April 2017

Ab ins Gefängnis und was macht eigentlich unister?

Alle reden von Check24 und der Münchner Justiz oder von S&K. Beide Verfahren sind im Augenblick eher im Mittelpunkt der Berichterstattung.

Aber was macht eigentlich unister?

Dort wurde im Prozess um den Kreditbetrug an Unister-Gründer Thomas Wagner der angeklagte Finanzvermittler Wilfried S. vom Landgericht Leipzig zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Es sprach den 69-Jährigen aus Unna des vorsätzlichen Betrugs in zwei Fällen als Mittäter schuldig. So schreibt es Spiegel Online.

Wilfried S. hat Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.

Und dann wurde die ehemalige Zentrale der pleite gegangenen Unister Group im Barfußgässchen in der Leipziger Innen­stadt verkauft.

Unister wurde übrigens im April 2017 tschechisch.

Gold glänzt nicht immer

Ein Anwaltskollege berichtete kürzlich über ein Urteil des Landgerichts München. Ein Handelsvertreter/Versicherungsvertreter, der 13 Jahre seiner Versicherung treu war, bot er einem Kunden an, seine Rentenversicherung zu kündigen, die bei dieser bei dieser Versicherung unterhielt. Er begründete dies mit der Argumentation, die Police habe sich schlecht entwickelt.

Und dann hatte der Versicherungsvertreter noch einen Flyer über eine fremde Goldanlage parat. Der Kunde sollte dort sein Geld anlegen.

Dieses Verhalten rechtfertigte eine fristlose Kündigung des Handelsvertreters durch das Unternehmen, ohne dass vorher hätte eine Abmahnung erfolgen müssen.

Auch ein Handelsvertreter hat einen Anspruch, keine Werbe-Emails zu bekommen

Der BGH entschied am 14.3.2017, dass einem Handelsvertreter ein Unterlassungsanspruch zusteht. Diese Entscheidung berührt handelsvertretertypische Streitigkeiten nur am Rande, zeigt aber, dass man im gewerblichen Bereich oft keine Werbemails versenden darf.

Der Kläger, ein Handelsvertreter, erhielt auf Veranlassung der Beklagten, einem Verlag, zwei Werbe-E-Mails für Printprodukte. Als der Kläger die Beklagte daraufhin abmahnte, teilte sie ihm mit, dass die die Email berechtigt sei. Der Kläger habe nämlich in die streitgegenständliche Werbung beim Herunterladen eines Freeware-Programms eingewilligt. Auch in der E-Mail mit dem Downloadlink sei der Kläger entsprechend hingewiesen worden.

Der BGH urteilte, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Zusendung von Werbe-E-Mails wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zusteht.

Eine vorherige Einwilligung des Klägers wurde nicht wirksam erteilt. Der allgemeine Hinweis beim Herunterladen eines Freeware-Programms, dass die eingegebene E-Mail-Adresse für den Betreiber der Seite sowie dessen Sponsoren für gewerbliche Zwecke freigegeben werde und dass man in unregelmäßigen Abständen Werbung per E-Mail erhalten werde, war nach Ansicht des BGH nicht ausreichend.

Check24: Beraten ja, durchchecken nicht

Das Oberlandesgericht München durfte am 6.4.2017 in der Check24- Angelegenheit urteilen.

Check24 nennt sich Vergleichsportal, vermittelt aber eben online auch mal eben Versicherungen. Damit tritt man online als Versicherungsmakler auf.

Bereits vom Landgericht München wurde  Check24 verurteilt.

Das OLG meint, Check24 müsse „künftig die Besucher der Webseite beim ersten Geschäftskontakt unübersehbar darauf hinweisen, dass das Portal nicht nur Preise vergleicht, sondern als Online-Versicherungsmakler Provisionen kassiert“. So schreibt es Golem.de. Außerdem müsse die Bedarfsanalyse bei der Beratung nachbessert werden. Bei Abschluss von Versicherungen müsse der Kunde über Risikoausschlüsse informiert werden. Dem Vorsitzenden Richter des OLG München fiel dazu das Beispiel ein, dass ein Jäger – statt des Rehs – seinen Jägerkollegen erschießt.

Geklagt hatte der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK), der darüber hinaus wünschte, dass Check24 ihre Kundschaft vor Abschluss eines Versicherungsvertrags „checken“, also überprüfen müsse.  Dies ging dem OLG München allerdings zu weit.

Urteile aus der Pistole heraus

Gerichtliche Entscheidungen und ihre Verfahrenswege sind oftmals nicht nachvollziehbar. Schnelle Urteile werden deshalb oft als nicht gereucht empfunden, weil zumindest eine Partei den Eindruck hat, nicht genügend beachtet worden zu sein.

Deshalb schreibt § 139 ZPO vor, dass das Gericht „nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen“ hat. „Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen.“

Überraschend traf es deshalb z.B. die OVB in einem Verfahren vor dem Landgericht Köln. Dort wurde kurzerhand die Klage der OVB auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen abgewiesen. Um § 139 ZPO gerecht zu werden, hätte es eines richterlichen Hinweises bedurft, um weitere Klärung zu erhalten.

Das Gericht ist nämlich verpflichtet, bei Unklarheiten oder eventuell nicht schlüssigem Vortrag richterliche Hinweise zu erteilen. Dies werden meist in der ersten mündlichen Verhandlung erteilt. Überraschend – und oft prozessual falsch – ist es denn, wenn das Gericht „wie aus der Pistole geschossen“ gleich ein Urteil fällt.

Ein um Augenmaß bemühter Richter des Landgerichtes Frankfurt am Main sagte in einer mündlichen Verhandlung bereits vor Jahren, dass nach seiner Ansicht sogar zweimal hingewiesen werden müssen, wenn etwas fehle, bevor ein Urteil gefällt werden darf. Bei diesem Richter drohte kein Schuss aus der Pistole.

Das Landgericht Köln wies ohne entsprechende Hinweise die Klage der OVB ab. Dagegen wehrte sich die OVB durch Einlegung einer Berufung unter Hinweis u.a. auf die fehlenden Hinweise.

Wer jedoch glaubte, das Oberlandesgericht wolle es nun prozessual besser machen, sah sich eines besseren belehrt. Das Oberlandesgericht neigte zunächst zu einer exakt umgekehrten Vorgehensweise. Es befand die Klage für schlüssig und wollte den Berater sofort zur Zahlung verurteilen. Glücklicherweise konnte das Oberlandesgericht dazu bewegt werden, entsprechend der Hinweisverpflichtung noch eine weitere Stellungnahme des Beklagten zuzulassen. Eine Entscheidung erging noch nicht.

Eine 2. Entscheidung „aus der Pistole heraus“ konnte damit vermieden werden. Die Erfüllung von richterlichen Hinweispflichten hat leider naturgemäß eine etwas längere Prozessdauer zur Folge.

Ein Richter des Landgerichtes Ellwangen kam kürzlich auf eine ganz andere Idee. Statt auf kurzem Weg zu entscheiden, unterbreitete er den Parteien einen Vergleichsvorschlag und „drohte“ damit, wenn der Rechtstreit ausgeurteilt werden müsse, noch viele Gerichtstermine anzuberaumen. Auch hier ging es um Rückforderungen von Provisionsvorschüssen, diesmal allerdings nicht der OVB, sondern der DVAG. Ellwangen liegt – grob gesehen – zwischen Nürnberg, München und Stuttgart. Eine direkte Zugverbindung aus dem Norden nach Ellwangen gibt es nicht.

In Anbetracht vieler zu erwartender Gerichtstermine besteht hier zumindest keine Gefahr, das möglicherweise ein voreiliges Urteil aus der Pistole gefällt wird.

Nur unbedingt entstandene Provisionsansprüche zählen

Ob das Arbeitsgericht oder das Landgericht für einen Rechtsstreit zwischen Handelsvertreter zuständig ist, ist davon abhängig, ob der Handelsvertreter Einfirmenvertreter ist und ob er in den letzten 6 Monaten vor Vertragsende weniger als 1000,00 € Provisionen in Durchschnitt pro Monat verdient hat.

Streitig ist oft, welche Provisionen dazu gehören, da ein Handelsvertreter häufig Vorschüsse erhält. Der BGH wiederholte am 4.3.2015 unter dem Az VII ZB 36/14 seine Auffassung, dass nur die unbedingt entstandenen Provisionen berücksichtigt werden, jedoch nicht die „noch nicht verdienten“ Zahlungen.

„Für die Ermittlung der während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich bezogenen Vergütung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG sind alle unbedingt entstandenen Ansprüche des Handelsvertreters zu berücksichtigen unabhängig davon, ob und auf welche Weise sie von dem Unternehmer erfüllt worden sind“, heißt es in der Entscheidung.

LG Ellwangen: Provision ist zurück zu zahlen

Das Landgericht Ellwangen hatte vor einem Jahr darüber zu entscheiden, ob der DVAG ein Provisionsrückforderungsanspruch gegen einen ehemaligen Vermögensberater zusteht. Es kam zu der Entscheidung, der Vermögensberater knappe 40.000,00 € zurückzuzahlen hat.

DVAG und Vermögensberater waren mit einem Vertrag aus dem Jahre 2007 miteinander verbunden. Sie schlossen zum Ende des Vertrages einen Aufhebungsvertrag, in dem sich der Vermögensberater zu einigen Wettbewerbseinschränkungen verpflichtete.

Mit der Klage verlangte die DVAG die Rückzahlung von Provisionen. Diese seien als Vorschüsse gezahlt worden im Vertrauen darauf, dass bestimmte Verträge bestandskräftig bleiben. Im Falle einer Stornierung sollte der Vorschuss prozentual zurückgezahlt werden.

Der Berater wandte ein, es sei nicht genügend Stornobekämpfung durchgeführt worden. Dabei war im Falle notleidender Verträge von der AachenMünchener  ein Mahn- bzw. Erinnerungsschreiben herausgegangen.

Ferner habe der Bestandsnachfolger Besuchsaufträge erhalten, um Verträge zu retten.

Dies war dem Gericht im Rahmen der Stornobekämpfungsmaßnahmen genug. Die Verträge seien ordnungsgemäß nachgearbeitet worden, so dass der Provisionsvorschuss gemäß §§ 92 Abs. 2, 87 a Abs. 3 Satz 1 HGB zurückzuzahlen ist. Ein mehrstufiges Mahn- und Kündigungsverfahren stellte nach Ansicht des Gerichtes eine geeignete Maßnahme zur Stornoabwehr dar.

Im Übrigen genüge es, soweit es um Verträge geht, bei denen kein Beitragsrückstand gegeben ist, dass der Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters durch Besuchsaufträge dazu aufgefordert wird, Stornobekämpfungsmaßnahmen durchzuführen. An dieser Stelle setzt sich das Landgericht Ellwangen in Widersprüche zu aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes. Dort ist man nämlich der Auffassung, man könne sich nicht darauf verlassen, dass ein Bestandsnachfolger einen Besuchsauftrag einfach so nachkommt.

Der Berater wandte ein, die Provisionsabrechnungen seien nicht nachvollziehbar. Das Landgericht Ellwangen sah dies nicht so.

Ferner wandte der Berater ein, es haben Umdeckungen stattgefunden. Dabei stellte das Landgericht nach einer Beweisaufnahme fest, dass zwar Umdeckungen vorhanden waren, diese jedoch nicht den Zeitraum nach dem Ausscheiden betroffen hatten.

Ferner wandte der Berater ein, er könne mit einer Softwarepauschale hilfsweise eine Aufrechnung erklären. Dazu hatte der Berater jedoch angeblich nicht substantiiert vorgetragen.

Ferner meinte er noch, er könne mit einer so genannten Karenzentschädigung gemäß § 90 a HGB aufrechnen. Schließlich habe er sich mit dem Aufhebungsvertrag zu weiteren Wettbewerbseinschränkungen verpflichtet. Damit stände ihm ein Entschädigungsanspruch zu. Das Gericht meinte jedoch, § 90 a HGB sei von seinem Schutzzweck her nicht einschlägig, weil das Wettbewerbsverbot in einer Vereinbarung über die Beendigung des Vertrages enthalten sei, welche den Vertrag sofort oder sogar zurückwirkend beendet. In dem Fall sei ein Entschädigungsanspruch ausgeschlossen.

Gegen  die Entscheidung sind Rechtsmittel eingelegt worden.

Karl-Heinz Pflipsen im Abseits

Oft gehen Stars und Sternchen, die ihr Geld verloren haben, in das Dschungel Camp.

Karl-Heinz Pflipsen hat sein Geld auch verloren. Ihn zieht es jedoch nach Hannover und er verklagt dort beim Landgericht die Postbank.

Von 1989 bis 1999 war er Mittelfeldspieler bei Borussia Mönchengladbach und erzielte in 197 Spielen 37 Tore. Mit seiner Anlage wurde er „ins Abseits“ gestellt.

Im Jahre 2008 wollte er seine als Fußballer verdienten Reserven in eine sichere Altersvorsorge stecken. Ein paar Jahre später war alles weg. Insgesamt hatte Pflipsen 2,3 Millionen Euro verloren.

Er hatte dieses Geld in mehreren Schritten in Fonds über die Postbank angelegt.

Besonders heikel ist, dass die Postbank Hauptsponsor von Borussia Mönchengaldbach ist. Über den Kontakt zum Verein hat die Postbank bereits ein Vergleichsangebot gemacht, das Pflipsen jedoch ausschlägt.