Allgemein

Selbständiger von Rentenversicherung als Arbeitnehmer eingestuft

Immer wieder ist zu hören, dass Außendienstmitarbeiter die Auffassung vertreten, sie seien doch eigentlich Arbeitnehmer. Man sollte dies dann auch gerichtlich durchsetzen.

Der erfahrene Anwalt erwidert, dass das so einfach nicht ist und gegebenenfalls auch Risiken mit sich bringt.

In einem aktuellen Fall, in dem ein – zunächst als selbständig angedachter – Mitarbeiter von der Deutschen Rentenversicherung per Bescheid als Arbeitnehmer eingestuft wurde (mit der Folge erheblicher Nachzahlungen) wurden folgende Kriterien zur Abgrenzung mitgeteilt:

Arbeitnehmer

Der Begriff Beschäftigung wurde geregelt durch die am 1.7.1977 in Kraft getretene Vorschrift des § 7 SGB IV. Hiernach versteht man im Sinne der Sozialversicherung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, wobei hierzu auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Bereich betriebliche Ausbildung zählt. Um eine Beschäftigung handelt es sich immer dann, wenn rechtswirksam ein Arbeitsverhältnis begründet wird. Die Worte nicht selbständige Arbeit umschreiben das persönliche Abhängigkeitsverhältnis, in dem sich ein Arbeitnehmer zu seinem Arbeitgeber – beurteilt nach den tatsächlichen Verhältnissen – befindet.

Wesentliches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses bzw. einer abhängigen Beschäftigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die persönliche Abhängigkeit. Im Regelfall ist der Umstand, dass die Arbeitskraft in einem auf unbestimmte Zeit angelegten Dienstverhältnisses ganz oder überwiegend einem Betrieb zur Verfügung gestellt wird, als wesentliches Kennzeichen der persönlichen Abhängigkeit zu werten. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff der persönlichen Abhängigkeit äußert sich vornehmlich in der Eingliederung in einem Betrieb, womit regelmäßig das Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich

– der Arbeitszeit,

– des Arbeitsortes

– der Art, Ausführung und Reihenfolge der Arbeit

verbunden ist.

Das Weisungsrecht kann allerdings im Einzelfall mehr oder weniger eingeschränkt sein. Selbst die ohne oder nahezu ohne besondere Weisung erbrachte Arbeitsleistung ist jedoch fremdbestimmt, wenn sie von der Ordnung des jeweiligen Unternehmens geprägt wird. In diesem Fall verfeinert sich die Weisungsgebundenheit des Beschäftigten zur sogenannten funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Auch wenn die persönliche Einwirkung des Arbeitgebers Gestalt ausdrücklicher Weisungen nicht in Erscheinung tritt und dadurch die Durchführung der Arbeit dem selbstverantwortlichen Ermessen des Arbeitnehmers überlassen bleibt, liegt eine fremdbestimmte Dienstleistung vor, wenn die zu erfüllende Aufgabe

•          von der Ordnung des Betriebes geprägt wird

•          sich aus Übung oder Herkommen ergibt und

•          die Arbeitskraft im Dienst des Unternehmens eingesetzt wird.

Neben der persönlichen Abhängigkeit sprechen folgende Kriterien für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung:

  • die fehlende Möglichkeit der freien Gestaltung der Tätigkeit
  • das fehlende Unternehmerrisiko
  • der fehlende Einsatz von eigenem Kapital
  • Art und Einsatz von Arbeit-bzw. Betriebsmittel
  • Integration in Arbeitsabläufe
  • steuerliche Behandlung usw.

Insgesamt gesehen ist eine abhängige Beschäftigung daher stets zu bejahen, wenn der dienstleistende in einem Betrieb arbeitet, d. h. also in den Betrieb eingegliedert ist und als Angehöriger des Betriebes gesehen wird, selbst wenn die Weisungsgebundenheit – was die Ausführung der Arbeiten anbetrifft – stark eingeschränkt ist. Er spricht außerdem für ein Beschäftigungsverhältnis werden

  • Arbeit zugewiesen wird, ohne dass dies mit dem Subunternehmer/freien Mitarbeiter abgestimmt ist oder
  • die Arbeit fremdbestimmt ist.

In einer abhängigen Beschäftigung ist der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht in der Lage, zum Beispiel Umfang, Inhalt und organisatorische Einbindung seiner Arbeitsleistung selbst zu bestimmen. Ein Arbeitnehmer erledigt somit fremdbestimmte Arbeit, weil der Auftraggeber andere auf seine Kosten arbeiten lässt. Die erfolgte Arbeit ist insofern für einen Fremden (3. Person, Auftraggeber, Unternehmer usw.) bestimmt. Diesem Dritten kommt letztlich auch der finanzielle Vorteil.

Selbständige Tätigkeit

Eine selbständige Tätigkeit liegt vor, wenn der Tätige weisungsfrei arbeiten kann und der tätige somit über seine Arbeitskraft, die Gestaltung der Tätigkeit sowie seine Arbeitszeit im Wesentlichen frei verfügen kann und ein eigenes Unternehmerrisiko trägt. Es ist jedoch zu beachten, dass Unternehmerrisiko nicht mit dem Einkommensrisiko zu verwechseln ist, dass auch abhängig Beschäftigte tragen, die nicht nach der Zeit, sondern nach dem Erfolg entlohnt werden und folglich ein schwankendes Einkommen erzielen. Ein echtes Unternehmerrisiko liegt vor, wenn eigenes Kapital unwesentlich eigene Betriebsmittel mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt werden. Der Erfolg eines Selbständigen und der Erfolg des Einsatzes sächlicher oder persönlicher Mittel ist im Prinzip ungewiss. Zum Unternehmerrisiko gehört keinesfalls ein Lohnzahlungsrisiko oder das Risiko des Verlustes des Arbeitsplatzes. Das Risiko eines jeden Arbeitenden, dass seine Leistung den Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber nicht entspricht und dass er deswegen seine Tätigkeit verliert, ist kein -_das selbständige Gewerbetreibende auszeichnende – Unternehmerrisiko.

Unternehmerrisiko bedeutet, dass der Unternehmer eingesetztes Kapital vermehren oder verlieren kann. Unternehmerrisiko ist auch dann erkennbar, wenn der Auftragnehmer infolge fehlerhafter eigener Kalkulation oder sonstige Umstände des Geschäftsverkehrs betriebliche Verluste erleidet. Die Belastung mit Risiken im Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft spricht allerdings nur dann für eine Selbstähnlichkeit, wenn ihr eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenübersteht.

Neben dem erwähnten Unternehmerrisiko sprechen unter anderem nachstehende Merkmale für eine selbständige Tätigkeit:

  • Persönliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit
  • Weisungsfreiheit
  • uneingeschränkte Tätigkeit für mehrere Geschäftspartner
  • Berechtigung zur Werbung für das eigene Unternehmen
  • Beschäftigung von Hilfskräften
  • Anmeldung eines Gewerbebetriebes
  • Erlaubnis zur Ausübung eines Gewerbes oder einer freiberuflichen Tätigkeit
  • Vorhandensein eigener Betriebsstätte
  • Einsatz eigener Arbeit-bzw. Betriebsmittel

Auf einer Tätigkeit nicht nur selbstständig berichtet wird, entscheidet sich letztendlich danach, welche Merkmale im Einzelfall überwiegen. Dabei ist es unerheblich, welche Bezeichnung die Beteiligten gewählt haben. Es ist auch unerheblich, wie das Vertragswertes der Vertragsparteien bürgerlich-rechtlich zu beurteilen ist und welche Absichten die Parteien mit ihren Abmachungen verfolgen. Es kommt nur auf die tatsächlichen Verhältnisse und die Art der zu verrichtenden Tätigkeit an. Überwiegen die Merkmale der selbständigen Tätigkeit, so handelt es sich um eine selbständige Tätigkeit. Sprechen aber die Tatsachen, die dem Verhältnis zwischen dem Arbeitenden geben, der die Arbeit vergibt, in ihrer Gesamtwürdigung weder eindeutig für eine selbständige Tätigkeit noch für eine abhängige Beschäftigung, so ist bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung darauf abzustellen, durch welche der beiden Arten der Erwerbstätigkeiten das Erwerbsleben des Betreffenden geprägt ist.

Ausgleichsanspruch trotz wirksamer frisloser Kündigung

Einem Handelsvertreter wurde fristlos gekündigt. Dennoch hat er einen Handelsvertreterausgleich gem § 89 b HGB.

So entschied das Oberlandesgericht Köln am 01.03.2021 unter dem Az.: 19 U 148/20 – trotz Verurteilung wegen Steuerhinterziehung zu 180 Tagessätzen des Handelsvertreters und trotz wirksamer fristloser Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses wurde der Anspruch nach § 89 b HGB anerkannt.

Ein Versicherungsvertreter hatte 14 Jahre für eine Versicherungsgesellschaft gearbeitet. Er wurde strafrechtlich rechtskräftig verurteilt.

Das OLG argumentierte, dass keine Gründe vorliegen „in der Privatsphäre oder Lebensführung des Handelsvertreters“, die einen Ausschluss rechtfertigen können.

Die fristlose Kündigung hatten übrigens sowohl das Landgericht Köln in erster Instanz als auch das OLG in zweiter Instanz bejaht. Das führte aber nicht zu einer Versagung des Anspruchs auf den Ausgleich. gem § 89 b HGB.

Wenn eine Vorstrafe oder ein sonstiges Handeln nichts mit dem Vertragsverhältnis zu tun hat, darf es nicht zum Ausschluss des Ausgleiches kommen. Darin waren sich beide Instanzen einig. Es wurde lediglich ein Billigkeitsabzug in Höhe von 25 Prozent vorgenommen, da die Vermögensverhältnisse des Handelsvertreters ungeordnet waren. Außerdem erwähnte das Gericht, die Beklagte sei ja nicht unmittelbare Geschädigte der Straftat gewesen.

Die Versagung des Handelsvertreterausgleichs setzt voraus, dass das Unternehmen das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Versicherungsvertreters vorliegt. Diese Gründe müssen so schwerwiegend sein, dass die Fortsetzung des Handelsvertretervertrages bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Vertrags nicht zugemutet werden kann.

Kritik an dem Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB und den Grundsätzen

Es gibt Gesetze, die wegen ihrer inhaltlichen Ungenauigkeiten und einer unklaren Rechtsprechung dringend der Erneuerung bedürfen.

Dazu gehört sicher auch die Regelung über den Ausgleichsanspruch für Handelsvertreter gemäß § 89 b HGB.

Während es in Hinblick darauf, ob und wann es den Ausgleichsanspruch gibt, relativ klare Regelungen gibt, bereitet die Frage nach der Höhe des Ausgleichsanspruchs in der Praxis große Probleme.

Anspruch auf einen Ausgleich hat der Handelsvertreter, wenn der Handelsvertretervertrag wegen des Alters des Handelsvertreters oder im Fall einer Kündigung durch das Unternehmen zu Ende geht. Kündigt der Handelsvertreter selbst oder ist das Unternehmen zur fristlosen Kündigung berechtigt, könnte der Ausgleichsanspruch ausgeschlossen sein. Bis hierhin ist alles nachvollziehbar.

Die Schwierigkeit gestaltet sich dann in der Berechnung. § 89 b HGB sieht vor, dass der Handelsvertreter höchstens einen Ausgleich in Höhe einer durchschnittlichen Jahresprovisionen erhält, bei Versicherungsvertretern höchstens von 3 Jahresprovisionen.

Der Begriff „höchstens“ gibt aber keinen Aufschluss darüber, wie der nun der Ausgleich der Höhe nach zu berechnen ist. In § 89 b HGB steht lediglich, dass das Unternehmen nach Ende des Handelsvertretervertrages“ erhebliche Vorteile“ mit den neuen Kunden, beim Versicherungsvertreter von den neuen Versicherungsverträgen, haben muss.

Auch wenn der Handelsvertreter einen Bestand übernommen hat, soll er einen Ausgleich erhalten, wenn der Umsatz der Kunden bzw. bei den Verträgen erheblich gesteigert wurde.

An dieser Stelle beginnt es, schwierig zu werden. Der Handelsvertreter braucht, um dies berechnen zu können, eine genaue Übersicht über die vermittelten Kunden bzw. Verträge am Ende des Handelsvertreterfensters.

Die Rechtsprechung verlangt nämlich, dass der Handelsvertreter eigentlich selbst abrechnen müsste, er in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet ist. Dies ist bereits eine Hürde, die vielen Handelsvertreter im Wege steht.

Am besten greift man dann auf die Provisionsabrechnungen des letzten Vertragsjahres zurück (es sei denn, es würde sich zum Beispiel im Falle einer Erkrankung um ein untypisches Vertragsjahr handeln), um zu überprüfen, welche Kunden bzw. Verträge zum Schluss des Handelsvertretervertrages noch da waren. Auch der BGH stellt seine Rechtsprechung auf die Provisionsabrechnungen des letzten Jahres ab.

Der BGH bringt aber noch ein paar weitere Verschärfungen ein. Er sagt, dass selbstverständlich nicht alle Provisionen für den Ausgleich eine Rolle spielen. So müssen zum Beispiel Einmalprovisionen und Verwaltungsprovisionen herausgerechnet werden.

Und da die Vertriebsbranche sich allerlei Provisionsbegriffe hat einfallen lassen, wird hier die Angelegenheit unübersichtlich und für den Laien kaum noch zu überwinden. Da gibt es Differenzprovisionen, Bestandsprovisionen, Bestandspflegeprovisionen, garantierte Provisionen, Abschluss- und Erfolgsprovisionen, Superprovisionen, Dynamikprovisionen und vieles mehr. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Wenn der BGH irgendwann einmal entscheidet, dass eine bestimmte Provision ausgleichspflichtig ist, gibt es auch jemanden in der Branche, der dann dieser Provision einen anderen Namen gibt und meint, dafür gibt es keinen Ausgleich.

Und wenn jemand glaubt, dass die Versicherungswirtschaft doch eine vereinfachte Berechnung geschaffen hat, in dem man auf die Grundsätze zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs verweist, die von Vertretern der Versicherungswirtschaft vereinbart wurden, stellt sich auch dies als großer Irrtum dar.

Diese Grundsätze stammen erstmalig aus dem Jahr 1958 und man sollte so langsam die Abschiebung in den Ruhestand erwarten. Die Parameter, nach denen dort abgerechnet wird, sind nicht nachvollziehbar. Vergleichsberechnungen haben mitunter ergeben, dass eine Abrechnung nach den Grundsätzen gegenüber den gesetzlichen Berechnungen wesentlich geringer ausfällt.

Auch inhaltlich sind die Grundsätze überholt. Dynamische Lebensversicherungen sollen danach noch immer nach den sogenannten Versicherungssummen berechnet werden. Früher wurden tatsächlich Provisionen nach den Versicherungssummen berechnet. Dies ist auch lange vorbei.

Das heißt, dass der Handelsvertreter mit seinen Provisionsabrechnungen gar nicht in der Lage sein kann, nach den Grundsätzen ordentlich zu rechnen. Er kennt die Versicherungssumme in der Regel nicht.

Die Grundsätze, und Teile des § 89 b HGB, bedürfen dringend einer Erneuerung.

Amtsgericht: Fristlose Kündigung von JeTaSo nicht wirksam

Ein Amtsgericht hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob eine fristlose Kündigung der Firma JeTaSo GmbH gegenüber einer Mitarbeiterin rechtmäßig ist.

Die Fa. JeTaSo GmbH betreibt am Markt den Verkauf von Produkten im Beauty- und Health Bereich. Dabei hat sie Vertriebspartner, die sie über das Internet findet und die Ihre Produkte an die Endverbraucher verkaufen.

Die Klägerin war seit 2018 für die Beklagte tätig. Dabei war es ihr erlaubt, das Intranet der Beklagten, ihre Produkte und angeworbenen Vertriebspartner einzusehen. Die Parteien schlossen keinen schriftlichen Vertrag. Die Vertriebspartnerin musste jedoch bei der Registrierung auf der Internetseite der Beklagten, durch das Setzen eines Häkchens, den AGB JeTaSo zustimmen.

Der Vertrieb von JeTaSo ist strukturmäßig aufgebaut. Der Vertriebsmitarbeiter erhält Provisionen, wenn er selbst vermittelt, und auch dann, wenn er Mitarbeiter anwirbt, die ihrerseits vermitteln. Der Vertriebskanal ist Network Marketing.

Eine gewisse Ähnlichkeit im Aufbau besteht hier zu den bekannten Vertrieben der Finanzdienstleistungen Branche, wie zum Beispiel der DVAG, der OVB oder Swiss Life Select. Während dort eigentlich geklärt ist, dass es sich bei den Mitarbeitern oft um Handelsvertreter handelt, stellt sich JeTaSo auf den Standpunkt, wer für JeTaSo tätig ist, sei kein Handelsvertreter.

Das Amtsgericht Beckum hatte nun über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung einer Vertriebsmitarbeiterin zu entscheiden. Diese  war auch Vertriebspartnerin des Unternehmens „Jesper-Nielsen“. Dort verkaufte sie Schmuck.

Am 06.08.2020 sperrte JeTaSo den Zugang ihrer Mitarbeiterin zu dem Intranet und schaltete Ihren Aktivstatus ab. Mit Schreiben vom 07.08.2020 kündigte sie fristlos die Zusammenarbeit. JeTaSo begründete ihre Kündigung mit einem Schreiben vom 15.09.2020 unter Angabe des Grundes „unethischen Handelns“ und „öffentlicher Abwerbung“.

Die Mitarbeiterin meint, sich nicht „unethisch“ verhalten zu haben, noch Abwerbung betrieben zu haben. JeTaSo hingegen behauptet, die Klägerin habe Produkte des Unternehmens „Jesper Nielson“ auf Facebook beworben und dadurch andere Vertriebspartner erfolgreich abgeworben.

Das Amtsgericht entschied, dass das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis wurde nicht durch die fristlose Kündigung beendet worden. Gem. § 89 a Abs.1 S.1 HGB kann das Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter von beiden Parteien aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot wäre ein Grund für eine außerordentliche Kündigung gewesen, jedoch liegt dieser Grund hier nicht vor.

Der Abwerbeversuch von Vertriebspartnern des Unternehmens zu einem konkurrierenden Unternehmen ist dem Grund nach ein wichtiger Grund im Sinne des § 314 Abs.1 S.2 BGB und würde grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Auch kann ein schwerer Vertrauensschaden, der durch die unzulässige Konkurrenztätigkeit des Vertriebspartners entstanden ist, einen wichtigen Grund darstellen. Dieser Vertrauensschaden entsteht auch, wenn der Handelsvertreter für ein Unternehmen tätig ist, das ein teilweise ähnliches Angebot hat. Durch diese Konkurrenztätigkeit muss es zu einem Vertrauensverlust kommen.  

JeTaSo konnte ein gravierendes Fehlverhalten der Klägerin, das zu einem Vertrauensverlust haben soll, nicht darlegen. Sie berief sich immer wieder auf einen Facebook-Screenshot, auf dem die Mitarbeiterin ihren Partnerlink bei „Jesper Nielsen“ postete.

Das beweist nicht, dass es überhaupt zu einem dafür geforderten Wettbewerbsverstoß gekommen ist. Hier ist bei einer Abwägung beidseitiger Interessen und aller Gegebenheiten, nicht verständlich, wie das Vertrauen der Beklagten zu gravierend verletzt sein soll, um einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen. 

Das reine Markieren von Freunden hat nicht genügend Ernsthaftigkeit, um ein aktives Abwerben darzustellen. Das Abwerben muss nämlich vielmehr ernsthaft gewollt sein und ein ernsthaftes Angebot beinhalten.

Auch die generelle Tätigkeit der Klägerin für „Jasper- Nielsen“ ist kein außerordentlicher Kündigungsgrund. Gem. AGB war eine generelle Tätigkeit schließlich nicht verboten. Die Angebote des Unternehmens „Jesper Nielsen“ habe kein überschneidendes Angebot.

Im Übrigen meinte das Amtsgericht, dass es sich bei der Mitarbeiterin sehr wohl um eine Handelsvertreterin handeln würde.

Fristlose Kündigung nach Datenschutzverletzung wirksam

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschied am 25. März 2022, dass eine fristlose Kündigung nach einer Datenschutzverletzung gerechtfertigt ist.

Gekündigt wurde einem Betriebsratsmitglied, das seit 1997 als Entwicklungsingenieur beschäftigt war. Obgleich Betriebsratsmitglieder einen besonderen Kündigungsschutz unterlegen, wurde in diesem Fall die Kündigung für rechtens erachtet.

Der Arbeitgeber sprach vor dieser Kündigung bereits eine andere Kündigung aus, gegen die sich das Betriebsratsmitglied erfolgreich vor dem Arbeitsgericht zur Wehr setzte. Diese 1. Kündigung hatte mithin das Arbeitsverhältnis nicht beendet.

Anschließend entschied sich das Betriebsratsmitglied, die Prozessakte aus dem 1. Verfahren per Dropbox-Download einem größeren Personenkreis zur Verfügung zu stellen. In dieser Prozessakte waren jedoch auch sensible Gesundheitsdaten anderer Beschäftigter ohne Schwärzung oder Anonymisierung.

Das Betriebsratsmitglied schoss sich damit das klassische Eigentor. Die 2. Kündigung, die daraufhin wegen der Datenschutzrechtsverletzung ausgesprochen wurde, ist vom Landesarbeitsgericht für wirksam ausgeurteilt worden. Bereits das Arbeitsgericht Stuttgart hat bereits in der 1. Instanz die Kündigung für wirksam gehalten.

Dieser Fall ist durchaus auf Handelsvertreterverhältnisse übertragbar. Wenn ein Handelsvertretern meint, sensible Daten anderen zur Verfügung stellen zu müssen, sei es aus einem Gerichtsverfahren oder aus anderen Quellen, muss auch er mit einer fristlosen Kündigung wegen Verletzung des Datenschutzes rechnen.

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, 25. März 2022, 7 Sa 63/21

OVB zur Ergänzung eines Buchauszugs verurteilt

Mit Urteil des Landgerichts Köln wurde kürzlich über Ansprüche eines ehemaligen OVB-Mitarbeiters uf einen Buchauszug entschieden. Dabei ging es um die Frage, welchen Inhalt und zeitlichen Umfang der Buchauszug haben müsse. Das Landgericht erklärte eine Klausel im Handelsvertretervertrag für nichtig.

Die OVB wurde verurteilt, den erteilten Buchungsauszug hinsichtlich sämtlicher von dem Kläger eingereichten Geschäfte über einen zeitraum von 2 Jahren um folgende Angaben zu ergänzen: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen.

Der Vermögensberater/ Finanzdienstleister machte im Wege einer Stufenklage einen Buchauszugsanspruch und einen Provisionszahlungsanspruch geltend. Die Beklagte, die OVB, ist eine Vermittlungsgesellschaft, bei der der Kläger als selbständiger Handelsvertreter tätig war. Im Finanzdienstleistungsvermittlungsvertrag war vereinbart, dass Ansprüche aus dem Vertrag in dreizehn Monaten ab dem Schluss des Monats, indem der Anspruchsberechtigte Kenntnis der Umstände erlangt, verjähren.

Über Provisionen erteilte die Beklagte jeden Monat eine Abrechnung. Dabei wurden diese bevorschusst. Demnach wurden bereits zu Beginn des vermittelten Vertrags 90 % im Abrechnungskonto und 10% im Stornoreservekonto gutgeschrieben. Gem. § 92 Abs. 4 HGB erstarkt die Provisionsanwartschaft mit jeder Prämienzahlung in zu Vertragsbeginn vereinbarter Höhe durch den Versicherungsnehmer während des Stornohaftungszeitraum (60 Monate) anteilig zu Vollrecht.

Kommt es dabei im Stornohaftungszeitraum zu provisionsrelevanten Änderungen am vermittelten Vertrag fordert die Beklagte den Anteil der unverdienten Provision zurück, im Wege entsprechender Provisionsbelastung in der Provisionsabrechnung.

Der Berater meint, dass ihm ein Anspruch auf Erteilung eines Buchungsauszuges, der den Zeitraum von acht Jahren umfasse, zusteht, der im Falle einer Stornierung, das Datum der Stornierung, die Gründe und ergriffenen Bestanderhaltungsmaßnahmen enthält. Er ist der Ansicht, dass die Ansprüche nicht verjährt sind, da die Verjährungsfrist erst beginne, wenn die provisionspflichtigen Geschäfte vollständig und abschließend abgerechnet worden sind. Die OVB erhob die Einrede der Verjährung, da die im Vertrag vereinbarte Verjährungsfrist von 13 Monaten gelten würde.

Das Gericht entschied, dass in dem Buchauszug auch das Datum und der Grund der Stornierung aufzunehmen sei. Der Bundesgerichtshof hatte bereits mehrfach entschieden, dass für den Buchauszug bei Warenhandelsvertretern, im Hinblick auf § 87a Abs.3 HGB auch die Annullierung von Verträgen und die Rückgabe von Waren sowie jeweils deren Gründe anzugeben sind (vgl. u.a Urteil vom 29.11.1995 – VIII ZR 293/94, WM 96, 309). Dies gelte auch für Versicherungsvertreter.

Dem Versicherungsvertreter stehe nach Ansicht des Gerichts grundsätzlich ein Anspruch auf Provisionszahlung zu. Der Anspruch nach § 87a Abs.3 HGB entfalle nur, wenn die Nichtausführung des Vertrags auf Gründen beruhe, die das Versicherungsunternehmen nicht zu vertreten hat. Der Versicherungsvertreter müsse deshalb auch darüber unterrichtet werden, wann und aus welchen Gründen ein von ihm vermittelter Vertrag rückgängig gemacht worden ist. Das Datum der Stornierung sei schon deshalb von Bedeutung, weil bei einer Stornierung nach Bezahlung der Prämie der nach § 92 Abs. 4 HGB unbedingt entstandene Provisionsanspruch nur noch unter engen Voraussetzungen entfallen könne. Der Grund lasse erschließen, ob ein Vertretenmüssen des Unternehmens und damit ein Provisionsanspruch nach § 87a Abs. 3 HGB überhaupt in Betracht kommt. In einem Provisionsprozess hätte das Versicherungsunternehmen das Fehlen eigenen Verschuldens an der Stornierung darzulegen und zu beweisen, dies würde für den Versicherungsvertreter aber ein nicht zumutbares Prozessrisiko darstellen, wenn er Provisionsansprüche einklagen müsse, bei denen schon nach der Art des Stornierungsgrundes eindeutig sei, dass der Provisionsanspruch weggefallen ist. Die bei stornierten Verträgen von dem Versicherungsunternehmen vorgenommenen Bestandserhaltungsmaßnahmen seien ebenso wiederzugeben.

Die OVB hat Berufung eingelegt. Das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.

Angaben, dazu welche Schritte das Versicherungsunternehmen im Fall einer Stornierung des Vertrages oder bei einer bevorstehenden Kündigung vorgenommen hat, seien von Bedeutung, da das Unterlassen solcher Maßnahmen dazu führen kann, dass die Nichtausführung des Vertrages i.S.v § 87a Abs. 3 S.2 HGB vom Versicherungsunternehmer zu vertreten ist (vgl. Bundesgerichtshof Urteil vom 19.11.82 – I ZR 125/80).

Der Anspruch auf Erteilung eines Buchungsauszugs nach § 87c Abs.2 HGB verjähre selbständig in der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Dieser Anspruch wird allerdings gegenstandslos, wenn der Provisionsanspruch, dessen Vorbereitung er dienen soll, verjährt ist oder aus anderen Gründen nicht mehr durchgesetzt werden kann (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.2. 2016 – VII ZR 28/15).

Die Vereinbarung der Verkürzung benachteilige den Vertragspartner unangemessen und sei nach § 306 Abs. 2, § 307 Abs. 1 S.1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BGB unwirksam, da sie der gesetzlichen Regelung des § 199 Abs.1 Nr.2 BGB und des § 202 Ab.1 BGB widerspreche. Gemäß § 199 Abs.1 BGB beginne die regelmäßige Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den, den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsse. Ein Anspruch nach § 199 Abs. BGB ist entstanden, sobald er erstmals vom Gläubiger geltend gemacht und mit einer Klage durchgesetzt werden kann. Dies setzt grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs voraus (Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Juli 2008 – XI ZR 230/07, NJW-RR 2009, 378 Rn.17). Bei Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges nach § 87c Abs. 2 HGB sei dies mit dem Schluss des Jahres, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung über die diesem zustehende Provision erteilt hat.

Nach dem BGH ist von einer abschließenden Abrechnung auszugehen, wenn der Unternehmer eine Abrechnung über die dem Handelsvertreter zustehende Provision ohne Einschränkungen oder Vorbehalte erklärt hat. Damit ist stillschweigend auch die Erklärung verbunden, dass weitere Provisionsforderungen des Handelsvertreters nicht bestehen (vgl. BGH Urt. v. 3.8.2017 – VII ZR 38/17).

Ohne Erfolg blieb die Einwendung des Klägers, die Abrechnung seien solange nicht anschließend, solange die Verträge einer Stornohaftzeit unterlägen.

Bafin kritisiert Kosten bei Lebensversicherungen

Am18.3.22 kritisierte die Bafin die hohen Kosten, die oft bei einer Lebensversicherung entstehen. dort spricht man von unterschiedlich hohen Effektivkosten und Rückvergütungen. Diese würden manchmal nur in Höhe von 52 % an den Kunden weitergereicht.

„Das weist darauf hin, dass es für einige Lebensversicherer nur eingeschränkt möglich ist, etwaige Interessenkonflikte im Vertrieb zu identifizieren und die gesetzlichen Vorgaben zur Vertriebsvergütung umzusetzen. Erhält ein Vermittler bei einem fondsgebundenen Produkt Rückvergütungen der KVGen, so ist für ihn die Verlockung groß, Kundinnen und Kunden den Fonds mit den höchsten Rückvergütungen zu empfehlen“ schreibt Dr Guido Werner im Bafinjournal.

Vermittler würden so eine zusätzliche Vertriebsvergütung erhalten. Durch diese Praxis seien die Abschluss- und Vertriebskosten nicht transparant.

Dunkle Kapitel

Wir berichten gerne über die dunklen Kapitel der Vermittlerbranche. Diese darf und soll es nicht geben. Der Gesetzgeber hat viel dafür getan, um Verstöße zu vermeiden. Aber sie wird es auch in Zukunt immr wieder geben.

Vielleicht werden wir uns daran gewöhnen müssen, dass Auswüchse seltener werden. Die schillernden Interpreten werden die brnche aber weiterhin begleiten.

So berichtete die Tagesschau am 22.5.21, dass Mehmet Göker zurück ist. Ihm droht wohl eine Haftstrafe.

Fast schon unbemerkt wurde im Jahr 2021 Medard Fuchsgruber abgehandelt. Vor etwa einem Jahr lehnte der BGH seine Revision ab. Er hatte zuvor eine Haftstrafe von 4 jahren wegen gewerbsmäßiger Untreue erhalten. Die SaarbrückerZeitung hatte darüber berichtet.

Da waren noch die Herren Schäfer und Köller, eher bekannt geworden als S&K aus Frankfurt. Die Bild schrieb schon 2019, dass beide aus der Haft entlassen wurden.

BGH: Makler haben Anspruch auf Nachbearbeitung

Der BGH entschied mit Urteil vom 8. Juli 2021 – I ZR 248/19 zugunsten eines Versicherungsmaklers.

Dieser klagte in Hamburg gegen einen Maklerpool und warf diesem vor, zu spät über drohende Stornierungen informiert worden zu sein. Stornogefahrmitteilungen erfolgten erst mit mehrmonatiger Verspätung. Der Name des Maklerpools wurde natürlich in der Entscheidung nicht genannt.

Nun musste der BGH entscheiden, ob dem Makler grundsätzlich ein Anspruch auf Übersendung von Stornogefahrmitteilungen zusteht.

Im Ergebnis sprach der BGH auch dem Versicherungsmakler den Anspruch zu, über drohende Stornierungen rechtzeitig informiert zu werden. Dabei gibt es eine Ausnahme, und zwar dann, wenn ein Versicherungsvertrag von dem Versicherungsnehmer widersprochen wird und der Versicherungsvertrag deshalb von Anfang an nicht besteht.

Hier nun ein paar grundlegende Zitate der Entscheidung des BGH:

„Die Beurteilung des Berufungsgerichts hat weiter Bestand, soweit es angenommen hat, der Kläger sei nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ebenso schutzbedürftig wie ein Versicherungsvertreter, so dass der Provisionsanspruch des Klägers nach dem Rechtsgedanken des § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB nur entfalle, wenn die Nichtausführung der vermittelten Geschäfte auf Umständen beruhe, die von der Beklagten nicht zu vertreten seien.

Nach § 87a Abs. 3 Satz 1 HGB hat der Handelsvertreter auch dann
einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB bestimmt, dass der Anspruch im Falle der Nichtausführung entfällt, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Ein Versicherungsunternehmen hat die Nichtausführung (Stornierung) eines Versicherungsvertrags nicht zu vertreten, wenn es notleidende Verträge in gebotenem Umfang nachbearbeitet hat. Art und Umfang der dem Versicherungsunternehmen obliegenden Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls. Das Versicherungsunternehmen kann entweder eigene Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen, die dann freilich nach Art und Umfang ausreichend sein müssen, oder sich darauf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2012
– VII ZR 130/11, NJW 2012, 3305 Rn. 15 mwN; MünchKomm.HGB/Ströbl, 5. Aufl., § 92 Rn. 30 bis 33; Staub/Emde, HGB, 5. Aufl., § 87a Rn. 78 und § 92 Rn. 12; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 92 Rn. 22).

Gesichtspunkte, die aufgrund einer starken Annäherung an die Stellung eines Versicherungsvertreters nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) für die Annahme der besonderen Schutzbedürftigkeit des Versicherungsmaklers sprechen können, sind etwa die Zahlung laufender Courtagevorschüsse für vermittelte Versicherungsverträge, die Einbindung in die Organisationsstruktur, die Zahlung von Organisationszuschüssen oder von Bestandspflegegeld und die regelmäßige Versendung von Stornomitteilungen (vgl. BGH, NJW 2011, 1590 Rn. 18).

Delegiert das Versicherungsunternehmen die Nachbearbeitung an den Versicherungsvertreter, hat es diesen durch Übersendung von Stornogefahrmitteilungen über die Gefahr zu informieren, dass Versicherungsverträge notleidend werden (vgl. BGH, NJW 2012, 3305 Rn. 18 f. mwN). Hat das Versicherungsunternehmen die Nachbearbeitung an den Hauptvertreter delegiert, obliegt im Verhältnis zwischen Hauptvertreter und Untervertreter dem Hauptvertreter die Pflicht zur Nachbearbeitung
(vgl. Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn aaO § 92 Rn. 21; Staub/Emde aaO § 92 Rn. 12; Sperling in Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 92 Rn. 42). Hat der Hauptvertreter die Nichtausführung des Geschäfts zu vertreten, weil er die ihm gegenüber dem Untervertreter obliegende Pflicht zur Nachbear-
beitung verletzt hat, findet § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB deshalb mit der Folge entsprechende Anwendung, dass der Provisionsanspruch des Untervertreters erhalten bleibt (vgl. OLG Köln, VersR 2006, 71 [juris Rn. 7]; Staub/Emde aaO § 87aRn. 82; MünchKomm.HGB/Ströbl aaO § 87a Rn. 57; Emde, EwiR 2008, 559,
560). Diese Grundsätze gelten entsprechend in der vorliegenden Fallkonstellation.“

Besuchsauftrag an Bestandsnachfolger ist keine genügende Stornobekämpfung

Es kann gar nicht oft genug darauf hingeweisen werden und deshalb noch mal zum Nachlesen:

Die bloße Versendung einer Stornogefahrmitteilung an den Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters ist keine ausreichende Maßnahme der Stornogefahrabwehr.

So entschied der BGH mit Urteil vom 28. Juni 2012 – VII ZR 130/11.

Der BGH in dieser Entscheidung:

„Den Versicherer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung des notleidenden Versicherungsvertrags vorgenommen hat (BGH, Urteile vom 1. Dezember 2010 – VIII ZR 310/09, aaO Rn. 23; vom 25. Mai 2005 – VIII ZR 279/04, aaO; und VIII ZR 237/04, aaO Rn. 14; vom 12. November 1987 – I ZR 3/86, aaO unter II 1; vom 19. November 1982 – I ZR 125/80, aaO unter I 2 b; Thume in: Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, Bd. 1, 4. Aufl., 2012, Kap. V Rn. 532).

Allerdings weist die Revisionserwiderung zu Recht darauf hin, dass die bloße Versendung einer Stornogefahrmitteilung an den Bestandsnachfolger keine ausreichende Maßnahme ist. Ein auch darauf gerichtetes Wahlrecht des Versicherers gibt es – anders als die Revision meint – nicht und ist in der Rechtsprechung auch nicht gebilligt worden. Denn der Bestandsnachfolger wird den Schwerpunkt seiner
Tätigkeit aus Gründen des eigenen Provisionsinteresses darauf setzen, Neuverträge abzuschließen und nicht dem Provisionsinteresse seines Vorgängers dienen wollen (vgl. Mecklenbrauck, aaO). Daher muss der Versicherer weiteren Vortrag zur konkreten Nacharbeit durch den Nachfolger des ausgeschiedenen
Versicherungsvertreters oder zur Aussichtslosigkeit der Nacharbeit halten.“

Und immer der Streit um die Dynamik

Nun streitet sich ein Vertrieb vor dem Frankfurter Gericht mit einem ehemalgen Mitarbeiter darum , ob dieser noch Dynamikprovisionen zu bekommen habe. Dazu ein paar Eckpunkte der Entscheidung des Amtsgerichts in seiner relativ aktuellen Entscheidung:

Der Kläger kann danach als Versicherungsvertreter (i.S.d § 92 HGB) von der Beklagten nach §§ 92 Abs. 2,3, 87c Abs.1 HGB die Abrechnung der Dynamikprovisionen verlangen, die auf nach Beendigung des Beratervertrages aufgrund der Dynamik eingetretenen Lebensversicherungsverträgen beruht.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auszahlung dieser Dynamikprovisionen aus §§ 92 Abs. 2, 3; 87 Abs.1 S.1 HGB i.V.m dem Beratervertrag.

Die Höhe der Provision hängt von der sogenannten Bewertungssumme ab. Diese ist die Summer der Beiträge, die der Versicherungsnehmer zu zahlen hat. Infolge der unstreitig vereinbarten Dynamikklauseln erhöhen sich die Beiträge für diese Lebensversicherung automatisch regelmäßig um einen bestimmten Prozentsatz. Diese dynamische Erhöhung führt auch zu einer Erhöhung der für die Provision maßgeblichen Bewertungssumme.

Diese Erhöhung der Beiträge aufgrund der Dynamikklauseln gehen auch auf die Vermittlungstätigkeit des Klägers bei Abschluss der streitgegenständlichen Lebenversicherungsverträge zurück. Demnach sind dieser grundsätzlich auch gem. §§ 92 Abs. 2,3 S.1, 87 Abs. 1 S.1 HGB provisionspflichtig.

Dynamische Lebensversicherungen verpflichten den Versicherer selbst zur Vornahme der Erhöhung. Nur dem Versicherungsnehmer steht hinsichtlich der Erhöhung ein Widerspruchsrecht zu. Der Widerspruch ist eine auflösende Bedingung, bei deren Eintritt die von Anfang an vertraglich vorgesehene Erhöhung wieder entfällt.

Die Dynamikprovision ist somit eine verzögerte ausgezahlte Abschlussprovision, die – wenn auch widerruflich- schon in dem Erstabschluss ihren Grund findet und als vereinbart anzusehen ist (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.03.2018 – 16 U 109/17, Rn. 33, BGH, Urteil vom 20.12.2018 – VII ZR 69/18, Rn. 15ff).

Dem Kläger wurden während der Laufzeit des zwischen den Parteien geschlossenen Beratervertrages unstreitig Dynamikprovisionen von der Beklagten gezahlt.

Dem Anspruch des Klägers auf Zahlung der streitgegenständlichen Dynamikprovisionen steht auch nicht entgegen, dass eine nachhaltige Kundenbetreuung durch den Kläger nach der Beendigung des Beratervertrages nicht mehr erfolgt ist.

Man habe keine wirksame Vereinbarung dahingehend getroffen, dass ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Dynamikprovisionen nur besteht, wenn zum jeweiligen Zeitpunkt der Erhöhung noch eine nachhaltige Kundenbetreuung durch den Kläger folgt.

Bei den Dynamikprovisionen handelt es sich um Abschlussprovisionen i.S.d Beratervertrages. Danach wird für jeden vermittelten Vertrag als Gegenleistung dieser Vermittlungstätigkeit eine einmalige Abschlussprovision gewährt. Bei weiteren aus diesem Abschluss folgenden Provisionen wird eine nachhaltige Kundenbetreuung vorausgesetzt.

Es kann der Begründung nicht gefolgt werden, dass Dynamikprovisonen Folgeprovisionen seien und lediglich einmalig gezahlt werden müssten.

Die Erhöhung der Beiträge gehen auf die Vermittlungstätigkeit des Klägers bei Abschluss der streitgegenständlichen Lebensversicherungsverträge zurück.

Die Erhöhung der Versicherungssumme und damit auch die Dynamikklauseln setzen keine nachhaltige Kundenbetreuung voraus, da sie gem. den Vereinbarungen aus den Versicherungsverträgen eintreten und somit keiner neuen Verhandlung bedürfen.

Die Angelegenheit ist nicht rechtskräftig ausgeurteilt, da sie sich noch im Beriufungsverfahren befindet.