abzuwickeln. Schließlich kommt der Vertrag ja mit dem Käufer und dem Verkäufer des Grundstückes zustande. Der Makler kann den Verkäufer ja nicht zwingen, den Vertrag rückgängig zu machen.

Normalerweise verlangte die Rechtsprechung bisher, dass der Geschädigte den schadhaften Vertrag erst auflösen musste (z.B. durch Verkauf des Hauses oder der Kapitalanlage), um dann die Differenz als Schaden geltend zu machen.

Der BGH gibt dem Geschädigten jetzt ein weiteres Recht: Er kann nunmehr die gekaufte Sache an den Makler/Vermittler zurückgeben und die Kaufsumme (Investitionssumme) von dem Makler „Zug um Zug“ zurückverlangen.

In Abzug zu bringen sind jedoch sämtliche Vorteile, die der Geschädigte durch die Anlage erworben hat, z.B. etwaige Steuervorteile, Mieteinnahmen usw.

BGH verbietet jetzt bereits Werbeemails

Der BGH hatte jüngst entschieden, dass bereits die unverlangte Zusendung einer E-Mail ausreicht, um einen Unterlassungsanspruch des Betroffenen auszulösen. Der BGH begründete dies damit, dass auch bei nur einer E-Mail bereits der Betriebsablauf beeinträchtigt werde, da ein zusätzlicher Arbeitsaufwand durch das Sichten und Aussortieren unerbetener E-Mails entstehe. Auch könnten zusätzliche Verbindungskosten entstehen, so der BGH.

Die Zusendung von elektronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers ist – so der BGH – rechtswidrig. Sind Absender und Empfänger der E-Mail keine Mitbewerber, ergebe sich der Unterlassungsanspruch des Betroffenen aus dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Der BGH möchte den Begriff der “Werbung” weit fassen. Es handele es sich um Werbung bei “jeder Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern”. Dazu zähle auch schon die bloße Darstellung einer Geschäftstätigkeit gegenüber dem Empfänger.

BGH, Beschluss vom 20.05.2009, Az. I ZR 218/07

§§ 8 UWG; 823, 1004 BGB

Dürfen Versicherungen von zu Hause aus verkauft werden?

Dass es Maklern, Versicherungsvertretern und Vermögensberatern finanziell oft nicht gut geht, ist ein offenes Geheimnis.

Deshalb betreiben viele ihre Geschäfte von zu Hause aus. Uns sind sogar Fälle bekannt, dass Vermögensberater der deutschen Vermögensberatung ihre Tätigkeiten aus dem Keller oder aus der Garage heraus betrieben.

Einem Vermögensberater wollte der Vermieter diese Geschäfte sogar verbieten, drohte mit Kündigung und damit, die ganze Familie aus der Wohnung zu werfen.

Der Bundesgerichtshof durfte sich am 14.7.2009 damit beschäftigen, wer grundsätzlich Recht hat. Der BGH entschied, dass kleine gewerbliche Nebentätigkeiten ohne nennenswerten Kundenverkehr vom Vermieter nicht verboten werden können.

Der Vermieter hat danach

die Erlaubnis zur teilgewerblichen Nutzung zu erteilen, wenn es sich um eine Tätigkeit ohne Mitarbeiter und ohne ins Gewicht fallenden Kundenverkehr handelt.

Diese Entscheidung dürfte vielen Versicherungsvertretern gefallen.