Allgemein

AWD bekommt in Österreich Gegenwind

Finanzparasiten.de konnte diese Woche einen ungewöhnlichen Anstieg der Zugriffszahlen verzeichnen. Grund düfte die aktuelle Medienpräsenz des Finanzvertriebs AWD sein. Wie von uns berichtet hatte „Plusminus“ die Beratungsqualität der Hannoveraner „Finanzexperten“ thematisiert.

Hoch her geht es derzeit in der AWD-Kolonie Österreich zu, wo die Politik den AWD als Thema entdeckt hat. So will der Grüne Peter Pilz dem Pyramidensystem den Boden entziehen und fordert gar ein Verbot. Von „Fußtruppen“ und „AWD-Keilern“ ist in der Alpenrepublik die Rede. Der AWD wehrt sich natürlich gegen diesen „Populismus“ und preist seine angeblichen Beratungsstandards. Wie bekannt wurde, ist Pilz selbst ein AWD-Beratungsopfer.

Wir meinen: Eigentlich könnten die Vermögensberater gar nicht oft genug Politiker beraten … 😛

Passend zum Thema hat ein Österreicher Gericht gerade einen Haftungsfall zulasten des AWD entschieden.

AWD-Eminenz Carsten Maschmeyer scheint dies nicht aus der Ruhe zu bringen: Gerade ließ er sich als edler Spender feiern, indem er aus seiner Privatschatulle eine Million für die BILD-Aktion „Ein Herz für Kinder“ springen (und die Stars für sich tanzen) ließ. Ob die AWD-Strukkis, von denen viele branchentypisch selbst finanziell schlecht aufgestellt sind, davon auch so begeistert sind?

Fernsehbericht Plusminus vom 9.12.2008

Warum viele Worte schreiben?

Die Strukturvertriebe bekommen ein neues mediales Interesse.

Plusminus strahlte am 9.12.2008 eine Sendung aus, der wohl nichts hinzuzufügen ist.

http://mediathek.daserste.de/daserste/servlet/content/1187336?pageId=487872&moduleId=432744&categoryId=&goto=1&show=

Umsatzsteuerfreiheit in Zukunft gefährdet?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bisher immer die Auffassung vertreten, Leistungen des Versicherungsvertreters seien nicht umsatzsteuerpflichtig.

Von diesem Grundsatz ist der BFH duch Urteile vom 6.9.07 und 10.12.07 abgerückt. Zunächst wurde die ständige Praxis nur in Frage gestellt. In der letzteren Entscheidung meinte dann der BFH, bei einem Versicherungsvertreter beruhe das Wesen seiner Tätigkeit darauf, dass Parteien einen Vertrag abschließen. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn das Wesen der Tätigkeit der „Aufbau einer Außendienstorganisation“ sei. Danach müssen Handelsvertreter, deren Aufgabe es ist, eine Struktur aufzubauen, damit rechnen, in Zukunft Umsatzsteuer zahlen zu müssen.

Das Bundesministerium für Finanzen nahm diese Entscheidungen zum Anlass, die bisherigen Regelungen noch einmal systematisch zu hinterfragen. Ein Ergebnis liegt dem Verfasser dieses Artikels noch nicht vor.

Der BFH irrt jedoch und verkennt § 84 Abs.1 HGB. Handelsvertreter ist danach, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Die Vermittlungsleistung ist nach §84 rein wirtschaftlich definiert und stellt nicht darauf ab, ob ein Vertrag vermittelt wird (wie es der BFH jetzt so verstanden haben will).

Außerdem könnte der „neue“ Gedanke des BFH weitere fatale Folgen haben: Wenn jemand, der mit einem Strukturaufbau beschäftigt ist, kein Versicherungsvermittler mehr sein soll, bräuchte er für seine Tätigkeit dann auch keine Erlaubnis mehr….

Bahnbrechendes Urteil

Leider geraten Versicherungsvermittler oftmals nicht nur in die Krise, die schon allein die Erkrankung darstellt, sondern werden von Vertrieben mit  Prozessen verfolgt. Man verlangt oftmals das Tätigwerden – trotz Erkrankung – und reicht dann noch mitunter Schadenersatzklagen gegen ihre Berater ein.
Ein Landgericht hatte sich kürzlich mit folgendem grundsätzlichem Fall zu beschäftigen: Ein Berater fühlte sich völlig ausgepowert, litt am so genannten „burn-out-Syndrom“ und erlebte einen dramatischen Umsatzrückgang. Darauf hin bot er einen Aufhebungsvertrag an. Dies wurde abgelehnt. Dann kündigte er mit einer Frist von sechs Wochen das Vertragsverhältnis und legte dabei das ärztliche Attest vor.
Der Vertrieb pochte auf eine einjährige Kündigungsfrist und verlangte die Weiterarbeit. Danach kam die Klage auf Unterlassen, woanders zu arbeiten, Schadensersatz und letztendlich Feststellung, dass die Kündigung unwirksam ist.
Das Gericht wie darauf hin, dass die Kündigung des Vermögensberaters wirksam ist, wenn gemäß der Rechtsprechung des BGH
– eine schwerwiegende krankhafte Störung vorliegt
– die von nicht absehbarer Dauer ist
–  der Ausfall nicht auf andere Weise ausgeglichen werden kann und
– eine nicht behebbare nachhaltige Veränderung der Absatztätigkeit (sprich Umsatzrückgang) vorliegt.
Dann holte das Gericht ein Gutachten ein, das die Krankheit des Beraters voll bestätigt hat. Demnach war die Kündigung des Beraters wirksam. Der Vertrieb verlor ihre Klage – auch in der zweiten Instanz – und hatte alle Kosten zu tragen.
Der Berater war danach frei. Das Urteil kann als bahnbrechend bezeichnet werden und sollte vielen Beratern, die ebenso vor einem Trümmerhaufen stehen, Mut machen.

Gegen das Urteil wurden, wie man uns mitteilte, Rechtsmittel eingelegt.

Aufhebungsvertrag pro und contra

Ich werde immer wieder gefragt, ob es für einen ausstiegswilligen Vermögensberater sinnvoll ist, sich um einen Aufhebungsvertrag zu bemühen und ob dieser gegenüber den allgemeinen Kündigungsfristen nachteilig ist.

Dies ist nicht einfach zu beantworten. Zunächst ist es aus unserer Sicht dem Zufall überlassen, ob dem Berater überhaupt ein Entgegenkommen zeigt und diesen kurzfristig gehen lässt. Unter der Hand hat man uns von offizieller Seite mitgeteilt, dass man den „treuen“ Beratern die Möglichkeit einer kurzfristigen Aufhebung anbietet. Denen, die eh schon in Ungnade gefallen sind, wird man diese Möglichkeit nicht gewähren.

Der Aufhebungsvertrag ist im übrigen ein Muster, welches oftmals gleichlautend immer wieder verwendet wird. Hier wird das Vertragsende geregelt, der Stand der Provisionen wird anerkannt (vielleicht wird noch eine Vereinbarung aufgenommen, dass ein Rückstand zurück zu zahlen ist), und es werden Wettbewerbsverbote aufgenommen.

Bei diesen Wettbewerbsverboten handelt es sich um die genau dieselben, die sich schon in den Vermögensberaterverträgen wiederfinden. Genau der gleiche Wortlaut!

Warum sollten diese Klauseln wiederholt werde, wenn sie ohnehin schon gelten? Dies ist einfach zu beantworten.

1. Der Berater kann sich auf den Standpunkt stellen, die im Vertrag enthaltenen Wettbewerbsklauseln seien unwirksam, weil der Berater kein unterschriebenes Vertragsexemplar in den Händen hält (dies ist nämlich gesetzliche Wirksamkeitsvoraussetzung).

Dieser Nachweis wird bei einem Aufhebungsvertrag nicht verlangt. Es ist also einfacher, sich auf das Wettbewerbsverbot in einem Aufhebungsvertrag zu berufen.

2. Der Berater könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass ihm wegen des Wettbewerbverbotes eine Entschädigung zusteht. So steht es nämlich im Gesetz. Das Arbeitsgericht Frankfurt sagte kürzlich, dass dem Berater grundsätzlich eine solche Entschädigung zusteht (auch, wenn im Vertrag weit und breit davon nichts zu finden ist).

Diese Chance auf eine Entschädigung entfällt allerdings, wenn das Wettbewerbsverbot im Aufhebungsvertrag vereinbart wurde!

Dies sind die Gründe, warum das Wettbewerbsverbot noch einmal im Aufhebungsvertrag aufgenommen wird. Andere -weitere – Nachteile hat das nicht. Für viele ist das ein Umstand, mit dem man leben kann.

Es gibt gute Gründe, sich für den Aufhebungsverttag zu entscheiden:

1. Man hat den langen Kündigungszeitraum nicht zu überbrücken, insbesonere vor dem Hintergrund, dass die Vorfinanzierung der Provisionen mit Ausspruch der Kündigung wegfällt und man die Kündigungsfrist ohne laufende Einnahmen überbrücken müsste.

2. Man schafft klare Verhältnisse. Die Motivation eines aussteigewilligen Beraters – gerade auch wegen des Wegfalls der Vorfinanzierung –  ist oft gering. Viele schaden dem Vertrieb in diesem Zeitraum mehr, als sie Nutzen bringen. Viele andere Unternehmen stellen ihre Angestellten auch oftmals während des Kündigungszeitraumes frei, um vielleicht negative Einflüsse fernzuhalten.

Dennoch ist es immer wieder auch eine Frage des persönlichen Schicksals, ob man diese Gespräche suchen sollte und ob man tatsächlich den schnellen Ausstieg wählen sollte.

Haftung für schlechte Anlagevermittlung

Am 10.6.08 verurteilte das Landgericht Köln eine Gesellschaft wegen Schlechtberatung. Es wurde eine atypisch stille Beteiligung vermittelt und – so das Gericht – nicht ordnungsgemäß aufgeklärt.

Die Gesellschaft muss sich das fehlerhafte Verhalten des Anlagevermittlers zurechnen lassen, weil er nicht umfassend aufgeklärt hat.

Er hätte nämlich die Pflicht, ein zutreffendes Bild der Anlage zu vermitteln, insbesondere über Nachteile und Risiken zu informieren.

Hier wurde dem Vermittler vorgeworfen, er habe nicht darüber informiert, dass die Beteiligungen nicht weiterverkauft werden können. Dies hätte er sagen müssen.

Die verklagte Gesellschaft wandte ein, der Kunde wollte doch eine Altersabsicherung und da kommt es doch nicht darauf an, ob man sie verkaufen kann.

Das Landgericht sagte aber, die Zugriffsmöglichkeit (also die Verkaufsmöglichkeit) ist ein wesentliches Element der Investitionsentscheidung des Kunden. Und das Gericht wies auf die vielen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes hin, dass darüber ungefragt aufzuklären ist. Bei stillen Beteiligungen hat der Vermittler ungefragt zu sagen, dass man dieses nicht weiterverkaufen kann.

Die Gesellschaft haftete exakt in Höhe des eingezahlten Betrages von 21.000€.

Zu guter Letzt : Die Gesellschaft konnte nicht beweisen, dass der Vermittler zutreffend aufgeklärt hat. Dieser sagte als Zeuge aus und sagte dann, dass er bei jeder Beratung den Kunden einen Prospekt übergibt, in dem die Risiken der Anlage erklärt wird. Dieses „allgemeine Erinnern“ war dem Gericht aber nicht genug. Wenn der Zeuge sich an diesen einen Fall nicht mehr genau erinnern kann, so entlastet dies die Gesellschaft nicht.

Fazit: Die neuen Vermittlerrichtlinien schreiben eine genaue Dokumentation vor. Jetzt wissen wir auch, warum.

Urteil des BGH zur Frage, wann eine Provision bezogen wurde?

Wir hatten bereits ausführlich über die Frage der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bei Rechtsstreitigkeiten mit Handelsvertretern berichtet. Das Arbeitsgericht ist zuständig, wenn der Handelsvertreter in den letzten sechs Monaten weniger als 1.000€ monatlich im Schnitt verdient hat und er ein Einfirmenvertreter ist.

Wann aber hat jemand etwas verdient? Sind das nur Zahlungen, die man auch bekommen hat oder sind das auch Zahlungen, die man „verdient“ hat, die aber mit Gegenforderungen verrechnet wurden.

Mit dieser Frage, die bisher in der Rechtsprechung völlig unterschiedlich beurteilt wurde, hatte sich der BGH auseinanderzusetzen.

Der Bundesgerichtshof entschied am 12.02.2008, dass für die Ermittlung der während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich bezogenen Vergütung alle unbedingt entstandenen Vergütungsansprüche des Handelsvertreters zu berücksichtigen sind, unabhängig davon, ob, auf welche Art und Weise und in welchem Umfang sie erfüllt sind.

Streitig war ein Fall, in dem der Handelsvertreter mehr als 1.000,00 € verdient hat, jedoch weniger als 1.000,00 € ausgezahlt bekommen hat, weil andere Positionen wie Telefonkosten, Büromiete usw. durch Verrechnung in Abzug gebracht wurden.

Die Gerichte haben sich lange darüber gestritten, ob nur darauf abgestellt werden soll, was ausgezahlt wurde, oder auch darauf, was zwar verdient, aber im Wege einer Verrechnung weggefallen ist.

Der BGH hat hier nun eine Klärung geschaffen und gesagt, dass es nicht auf die Auszahlung ankommt, sondern auch auf das, was möglicherweise verdient wurde, aber im Wege einer Verrechnung weggefallen ist.

Handelsvertreter in Finanzvertrieben: Scheinselbständige?

Das Versicherungsjournal thematisiert heute in dem Artikel Gespenst Scheinselbständigkeit die umstrittene Frage, ob es sich bei in Finanzvertrieben organisierten Handelsvertretern nicht in Wirklichkeit um abhängigen Beschäftigte handelt – was für die Finanzvertriebe als Arbeitgeber natürlich Lohnnebenkosten auslösen würde.

Die Frage muss für jeden Finanzvertrieb gesondert betrachtet werden. So lässt die DVAG etwa ihren Leuten eine lange Leine, während die MLP AG zum Beispiel eine von Gerichten als „straff“ bezeichnete Organisationsform aufweist. Das Versicherungsjournal verlinkte das nicht ganz ununmstrittene www.mlpwatchblog.com, das letzte Woche drei Einschätzungen von Versicherungsgesellschaften ins Netz stellte:

Das Versicherungsjournal scheint zur Annahme echter Selbständigkeit zu tendieren.

Bereits gestern hatte das Blog nachgelegt und veröffentliche ein Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim, das Außenstehenden interessante Einblicke in die seltsame Arbeitswelt der Finanzvertriebe gewährt.

Möge der geneigte Leser doch selbst entscheiden, ob er die Tätigkeit eines Strukkis für die eines selbständigen Unternehmers halten will oder nicht!

Tätigkeitsverbot

Heute hat ein Landgericht kurzerhand entschieden, dass ein Vermögensberatervertrag für den Berater kein Verbot enthält, woanders zu arbeiten.

Er darf nur nicht bei der Konkurrenz arbeiten, kann aber gemäß Vertrag ohne Zustimmung der DVAG z.B. als Briefträger tätig sein.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das Oberlandesgericht wird endgültig zu entscheiden haben.

Zur Haftung im Falle einer Falschberatung

Wir hatten schon darüber berichtet, dass das Landgericht Frankfurt kürzlich die Klage eines Kunden eines Strukturvertriebes wegen fehlerhafter Beratung abwies.

Dies ist alles schwer verständlich, zumal sich die eigentliche Frage, ob denn tatsächlich eine Schlechtberatung vorgelegen hat, nicht erörtert wurde. Die Klage scheiterte an der Anspruchsgrundlage. Schließlich, so das Gericht, sei zwischen dem Kunden und dem Vertrieb kein Vertrag und kein Vertrauensverhältnis zustande gekommen.

Dies hat folgenden Hintergrund:

Gegen den Vertrieb besteht nach Ansicht des Gerichts kein Anspruch auf Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung des Vermögensberatungsvertrages gem. §§ 311 Abs. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, Abs. 3, 282 BGB.

Dieser Vertrag wurde nicht mit dem vermittelnden Vertrieb geschlossen, sondern mit der Versicherung, für die  vermittelt wurde.

Im Rahmen dieses Vertrages ist der Berater zur fachkundigen Beratung und Beurteilung verpflichtet. Er hat unter Berücksichtigung der Anlageziele, der Risikobereitschaft und der Risikofähigkeit des Kunden positive oder negative sachgerechte Empfehlungen zu geben (LG Frankfurt am Main, 2-21 O 319/99).

Es kommt nicht darauf an, ob dieses Ziel verfehlt wurde, da eine vertragliche Haftung ausscheidet.

Es kommt nicht darauf an, ob das Verschulden des Vertriebes der Versicherung gemäß § 278 Abs. 1 BGB zuzurechnen ist, da hier ausschließlich der Vertrieb in Anspruch genommen wurde. Dieser ist zwar aus Sicht der Versicherung ein sog. Erfüllungsgehilfe, da dieser nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen der Schuldnerin dieser bei der Erfüllung einer dieser obliegenden Verbindlichkeit als ihre Hilfsperson tätig war.

Eine Haftung ohne Vertrag ist aber nur dann gegeben, wenn der Kunde bei der Beratung in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat. Dies konnte das Gericht nicht erkennen. Schließlich, so das Gericht in der mündlichen Verhandlung, wisse man doch, auf was man sich einlässt, wenn man einen Vermögensberater bei Versicherungsfragen heranzieht.

Der Vertrieb haftet auch nicht aus § 826 BGB. Eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ist nicht zu erkennen.

Somit ist der entstandene Schaden nicht nach § 249 Abs. 1 BGB zu ersetzen. Ansonsten wäre der Geschädigte ist so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn ihm die richtige Auskunft erteilt worden wäre.

Was bin ich? Handelsvertreter sind keine Makler

In Finanzvertrieben eingebundene Handelsvertreter behaupten immer wieder, sie seien Makler oder faktisch Makler. Als solche stünden sie im Lager der Kunden und wären der strengen Maklerhaftung ausgsetzt.

Um es vorweg zu nehmen: Mumpitz. Handelsvertreter sind Handelsvertreter, und die wahren nun einmal laut Gesetz die Interessen des vermittelten Versicherers, vgl. § 84 HGB („Unternehmer“).

Es gibt bei den Finanzvertrieben das strukturelle Problem, dass viele Rechtsfragen, die auf die normale Dreierbeziehung „Kunde“ – „Vermittler“ – „vermittelter Versicher“ nicht ohne weiteres auf die Konstruktion der „vierten Partei“, dem Finanzvertrieb, übertragen werden können. Es gibt hier viele Zwitterkonstellationen. So spielen die Finanzvertriebe gegenüber den Handelsvertretern mal die Rolle des „Quasi-Arbeitgebers“, mal die Rolle des selbständigen Partners. Gegenüber den Versicherern nehmen Finanzvertriebe die Rolle des Maklers ein, denn denen gegenüber benötigen sie auch eine Maklerlizenz.

Die einzelnen Handelsvertreter jedoch sind keine BGB-Makler und sind auch nicht entsprechend dem Kunden zu Loyalität verpflichtet, s.o. Die einzelnen Handelsvertreter haften praktisch nie persönlich, wie es ein Makler täte, der wiederum verpflichtet ist, das gesamte Marktspektrum zu berücksichtigen, was der Finanzvertrieb selbst könnte, nicht aber dessen Handelsvertreter, denen nur vom Finanzvertrieb lizensierte Produkte zur Vermittlung erlaubt sind. In vielen Finanzvertrieben wissen die Strukkis auch nicht, welchen Schnitt der Finanzvertrieb an diesen Produkten macht.

Nun argumentiert heute in einer Internet-Diskussion so eine verirrte Seele, Strukkis seien faktisch Makler und beruft sich unter hartnäckiger Verweigerung einer inhaltlichen Diskussion auf ein Urteil des Landgerichts Ulm 10 O 87/07 KfH vom 28. August 2007. Obwohl dieses Urteil in deutscher Sprache verfasst ist und nicht am juristischen Hochreck turnt, scheint mancher damit überfordert zu sein. Daher werde ich es an dieser Stelle kurz erklären.

In dem Fall hatte die Klägerin (eine Strukkibude) erfolglos versucht, ihrem Handelsvertreter per einstweiliger Verfügung verbieten zu lassen, sich „als Makler zu gerieren“ (als Makler auszugeben).

Spätestens auf S. 10 („II.“) müsste einem aufgeweckten Leser also klar sein, dass hier gar nicht der typische Strukki-Fall vorliegt. Hier hatte nämlich ein Handelsvertreter im eigenen Namen ein Geschäft mit einem Kunden gemacht. Schuldner der „Beratungsleistung“ war in diesem konkreten Fall allein der Handelsvertreter gewesen, nicht die Strukkibude. Mit anderen Worten: Der Strukki hatte seine Strukkibude umgangen. Der im konkreten Fall betroffene Strukki hatte sogar einen Antrag auf Registrierung als Versicherungsmakler gestellt. Das ist etwas völlig anderes als ein Handelsvertreter.

Da es die Strukkibude war, die ihrem eigenen Mann die Bezeichnung „Makler“ verbieten wollte und (erfolglos) behauptete, an dem Geschäft teilzunehmen, sollte langsam klar sein, dass sogar die Finanzvertriebe ihre Leute nicht als Makler verstanden wissen wollen.

NICHT „geklärt“ hat das Gericht übrigens, ob sich der Strukki schon „Makler“ nennen durfte. Das Gericht hat lediglich entschieden, dass die Strukkibude keinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen ihn hatte (S. 11). Mit anderen Worten: Wenn der Handelsvertreter im eigenen Namen mit den Kunden Geschäfte macht und diese betrügt, dann geht das die Strukkibude insoweit nichts an.

Die meisten Leute lesen aber nicht bis S. 11, sondern schaffen es nur bis S. 8, wo sie lesen:

Nach den Definitionen des VVG ist der Verfügungsbeklagte Versicherungsmakler. Denn er ist nicht von einem Versicherer oder einem Versicherungsmakler mit der Vermittlung/dem Abschluss von Versicherungsverträgen betraut.

Ist er auch nicht. Denn der Strukki trat selbst als Geschäftspartner auf und ließ den Finanzvertrieb außen vor. (In den meisten Handelsvertreter-Verträgen ist vereinbart, dass man während der Vertragsdauer keine solche Geschäfte im eigenen Namen tätigen darf. Das hätte also die klagende Strukkibude höchstwahrscheinlich verbieten wollen. Sie hatte aber nicht entsprechend vorgetragen, sondern war von ihrer Beteiligung ausgegangen, ohne diese jedoch ausreichend glaubhaft zu machen.)

Handelsvertreter einer Strukkibude sind aber nunmal von der Versicherungswirtschaft damit betraut, Versicherungsverträge zu vermitteln. Daran ändert auch ein zwischengeschalteter Finanzvertrieb nichts.

Makler wären verpflichtet, im Auftrag des Kunden das gesamte zumutbare Marktspektrum in ihre Empfehlung einzubeziehen und erhalten hierfür vom Kunden eine vereinbarte Courtage. Sie werden für den Kunden tätig. Makler bekommen auch nicht von Premiumpartnern Incentives und ähnliche verdeckte Provisionen.

Handelsvertreter hingegen verpflichten sich dem Finanzvertrieb und dessen Partnerversicherungen. Sie haben in der Regel nur ein Spektrum an vom Finanzvertrieb lizensierten Versicherern zur Auswahl. Handelsvertreter bekommen ihr Geld nicht direkt vom Kunden, sondern vom Versicherer, wobei der Finanzvertrieb das Geschäft abwickelt und sich seine Provision abgreift. Die Loyalität des Handelsvertreters gebührt der Hand, die ihn füttert, also seinem Finanzvertrieb und den Versicherern. So steht es auch geschrieben!

Wenn also fromme Strukki-Jünger, die ihre Produkte anhand von Provisionstabellen bewerten, mit stolz geschwellter Brust auf Wikipedia verkünden, sie würden ihren Kunden gegenüber wie ein Makler haften, so kann man sich einen Reim darauf machen, welche Beratungsleistungen man von diesen Talenten zu erwarten hat.