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Getreu dem Motto „wir haben den Kaffee auf“ hat der Verein Wirtschaft im Wettbewerb e.V. angeblich beim Landgericht Hamburg eine Klage gegen Tchibo Direct GmbH eingereicht.
Tchibo verkauft nämlich nicht nur Kaffee, sondern auch Versicherungen. Angeblich fehle es hier am entsprechenden Vermittlerregistereintrag und an der fehlenden Gewerbeerlaubnis.
Schon am 14.05.2008 hatte das Landgericht Wiesbaden entschieden, dass Penny in ihren Märkten auch keine Versicherungsverträge verkaufen darf (wir berichteten). Das Gericht meinte zutreffend, auch dies sei eine erlaubnispflichtige Versicherung gemäß § 34 d GewO.
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Am 03.03.2009 wurde ein Finanzdienstleister verurteilt, an einen ehemaligen Handelsvertreter 3.680,00 € nebst Zinsen zu zahlen.
Der Handelsvertreter meint, ihm ständen Zahlungen zu, weil ihm während des Vertragsverhältnisses monatlich 80,00 € einbehalten wurden als Entgelt für Softwarenutzung. Das Landgericht Hannover entschied dies sei gemäß § 86 a Abs. 1 HGB zu Unrecht geschehen.
Schließlich durfte das Unternehmen eine Vergütung für die Softwarenutzung nicht verlangen. Die Vereinbarung einer Nutzungsgebühr im Vertrag ist gemäß § 86 a HGB unwirksam. Schließlich handele es um spezifische Betriebssoftware. Unstreitig sind jedenfalls Einzelmodule für die Vermittlungstätigkeit unerlässlich und mussten von dem Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.
Der Handelsvertreter hatte sich gegen die einzelnen Abrechnungen nicht zur Wehr gesetzt. Dies wertet das Landgericht Hannover nicht als Anerkenntnis.
Werbegeschenke dagegen fallen nicht unter die von § 86 a HGB erfassten Unterlagen. Dies gilt auch für das interne Magazin, welches der Handelsvertreter zur Imagewerbung und Kundenbindung erwarb. Dies sind keine tätigkeitsnotwendigen Werbesachen (anders angeblich: OLG Köln, Urteil vom 30.11.2007, Aktenzeichen 19 U 84/07).
Auch die Büromaterialien, die der Handelsvertreter käuflich erworben hat, muss er im Ergebnis selbst tragen. Dann ändert sich auch nichts, wenn anstelle neutralem Briefpapiers solches mit dem Firmenlogo verwendet wird.
Auch die Kosten für schriftliches Verkaufstraining und Schulungen zur persönlichen Fortbildung dienten der persönlichen Weiterentwicklung des Handelsvertreters und der Förderung seiner Karriere. Die dafür erforderlichen Kosten muss der Unternehmer ebenfalls nicht tragen.
Schließlich wies das Landgericht auf die dreijährige Verjährungsfrist hin.
Gegen das Urteil wurden, wie man uns mitteilte, Rechtsmittel eingelegt. Es ist also nicht rechtskräftig.
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Das neue Gesetz ist zur Bankberatung ist „durch“
Ich wurde heute morgen duch eine Information aus dem Träumen gerissen. In den Nachrichten wollte man Glauben machen, dass der Bundesrat heute neue Regelungen zur Bankberatung aufstellte.
Es war aber der Bundestag, der schon am 3. Juli 2009 den besseren Anlegerschutz beschloss. Die Vorlagen zu den Gesetzen zu lesen, ist etwas mühsam. Insider ist die Verlinkung zu den Vorlagen jedoch zu empfehlen.
Vorgeschrieben ist jetzt ein Protokoll, das Banken ab dem 1. Januar 2010 nach einem Beratungsgespräch allen Privatkunden aushändigen müssen. Darin muss vermerkt sein, was der Anleger über seine finanzielle Situation erzählt hat, ob er im Umgang mit Wertpapieren ein Neuling oder ein Profi ist, und ob er eine riskante oder eine eher vorsichtige Anlagestrategie bevorzugt. Sollte ein Kunde später seine Bank verklagen, weil er sich falsch beraten fühlt, könnte der Nachweis durch das Protokoll erleichtert werden.
Wie so oft, gingen dem Beschluss lange Streitereien voraus. Streit gab es, ob ein einwöchiges Rücktrittsrecht bei telefonischer Anlageberatung greifen sollte,wenn das zugeschickte Protokoll fehlerhaft oder unvollständig ist. Die Beweislast läge im Streitfall bei der Bank. Dagegen lief die Banken-Lobby Sturm, aber auch in der Union gibt es Zweifler. Die Regel berge enorme Risiken, Banken müssten bis Ablauf der Rücktrittsfrist das volle Kursrisiko tragen.
So war zu lesen, dass Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) zunächst dafür eintrat, den Anlegern mehr Rechte zu geben. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) forderte dies angeblich schon lange und wunderte sich über den Richtungswchsel der Union. Erst hätten Unionspolitiker vor einer Belastung der Banken gewarnt, dann fordere Bayern plötzlich mehr Verbraucherschutz. Mechthild Dyckmans (FDP) begrüßt, dass der ursprüngliche Plan, telefonische Beratungsgespräche aufzuzeichnen, gestrichen worden sei. Für die Linke fordert Sevim Dagdelen den Ausbau der unabhängigen Finanzberatung. Auch Nicole Maisch (Grüne) kritisiert, dass Finanzberatung in Deutschland weiterhin durch Beraterprovisionen finanziert werde.
Bisher haben es Anleger schwer, Schadenersatzansprüche wegen falscher Beratung durchzusetzen. Die Beweislast liegt bei ihnen. Ohne ein Protokoll können Anleger vor Gericht kaum das frühere Gespräch mit Bankberatern wiedergeben. Das soll nun anders werden mit der «Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung». Soll heißen, dass Bankberater umfassend Protokoll zu Kundengesprächen führen müssen. Anleger sollen falsche oder schlechte Beratung besser nachweisen können und mehr Chancen erhalten, gegen ihre Banken vor Gericht zu siegen.
Dass der deutsche Finanzvermittlungsmarkt Mängel aufweist, stellte eine vom Bundesverbraucherministerium in Auftrag gegebene Studie schon Ende 2008 fest. Einer Vielzahl von Anlageberatern (in Deutschland kommen auf 1.000 Einwohner 6,1 Berater, in Großbritannien nur 2,7) stünden typischerweise Verbraucher „mit einem unzureichenden finanziellen Bildungsstand gegenüber“. Aus Unkenntnis neigen viele Privatanleger dazu, „dem Berater die Entscheidung zu überlassen“. Viele sind später mit der Beratung unzufrieden: Laut Studie werden 50 bis 80 Prozent aller langfristigen Anlagen vorzeitig und mit Verlust abgebrochen.
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Nachdem nun auch die Bänker ihr Fett abbekommen haben (wir berichteten), stellt sich die Frage: Wem kann man denn jetzt noch trauen? Die Strukturvertriebe stehen eh schon in der öffentlichen Kritik. Die Medien berichten, dass auch hier systematisch falsch beraten wird.
Und nun auch noch die Bankberater!
Wäre denn nicht die Honorarberatung die Heilung allen Übels? Dann, wenn die Berater keine versteckten Provisionen erhalten, sondern ausschließlich von den Kunden bezahlt werden – müsste dies nicht zu einer viel ehrlicheren Beratung führen?
Der Firmengründer der DVAG, Dr. Pohl, meint dann auch gleich, Honorarberatung sei auch nicht so gut.
Das Versicherungs-Journal meint nun in einer Doktorarbeit von Dr. Uwe Focht gefunden zu haben, dass die Honorarberatung auch nicht so gut sei.
Dort heißt es: „Beratungshonorare ändern an dem Anreiz zu Absprachen mit Versicherern zu Lasten der Kunden nur dann etwas, wenn gleichzeitig verboten wird, Vergütungen von einem Versicherer anzunehmen“.
Mithin kann den Ergebnissen von Dr. Focht gefolgert werden, dass auch er die Honorarberatung für die geeignetere Beratungsform hält, soweit keine geheimen Absprachen mit Versicherern getroffen werden. Dieser Auffassung möchte ich mich gerne anschließen.
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Am 23.06.2009 entschied das Amtsgericht Frankfurt am Main, dass ein Direktionsleiter der Deutschen Vermögensberatung (höchste Stufe, die ein Vermögensberater in der Deutschen Vermögensberatung erreichen kann), gegenüber der Deutschen Vermögensberatung nicht empfangsbevollmächtigt ist.
Ein Direktionsleiter darf danach weder Willenserklärungen für die Deutsche Vermögensberatung abgeben noch Willenserklärungen gegen die Deutsche Vermögensberatung annehmen.
Hintergrund war, dass ein ehemaliger Kunder der DVAG sich von den Anrufen und Hausbesuchen belästigt fühlte. Er erteilte der DVAG das Verbot, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Dieser Brief ging an den Direktionsleiter und hat folglich für die DVAG keine Bedeutung. Der Direktionsleiter, so das Gericht, sei ja schließlich „nur“ Handelsvertreter der DVAG.
03
Am 22.01.2009 gab es vor dem Landgericht Köln unter dem Aktenzeichen 30 O 168/08 eine interessante Entscheidung:
Ein Unternehmen wollte einem Handelsvertreter kündigen (offensichtlich nichts ungewöhnliches in dieser Zeit!).
Das erste Kündigungsschreiben wurde von dem Leiter/Personal der Gesellschaft unterschrieben. Der Handelsvertreter wies die Kündigung zurück, weil der Kündigung keine Vollmachtsurkunde beigefügt war. Daraufhin wurde erneut gekündigt, mit Unterschrift des Prokuristen, jedoch auch wieder ohne Vollmachtsurkunde. Auch diese Kündigung wurde mit den gleichen Argumenten zurückgewiesen. Dann wurde erneut gekündigt mit Vorlage einer Original-Vollmacht.
Nach dem Handelsregister waren die Prokuristen der Gesellschaft entweder nur zu zweit oder einer allein zusammen mit dem Vorstandsmitglied vertretungsberechtigt.
Grundsätzliches:
Gemäß § 174 Satz 2 BGB kann eine Kündigung nicht zurückgewiesen werden, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. Diese Regelung gilt dann, wenn jemand unterschreibt, der normalerweise bestimmte Vollmachten innehat. Wenn z.B. ein Personalchef oder ein Handlungsbevollmächtigter eines Unternehmens unterschreibt, so kann man davon ausgehen, dass er bevollmächtigt ist.
Grundsätzlich darf auch jemand gemäß § 49 Abs. 1 HGB vertreten, wenn er Prokura besitzt. Dies ist nämlich die Vollmacht für alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt.
Problematisch ist hier nur, dass den Prokuristen eine so genannte Gesamtprokura im Sinne des § 48 Abs. 2 HGB erteilt wurde, wonach er nur mit einem weiteren Prokuristen oder einem Vorstand die Gesellschaft vertreten darf. So stand es im Handelsregister.
Nun gibt es noch eine weitere Regelung, die hier zum Nachdenken anregt:
§ 15 HGB regelt grundsätzlich, dass für Außenstehende alles das gilt, was im Handelsregister steht (Vertrauensschutz). Da der Leiter/Personal in dem Fall nicht als Bevollmächtigter im Handelsregister eingetragen war, durfte er auch nicht allein unterschreiben, so das Landgericht.
Etwas anderes gilt im Übrigen im Arbeitsrecht:
Das Bundesarbeitsgericht entschied nämlich, dass ein Personalchef eine Kündigung aussprechen darf und diese nicht wegen fehlender Vollmacht zurückgewiesen werden kann. Da es jedoch hier nicht um Arbeitnehmer geht, sondern um Handelsvertreter, konnten diese Grundsätze nicht angewendet werden.
Das Landgericht entschied:
Die ersten beiden Kündigungen waren unwirksam. Erst die letzte Kündigung konnte das Vertragsverhältnis beenden.
Merke:
Personalchefs mit Gesamtprokura können Handelsvertreterverträge nur kündigen, wenn eine Original-Vollmacht beigefügt wird. Eine, wie wir finden, interessante und richtungsweisende Entscheidung.
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Jetzt sind wieder die Bänker am Pranger. Nicht nur die Lehman-Anleger fühlen sich betrogen.
Die Gewerkschaft Verdi spricht bei den Bankberatungen von Drückermethoden und systematischer Falschberatung. Solche Worte kannten wir bisher nur von umstrittenen Strukturvertrieben.
Der Gewerkschaftssekretär Roman Eberle von der Verdi hat eine Web-Seite eingerichtet, in der die Bänker von den unlauteren Methoden berichten können. Dort soll es unter anderem heißen:
„Der Kunde wird ausgenommen wie eine Weihnachtsgans, und es reicht trotzdem nie“.
Auf „Teufel komm mal raus“ müssten Produkte im Depot gedreht werden, um mehr Provisionen zu erzielen. Im 4-bis -8- Wochen-Takt werde20auf Anleger eingeredet, Hauptsache die Terminquote stimme. Nach 30 bis 60 Minuten müsse irgendetwas verkauft sein, ob es passt oder nicht.
Nachzulesen ist das alles im Spiegel und in den Westfälischen Nachrichten.
Letztere boten dann auch gleich eine Umfrage an, ob man denn nun noch Vertrauen zu seinem Bankberater hat.
Ps: Ich habe auch schon abgestimmt, verrate aber nicht, was ich gewählt habe…
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Schadensersatzansprüche wegen Beratungsverschuldens beim Erwerb von Wertpapieren verjähren nach § 37a WpHG in drei Jahren, nach § 823 BGB in drei Jahren ab Kenntnis.
Der Bundesgerichtshof hatte mehrfach darüber zu entschieden, von wann an die Verjährung beginnen sollte. Ab Erwerb der Papiere, ab Schadenseinschlag oder ab Kenntnis?
Der BGH hat mit Urteil vom 8. März 2005 (Az: XI ZR 170/04) entschieden, dass mit dem Erwerb der Papiere und nicht erst zum Zeitpunkt der späteren Kursverluste die Frist zu laufen beginnt. Dies richtete sich ausschließlich auf die Beurteilung gem. §37 a WpHG.
Schließlich sei Zweck der im Rahmen des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes eingeführten Verjährungsregelung sei, so der BGH, durch Verkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren dem Anlageberater eine zuverlässigere Einschätzung möglicher Haftungsansprüche zu ermöglichen und so seine Bereitschaft zu stärken, auch risikoreichere Papiere, insbesondere auch Titel junger innovativer Unternehmen, zu empfehlen.Und dann müsse die kurze Verjährungsfrist gelten.
Der BGH hat sich mit diesem Grundsatz jedoch schwer getan:
In einer Entscheidung Ende 2007 (Aktenzeichen V ZR 25/07) soll die Frist für die Verjährung erst dann beginnen, wenn der Anleger den Fehler entdeckt hat (also mit Kenntnis).
Jedenfalls hatte der BGH stets entschieden, dass es keine sog. Sekundärhaftung gibt. Dieser Begriff ist eine Erfindung aus dem Anwaltshaftungsrecht und besagt, dass Anwälte innerhalb der Haftungszeit den Mandanten über den Ablauf der Verjährung aufklären müssen. Tun sie das nicht, begehen sie abermals einen Beratungsfehler am Ende der Haftungszeit … und die Verjährung beginnt ab diesem Tag von neuem.
Bei der Beratung über Wertpapiere muss der Berater also nicht über eine mögliche drohende Verjährung hinweisen.
Übrigens: In § 199 BGB heißt es, dass die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger… Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen.

