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Die Frage, ob Streitigkeiten aus einem Handelsvertretervertrag vor dem ordentlichen Gerichten (Amts-, Land- und Oberlandesgerichten) oder dem Arbeitsgericht ausgetragen werden, ist immer wieder Gegenstand der Rechtstreite. Auch der BGH hatte sich in den letzten Jahren damit beschäftigen müssen.
Für die DVAG entschied der BGH am 18.07.2013 unter dem Aktenzeichen VII ZB 27/12, dass Streitigkeiten zwischen Vermögensberater und DVAG zu den ordentlichen Gerichten gehören. Ein Vermögensberater, der eine anderweitige Tätigkeit frühestens 21 Tage nach Eingang seiner Anzeige und Vorlage von Unterlagen über diese Tätigkeit aufnehmen darf, ist kein Ein-Firmen-Vertreter im Sinne des §92a Abs. 1 S. 1 HGB. Damit hob der BGH einen Beschluss des Oberlandesgerichtes Braunschweig auf.
Inwieweit der neue Vermögensberatervertrag, der im Dezember 2016 erscheinen soll, darauf Einfluss hat, ist noch unklar.
Ungeachtet dessen hat der BGH zwei weitere Grundsatzentscheidungen gefällt. Am 16.10.2014 entschied der BGH unter dem Aktenzeichen VII ZB 16/14, dass die in einem Handelsvertretervertrag enthaltene Bestimmung „der Consultant darf während der Vertragszeit nur – hauptberuflich – tätig sein und die M.-Dienstleistungen und die von M. freigegebenen Finanzprodukte vermitteln“ ein vertragliches Tätigkeitsverbot darstelle. Ein solcher Rechtsstreit könnte dann vor dem Arbeitsgericht geführt werden müssen, wenn der Handelsvertreter in den letzten sechs Monaten vor Vertragsende weniger als 1.000,00 € durchschnittlich bezogen hat. Dabei stellte der BGH darauf ab, ob einem Handelsvertreter auferlegt wird, hauptberuflich für den Unternehmer tätig zu sein. Ein solcher sei zwar nicht völlig von dem Unternehmer abhängig, weil ihm eine nebenberufliche Tätigkeit gestattet ist, er sei jedoch aufgrund der gebotenen typisierenden Betrachtung einem Angestellten ähnlich angenähert wie ein Handelsvertreter, dem vertraglich vollständig untersagt ist, für weitere Unternehmer tätig zu werden.
Diesem Gedanken schloss sich der BGH in einer weiteren Entscheidung vom 21.10.2015 unter dem Aktenzeichen VII ZB 8/15 an. Ein Handelsvertreter, „der im Hauptberuf ständig damit betraut ist, ausschließlich für die P. und ihre Produktpartner Bauspar-, Finanzierungs- und Vermögensaufbauprodukte zu vermitteln“, unterliegt einem vertraglichen Tätigkeitsverbot und ist ein Ein-Firmen-Vertreter.
Auch hier stellt der BGH wieder auf die „gebotene typisierende Betrachtung“ eines hauptberuflich tätigen Handelsvertreters ab. Damit müsse auch er die Möglichkeit haben, bei entsprechend niedrigen Provisionen, das Arbeitsgericht anzurufen.
In der Entscheidung aus dem Jahre 2013 über die Ein-Firmen-Eigenschaft von Vermögensberatern wurde nicht darauf abgestellt, ob eine hauptberufliche Tätigkeit vorliegt. Insofern könnte es hier einer Nachbesserung bedürfen, es sei denn, der neue Vermögensberatervertrag würde eine eindeutige Regelung treffen.
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Haarscharf schrammte ein Vermögensberater an der Haftung vorbei. Dabei beschäftigte er Anwälte und Gerichte mit einer Vielzahl von Anspruchsgrundlagen. Hinzu kam, dass er vorgerichtlich sogar zahlen wollte. Doch plötzlich war der Zahlungswille weg. Verurteilt werden konnte er aber nicht.
Was war passiert?
Ein Vermögensberater stand seinen Kunden sehr nah. Die Kunden hatten sogar blindes Vertrauen zu ihm und haben ungelesen alles unterschrieben. Dabei wollen sie nicht bemerkt haben, dass sie Jahr für Jahr jeweils neue Vermögensparpläne unterschrieben hatten. Der ursprüngliche Vermögenssparplan sollte nach der Vorstellung der Kunden lediglich aufgestockt werden,neue wollte man doch gar nicht, so trugen es die Kunden vor. Der Vorwurf einer Unterschriftenfälschung stand nicht im Raum. Die Kunden selbst hatten alle Sparpläne unterschrieben.
Nach mehr als 10 Jahren bemerkten die Kunden, dass sie weniger angespart haben, als sie eingezahlt hatten. Dies war darauf zurückzuführen, dass bei Abschluss des jeweiligen neuen Vertrages Provisionen in erheblichem Umfang anfielen. Als die Kunden dies bemerkten, stellten sie den Vermögensberater zur Rede.
Es kam dann im Beisein des Anwalts der Kunden zu einem Gespräch. Zu diesem Gespräch brachte der Vermögensberater eine Auflistung über die jährlich erhaltenen Provisionen, die er für die Sparpläne bekommen hatte, mit. Aus dieser Auflistung ergab sich, dass insgesamt Provisionen von etwa 15.000,00 € gezahlt wurden. Der Vermögensberater entschuldigte sich in diesem Gespräch und sagte, er habe Mist gemacht. Gleichzeitig bot der die Zahlung von 15.000,00 € an.
Dieses Angebot hatten die Kunden nicht angenommen, weil sie die Tragweite noch nicht überschauen konnten. In einem weiteren Gespräch verlangten diese 30.000,00 €. Der Vermögensberater stimmte dem grundsätzlich zu. Es sollte ein schriftlicher Vergleich geschlossen werden. Nach Abfassung dieses Vergleichs stand der Vergleich jedoch unter dem Vorbehalt, dass innerhalb einer bestimmten kurzen Frist gezahlt wird. Sonst sollte der Vergleich nicht gelten. Unterschrieben wurde der Vergleich nicht.
Das Landgericht Frankfurt schloss eine Haftung des Vermögensberaters wegen fehlerthafter Beratung gem. § 280 BGB aus. Schließlich mussten die Kunden doch gewusst haben, was sie unterschreiben. Zumindest handelten die Kunden grob fahrlässig, so dass schon daher Ansprüche verjährt wären. Im Übrigen sei nicht zu erkennen, dass ein Beratungsfehler sich daraus ergeben würde, dass ein Kunde gleich mehrere Vermögenssparpläne abschließt.
Das Landgericht führte eine Beweisaufnahme durch. Danach stellte es fest, dass kein wirksamer Vergleich zu Stande gekommen ist. Im ersten Gespräch wurde das Angebot des Vermögensberaters nicht angenommen. Auch im zweiten Gespräch konnte ein Vergleich nicht erzielt werden.
Dann wurde geprüft, ob der Vermögensberater evtl. ein Schuldanerkenntnis abgegeben hat. Dieses hätte, so das Gericht, in schriftlicher Form erfolgen müssen. Ein Schuldanerkenntnis in mündlicher Form ist unwirksam, so das Landgericht.
Gem. der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gibt es jedoch das sog. Schuldbekenntnis. Dies kann auch in mündlicher Form abgegeben werden und führt zu einer Beweislastumkehr. Doch auch dies wollte das Gericht nicht heranziehen. Der Bundesgerichtshof sagte nämlich auch in mehreren Entscheidungen, dass Zusagen im Rahmen von Vertragsverhandlungen nicht als Anerkenntnis oder Bekenntnis gewertet werden können. Das Gericht meinte, um eine solche würde es sich hier handeln. Auch die Entschuldigung des Vermögensberaters und seine Worte, er habe Mist gebaut, würden daran nichts ändern.
Sowohl die Klage der Kunden auf Zahlung von 30.000,00 € als auch eine Klage gestützt auf 15.000,00 € wurden abgewiesen. Dagegen legten die Kunden Berufung ein. Das Oberlandesgericht Frankfurt schloss sich kürzlich der Auffassung des Landgerichts an.
Auch wenn es vielleicht gar nicht die ursprüngliche Absicht des Vermögensberaters war, konnte er weder aus einem Vergleich, noch aus seinen Erklärungen bisher zur Rechenschaft gezogen werden. Schließlich hat er ja damals tatsächlich zahlen wollen. Aber dann wurde man sich doch nicht einig. Vielleicht ist dies ein Beispiel dafür, dass man mit Zusagen während einer Vergleichsverhandlung nicht zu lange warten sollte, um sie anzunehmen.
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Die Urteile zum Thema Rückforderung von Provisionsvorschüssen zeigen deutlich, dass es mit der Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht weit her ist. Der Bundesgerichtshof hatte ein paar Grundsätze aufgestellt, wann Provisionen, die als Vorschuss gezahlt wurden, wieder zurückverlangt werden können. Die Grundsätze beziehen sich darauf, was ein Vertrieb oder eine Versicherung an Stornobekämpfungsmaßnahmen unternehmen muss. Jedes Gericht legt diese Grundsätze anders aus. Je nach Richter gelten immer neue Maßstäbe.
Die Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung wurde in mehreren Verfahren vor dem Landgericht Tübingen vor einiger Zeit unter Beweis gestellt. Dort verlangte die DVAG im Klagewege gegen ehemalige Vermögensberater Provisionen zurück. Die Urteile fielen sehr unterschiedlich aus, dort im Gesamtergebnis vor einiger Zeit mit einer Tendenz zu Gunsten des Vermögensberaters.
Die Hanauer Gerichtsbarkeit ist ähnlich uneinheitlich. Während das Amtsgericht zunächst eine Provisionsrückforderungsklage in vollem Umfang für begründet hielt, wurde dieses Urteil komplett im Berufungsverfahren aufgehoben und die Klage der DVAG abgewiesen. In einem weiteren Verfahren, welches vor dem Landgericht begann, wurde der Vermögensberater zwar zur Rückzahlung verurteilt, die DVAG gleichzeitig jedoch zur Erteilung eines Buchauszuges verurteilt. Im Berufungsverfahren kam das Oberlandesgericht Frankfurt am Main dann zu dem Ergebnis, dass Provisionsrückforderungsansprüche noch nicht bestehen, so lange der Buchauszug noch nicht erteilt wurde.
In einem weiteren Verfahren in Hanau hatte die DVAG in der ersten Instanz mit der Provisionsrückforderung Erfolg, in dem Berufungsverfahren vor dem Landgericht Hanau hatte das Landgericht die Auffassung bestätigt, die man bereits in einem früheren Berufungsverfahren hatte, und zwar die, dass die von der DVAG behaupteten schriftlichen Stornobekämpfungsmaßnahmen als solche nicht genügen würde. In diesem Fall machte das Gericht jedoch eine Zäsur. Es kündigte an, für die Zeit vor Vertragsende, als der Vermögensberater noch im Onlinesystem über Stornogefahren informiert worden sein soll, seien dann nach Auffassung Gerichtes genügend Stornobekämpfungsmaßnahmen durchgeführt worden. Nach Ende des Vertrages war dies jedoch nicht mehr der Fall.
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Manchmal kann man die Situation vor Gericht nur mit gewisser Ironie verarbeiten. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung war schon des öfteren ein Thema hier in dem Handelsvertreter-Blog, bzw. eher die Uneinheitlichkeit.
Es ist aus anwaltlicher Sicht schier unerträglich, wenn ein Gericht in vergleichbaren Angelegenheiten mal so, und mal so entscheidet. Leider kommt dies wiederholt vor.
Gerade in Fragen, was das Verhältnis zwischen Vermögensberater und der DVAG betrifft, liegen dem Landgericht Frankfurt am Main viele ähnliche Klagen auf dem Tisch. Dabei geht es oft und wiederholend um die Frage, ob einem Vermögensberater ein Buchauszug zusteht, über welchen Zeitraum, ob Softwarepauschale zurückgezahlt werden müssen und so weiter. Im Prinzip ist es, bis auf wenige Abweichungen im Sachverhalt, immer das Gleiche.
Die Vertriebe bedienen sich spezialisierter Anwälte, die Handelsvertreter oft auch. Beide Seiten kennen sich also gut aus.
Nicht spezialisiert sind jedoch die Richter. Es kommt zwar im „Großen und Ganzen“ zu der Tendenz einer einheitlichen Rechtsprechung, jedoch auch zu sonderbaren Abweichungen.
In vielen Fällen, in denen die DVAG erstinstanzlich zur Erteilung eines Buchauszuges verurteilt wurde, hatte sie Berufung eingelegt. Im Prinzip ist es ja auch hier immer das Gleiche. Hier laufen etwa fünf gleichartige Verfahren vor dem Oberlandesgericht.
Wirtschaftlich werden die Verfahren beim Gericht nicht behandelt. Schließlich hat sich jedes Mal ein neuer Richter einarbeiten dürfen. Am letzten Freitag habe ich den fünften neuen Richter kennenlernen dürfen. So hat sich jeder Richter neu auf den Sachverhalt einarbeiten dürfen. In der freien Wirtschaft wäre dies wohl undenkbar gewesen.
Im Ergebnis gaben zwar alle Richter des Oberlandesgerichtes den Vermögensberatern im Prinzip Recht, dass ihnen ein Buchauszug zustehe. Dies wurde jedoch – trotz gleichartiger Verfahren – immer wieder anderes begründet und immer wieder mit anderen Schwerpunkten bewertet.
Den Vogel abgeschossen hatte dann das Oberlandesgericht am Freitag. Während es sich bei der Frage des Buchauszuges um 11.00 Uhr sehr materiell mit den Anforderungen an einen Buchauszug auseinandersetzte, (obgleich das Gericht gar nicht vorbereitet erschien), meinte es dann um 13.00 Uhr, die Berufung der DVAG müsste ja bereits unzulässig sein, weil der Beschwerdewert nicht erreicht sei. Ein Buchauszug könne ja schließlich nicht so viel Arbeit machen, so dass der erforderliche Streitwert für eine Berufung von 600€ nicht erreicht sein dürfte.
Fünf Richter in fünf Wochen, fünf verschiedene Ansätze, von Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einem wirtschaftlich arbeitenden Oberlandesgericht kann da wohl keine Rede sein. Den Vermögensberatern kann dies egal sein, solange sie ihr Recht bekommen. Aus anwaltlicher Sicht stößt dies auf Bedenken, demjenigen, der die Rechnung zu bezahlen hat, würde es auch nicht passen dürfen.
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Als Anwalt mit Schwerpunkt Handelsvertreterrecht werde ich – neben den Kosten für ein Verfahren – auch oft nach der Höhe eines Ausgleichsanspruchs gefragt.
Der Ausgleichsanspruch für Versicherungsvertreter wird anders errechnet als der eines Warenvertreters. Zur Unterscheidung: Ein Warenvertreter verkauft Waren, ein Versicherungsvertreter bzw. Vermögensberater vermittelt Versicherungsverträge.
Ein Anwaltskollege hat sich einmal die Mühe gemacht, eine Formel für den Ausgleichsanspruch für Warenvertreter in einer Excel-Tabelle darzustellen. Die Tabelle ist gut gelungen, aber leider für Versicherungsvertreter nicht geeignet.
Den Ausgleichsanspruch kann und muss der Versicherungsvertreter/Vermögensberater grundsätzlich selbst errechnen.
Die Grundsätze zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs findet man hier.
Hier beispielhaft die Berechnungsgrundsätze für
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In den Messehallen Leipzig will die DVAG über die Zukunftschancen in der Finanzberatung in einer Werbeveranstaltung informieren. Gleichzeitig sollen Trends für die „beruflichen Perspektiven“ gezeigt werden. Um welchen Beruf es sich handelt, dessen Trends gezeigt werden sollen, wird nicht mitgeteilt. Naheliegend ist jedoch, dass man auch über Trends des Vermögensberaterberufes informieren möchte. Die Zahl der bei der DVAG beschäftigten Vermögensberater ist in den letzten Jahren wohl deutlich zurückgegangen. Insgesamt ist in der gesamten Branche die Vermittlerzahl rückläufig. Brautschau ist angesagt.
Um den Einstieg als Vermögensberater schmackhaft zu machen, hat die DVAG nicht nur ihre Produktpartner als Aussteller eingeladen, wie die Central und die AachenMünchener. Sie hat auch eine ganze Reihe mehr oder weniger bekannter Referenten bestellt.
Einer der Referenten ist Jochen Schweizer. Schweizer bietet Erlebnisgeschenke an, vom Dinner in the Dark bis zum Bierbrauseseminar.
Schweizer sitzt auch – neben Carsten Maschmeyer, Ralf Dümmel, Judith Williams und Frank Thelen – als sog. Investor in der Höhle der Löwen. In Leipzig wird er über die 7 Faktoren des Erfolgs berichten. Auf Vox.de hat er schon 10 Gründertipps verraten.
Auch ich hatte mir mal kurz überlegt, mir eine Karte zu bestellen. In Anbetracht der Informationsdichte habe ich dann doch davon abgesehen.
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OLG Köln macht auf sich aufmerksam
Erst kürzlich verurteilte das Oberlandesgericht die AachenMünchner zur Zahlung eines Ausgleichsanspruchs. Ein Handelsvertreter, der früher für die AachenMünchner tätig war, wollte seinerzeit nicht zur DVAG wechseln. Die AachenMünchner veräußerte Ende 2006 ihren gesamten Außenvertrieb an die DVAG. Der Handelsvertreter wollte dort partout nicht hin. Das OLG Köln entschied zugunsten des Handelsvertreters, dass die AM trotzdem den Ausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB zahle müsse.
Das OLG Köln beschäftigt sich derzeit auch mit dem Versorgungswerk, der Alters -und Berufsabsicherung der Vermögensberater der DVAG. Auch hier zeichnet sich eine Auffassung ab, die den Vermögenberatern zugute kommt. Die AachenMünchner soll hier nicht so frei walten können, wie sie es will. Sie soll sich die Regelungen, die zwischen DVAG und Vermögensberatern gelten, zurechnen lassen müssen.
Über beide Verfahren werde ich noch berichten.
Jetzt macht das OLG Köln mit einer verbraucherfreundlichen Entscheidung vom 2. September (Az.: 20 U 201/15 und 26 O 468/14) auf sich aufmerksam. Es verbietet bei der Riesterrente in einem nicht rechtskräftigen Urteil die Doppelverprovisionierung. Nun wird sich wohl der BGH damit zu beschäftigen haben. Geklagt hatte der Bund der Versicherten gegen den HDI.
Die Richter urteilten, dass die Tochter des Versicherungskonzerns Talanx über die gezillmerten Abschlusskosten bei Riester-Versicherungen hinaus zusätzliche Gebühren ohne Obergrenze berechnet. Aus der Kalkulation der Abschlusskosten aus den Kundenprämien würden sich zu hohe Abschlusskosten ergeben.
Die streitige, vom OLG für intransparent erklärte, Klausel lautet:
Einen Teil (der Abschlusskosten) verteilen wir in gleich hohe Beträge entsprechend der vereinbarten Prämienzahlungsweise über einen Zeitraum von fünf Jahren, aber nicht länger als bis zum bei Vertragsschluss vereinbarten Rentenbeginn. Den verbleibenden Teil verteilen wir in gleich hohe Beträge entsprechend der vereinbarten Prämienzahlungsweise über die Prämienzahlungsdauer, mindestens jedoch über einen Zeitraum von fünf Jahren, aber nicht länger als bis zum bei Vertragsschluss vereinbarten Rentenbeginn.
Dies verstoße gegen § 169 VVG, der einen Mindestbetrag für Rückkaufswerte bei vorzeitiger Kündigung verlangt. Schließlich sehe die Formulierung keine Obergrenze für die Kosten vor.
Die Klausel sieht bei genauer Betrachtung zwei Provisionen vor. BdV- Chef Axel Kleinlein hält dies für Abzocke. Drei Milliarden hätten die Versicherten allein im Jahre 2015 zu viel gezahlt.
Die Versicherungswirtschaft meint, die berechneten Abschlusskosten lägen tatsächlich weit unter dem zulässigen Höchstsatz von vier Prozent der Beitragssumme. So habe die Branche im Jahr 2014 die Kunden statt mit 7,6 Milliarden Euro nur mit 5,3 Milliarden Euro belastet.
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Mitunter beschäftigen sich zwei oder mehrere Gerichte mit denselben Prozessparteien. Dies kann sogar soweit führen, dass beide Prozesse etwas miteinander zu tun haben. Schlimmstenfalls würde sich dann das Ergebnis des einen Prozesses auf den anderen auswirken.
Um so etwas zu verhindern, hat man die Möglichkeit der Widerklage geschaffen. Bei einer Widerklage ist es zweckmäßig, sämtliche Forderungen in einem einzigen Prozess abzuhandeln.
Es ist jedoch nicht vorgeschrieben, die Form der Widerklage zu wählen. Man kann auch ein neues Fass aufmachen, also eine neue Klage einreichen.
Das Amtsgericht Dresden hatte am 28.07.2016 darüber zu entscheiden, was aus einem später eingeklagten Anspruch, der Gegenstand eines neuen Verfahrens ist, werden soll.
Zunächst hatte die Deutsche Vermögensberatung DVAG die Erstattung eines Darlehens eingeklagt. Die Parteien hatten vereinbart, dass das Darlehen mit dem Provisionskonto verrechnen werden sollte. Dann, wenn das Provisionskonto eine entsprechende Verrechnung nicht mehr möglich macht, wäre der Restbetrag zu zahlen. Der Vermögensberater wandte ein, es sei falsch abgerechnet worden. Wäre richtig abgerechnet worden, wäre es nicht zu einem Minus gekommen. Dann wäre das Darlehen inzwischen ausgeglichen. Der Vermögensberater verwies insbesondere auf abgezogene Softwarepauschalen. Wären diese nicht abgezogen worden, würde sich das Provisionskonto nicht im Minus befinden und das Darlehen könnte damit ausgeglichen werden.
Während darüber noch gestritten wird, wurden in einem weiteren Verfahren Provisionen eingeklagt. Nunmehr hat das Amtsgericht Dresden gemäß §148 ZPO dieses Provisionsverfahren ausgesetzt.
Es argumentiert damit, dass die Parteien um Ansprüche aus einem Kontokorrentkonto streiten und die Klägerin die Zahlung des Endsaldos aus dem Kontokorrent zu einem bestimmten Zeitpunkt geltend macht. Gleichzeitig jedoch würden dieselben Parteien ebenfalls in einem anderen Rechtsstreit um Ansprüche streiten, die auf diesem Kontokorrentkonto gebucht wurden. Im Übrigen wurde nicht vorgetragen, inwieweit sich die in beiden Rechtsstreiten geltend gemachten Ansprüche abgrenzen ließen. Einem Kontokorrentverhältnis ist es gerade inhärent, dass sämtliche Buchungen aus der Vergangenheit auf den aktuellen Saldo des Kontokorrents unmittelbar Einfluss haben.
Streiten sich die Parteien in einem Rechtsstreit um einzelne Buchungen aus dem Kontokorrent…, so hat dies Einfluss auf den vorliegenden Rechtsstreit…, entschied das Gericht. Zusätzlich trug die Beklagte in beiden Rechtsstreitigkeiten nahezu identische Einwendungen betreffend dem Themenkomplex Frankfurter Schnellbriefe vor. Es ist nicht auszuschließen, so das Gericht, dass – die gegebenenfalls nach richterlichem Hinweis auf die Erforderlichkeit weiteren substantiierten Vortrags – auch diese Einwendungen in beiden Rechtsstreiten streitentscheidend werden.
Deshalb hatte das Gericht die Möglichkeit der Aussetzung gemäß §148 ZPO erkannt und zur Vermeidung einer anderen widersprechenden Entscheidung das eine Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des anderen Verfahrens ausgesetzt.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
In einem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt ging es in einer mündlichen Verhandlung kürzlich um eine sehr vergleichbare Frage. Dort meinte der Richter allerdings etwas unjuristisch, er sein kein Freund des Aussetzens, was auch immer er damit gemeint hatte. Vielleicht meinte er statt Aussetzen Aussitzen, was tatsächlich nicht wünschenswert wäre, wenn ein Gericht etwas aussitzen würde. Aussitzen als Prinzip ist eine oft gewählte Parade in der Politik, die man Ex-Kanzler Kohl vorgehalten hat. Aussetzen im Sinne des Gesetzes soll jedoch etwas anderes sein.
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Bereits mehrmals habe ich die Einheitlichkeit der Rechtsprechung kritisiert, bzw, um genauer zu sagen die Uneinheitlichkeit.
In einem Verfahren der Deutsche Vermögensberatung DVAG gegen einen Vermögensberater klagte dieser in Frankfurt beim Landgericht einen Buchauszug ein mit dem Argument, die Provisionsabrechnungen seien falsch und er müsste jetzt alles noch einmal nachrechnen. Ihm fehlen bei vielen Verträgen mindestens 2 Promille der Provisionen.
An anderem Ort klagte die DVAG gegen denselben Vermögensberater auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen, die sich aus der Provisionsabrechnung ergeben. In diesem Verfahren trug der Vermögensberater u.a. vor, die Abrechnungen seien ja falsch und er wolle alles nachrechnen. Deshalb habe er ja in Frankfurt geklagt.
Es drängt sich auf, dass das eine Verfahren etwas mit dem anderen zu tun hat. Nicht sehr geschickt wäre das mögliche Ergebnis, dass in dem einen Verfahren die Abrechnung als richtig, in dem anderen als falsch ausgeurteilt würde.
Eine Richterin aus Nürnberg, mit exakt der gleichen Fragestellung konfrontiert, meinte, sie wolle das Provisionsrückzahlungsverfahren erst einmal einstellen, um abzuwarten, was aus dem anderen Verfahren wird. So wird’s gemacht….
aber nicht in Frankfurt. Dort vertrat der Richter die Auffassung, er sei „kein Freund der Einstellung“ (eine etwas undurchsichtige Erklärung) und er wolle nicht aussetzen. Auf die bestehende Gefahr unterschiedlicher, sich widersprechender Urteile wollte er nicht erwidern. Auch lehnte er es ab, bei seinem Richterkollegen einmal anzurufen, um zu verhindern, dass möglicherweise zwei sich widersprechende Urteile in der Welt sind.
In Frankfurt gibt es zwar eine klare Tendenz zu einheitlichen Urteilen, z.B. zu Fragen der Softwarepauschale und zu Fragen des Buchauszuges, dennoch gibt es auch die eine oder andere Überraschung. So wurde einem Vermögensberater fristlos gekündigt. Das Landgericht Frankfurt entschied zunächst -relativ flott -, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist. Die DVAG legte dagegen Berufung ein. Das Oberlandesgericht meinte, das Urteil ginge zu schnell, man müsse vielleicht Zeugen hören und schickte die Akte kurzerhand wieder zurück zum Landgericht.
Dort sah man sich veranlasst, eine ganze Reihe von Zeugen zu hören, allerdings mit der Option, dass die Vernehmung bis spätestens 18:00 Uhr zu Ende ist. Denn dann schließe ja das Gericht. Außerdem klagte der Richter, ein treusorgender Vater, über Kopfschmerzen, wie es bei treusorgenden Vätern sicher häufiger vorkommt.
Ab 17:00 zog der Richter es dann vor, desweilen nicht nur sms (oder whats up) seinen Kindern zu schreiben, sondern dann auch gleich während der Vernehmung mit einem Kind zu telefonieren. Wenn die Fürsorge es erfordert, warum auch nicht? Um 18:00 Uhr waren noch gar nicht alle Zeugen gehört, die Verhandlung jedoch wegen der genannten Umstände beendet. Die Zeit drängte schließlich, und wohl nicht nur die Zeit.
Anschließend gab es ein Urteil, in dem die Kündigung nun doch für rechtmäßig erachtet wurde. Wie man sich denken kann, liegt die Sache jetzt wieder beim Oberlandesgericht. Diesmal war der Vermögensberater mit einigen Dingen, die während des Prozesses passierten, verständlicherweise nicht zufrieden.
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Vor dem Oberlandesgericht ging es am vergangenen Freitag um einen Buchauszug, um Provisionen und um die Frage der Verjährung. Dabei vertrat das Oberlandesgericht eine Auffassung, die überraschte.
Provisionen z.B. auf Lebensversicherungen unterliegen Haftungszeiten. § 92 Abs.4 HGB regelt: Der Versicherungsvertreter hat Anspruch auf Provision (§ 87a Abs. 1), sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet.
Also immer dann, wenn der Kunde zahlt, entsteht nach dem Gesetz der Provisionsanspruch.
Wenn die Haftungszeit 5 Jahre läuft, entsteht der Provisionsanspruch Monat für Monat, wenn der Kunde den Beitrag zahlt. Die DVAG rechnet auch so ab. Damit beginnen auch die Verjährungsfristen immer dann, wenn die Provision fällig wird. Die ersten beginnen also gleich nach der erfolgreichen Vermittlung, die letzten mit Ende der Haftungszeit.
Dies soll nach der in der Verhandlung geäußerten Ansicht des OLG aber nicht gelten.
Abweichend von der gesetzlichen Regelung heißt es im Vermögensberatervertrag auf Seite 4 unten nämlich: „…. Provisionsansprüche entstehen … erst dann, wenn der geworbene Kunde die nach den Provisionsbedingungen vorgesehen Anzahl von Beiträgen (Prämien) an den entsprechenden Produktpartner entrichtet hat.“
Dort wird zwar auf § 92 HGB verwiesen. Da aber der Wortlaut ein anderer ist, gelte das, was im Vertrag steht. Und dann, so das Gericht, entstehe der komplette Provisionsanspruch erst dann, wenn der Kunde über die Haftungszeit hinweg alle Beiträge gezahlt hat.
Und erst dann würde auch für diese Provisionen die Verjährung beginnen. Diese Rechtsauffassung führt zwar zu einer aus Vermögensberatersicht guten Verjährungsregelung, auf der anderen Seite jedoch auch dazu, dass der Vorschuss in voller Höhe zurück zu gewähren wäre, wenn der Kunde vor Ende der Haftungszeit die Beiträge nicht mehr zahlt.
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Das Versorgungswerk der Deutsche Vermögensberatung DVAG ist Thema eines Rechtsstreits zwischen einem Vermögensberater und der AachenMünchener. Die DVAG hatte den Versorgungsvertrag gekündigt. Dies geschah, nachdem ein Aufhebungsvertrag unterschrieben war. Die Parteien streiten sich darum, ob der Aufhebungsvertrag wirksam zustande kam.
Der seit Jahren inaktive Vermögensberater verlangt vor Gericht die Feststellung, dass der Vertrag mit der AachenMünchener ungekündigt wäre und bis heute fortbesteht.
Vor dem Landgericht Aachen hatte der Vermögensberater keinen Erfolg. Unabhängig vom Aufhebungsvertrag hätte die DVAG das Versorgungswerk kündigen dürfen. Schließlich habe ja der Versicherungsschein vorgelegen. Außerdem seien ja sie Ansprüche aus dem Versorgungswerk bis zum 60. Lebensjahr an die DVAG abgetreten.
Gegen die Entscheidung legte der Vermögensberater Berufung ein. Er begründete dies mit den Hintergründen des Aufhebungsvertrages und einem sittenwidrigen Verhalten ihm gegenüber. Schließlich war er bereits schwer erkrankt, als er zur Unterschrift gebracht wurde.
In der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Köln bekam der Fall dann eine ganz neue Entwicklung. Da der Versicherungsvertrag zwischen AachenMünchener und dem Vermögensberater auf die Regelungen über das Versorgungswerk (Vertrag zwischen Vermögensberater und DVAG) Bezug nimmt, müsse sich die AachenMünchener wohl den Inhalt aus dem Versorgungswerkvertrag zurechnen lassen.
Dort jedoch ist – nach Auslegung des Vertrages – geregelt, ob und wann das Versorgungswerk gekündigt werden kann. Wäre der -streitige – Vortrag des Vermögensberaters zutreffend, käme man dann zu dem Ergebnis, dass die Kündigung des Versorgungswerkes unwirksam ist.
Hätte die AachenMünchener dann noch über die Hintergründe des umstrittenen Aufhebungsvertrages Bescheid gewusst, käme es auch nicht mehr darauf an, wo sich der Versicherungsschein befunden hat. Mit dieser Rechtsansicht war der Vermögensberater zufrieden. Schließlich habe er, wie er sagt, die AachenMünchner rechtzeitig vor der Kündigung über die Hintergründe informieren lassen. Im weiteren wird eine Beweisaufnahme erwartet.