Allgemein

Ergänzung zur 5-Jahres-Haftung

Die angeblich ab 2012 geltende fünfjährige Haftungszeit ist das große Rätsel des Vertriebsrechts. So pauschal und irreführend der Begriff immer wieder benutzt wird, so finden wir 5 Jahre – in einem völlig anderen Sinn – seit 2012 in einigen gesetzlichen Regelungen wieder. § 80 Abs. 5 VAG beispielsweise verbietet eine Provision, die mehr als 5 Jahresbeiträge beträgt.

§ 80 VAG

(5) Die Versicherungsunternehmen müssen sicherstellen, dass

zumindest im Falle der Kündigung eines Vertrages durch den Versicherungsnehmer, wenn es sich nicht um eine Kündigung gemäß § 205 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes handelt, oder im Falle des Ruhendstellens der Leistungen gemäß § 193 Absatz 6 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes oder einer Prämienfreistellung gemäß § 165 Absatz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes

in den ersten fünf Jahren nach Vertragsschluss der Versicherungsvermittler die für die Vermittlung eines Vertrages der substitutiven Krankenversicherung oder der Lebensversicherung angefallene Provision nur bis zu der Höhe einbehält, wie diese nicht höher ist als der Betrag, der bei gleichmäßiger Verteilung der Provision über die ersten fünf Jahre seit Vertragsschluss bis zum Zeitpunkt der Beendigung, des Ruhendstellens oder der Prämienfreistellung angefallen wäre.

Ist die vereinbarte Prämienzahlungsdauer kürzer als fünf Jahre, so kann diese zugrunde gelegt werden. Eine entgegenstehende vertragliche Vereinbarung zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Versicherungsvermittler ist unwirksam.

AB Juni 2015: Das neue Kleinanlegerschutzgesetz

Mit dem vom Bundestag Ende April 2015 beschlossenen Kleinanlegerschutzgesetz werden große Änderungen im Recht der Makler und Vermittler in Kraft treten.

§ 34c GewO Immobilien- und Darlehensvermittler

Früher war die Erlaubnis nach § 34c GewO für die Vermittlung von Immobilien und Darlehen die klassische Gewerbeerlaubnis für den Maklerberuf. Dies wird grundlegend anders.

§ 34c GewO neu Darlehensvermittler neu geregelt

Mit der in § 157 Abs. 5 bis 7 GewO vorgesehenen Neuregelung wird sich die alte Regelung in § 34c Abs. 1a GewO, die die Darlehensvermittlung beinhaltet, überholen. Wer zum Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes (voraussichtlich Juni/Juli 2015) über eine Erlaubnis nach § 34c GewO verfügte und weiterhin Darlehen vermitteln möchte, muss bis zum 01.10.2015 eine Erlaubnis nach § 34f GewO als Finanzanlagenvermittler beantragen. Wer dies rechtzeitig macht, kommt in den Genuss der Anwendung von § 157 Abs. 5 Satz 3 GewO in der neuen Fassung. Danach ist dann keine zusätzliche Prüfung der Zuverlässigkeit und der geordneten Vermögensverhältnisse notwendig. Eine Prüfung der Sachkunde wird aber vorgeschrieben.

Diese Sachkunde muss durch eine Prüfung vor der IHK bis zum 31.03.2016 erfolgt sein. Dieser Sachkundenachweis gilt im Übrigen nicht nur für den Inhaber des Maklergeschäftes. Jeder Mitarbeiter, der als Angestellter Darlehen vermitteln möchte, muss seine Sachkunde durch eine Prüfung bis zum 31.03.2016 (vgl. dazu die Neuregelung in § 157 Abs. 6 Satz 4 GewO) nachweisen. In den Fällen, in denen die Sachkunde nicht bis zum Fristablauf durch eine bestandene Prüfung nachgewiesen wird, erlischt die einmal erteilte Erlaubnis automatisch. Wenn die Erlaubnis erlischt, dann handelt der Makler, sofern er gleichwohl entsprechende Darlehensgeschäfte vermittelt, ohne Erlaubnis.

§ 34d GewO Versicherungsvermittler

Der gewerbsmäßige Versicherungsvermittler, also derjenige, der als freier Makler selbständig Versicherungen vermittelt, bedarf inzwischen einer gesonderten Erlaubnis nach § 34d GewO und muss im Rahmen des Erlaubnisverfahrens seine Zuverlässigkeit nachweisen.

§ 34e GewO Versicherungsberater

Wer gewerbsmäßig Dritte über Versicherungen berät, ohne dafür von dem jeweiligen Versicherungsunternehmen bezahlt zu werden, bedarf einer Erlaubnis nach § 34e GewO als Versicherungsberater und muss ebenfalls zuverlässig sein. Der Versicherungsberater darf keine Provisionen annehmen.

§ 34f GewO Finanzanlagenvermittler

Der Finanzanlagenvermittler bedarf einer Gewerbeerlaubnis nach § 34f GewO. Im Rahmen der Erlaubnis nach § 34f GewO dürfen die Anlagevermittlung und die Anlageberatung zu Investmentfondanteilen, die nach dem KAGB vertrieben werden dürfen und zu Vermögensanlagen erbracht werden. Gleichzeitig ist auch hier wieder ein Zuverlässigkeitsnachweis sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Sachkundenachweis zwingend vorgeschrieben.

Die Einzelheiten betreffend die notwendige Sachkunde sind in der Finanzanlagenvermittlerverordnung geregelt.

§ 34h GewO Honorar-Finanzanlagenberater

Wer gewerbsmäßig die Anlagevermittlung und/oder die Anlageberatung betreffend Investmentfondsanteile, die nach KAGB vertrieben werden dürfen, und Vermögensanlagen erbringen möchte, ohne vom jeweiligen Produktherausgeber (Emittenten) eine Provision zu erhalten, benötigt ebenfalls eine Erlaubnis der zuständigen Behörde (IHK oder Gewerbeaufsichtsamt, je nach Bundesland) und muss seinerseits zuverlässig sein.

Die gleichzeitige Erteilung einer Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler nach § 34f GewO ist dabei nicht möglich.

§ 34i GewO Vermittler von grundbuchlich abgesicherten Immobiliendarlehen

Wer Immobilien mit einer Erlaubnis nach § 34c GewO vermittelt und auch bei der Finanzierung tätig werden möchte, muss ab 2016 eine Erlaubnis nach § 34i GewO beantragen. Die diesbezüglichen Vorschriften werden gerade beraten und sollen in Kürze in Kraft treten. Eine solche Erlaubnis kann ab dem 21.03.2016 beantragt werden und ist ab dem 21.03.2017 Pflicht.

§ 2 Absatz 10 KWG Gebundene Vermittler

Derjenige, der ohne eigene Erlaubnis die Anlageberatung und die Anlagevermittlung umfassend betreiben möchte, kann unter das Haftungsdach eines nach dem KWG genehmigten Finanzdienstleistungsinstitutes schlüpfen und sich als gebundener Vermittler einstufen lassen. Er benötigt dann keine Erlaubnis nach der GewO. Der einzige Nachteil besteht darin, dass er nur unter und für „sein“ Haftungsdach arbeiten darf.

Die Zuverlässigkeit

Die Grundlage für die Nachweise über die Zuverlässigkeit der in den vorgenannten Bereichen tätigen Personen findet sich im Ergebnis in zusammengefasster Form in § 6 WpHGMaAnzVO (Wertpapierhandelsgesetz Mitarbeiter Anzeigenverordnung). Es darf z.B. in den letzten 5 Jahren vor Aufnahme der Tätigkeit keine rechtskräftige Verurteilung wegen bestimmter Delikte (Verbrechen und bestimmte Vermögensdelikte wie z. B. Diebstahl, Untreue, Betrug, Urkundenfälschung, Steuerhinterziehung) gegeben haben.

Die Sachkunde

Sachkundig ist, wer über die entsprechenden Kenntnisse in der Kundenberatung (einschließlich der Produktkenntnisse) und bezogen auf die Finanzanlagen (Investmentfonds und Vermögensanlagen) besitzt einschließlich rechtlicher und steuerlicher Grundkenntnisse. Es muss dann eine entsprechende mündliche und schriftliche Prüfung zum Nachweis dieser Sachkunde vor der IHK abgelegt werden, bevor die Tätigkeit ausgeübt werden darf. Bestimmte Berufsausbildungen (z. B. als Bankfachwirt) werden (eingeschränkt) als Nachweis der Sachkunde anerkannt.

Das Bundesfinanzministerium beantwortet hier ein paar Fragen.

Was steht im Frankfurter Schnellbrief?

Am 26.11.2007 wurde ein sog. Frankfurter Schnellbrief verfasst, der zunächst sich mit Änderungen im Versicherungsvertragsgesetz, die ab dem 01.01.2008 eintreten, auseinandersetzt. Weiter heißt es dort: „Gemäß dem neuen VVG müssen die Abschlusskosten bei Lebens- Renten- und Berufsunfähigkeit Versicherungen künftig auf die ersten 5 Versicherungsjahre verteilt werden.

Anmerkung: Eine Vorschrift in der VVG wurde hier nicht genannt. Gemäß dem ab 01.01.2008 neuen § 169 Abs. 3 VVG heißt es: „Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, dass sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten 5 Jahre ergibt.“ § 169 VVG gilt übrigens nur für Lebensversicherungen. Er regelt den sogenannten Rückkaufswert im Fall der Kündigung durch einen Versicherungsnehmer. Weitere Regelungen trifft § 169 VVG nicht.

Im weiteren Text des Frankfurter Schnellbriefes heißt es, dass künftig im Wesentlichen für Lebens- und Rentenversicherungsverträge 22 Promille und für Risikoversicherungen 18 Promille ausgezahlt werden. Dafür werden Erfolgsprovisionen von bisher 3 € um einen EDV-Bonus von 0,25 € erhöht. Künftig sollen Erfolgsprovisionen von 3,25 € auf alle Einheiten gezahlt werden.

In einer Beweisaufnahme teilte ein Mitarbeiter der DVAG mit, dass dieser Brief an alle Vermögensberater versandt worden sein soll.

Die Erklärung des Vorstandsvorsitzenden zur Provisionskürzung

Am 12. März 2015 wandte sich der Vorstandsvorsitzende der DVAG, Andreas Pohl, an die Mitglieder des AS-Klubs in einem Rundbrief. Dort heißt es, dass seine Massenmail eines einzelnen Mitgliedes des AS-Klubs zu Irritationen zum Thema Provisionsveränderungen im Rahmen der VVG Reform aus dem Jahre 2008 geführt hat.

Weiter heißt es dort: „Zum 01.01.2008 wurden die Provisionsregelungen in der Lebensversicherung verändert“. Anlass hierfür war eine Änderung des Versicherungsvertragsgesetz.

In diesem Schreiben wird ferner Bezug genommen auf einen Frankfurter Schnellbrief mit der Nummer 85/2007.

Außerdem wird mitgeteilt, dass ein Einheiten-Storno in eine pro rata Wertung umgestellt wurde. Ein Storno während der Haftungszeit würde bis dato immer ein volles Einheiten-Storno bedeuten. Bei einem Storno im 35. Monat bei einer Haftzeit von 36 Monaten gäbe es immer 100 Einheiten-Storno.

Leider wurde in dem Schreiben nicht erwähnt, was „bis dato“ bedeuten soll. In dem Vermögensberatervertrag von 2007 findet sich diese Regelung nämlich nicht. Dort heißt es: „Für die Vermittlung von Verträgen, bei denen Fristen (sogenannte Haftungszeiten) gemäß der Ziffer II der Anlage A zu beachten sind, entstehen Provisionsansprüche gemäß der gesetzlichen Regelung des § 92 HGB erst dann, wenn der geworbene Kunde die nach Provisionsbedingungen vorgesehene Anzahl der Beiträge (Prämien) an den Betroffenen Produktpartner entrichtet hat. Übersetzt heißt dies: Zahlt der Kunde, entsteht auch der Provisionsanspruch. Zahlt der Kunde ratierlich, entsteht auch der Provisionsanspruch ratierlich.

Der Vermögensberatervertrag von 2007 enthält demnach keine Regelung, wonach bei einer vor Ablauf der Haftungszeit eingetretene Stornierung ein voller Rückforderungsanspruch gegeben ist.

Was ist dran an der vieldiskutierten Provisionskürzung bei der DVAG?

Immer wieder gibt es Missverständnisse und Fragen dazu, ob denn tatsächlich bei Vermögensberatern der Deutschen Vermögensberatung AG eine Provisionskürzung erfolgt ist.

Hier gibt es die wildesten Gerüchte, sodass ich an dieser Stelle etwas Aufklärung betreiben möchte.

Zunächst wird darauf hingewiesen, dass diese Diskussionen allenfalls den Vermögensberatervertrag betreffen können, der im Jahre 2007 abgeschlossen wurde. Im Jahre 2007 trat die DVAG an viele Vermögensberater mit dem Anliegen heran, dass diese einen neuen Vermögensberatervertrag unterschreiben sollte.

Dieser Vertrag aus dem Jahre 2007 sah in seiner unterschriebenen Form aus wie eine gebundene Urkunde, beginnend mit dem Vertrag, auf deren Seite 9 die jeweiligen Unterschriften, und in Anschluss daran die Tabelle der Grundprovisionen (Anlage A), Aufstiegsbedingungen und Provisionsstufen (Anlage B), Familienabsicherungsplan und Versorgungswerk.

Der Vermögensberatervertrag regelt unter Ziffer IV, dass die Provision errechnet wird, anhand der Provisionsbedingungen laut Anlage A und des persönlichen Prozentsatzes des Vermögensberaters (= Provisionsstufe) entsprechend der Tabelle der Aufstiegsbedingungen und Provisionsstufen laut Anlage B. Er nimmt also direkt Bezug auf die in dieser Urkunde beigefügten Anlagen. Unter Ziffer VIII ist geregelt, dass Änderungen des vorliegenden Vertrages der Schriftformerfordernis bedürfen. Dort ist auch geregelt, dass Bestandteil dieses Vertrages die Anlagen A Tabelle der Grundprovisionen (Ausgabe 05/2007) B Aufstiegsbedingungen und Provisionsstufen (Ausgabe 05/2007), C Bedingungen für besondere Zusatzleistung (Ausgabe 05/2007) sind.

Wirft man einen Blick in die Tabelle der Grundprovisionen Anlage A 05/2007, dort auf Seite 3, ist geregelt, dass für Lebensversicherungen Produktschlüssel 20/68 24 Promille, für die fondsgebundene Direktversicherung FRG, FRGD, FRGE, Produktschlüssel 20/70 ebenfalls 24 Promille gezahlt werden. Die Wunschpolice, hier die konventionelle Rentenversicherung mit Beitragsrückgewähr KRB, KRBE, KRBED1, KRBED2 mit den Produktschlüssel 20/65 wird ebenfalls mit 20 Promille verprovisioniert. Hier gelten die Hinweise 6,9,15,23,24,33. Die Hinweise werden als letzte Seite der Tabelle der Grundprovisionen erläutert.

Unter Ziffer 6 heißt es dort: Als Bewertungssumme gilt die der Hauptversicherung zu Grunde liegende Summe der Bruttojahresbeiträge (Prämie x Zahlweise x Beitragszahlungsdauer bzw. Aufschubzeit bei Rentenversicherungen).

Unter Ziffer 15 heißt es, dass die Provisionshaftungszeit 1/10tel der Beitragszahlungsdauer beträgt, max. 42 Monate.

Mithin lassen sich die Provisionen, die für Lebensversicherungen gezahlt werden sollen, anschaulich und gut nachvollziehbar berechnen.

Augenzwinkern

Ein eher lustiger Gedanke ergab sich während eines Telefonats mit dem Amtsgericht Frankfurt. Es ging um die Zuständigkeit des Amtsgerichts, die dann nicht mehr gegeben wäre, wenn der Streitwert nach einer Klageerweiterung über 5.000,00 € liegen würde.

Der Streitwert der Klageerweiterung war nicht so einfach zu ermitteln, da der Vermittler zunächst nur einen Bauchauszug (Auskunft) geltend machte, um -wenn er die Auskunft hätte – anschließend Provisionen nachzuberechnen. Er meinte nämlich, dass ihm 2 Promille an Provisionen entgangen waren, die ihm in den letzten Jahren zu wenig berechnet wurden (22 statt 24 Promille).

Nun meinte der Vertrieb, der Streitwert müsse über 5.000€ liegen, während der Vermittler meinte, er würde unter 5.000 liegen. Daraus könnte man mutmaßen, der Vertrieb würde damit zugeben, dass er dem Vermittler mehr Provisionen entzogen habe, als der Vermittler zunächst vermutet hatte. Der Vermittler wird dieses „vorweggenommene Ergebnis“ sicher gern – mit einem Augenzwinkern – aufgreifen.

Empfehlung zum Tarifwechsel als Verstoß gegen das UWG ?

Ein Versicherungsberater, der Versicherungsnehmer (VN) über Tarifwechselmöglichkeiten in der privaten Krankenversicherung gewerblich berät, darf sich nicht als “Verbraucherschützer” oder “unabhängiges Verbraucherschutzportal für private Krankenversicherungen” bezeichnen. LG Hamburg, Urteil vom 22.3.2013 (315 O 76/12).

Mehr dazu hier.

Ein Urteil, das gern missverstanden wird und nicht bedeutet, dass ein Makler nicht empfehlen darf, einen Tarif zu wechseln….

Landgericht Frankfurt: Softwarepauschale muss erstattet werden

In einer Entscheidung vom 08.05.2015, die noch nicht rechtskräftig ist und im Wege der Berufung angegriffen werden kann, verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main einen Vertrieb zur Rückzahlung einer Softwarepauschale.

Der Kläger war für die Beklagte, einem Vertrieb, als Handelsvertreter tätig. Im Vermögensberatervertrag war geregelt, dass der Vertrieb das EDV-Netzwerk kostenlos zur Verfügung stellt und der Handelsvertreter zur Nutzung verpflichtet war. Für zwei Jahre wurde dem Kläger ein Softwarenutzungsentgelt in Rechnung gestellt und von den Provisionen abgezogen.

Das Gericht meinte, der Kläger habe einen Anspruch auf Rückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1, erste Alternative BGB. Die einbehaltene Softwarepauschale erfolgt ohne Rechtsgrund.

Das Gericht hatte sich mit der Frage der Verjährung auseinanderzusetzen. Die Frage war, ob die Klage rechtzeitig eingereicht wurde und bei Einreichen bereits entsprechend individualisiert war. Die Klage wurde 2013 eingereicht, im Jahre 2014 konkretisiert. Forderungen aus dem Jahre 2010 waren nach Auffassung des Gerichtes bereits verjährt.

Rechtsschutz für Handelsvertreter?

Wenn ein Handelsvertreter wegen vertraglicher Streitigkeiten mit seinem Vertrieb in Streit gerät, würde er gern von der Rechtsschutzversicherung Gebrauch machen.

Das Versicherungsjournal hat jetzt gut aufgearbeitet, warum vertragliche Streitigkeiten im Firmenrechtsschutzbereich – leider – nicht abgedeckt sind.

Mehr dazu hier.

Die Vollstreckung aus dem Buchauszug: OLG Karlsruhe Beschluß vom 10.11.2014, 9 W 37/14

Vollstreckung des Handelsvertreters aus einem Urteil auf Buchauszug: Ersatzvornahme durch Erstellung eines neuen Buchauszuges durch einen Wirtschaftsprüfer; Ergänzung eines vorgelegten Buchauszuges durch einen Wirtschaftsprüfer bei vorhandenen Mängeln

Leitsätze

1. Wird der Unternehmer verurteilt, einen Buchauszug zu erteilen, erfolgt die Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme (§ 887 ZPO). Auf Antrag ist der Handelsvertreter zu ermächtigen, den Buchauszug auf Kosten des Unternehmers durch einen Wirtschaftsprüfer erstellen zu lassen.

2. Im Vollstreckungsverfahren ist der Einwand der Erfüllung zu prüfen. Weist der vom Unternehmer vorgelegte Buchauszug Mängel auf, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres eine Ersatzvornahme durch Anfertigung eines vollständigen, neuen Buchauszugs. Entscheidend ist, ob der vom Unternehmer erstellte Buchauszug bestimmten formalen Anforderungen im Wesentlichen genügt, und ob er trotz der vorhandenen Mängel (Fehlen bestimmter Angaben und Fehlen eines bestimmten Kreises von Geschäften) prinzipiell als Grundlage für eine eigene Provisionsabrechnung des Handelsvertreters geeignet ist.

3. Wenn im Buchauszug bestimmte Angaben zu den dokumentierten Geschäften fehlen, kann der Handelsvertreter im Vollstreckungsverfahren eine Ergänzung dieser Angaben durch einen Wirtschaftsprüfer auf Kosten des Unternehmers verlangen (hier: Fehlende Angaben zu Kundenzahlungen und zu den Gründen von Stornierungen).

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin und auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Landgerichts Konstanz vom 09.09.2014 – 7 O 66/08 KfH – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

 

1. Die Gläubigerin wird ermächtigt, den auf Grundlage des vollstreckbaren Teilurteils des Senats vom 08.12.2011 – 9 U 108/10 – erteilten Buchauszug (Anlagen zum Schriftsatz der Schuldnerin vom 06.07.2012, Seite 1 – 44 und gesonderte „Stornoliste“, Seite 1 – 3) auf Kosten der Schuldnerin durch einen von der Gläubigerin zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen um folgende Angaben ergänzen zu lassen:

 

a) Datum des jeweiligen Eingangs und Betrag der Kundenzahlungen,

 

b) Gründe für Stornierungen und Retouren.

 

2. Die Schuldnerin hat an die Gläubigerin als Vorschuss auf die voraussichtlichen Kosten des Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchsachverständigen einen Betrag von 2.000,00 EUR zu zahlen.

 

3. Die Schuldnerin hat dem von der Gläubigerin beauftragten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen ungehinderten Zutritt zu ihren Geschäftsräumen, Einsicht in die Geschäftsbücher und die sonstigen Unterlagen und Urkunden zu gewähren, soweit dies zur Fertigung der ergänzenden Angaben erforderlich ist.

 

Der Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchsachverständige wird ermächtigt, unter Hinzuziehung des zuständigen Gerichtsvollziehers sämtliche Geschäftsräume der Schuldnerin in…, zu durchsuchen zur Auffindung der für die ergänzenden Angaben gemäß Ziffer 1 benötigten Unterlagen und Schriftstücke, einschließlich der in der EDV gespeicherten Daten.

 

4. Der weitergehende Antrag der Gläubigerin wird zurückgewiesen.

 

5. Von den Kosten des Vollstreckungsverfahrens vor dem Landgericht tragen die Gläubigerin 4/5 und die Schuldnerin 1/5.

 

6. Der Gegenstandswert für das Vollstreckungsverfahren vor dem Landgericht wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

 

II. Die weitergehende sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird zurückgewiesen.

 

III. Die weitergehende sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird zurückgewiesen.

 

IV. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Gläubigerin zu 4/5 und die Schuldnerin zu 1/5.

 

V. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Gläubigerin war ab dem 01.01.2005 für die Schuldnerin als Handelsvertreterin tätig. Das Vertragsverhältnis ist beendet. Im Verfahren des Landgerichts Konstanz – 7 O 66/08 KfH – hat die Gläubigerin von der Schuldnerin im Wege einer Stufenklage die Erteilung eines Buchauszugs und – zunächst unbeziffert – Zahlung ausstehender Provisionen verlangt. Mit einem Teilurteil vom 08.12.2011 hat der Senat die Schuldnerin zur Erteilung eines Buchauszugs verurteilt. In dieser Entscheidung, auf die Bezug genommen wird (II 693 ff.), ist im Einzelnen konkretisiert, über welche Geschäfte der Buchauszug Auskunft erteilen muss, und welche Angaben in dem Auszug enthalten sein müssen. Das Urteil ist rechtskräftig.
2
Im anschließenden Vollstreckungsverfahren vor dem Landgericht Konstanz hat die Schuldnerin mit Schriftsatz vom 06.07.2012 als Buchauszug bezeichnete Computerausdrucke vorgelegt. Die Gläubigerin ist der Auffassung, damit habe die Schuldnerin ihre Verpflichtungen aus dem Urteil des Senats vom 08.12.2011 nicht erfüllt. Sie hat daher beantragt, sie zu ermächtigen, auf Kosten der Schuldnerin den zu erteilenden Buchauszug durch einen von ihr zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen erstellen zu lassen. Hilfsweise hat die Gläubigerin im Termin vor dem Landgericht vom 13.06.2014 beantragt, den von der Schuldnerin vorgelegten Buchauszug um einzelne, von ihr konkretisierte Angaben durch einen Wirtschaftsprüfer ergänzen zu lassen.
3
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 09.09.2014 den Vollstreckungsantrag der Gläubigerin insoweit zurückgewiesen, als sie die Ermächtigung zur Erstellung eines (neuen) Buchauszugs durch einen Wirtschaftsprüfer verlangt hat. Auf den Hilfsantrag der Gläubigerin hat sie diese jedoch ermächtigt, auf Kosten der Schuldnerin durch einen Wirtschaftsprüfer bestimmte Ergänzungen des vorgelegten Buchauszugs vornehmen zu lassen (Eingang von Kundenzahlungen und Gründe für Stornierungen und Retouren). Der von der Schuldnerin vorgelegte Buchauszug weise zwar bestimmte Mängel auf. Dies rechtfertige jedoch nicht die Ermächtigung zur Erstellung eines neuen Buchauszugs im Wege der Ersatzvornahme. Vielmehr könne die Gläubigerin im Vollstreckungsverfahren lediglich eine entsprechende Ergänzung verlangen.
4
Gegen diese Entscheidung wenden sich beide Parteien mit ihrer sofortigen Beschwerde. Die Gläubigerin hält an ihrer Auffassung fest, die von der Schuldnerin vorgelegten Unterlagen seien kein Buchauszug im Sinne des Gesetzes und im Sinne der Verpflichtungen der Schuldnerin aus dem Teilurteil vom 08.12.2011. Sie sei daher berechtigt, einen kompletten neuen Buchauszug durch einen Wirtschaftsprüfer erstellen zu lassen. Die Schuldnerin hält die Entscheidung des Landgerichts insoweit für richtig, als der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin teilweise zurückgewiesen worden ist. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der von ihr erteilte Buchauszug auch nicht ergänzungsbedürftig. Gründe für Stornierungen von Aufträgen seien zum einen aus den von ihr vorgelegten Unterlagen für die Gläubigerin ersichtlich, und zum anderen der Gläubigerin ohnehin aus ihrer Tätigkeit bekannt. Zur Mitteilung von Einzelheiten über Kundenzahlungen sei sie nicht verpflichtet, da diese Angaben für Provisionsabrechnungen der Gläubigerin ohne Bedeutung seien. Zudem seien die von der Gläubigerin verlangten Informationen über Zahlungseingänge aus den eigenen Büchern der Schuldnerin nicht festzustellen, bzw. „unter Zuhilfenahme eines Fremdsystems nur mit ganz erheblichem Aufwand“.
5
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
6
Das Landgericht hat den sofortigen Beschwerden der Parteien nicht abgeholfen und die Akten mit Beschluss vom 29.09.2014 dem Oberlandesgericht Karlsruhe – Zivilsenate in Freiburg – zur Entscheidung vorgelegt.
II.
7
Die beiderseitigen sofortigen Beschwerden sind zulässig gemäß § 793 ZPO. Die Rechtsmittel sind jedoch nur in geringem Umfang begründet. Zu Recht hat das Landgericht einerseits die Gläubigerin ermächtigt, den von der Schuldnerin vorgelegten Buchauszug durch einen Wirtschaftsprüfer ergänzen zu lassen, und andererseits den Antrag zurückgewiesen, einen vollständigen, neuen Buchauszug erstellen zu lassen.
8
1. Die Gläubigerin hat mit ihrer sofortigen Beschwerde keinen Erfolg, soweit ein Wirtschaftsprüfer ermächtigt werden soll, einen (vollständigen) Buchauszug entsprechend der Entscheidung des Senats im Teilurteil vom 08.12.2011 zu erstellen.
9
a) Die Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszugs stellt eine vertretbare Handlung im Sinne von § 887 ZPO dar. Erfüllt die Schuldnerin ihre Verpflichtung nicht, findet auf Antrag der Gläubigerin gemäß § 887 ZPO eine Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme statt. Ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs wird vollstreckt, indem ein Wirtschaftsprüfer auf Kosten der Schuldnerin ermächtigt wird, den Buchauszug zu erstellen (vgl. BGH, NJW-RR 2011, 470). Dabei ist im Vollstreckungsverfahren der Einwand der Schuldnerin zu prüfen, sie habe mit bestimmten Unterlagen den titulierten Anspruch der Gläubigerin auf Vorlage des Buchauszugs bereits erfüllt.
10
b) Ein Buchauszug muss sämtliche in den Büchern des Unternehmers verzeichneten Geschäfte, die unter den Urteilsausspruch fallen, mit den in den Büchern enthaltenen Angaben vollständig erfassen und klar, geordnet und übersichtlich darstellen. In welcher Weise dies zu erreichen ist, hängt von Art und Umfang der im Einzelfall anzugebenden Tatsachen ab. Dabei ist der Unternehmer grundsätzlich nicht auf eine bestimmte Form der Darstellung festgelegt. Es steht ihm vielmehr frei, unter mehreren gleich geeigneten Darstellungsweisen eine Auswahl zu treffen, etwa die kostengünstigere oder weniger lästige Darstellungsform zu wählen (vgl. zu diesen Anforderungen an einen Buchauszug BGH a.a.O.).
11
c) Die Gläubigerin weist zu Recht darauf hin, dass der von der Schuldnerin mit Schriftsatz vom 06.07.2012 vorgelegte Buchauszug – auch unter Berücksichtigung späterer schriftsätzlicher Ergänzungen – verschiedene Mängel aufweist. Diese Mängel stehen einer vollständigen Erfüllung der Verpflichtungen der Schuldnerin aus dem Teilurteil vom 08.12.2011 entgegen. Im Einzelnen:
12
aa) Es fehlen bei sämtlichen im vorgelegten Buchauszug wiedergegebenen Geschäften Höhe und Datum der Zahlungseingänge. Dass der Buchauszug diese Angaben enthalten muss, ergibt sich aus I. Ziffer 2 g im Tenor des Teilurteils des Senats vom 08.12.2011 (im Folgenden abgekürzt: TU).
13
bb) Es fehlen bei stornierten Geschäften die Gründe für Stornierungen und Retouren (vgl. zu diesen Angaben I. Ziffer 2 j TU). Die von der Schuldnerin vorgelegte Stornoliste ist auch mit den Ergänzungen der Schuldnerin im Schriftsatz vom 09.07.2014 (einschließlich der Anlage zu diesem Schriftsatz) unzureichend.
14
Was die Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften über „Retouren nebst Angabe von Gründen“ (I. Ziffer 2 j TU) bedeutet, ergibt sich aus dem Zweck dieser Angaben. Der Handelsvertreter soll in die Lage versetzt werden, auf Grund der Angaben zu beurteilen, ob ihm im Hinblick auf § 87 a Abs. 3 HGB einerseits und eventuelle ergänzende vertragliche Vereinbarungen mit dem Unternehmer andererseits eine Provision für das betreffende Geschäft zusteht. Das bedeutet, dass der Unternehmer zu jedem einzelnen stornierten Geschäft den Handelsvertreter über die relevanten Bestimmungen im Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und Kunden und über den maßgeblichen Schriftverkehr mit dem Kunden informieren muss, soweit diese Informationen für den Provisionsanspruch des Handelsvertreters von Bedeutung sein können. Die Angaben bzw. Unterlagen sind jeweils in einer übersichtlichen, geordneten Art und Weise den einzelnen Geschäftsvorfällen zuzuordnen. (Vgl. zu den erforderlichen Angaben in einem Buchauszug zu den Gründen für die Nichtausführung von Geschäften OLG Bamberg, NJW-RR 2008, 1422.) Diesen Anforderungen entspricht die Beschränkung der Schuldnerin auf nicht aussagekräftige Stichworte (z. B. „kostenlose Ersatzlieferung“, „BV kommt nicht zustande“ oder „ungeklärte Sachverhalte“) in der Anlage zum Schriftsatz vom 09.07.2014 nicht. Die allgemeinen, nicht auf konkrete Geschäfte bezogenen Ausführungen der Schuldnerin im Schriftsatz vom 09.07.2014 ändern daran nichts.
15
cc) Die Gläubigerin weist außerdem zutreffend darauf hin, dass die Angaben in dem Buchauszug zu „Gutschriften“ unzureichend sind. Weder aus dem Buchauszug noch aus der mit Schriftsatz vom 06.07.2012 gleichzeitig vorgelegten weiteren Liste zu Gutschriften (zwei Seiten) geht hervor, welcher Sachverhalt bei den einzelnen Geschäftsvorfällen den „Gutschriften“ zugrunde liegt. Der Sache nach dürfte es sich bei einem Teil dieser „Gutschriften“ wohl um Teil-Stornierungen der jeweiligen Aufträge handeln, wobei jedoch die erforderlichen Angaben zu den Stornierungen (siehe oben bb) fehlen. Ein anderer Teil der „Gutschriften“ (vgl. beispielsweise die von der Schuldnerin angegebenen Stichworte „Reklamation – Wartezeit“, „Ausgleich Preisdifferenz“ und „Verspätete Nachlieferung“) dürfte andere Gründe haben, die jedoch von der Schuldnerin nicht konkretisiert sind. Ob der Hinweis „Palettenrückgabe“ in der Gutschriftenliste ausreichend ist, wie die Schuldnerin meint, kann dahinstehen. Denn dieser Hinweis betrifft nur einige wenige „Gutschriften“ und ändert nichts am grundsätzlichen Mangel im Buchauszug.
16
dd) Der Buchauszug ist zudem insofern unvollständig, als – auch auf der Basis des eigenen Vorbringens der Schuldnerin – verschiedene Geschäfte in dem mit Schriftsatz vom 06.07.2012 vorgelegten Auszug nicht aufgenommen wurden, obwohl die Schuldnerin nach der Entscheidung des Senats vom 08.12.2011 dazu verpflichtet war.
17
aaa) Die Abgrenzung derjenigen Kunden und derjenigen Geschäfte, die in den Buchauszug aufzunehmen sind, war ein wesentlicher Punkt im Streit der Parteien im Erkenntnisverfahren. Auf Grund der rechtskräftigen Entscheidung des Senats vom 08.12.2011 gilt Folgendes:
18
…(wird ausgeführt)
19
bbb) Für die Abgrenzung der in den Buchauszug aufzunehmenden Kunden und der aufzunehmenden Geschäfte ist allein der Inhalt der Entscheidung des Senats vom 08.12.2011 maßgeblich. Der Inhalt der Verpflichtungen der Schuldnerin ergibt sich aus dem Tenor der Entscheidung bzw. ist durch Auslegung dem Teilurteil zu entnehmen (siehe oben). Abweichende Vorstellungen der Parteien zu der Frage, welche Kunden und welche Geschäfte für die Provisionsabrechnung der Gläubigerin maßgeblich sind, spielen im Vollstreckungsverfahren – auf der Basis des rechtskräftigen Teilurteils des Senats – keine Rolle.
20
ccc) Auf der Basis der obigen Ausführungen ist der in der Anlage zum Schriftsatz vom 06.07.2012 vorgelegte Buchauszug in mehrfacher Hinsicht unvollständig:
21
aaaa) Die Schuldnerin behauptet einerseits, alle relevanten Geschäfte seien über ihren Hauptsitz in Ü. getätigt worden. Es habe keine für den Buchauszug maßgeblichen Geschäfte gegeben, die über eine andere Niederlassung getätigt und abgerechnet worden seien. Aus der von der Gläubigerin vorgelegten Anlage V 7 (Anlage zum Schriftsatz vom 14.09.2012) – zu welcher sich die Schuldnerin nicht geäußert hat – ergibt sich jedoch, dass dies jedenfalls teilweise unzutreffend ist. Es handelt sich um eine Bestellung, die an eine andere Niederlassung der Schuldnerin gerichtet war und im vorgelegten Buchauszug nicht enthalten ist.
22
bbbb) Die Schuldnerin hat mindestens teilweise entgegen der titulierten Verpflichtung Geschäfte nicht in den Buchauszug aufgenommen, die über das Unternehmen Z. getätigt wurden. Im Schriftsatz vom 07.08.2013 (I 653) hat die Schuldnerin dies eingeräumt.
23
cccc) Im Buchauszug vom 06.07.2012 sind zudem – auch nach den Angaben der Schuldnerin – Geschäfte nicht enthalten, die über M. getätigt wurden. Erst nachträglich wurden mehrere Geschäfte über M. von der Schuldnerin ergänzt (vgl. die Angaben des Vertreters der Schuldnerin im Termin vom 13.06.2014, I 721 und den Schriftsatz vom 09.07.2014 I 731/733). Dass die in der Anlage zum Schriftsatz vom 09.07.2014 vorgelegten Angaben vollständig wären, hat die Schuldnerin nicht behauptet.
24
d) Die vorhandenen Mängel des Buchauszugs rechtfertigen im Vollstreckungsverfahren keine Ersatzvornahme durch Anfertigung eines vollständigen neuen Buchauszugs, sondern lediglich die Anordnung einer Ergänzung.
25
aa) Entscheidend ist, dass der von der Schuldnerin vorgelegte Buchauszug in formaler Hinsicht im Wesentlichen den Anforderungen an einen Buchauszug entspricht. Es handelt sich um eine übersichtliche und zeitlich geordnete Aufstellung von Geschäften, auf welche sich nach der Entscheidung des Senats im Erkenntnisverfahren der Buchauszug beziehen muss. Der Ablauf der einzelnen Geschäfte von der Bestellung über Auftragsbestätigung, Lieferung und Rechnungsstellung ist nachvollziehbar. Mit Ausnahme der zu ergänzenden Angaben (dazu siehe unten) orientiert sich die Aufstellung der Schuldnerin an den Angaben, welche nach der Entscheidung des Senats im Erkenntnisverfahren von ihr zu machen sind.
26
Der Umstand, dass die Schuldnerin den Buchauszug in unterschiedliche Listen aufgespalten hat (neben der Hauptliste gibt es eine Liste zu den Gutschriften und eine Stornoliste), schadet nicht. Die Geschäftsvorfälle in der Liste zu den Gutschriften lassen sich mit Hilfe der jeweils angegebenen Auftragsnummer unschwierig den Geschäftsvorfällen in der Hauptliste zuordnen. Die Stornoliste enthält zwar Geschäftsvorfälle, die in der Hauptliste nicht enthalten sind. Dabei werden zu jedem Geschäft jedoch die gleichen Informationen wiedergegeben, die auch die Hauptliste zu den einzelnen Geschäften enthält.
27
bb) Der von der Schuldnerin vorgelegte Buchauszug ist – ggfs. im Zusammenhang mit den noch zu ergänzenden Angaben – als Grundlage für eine eigene Provisionsberechnung der Gläubigerin geeignet. Die Aufstellung der Schuldnerin ist formal geordnet und nachvollziehbar. In diesem wesentlichen Punkt unterscheidet sich der vorgelegte Buchauszug von dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des BGH vom 20.01.2011 (NJW-RR 2011) zugrunde lag. Denn in der dortigen Entscheidung ließen sich die vorgelegten Unterlagen – anders als im vorliegenden Fall – nicht zuordnen. Wenn der Charakter des Buchauszugs gewahrt ist und lediglich bestimmte Angaben und ein bestimmter Kreis von Geschäften fehlen, reicht im Rahmen von § 887 Abs. 1 ZPO die Anordnung einer Ergänzung des Buchauszugs aus (vgl. OLG Bamberg, NJW-RR 2008, 1422; OLG Köln, Beschluss vom 22.12.2009 – 19 W 24/09 -, zitiert nach Juris).
28
e) Die Anordnung einer Ersatzvornahme durch die Anordnung eines vollständigen, neuen Buchauszugs wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das titulierte Auskunftsinteresse der Gläubigerin anders nicht gewahrt werden könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die rechtlichen Interessen der Gläubigerin können auch ohne einen neuen Buchauszug ausreichend gewahrt werden.
29
aa) Die Gläubigerin kann die fehlenden Angaben zu Kundenzahlungen und zu den Gründen von Stornierungen durch Ergänzungsanträge durchsetzen (dazu siehe unten 2.). Der Senat folgt dafür der herrschenden Meinung, wonach bei einem unvollständigen Buchauszug eine Ergänzung im Vollstreckungsverfahren möglich ist. Es ist insoweit kein neuer Antrag im Auskunftsverfahren erforderlich (vgl. Emde, BB 2011, 2755, 2761; OLG Bamberg a.a.O.; OLG Köln a.a.O.; OLG Nürnberg, OLGR 1998, 364; anders OLG München, NJW-RR 1988, 290). Die Gläubigerin wird bei einem Ergänzungsantrag auch kostenmäßig nicht schlechter gestellt als bei der Anfertigung eines neuen Buchauszugs. Wenn der in dieser Entscheidung festgesetzte Vorschuss für die Ergänzung nicht ausreichen sollte, kann die Gläubigerin nicht nur eventuell höhere Kosten später abrechnen, sondern auch schon vorher einen ergänzenden Vorschuss verlangen (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 30. Auflage 2014, § 887 ZPO, RdNr. 14).
30
bb) Die Gläubigerin rügt unzureichende Angaben der Schuldnerin zu den „Gutschriften“ (siehe oben c) cc). Die in diesem Punkt fehlenden Angaben sind nicht Gegenstand des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens. Die Gläubigerin kann jedoch vor dem Landgericht zu diesem Punkt einen weiteren Ergänzungsantrag gemäß § 887 ZPO stellen.
31
cc) Der Buchauszug ist – wie oben ausgeführt – in verschiedenen Punkten unvollständig, weil bestimmte Geschäfte, über die Auskunft zu erteilen ist, in den Aufstellungen der Schuldnerin nicht enthalten sind (siehe oben c) dd). Diesem Mangel wird zwar durch die bisherigen Ergänzungsanträge nicht abgeholfen. Es liegen auf Grund der festgestellten Unvollständigkeiten jedoch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Bucheinsicht gemäß § 87 c Abs. 4 HGB vor, welchen die Gläubigerin durch einen ergänzenden Antrag in dem erstinstanzlich weiterhin anhängigen Erkenntnisverfahren durchsetzen kann. Die festgestellten Mängel berechtigen die Gläubigerin gemäß § 87 c Abs. 4 HGB, den gesamten Buchauszug auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu kontrollieren, also beispielsweise auch hinsichtlich der Frage, ob die in der Entscheidung des Senats vom 08.12.2011 aufgeführten Produktgruppen von der Schuldnerin vollständig berücksichtigt wurden. Zu der Bucheinsicht kann die Gläubigerin entweder einen Wirtschaftsprüfer hinzuziehen, oder sie kann – nach Wahl der Schuldnerin – die Bucheinsicht durch den Wirtschaftsprüfer durchführen lassen. Da die Schuldnerin die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Buchauszugs durch erhebliche Pflichtverletzungen verursacht hat (siehe oben c) dd), dürften die Kosten der Hinzuziehung eines Wirtschaftsprüfers bei der Bucheinsicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB wohl zu Lasten der Schuldnerin gehen (vgl. dazu Emde in Staub, HGB, 5. Auflage 2008, § 87 c HGB, RdNr. 158).
32
dd) Angesichts der weiter bestehenden Ansprüche der Gläubigerin (siehe oben aa, bb und cc) erscheint es denkbar, dass ein auf Kosten der Schuldnerin erstellter vollständig neuer Buchauszug auch im eigenen Interesse der Schuldnerin zweckmäßig wäre. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die auf Grund von Einzelansprüchen auf die Schuldnerin zukommenden Kosten höher werden können als die Kosten eines Wirtschaftsprüfers für einen neuen Buchauszug. Aus den oben angeführten Gründen kann dies eine über die angeordneten Ergänzungen hinausgehende Vollstreckung jedoch nicht rechtfertigen.
33
2. Auch die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist im Wesentlichen nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht eine Ergänzung des vorgelegten Buchauszugs im Wege der Ersatzvornahme gemäß § 887 Abs. 1 ZPO angeordnet.
34
a) Die Angaben im Buchauszug zu den Gründen für Stornierungen und Retouren sind aus den oben angeführten Erwägungen unzureichend (siehe oben 1. c bb). Bei der Ergänzung sind die bei der Schuldnerin vorhandenen Unterlagen zu ihren Kundenbeziehungen (insbesondere Vertragsunterlagen, Schriftverkehr und Mailverkehr) auszuwerten.
35
b) Eine Ergänzung ist zudem geboten hinsichtlich der Angaben zu Höhe und Datum der Zahlungseingänge (siehe oben 1. c aa). Da die Verpflichtung der Schuldnerin in der Entscheidung des Senats vom 08.12.2011 (unter I. 2. g des Tenors) tituliert ist, kommt eine Prüfung der Erforderlichkeit dieser Angaben für Provisionsabrechnungen im Vollstreckungsverfahren nicht mehr in Betracht. Dass zur Ermittlung und Zuordnung dieser Daten eventuell ein erheblicher Aufwand erforderlich ist (Schriftsatz der Schuldnerin vom 22.09.2014, I 779), steht der Vollstreckung nicht entgegen. Die Entscheidung des Landgerichts begegnet in diesem Punkt allerdings in formeller Hinsicht gewissen Bedenken. Denn die Gläubigerin hatte im Termin vom 13.06.2014 in diesem Punkt keinen – hilfsweisen – Ergänzungsantrag gestellt. Im Beschwerdeverfahren hat sich die Gläubigerin im Schriftsatz vom 10.10.2014 die Entscheidung des Landgerichts jedoch auch in diesem Punkt zu eigen gemacht (I 843). Die Entscheidung des Landgerichts ist daher auch wegen dieser Ergänzung zu bestätigen.
36
c) Gegen die Anordnung einer Vorschusszahlung in Höhe von 2.000,00 EUR bestehen keine Bedenken. Die Schuldnerin hat Einwendungen gegen die Höhe des Vorschusses im Beschwerdeverfahren nicht geltend gemacht. Da es sich um einen Vorschuss handelt, ist die Gläubigerin verpflichtet, die Kosten des Wirtschaftsprüfers später abzurechnen.
37
3. Auf das Rechtsmittel der Gläubigerin ist der Beschluss des Landgerichts – entsprechend dem Antrag der Gläubigerin – insoweit zu ergänzen, als der zu beauftragende Wirtschaftsprüfer erforderlichenfalls berechtigt ist, die Geschäftsräume der Schuldnerin zu durchsuchen. Die Anordnung beruht auf §§ 892, 758, 758 a ZPO. Die Anordnung ist im Zusammenhang mit der Ersatzvornahme geboten.
38
4. Der Senat hat außerdem auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin die Entscheidung des Landgerichts insoweit abgeändert, als der Schuldnerin aufgegeben werden sollte, dem zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer Räumlichkeiten und Hilfskräfte zur Verfügung zu stellen. Für eine solche Anordnung sieht der Senat keine Grundlage, da eine Ersatzvornahme auch ohne diese Hilfestellungen der Schuldnerin möglich ist. Im Übrigen ist damit zu rechnen, dass die Schuldnerin aus eigenem Interesse den Wirtschaftsprüfer bei der Erledigung seiner Aufgaben unterstützen wird. Denn je weniger Unterstützung sie leistet, desto höher werden die von ihr im Rahmen der Vollstreckung zu tragenden Kosten.
39
5. Die Formulierungen der Vollstreckungsanordnung hat der Senat zudem in verschiedenen Punkten geringfügig geändert. Dabei handelt es sich lediglich um redaktionelle Klarstellungen.
40
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
41
7. Die Entscheidung über den Wert des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 3 ZPO.

Der BGH zum Buchauszug

Handelsvertreter in der Finanzdienstleistung und Vertriebe/Versicherungen streiten sich oft um den Buchauszug. Der Inhalt des Buchauszuges ist oftmals streitig. Oftmals wird eingewendet, dass sich die Inhalte bereits aus der Provisionsabrechnung ergeben.

Der Bundesgerichtshof hat am 21.03.2001 unter dem Aktenzeichen VIII ZR 149/99 entschieden, wie ein Buchauszug auszusehen hat. Dabei heißt es:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum … einen Buchauszug zu erteilen, der sich auf alle vom Kläger vermittelten Versicherungsverträge, bei welchem in diesem Zeitraum Abschluss, Bestandspflege, Dynamik und sonstige Provisionen fällig geworden sind, erstreckt und er für die einzelnen Verträge folgende Angaben erhält:

  1. Name des Versicherungsnehmers
  2. Versicherungsscheinnummer
  3. Art und Inhalt des Versicherungsvertrages (Sparte, Tarifart, Prämien oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen)
  4. Jahresprämie
  5. Versicherungsbeginn
  6. bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages
  7. bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie
  8. im Falle von Stornierungen: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen