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1. Abrechnung über den Ausgleichsanspruch bindend
Das Landgericht Hamburg musste am 31.01.2019 darüber entscheiden, ob ein Unternehmen an seine eigene Berechnung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs gebunden ist.
Das Unternehmen hatte einen unstreitigen Ausgleichsanspruch gleich zweimal abgerechnet. Zunächst berechnete es einen Betrag von in etwa 34.000,00 €. Dann gab es auf Grund eines Softwareproblems eine Nachberechnung kam dann auf nur etwas mehr als 26.000,00 €. Die Differenz von etwa 7.000,00 € hatte das Unternehmen dem Handelsvertreter als Minus verbucht.
Das Provisionskonto wurde auch nach Vertragsende weitergeführt. Dort wurde der angeblich zu viel gezahlte Betrag als Minus im Provisionskonto verbucht. Dagegen wehrte sich der Handelsvertreter. Er meinte, das Unternehmen sei an die erste Abrechnung gebunden.
Dies sah auch das Landgericht Hamburg in seiner Entscheidung unter dem Aktenzeichen 322 O 34/19 so. Die Beklagte sei hinsichtlich der Höhe des Anspruchs an ihre erste Abrechnung gebunden.
Dass das Softwareprogramm fehlerhaft war oder fehlerhaft bedient wurde, ist ein Unternehmensinternum der Beklagten, welches für den Handelsvertreter erst Recht nicht erkennbar war.
Auch wenn diese Abrechnung für die Beklagte noch nicht bindend gewesen sein sollte, so wurde sie es jedenfalls dadurch, dass der Handelsvertreter diese Abrechnung akzeptiert hat. Man habe sich also konkludent auf das Ergebnis dieser Abrechnung geeinigt.
Landgericht Hamburg, Urteil vom 12.03.2019, Aktenzeichen 322 O 34/19
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Franchisenehmer sind keine Handelsvertreter, oder doch? Zuweilen gibt es hier Missverständnisse. Vorwegzunehmen ist, dass Franchisenehmern teilweise gleiche Ansprüche, wie etwa der Ausgleichsanspruch, zustehen.
Handelsvertreter haben gemäß § 89 b HGB einen Ausgleichsanspruch, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Der Ausgleich ist erst seit 1953 im HGB verankert. Erstmalig wurden Handelsagenten (-vertreter) im HGB erwähnt, das am 01.01.1900 in Kraft trat. Teilweise wurden sie auch Handlungsreisende genannt. Wie die Bezeichnung hat sich auch das Berufsbild gewandelt.
Da das Berufsbild unklar war, wollte man auch nicht alles gesetzlich regeln. Mit 9 Paragrafen hatte das alte HGB alles geregelt. Schutzrechte des Handelsvertreters vor Benachteiligungen fanden zunächst überhaupt keine Rücksicht.
Handelsvertreter ist nunmehr gem § 84 HGB, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für andere Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen.
Franchising ist ein vertraglich festgelegtes Geschäftsmodell, bei dem der Franchisegeber den rechtlich und finanziell selbständigen Franchisenehmer ein Geschäftskonzept nach seinen Vorgaben zu entgeltlichen Nutzung überlässt. Der Franchisenehmer ist damit kein Handelsvertreter.
Franchising-Unternehmen sind beispielsweise Ketten wie Subway, Esprit, McDonald`s und so weiter. Franchiser sind keine Filialen. Filialen gehören zum Unternehmen und sind lediglich wirtschaftlich unselbständige Hauptstellen.
Franchisenehmer kommen nicht selten auf die nachvollziehbare Idee, einen Ausgleichsanspruch zu fordern. Sie haben zwar nicht direkt darauf einen Anspruch, jedoch teilweise gemäß § 89 b HGB analog. Das Argument der Franchiser ist, dass die Interessenslage mit dem eines Handelsvertreters vergeichbar ist.
Der Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung einen „analogen“ Ausgleichsanspruch für Handelsvertreter bejaht, wenn sich das Rechtsverhältnis zwischen Vertragshändler und dem Hersteller oder Lieferanten
– nicht in einer bloßen Käufer- Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern der Händler in der Weise in die Abseitsorganisation des Herstellers des Lieferanten eingegliedert ist, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat und
– vertraglich verpflichtet ist, dem Hersteller oder Lieferanten seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass diese Vorteile des Kundenstammes bei Vertragsende sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann.
Einen Ausgleichsanspruch für Franchisenehmer setzt also im einzelnen voraus:
- Der Vertriebsvermittler muss selbständig sein.
- Die vertragliche Beziehung zwischen Unternehmer und Vertriebsvermittler darf sich nicht in der reinen Verkäufer-Käufer-Beziehung erschöpfen.
- Der Vertriebsvermittler muss nach Gestaltung und Handhabung des Vertrages den handelsvertretertypischen Bindungen unterliegen.
- Durch Pflichten, wie sie in einer Verkäufer-Käufer-Beziehung nicht bestehen, muss der Franchisenehmer auf Dauer so in die Absatzorganisation des Unternehmers eingegliedert sein, dass er wirtschaftlich weitgehend einem Handelsvertreter vergleichbarer Aufgaben zu erledigen hat.
- Er muss den Absatz des Unternehmens laufend zu fördern haben, was im Zweifelsfall durch Werbung neuer Kunden sowie einen Ausbau bestehender Geschäftsbeziehungen zu geschehen hat.
- Spätestens bei Beendigung des Vertriebsvertrages muss die Überlassung des Kundenstammes an den Unternehmer durch Übermittlung der Kundendaten vorliegen, so dass dieser dessen Vorteile bei Vertragsende sogleich für sich nutzbar machen kann.
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Auskunft beim Ausgleichsanspruch
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte sich im März 2019 mit dem Ausgleichsanspruch eines Vertragshändlers beschäftigen müssen.
Verklagt wurde eine Generalimporteurin für Fahrzeuge der Marke1 für Deutschland. Mit der Klägerin schloss sie einen Händlervertrag Pkw sowie einen Servicevertrag über die Marke1. Dieser Vertrag wurde gekündigt.
Der Vertragshändler verlangte die Rücknahme von Ersatzteilen bzw. Zahlung und Auskunft. Da sich der Ausgleichsanspruch nach den Unternehmervorteilen berechne und diese dem Händler unbekannt sind und von dem Importeur errechnet werden könnten, wurde die eingeklagte Auskunft darauf gestützt. Der Deckungsbeitrag (Rohertrag) einer Importeurin ergibt durch Abzug des Einkaufspreises vom Verkaufspreis. In dieser Hinsicht bekam der Händler in beiden Instanzen Recht.
Er verlangte noch Belege. Diese wurden ihm allerdings in beiden Instanzen aberkannt.
Die Importeurin wurde von beiden Instanzen zur Zahlung Zug und Zug gegen Rücknahme der Ersatzteile verurteilt.
Das erstinstantliche Urteil wurde vom OLG also in vollem Umfang bestätigt.
Die Ersatzteile mussten zurückgenommen werden, weil der Importeur nachvertraglich zur Treue verpflichtet sein. Der daraus hergeleitete Rücknahmeanspruch beschränkt sich nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 20.07.2005, VIII ZR 121/04) auf Warenbestände, deren Abnahme und Lagerung durch den Eigenhändler im Interesse ordnungsmäßiger Vertragserfüllung geboten war. Der klagende Händler kann so die Folgen seiner vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Importeur, nicht auch das Risiko darüber hinausgehender eigener unternehmerischer Entscheidungen, auf diesen abwälzen.
Ob der Händler einen Auskunftsanspruch hat und ob ihm überhaupt Ausgleichsansprüche zustehen, war vom Gericht zunächst zu prüfen. Denn Ausgleichsansprüche stehen gem. § 89 b HGB nur Handelsvertretern zu. Ein solcher war der Vertragshändler nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist die auf Handelsvertreter zugeschnittene Bestimmung des § 89b HGB auf einen Vertragshändler entsprechend anzuwenden, wenn sich das Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Hersteller oder Lieferanten nicht in einer bloßen Käufer-Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern der Vertragshändler so in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingegliedert ist, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hatte, und der Händler zum anderen verpflichtet ist, dem Hersteller oder Lieferanten seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann (BGH, Urteil vom 06.10.2010 – VIII ZR 209/07 zum Kfz-Vertragshändler). Das OLG meinte, dass allein entscheidend sei, ob der Kfz-Vertragshändler wie ein Handelsvertreter in die Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert ist und einen von ihm für den Hersteller neu geworbenen sowie an den Hersteller zu überlassenden Mehrfachkundenstamm aufbaue.
Dies sah das OLG als erfüllt an.
Maßstab für § 89b Abs. 1 Nr. 1 HGB sind die Unternehmervorteile. Diese sind nach der Neufassung des § 89b Abs. 1 HGB nicht mehr durch die Höhe der Provisionsverluste des Handelsvertreters beschränkt. Deshalb hat sich der Händler auch nicht damit abzufinden, dass er die Berechnung doch anhand der Verluste vornehmen könne, wie es die Beklagte behauptet hatte. So hatte das OLG Frankfurt auf ein Urteil des OLG Düsseldorf Bezug genommen, das einen Auskunftsanspruch abgelehnt hatte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2017 – 16 U 171/15).
Da die Klägerin über eine entsprechende Kenntnis der Unternehmensvorteile nicht verfügt, steht ihr der Auskunftsanspruch zu. Mit dieser profanen Begründung wurde der Auskunftsanspruch durch das OLG Frankfurt bestätigt.
Beim Einsichtnahmerecht in Belege entschied das OLG Frankfurt im Ergebnis anders als das OLG Düsseldorf. Zwar kann nach § 810 BGB und aus § 242 BGB ein Vorlageanspruch von Urkunden bestehen. Unter Abwägung der beiderseitigen schutzwürdigen Belange gebe es in Frankfurt ein berechtigtes Interesse an einer derartigen Urkundeneinsicht nicht. Der Anspruch setze nämlich voraus, dass die Einsicht zur Förderung, Einhaltung und Verteidigung seiner rechtlich geschützten Interessen benötigt wird. Das OLG Düsseldorf hatte das bejaht, weil bereits zuvor erteilte Auskünfte lückenhaft waren. Der Auskunftsverpflichtete war in Düsseldorf trotz entsprechender Hinweise zur Erteilung einer erschöpfenden Auskunft nicht bereit. Dies war allerdings in Frankfurt nicht der Fall, so dass das Einsichtnahmerecht vom OLG Frankfurt abgelehnt wurde.
Urteil des OLG Frankfurt vom 13.03.2019 Az 12 U 37/18
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Nachträgliche Kündigungsgründe führen nicht zum Verlust der Ausgleichsansprüche
Gemäß § 89 b HGB kann dem Handelsvertreter ein Ausgleichsanspruch zustehen. Gemäß Abs. 3 Ziff. 2 ist dieser Anspruch ausgeschlossen, wenn der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag.
Diese Voraussetzung soll jedenfalls dann erfüllt sein, wenn das Unternehmen eine wirksame und berechtigte fristlose Kündigung wegen Vertragsverletzung ausgesprochen hat.
Was ist aber, wenn das Unternehmen eine solche fristlose Kündigung nicht ausgesprochen hat, sie aber hätte aussprechen können, wenn sie von ihren Rechten gewusst hätte?
Darüber hatte der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 16.02.2011 unter dem Aktenzeichen VIII ZR 226/07 zu entscheiden. Der Bundesgerichtshof wandte sich dazu an den Europäischen Gerichtshof, welcher mit Urteil vom 28.10.2010 unter Bezugnahme auf Artikel 18 a der Richtlinie 86/656/EWG des Rates vom 18.12.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter wie folgt ausführte:
„Die Richtlinie lässt es nicht zu, dass ein selbständiger Handelsvertreter seinen Ausgleichsanspruch verliert, wenn der Unternehmer ein schuldhaftes Verhalten des Handelsvertreters feststellt, das nach dem Zugang der ordentlichen Kündigung des Vertrages und vor Vertragsende stattgefunden hat und dass eine fristlose Kündigung des Vertrages gerechtfertigt hätte“.
Kurzum: Nur dann, wenn zwischen dem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters und der Kündigung ein unmittelbarer Ursachenzusammenhang besteht, ist der Ausgleichsanspruch ausgeschlossen. man kann § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB auch nicht analog anwenden, wenn der Tatbestand tatsächlich nicht in vollem Umfang vom Gesetzt umfasst wird. Der Bundesgerichtshof hatte damit grundsätzlich den Ausgleichsanspruch bejaht.
In diesem Fall hatte sich das Unternehmen darauf berufen, dass einem Vertragshändler gekündigt wurde, und im Nachhinein festgestellt wurde, dass sich dieser Zuschüsse verschafft hatte, die ihm vertraglich nicht zugestanden hätten und dies zur fristlosen Kündigung berechtigt hätte, wenn es dem Unternehmen vor Beendigung des Handelsvertrages bekannt geworden wäre.
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BGH rettet die nachvertragliche Dynamikprovision
Einen gedanklichen Schlussstrich hat der Bundesgerichtshof gesetzt, als er am 20.12.2018 unter dem Aktenzeichen VII ZR 69/18 grundsätzlichen allen Versicherungsvertretern dynamische Lebensversicherungen auch nach Vertragsende zusprach. Im Handelsvertreterblog wurde bereits auf diese bahnbrechende Entscheidung hingewiesen.
Ein Versicherungsvertreter klagte auf Erteilung von Provisionsabrechnungen für von ihm vermittelte dynamische Lebensversicherungen. Der Consultant-Vertrag, so hieß der Handelsvertretervertrag, war beendet. Der Kläger betreute weiterhin die Versicherungsverträge.
Diese sahen regelmäßig während der Laufzeit eine Erhöhung der Beiträge und Leistungen vor (so genannte Dynamik), so lange der Versicherungsnehmer nicht widerspricht. Während des Bestehens des Handelsvertretervertrages bekam er monatliche Abrechnungen und die Dynamikprovisionen wurden regelmäßig gutgeschrieben. Nach Vertragsende war damit Schluss. Der Consultant klagte auf Rechnungslegung.
Der Bundesgerichtshof verwies auf §§ 92 und 87 HGB. Dabei habe ein Versicherungsvertreter Anspruch auf Provision nur für die Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind. Dabei entspreche es der Eigenart der dynamischen Lebensversicherungen, dass Erhöhungen bereits mit Anschluss des Versicherungsvertrages als vereinbart anzusehen sind. Dem Versicherungsnehmer stehe lediglich ein Widerspruchsrecht zu.
Damit sei die Erhöhung der Versicherungssumme nicht von einer werbenden Tätigkeit eines Dritten abhängig. Die Erhöhung der Versicherungssumme entsteht automatisch immer dann, wenn der Versicherungsnehmer nicht widerspricht.
Der Bundesgerichtshof verwies im Übrigen auf Entscheidungen, z.B. die des Oberlandesgerichtes Köln mit Urteil vom 28.11.2014 unter dem Aktenzeichen 19 U 71/14 und einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Nürnberg mit Urteil vom 10.09.2003 unter dem Aktenzeichen 12 U 806/03 (letzteres hatte anders entschieden).
Der Bundesgerichtshof sah darin auch keinen Widerspruch zu dem Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b Abs. 5 HGB. Soweit dem Vermittler gemäß § 92, § 87 HGB Abschlussprovisionen zustehen, tritt kein Provisionsverlust ein, der etwa für den Ausgleichsanspruch zu berücksichtigen wäre. Insgesamt bestehe kein Grund, die Beschränkungen des § 89 b Abs. 5 HGB auf vom Versicherungsvertreter gemäß § 92, § 87 HGB zu beanspruchende Abschlussprovisionen, die nach Beendigung des Vertrages fällig werden, zu erstrecken.
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Wann ein Handelsvertreter hauptberuflich arbeitet
Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach am 26.05.2017 einem Versicherungsvertreter einen Ausgleichsanspruch ab. Unter dem Aktenzeichen 16 U 61/16 hob es damit eine Entscheidung des Landgerichtes Düsseldorf auf. Das Oberlandesgericht meinte, der Versicherungsvertreter sei nebenberuflich tätig, wonach der Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB nach § 92 b Abs. 2 Satz 1 Abs. 5 HGB ausgeschlossen ist.
Entscheidend war, dass der Kläger nicht nur als Versicherungsvertreter tätig war. Das Oberlandesgericht nahm an, dass er nur nebenberuflich arbeitete. Bei dieser Bewertung kommt es auf den Einzelfall an. Ein nebenberuflich betrauter Handelsvertreter, der tatsächlich hauptberuflich täötig war, trägt die Beweislast für die Hauptberuflichkeit.
Entgegen des schriftlichen Vertrages bewertete das Oberlandesgericht den Kläger als Nebenberufler. Gemäß der so genannten Übergewichtstheorie kann ein Vermitter nur dann im Hauptberuf sein, wenn er überwiegend als solcher tätig ist und aus dieser Tätigkeit auf den überwiegenden Teil seines Arbeitseinkommens bezieht. Liegen beide Kriterien vor, handelt er hauptberuflich, fehlt nur eines der beiden Kriterien, handelt es sich um einen nebenberuflichen Handelsvertreter. Die bedeutensten Abgrenzungsmerkmale liegen im Zweifel im Zeit- und Entgeltmoment, wobei die Bedeutung des Zeitelementes überwiegt. Schließlich braucht ein Handelsvertreter ja nicht einmal Einkommen generieren, auch dann nicht, wenn er hauptberuflich tätig ist.
Das Gericht nannte auch ein Beispiel: Übernimmt ein Student, eine Hausfrau, ein Beamter oder ein Rentner eine Vertretung, um sich zu den sonstigen verfügbaren Mitteln oder nach Dienstschluss noch eine kleine Nebeneinnahme hinzuzuverdienen, dann soll eine Vetretung im Nebenberuf vorliegen. Nach diesen Abgrenzungskriterien hatte das Oberlandesgericht den Versicherungsvertreter als Nebenberufler eingestuft. Schließlich war er darlegungs- und beweisbelastet und hatte nicht ansatzweise vorgetragen, in welchem zeitlichen Rahmen er für die Beklagte tätig war. In einem ähnlichen Fall des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 04.11.1998, Aktenzeichen VIII ZR 248/97) hatte der Kläger immerhin ein Kundendienstbüro mit festen Bürozeiten und einer festgelegten Erreichbarkeit für seine Kunden betrieben. Dies lag hier nicht vor.
Abschließend hatte das Gericht dann noch entschieden, dass eine fristlose Kündigung des Versicherungsunternehmens gemäß § 89 a HGB wirksam ist. Dabei schloss sich das Oberlandesgericht dem Landgericht an. Schließlich hatte der Versicherungsvertreter einen Versicherungsantrag auf Abschluss einer Lebensversicherung eingereicht, welche jedoch nicht von dem Versicherungsnehmer selbst unterschrieben war, sondern von dessen Bruder. Dies war dem Versicherungsvertreter bekannt. Das Austauschen der Unterschriften fiel auf, weil man diese Unterschrift mit alten Unterschriften verglich. Das Oberlandesgericht unterstellt dem Versicherungsvertreter Vorsatz. Eine darauf beruhende Kündigung war deshalb wirksam.
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Der Ausgleichsanspruch birgt eine Fülle von Geheimnissen. Dazu gehört auch, inwieweit bei der Berechnung eines Ausgleichsanspruches Leistungen, die in ein Versorgungswerk flossen, angerechnet und abgezogen werden.
Oft kann der Handelsvertreter gemäß § 89 b HGB von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen Ausgleichsanspruch verlangen. Der Unternehmer muss aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, erhebliche Vorteile erlangt haben und die Zahlung eines Ausgleiches muss unter Berücksichtigung aller Umständer der Billigkeit entsprechen.
Auf der Ebene der Billigkeit hatte sich das Landgericht München I im Dezember 2008 in einem Urteil vom 08.12.2008 – 14HK O 24599/07 mit der Frage beschäftigen müssen, ob die Allinanz den Ausgleichsanspruch um Leistungen der Maßgabe der beigefügten Bestimmungen für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der hauptberuflichen Vertreter (so genannte VVW-Bestimmungen) einen Abzug erlauben würden. Nach den VVW-Bestimmungen soll nämlich in Höhe des Barwertes einer vom Vertreter zu beanspruchenden Rente oder im Falle einer unverfallbaren Rentenanwartschaft gar kein Ausgleichsanspruch entstehen, bzw. die Versorgungszusage nach dem VVW entsprechend reduziert werden.
Das Landgericht München I hatte jedoch dem Vertreter der Allianz den kompletten Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB in Höhe von etwa 300.000,00 € zugesprochen. Die Altersversorgung blieb außer Acht.
Teilweise wurden Klauseln in den VVW-Bestimmungen für unwirksam erachtet, weil diese gegen § 89 b Abs. 4 HGB verstoßen würden. Danach kann der Ausgleichsanspruch nicht von vornherein ausgeschlossen werden.
Danach wurde eine Prüfung auf der Stufe der Billigkeit vorgenommen. Das Landgericht wies auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshof hin, wonach mit Mitteln des Unternehmers aufgebrachte Versorgungsleistungen aus Billigkeitsgründen auf den Ausgleichsanspruch des Vertreters anzurechnen sein könnten, soweit nach einer Vorteils- und Verlustprognose eine in Betracht kommender Ausgleich grundsätzlich nicht ungekürzt entsteht.
Es darf gemäß Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17.11.1983 unter dem Aktenzeichen I ZR 139/81 keine Fälligkeitsdifferenz entstehen. Der Bundesgerichtshof hatte im Jahre 1983 darauf abgestellt, dass eine funktionelle Verwandtschaft zwischen Ausgleichsanspruch und Altersversorgung entstehen muss, um eine Anrechnung zu ermöglichen.
Diese funktionelle Verwandtschaft sprach das Landgericht München I im Jahre 2008 bei den VVW-Bestimmungen der Allianz ab. Die Gewährung einer Rente könne nicht die Funktion eines Ausgleichsanspruches erfüllen. Außerdem sei die zugesagte Altersversorgung mit einer Unsicherheit belastet, da sie nur bei Unverfallbarkeit und nach Rentenbeginn einsetze.
Während der Bundesgerichtshof eine Anrechnung der Altersversorgung auf einen Ausgleichsanspruch deshalb zulassen wollte, damit der Prinzipal nicht einer Doppelbelastung unterliege, so wollte das Landgericht auch dieser Argumentation nicht folgen. Die als Versorgung habe eine andere Funktion und eine Anrechnung würde sich eher bei einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis anbieten.
Eine Doppelbelastung des Prinzipals wollte das Gericht ebenso nicht sehen. Schließlich habe sich die Allianz gegen die Gefahr doppelt abgesichert. Das Landgericht hat den Ausgleichsanspruch ungekürzt ausgeurteilt. Unberücksichtigt ließ das Landgericht die Argumentatiuon des Klägers, wonach die gewährte Altersvorsorge eine Gegenleistung für angeblich zu niedrig gezahlte Provisionsätze dienen sollte.
Das Oberlandesgericht München hat dieses Urteil am 05.08.2009 unter dem Aktenzeichen 7 U 2055/09 wieder aufgehoben. Die Klage wurde komplett abgewiesen.
Es wies darauf hin, dass der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die grundsätzliche Zulässigkeit der Anrechnung des Barwertes der Rente auf den Ausgleichsanspruch im Rahmen der vorzunehmenden Billigkeitsprüfung gemäß § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB zulasse. Die funktionelle Verwandtschaft bestehe nach Ansicht des OLG. Das Gericht sah keine Gründe, von dem Gedanken der funktionellen Verwandtschaft abzurücken.
Der Begriff der funktionellen Verwandtschaft verlange nicht, dass Identität und der Deckungsgleichheit beider Ansprüche gegeben sein muss, sondern dass eine gleichartige Zielrichtung ausreichend sein kann.
Die Argumentation im Hinblick auf die Doppelbelastung bzw. doppelte Ansicherung konnte das Oberlandesgericht nicht nachvollziehen. Im Übrigen habe mit der Finanzierung der Altersversorgung durch den Unternehmer dieser eine Aufgabe des Handelsvertreters übernommen, der dies eigentlich hätte aus seinen laufenden Einkünften bestreiten müssen.
In dem vorliegenden Rechtsstreit war die Höhe des geltend gemachten Ausgleichsanspruches unbestritten. Bei der Höhe des Barwertes der Rente hat die Allianz den vom Kläger mitfinanzierten Anteil der Rente bereits berücksichtigt und lediglich ihren eigenen Finanzierungsanteil in Höhe von 61,5 % zugrunde gelegt. Die Bewertung der Rente wurde nach der durchschnittlichen Lebenswerwartung vorgenommen. Dies hielt das Oberlandesgericht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für sachdienlich und angemessen.
Nachdem dann der Barwert der Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch angerechnet wurde, blieb kein Anspruch auf Zahlung des Ausgleiches übrig. Die Klage wurde abgewiesen.
Unter dem Aktenzeichen VIII ZR 242/09 ging die Angelegenheit dann noch zum Bundesgerichtshof. Der Bundesgerichtshof hatte am 15.02.2011 beschlossen, eine „Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision“ zurückzuweisen, weil weder die Rechtssache grundsätzlich eine Bedeutung hat und noch die Fortbidlung des Rechts oder die Sicherung einer einheutlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert. Eine nähere Begründung hat der Bundesgerichtshof nicht vorgenommen.
Fazit: Der Bundesgerichtshof lässt grundsätzlich die Anrechnung eines Verworgungswerkes auf den Ausgleichsanspruch zu. Zu prüfen ist jedoch, ob die einzelnen Vertragsklauseln wirksam sind. In diesen Entscheidungen wurden nicht berücksichtigt, ob eine Anrechung auch dann stattfinden kann, wenn z.B. der Anspruch auf das Verworgungswerk abgetreten ist. Dies wäre beispielsweise bei der DVAG der Fall, wenn der Vermögensberater den Anspruch aus dem Versorgungswerk bis zum 60sten Lebensjahr an die DVAG abtritt. Am 08.05.2014 hatte der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen VII ZR 282/12 grundsätzlich entschieden, dass ein Ausgleichsanspruch auch dann nach den so genannten Grundsätzen zur Berechnung des Ausgleichsanspruches „geschätzt“ werden könne, wenn dies nicht konkret vertraglich vereinbart wurde. Doch auch dann müsse sich der Handelsvertreter das Versorgungswerk anrechnen lassen. Über die Frage, ob die Anrechung auch dann möglich wäre, wenn die Ansprüche aus dem Versorgungswerk abgetreten sind, hatten sich die Bundesgerichtshofs-Richter am 08.05.2014 keine Gedanken gemacht.
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„Grundsätze“ zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs
1958 Vereinbarung der Grundsätze zwischen GDV und Verbänden BVK und VGA
Grundsätze zur Berechnung des AA:
- Sach
- Leben (dynamisch)
- Kranken (privat)
- Bauspar
- Finanzdienstleistung
Berechnung des AA nach Grundsätzen Sach:
Faktor 1=
Versicherungsbestand nach Durchschnitt der letzten 5 Jahre mit Abzug übertragener Bestände:
bis 10 Jahre zu 100%
10-15 Jahre zu 66 ⅔%
15-20 Jahre zu 33 ⅓%
ab 20 Jahre volle Zurechnung des übertragenen Bestandes, beim übertragenen Kraft-Bestand volle Zurechnung bereits an dem 10. Jahr.
Problem „Bruttodifferenzmethode“
Berechnung des AA nach Grundsätze Sach:
Faktor 2=
Provisionssatz je Branche
Nicht zu berücksichtigen sind „Abschlussprovisionen“ (erstjährige Provisionen abzüglich Inkassoprovisionen), ausgenommen die Abschlussprovisionen für Versicherungen mit gleichbleibenden laufenden Provisionen.
Faktor 3 = Branchenfaktor:
50% für :
Sach-, Haftpflicht-, Unfall- und Rechtsschutz
35% für:
Industrie-Feuer-, Maschinen, Groß-BU
25% für:
Kraftverkehr-, Transport-, Verkehrsservice
Faktor 4=
Tätigkeitsfaktor Sach-incl. Ind./BU:
bis einschl. 4. Jahr = 1
vom beginnenden 5. bis zu 9 Jahren = 2
vom beginnenden 10. bis zu 14 Jahren = 3
vom beginnenden 15. bis zu 19 Jahren = 4 ½
ab beginnendem 20. Jahr = 6
Tätigkeitsfaktor Kraft/Transport:
bis einschl. 5. Jahr = 1
vom beginnenden 6. bis zu 10 Jahren = 1 ½
ab 11. Jahr = 2
- Rechenbeispiel:
Alle bestände zugewachsen, über 20 Jahre Tätigkeit:
KFZ-Bestand 200.000 x 10% x 25% x 2 = 10.000,00 €
Sach-Bestand 200.000 x 12% x 50% x 6 = 72.000,00 €
RS-Bestand 20.000 x 10% x 50% x 6 = 6.000,00 €
Industrie/BU 40.000 x 10 % x 35 % x 6 = 8.400,00 €
Ausgleichsanspruch insgesamt: 96.400,00 €
- Rechenbeispiel:
Alle Bestände noch nicht zugewachsen, 8 Jahre Tätigkeit:
100% Zubau in allen Branchen, gleicher Gesamtbestand wie in Rechenbeispiel 1, = 50% übertragener Bestand, gleiche Folgeprovision
KFZ-Bestand 100.000 x 10% x 25% x 1,5 = 3.750,00 €
Sach-Bestand 100.000 x 12% x 50% x 2 = 12.000,00 €
RS-Bestand 10.000 x 10% x 50% x 2 = 1.000,00 €
Industrie/BU 20.000 x 10 % x 35 % x 2 = 1.400,00 €
Ausgleichsanspruch insgesamt: 18.150,00 €
- Rechenbeispiel:
Bestände z.T. zugewachsen, 16 Jahre Tätigkeit:
100% Zubau in allen Branchen, gleiche FP
KFZ-Bestand 200.000 x 10% x 25% x 2 = 10.000,00 €
Sach-Bestand 1670.000 x 12% x 50% x 4,5 = 45.090,00 €
RS-Bestand 16.700 x 10% x 50% x 4,5 = 3.758,00 €
Industrie/BU 33.300 x 10 % x 35 % x 4,5 = 5.245,00 €
Ausgleichsanspruch insgesamt: 64.093,00 €
„Grundsätze“ dynamische Lebensversicherungen:
Grundsätze gelten nur für die dynamische Lebensversicherung aufgrund einer vom Vertreter bewirkten Vereinbarung mit Anspruch aus Provision aus den Erhöhungen.
Berechnung (HV ab dem 20. Jahr):
VS dyn. LV x Prov. Satz LV x 0,08 x TJF (1, 1,25, 1,5) = Ausgleich
8.000.000 x 25 ‰ x 0,08 x 1,5 = 24.000,00 € Ausgleich
TJF bis 9 Jahre = 1 (16`), 10.-19.J = 1,25 (20`), ab 20.J. 1,5 (24`)
„Grundsätze“ Krankenversicherung
Bei der Berechnung des AA in der Krankenversicherung werden nicht die Folge- oder Betreuungsprovisionen, sondern nur die tatsächlich gezahlten Abschlussprovisionen der letzten 5 Jahre zugrunde gelegt.
Faktor 1 ist die durchschnittliche AP-Provision der letzten 5 Jahre, also die Gesamtproduktion in MB x Provisionssatz
Faktor 2 der Ausgleichsfaktor für Bestandszusammensetzung 0,2
Faktor 3 Mitursächlichkeitsfacktor 0,4
Faktor 4 Treue: 3 J./0,7; 6 J./1; 9 J/1,6; 12 J./2,5; 15 J./3,5; ab 16 J./4
Berechnungsbeispiel:
Durchschnittliche Gesamtprovision Krankenversicherung pro Jahr 12.000,00 € MB (1.000,00 MB pro Monat) mit 5 MB AP und über 16 Jahre Tätigkeit:
Berechnung:
12.000,00 € x 5 MB x 0,2 x 0,4 x 4 = 19.200,00 €
„Grundsätze“ im Bausparbereich:
Die Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs im Bausparbereich ist vereinbart zwischen:
- dem Verband der privaten Bausparkassen
- der Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkasse
- dem Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute
Berechnung des Ausgleichswerts:
- Bemessungsgrundlage und Ausgangswert ist die durchschnittliche Jahresprovision der letzten 4 Jahre abzüglich vereinbarter Verwaltungsprovision und Einarbeitungs-, bzw. Garantieprovisionen.
- Das ausgleichspflichtige Folgegeschäft wird mit einem Mittelsatz von 20,25% pauschal festgelegt.
Berechnung des Ausgleichswerts:
- Multiplikator nach TKJ aus Billigkeitsgesichtspunkten:
Tätigkeitsdauer:
1 Jahr 0,20 6 Jahre 1,60
2 Jahre 0,40 7 Jahre 1,90
3 Jahre 0,70 8 Jahre 2,20
4 Jahre 1,00 10 Jahre 3,00
5 Jahre 1,30 12 Jahre 4,00
Zusätzlicher Treuebonus nach 15 Jahren 10,125%.
Ab 19 Jahre verdoppelt sich der Treuebonus auf 20,25%.
Berechnung des Ausgleichswerts im Bausparbereich:
Durchschnittliche Jahresprovision der letzten 4 Jahre: 50.000,00 €
- Tätigkeitsdauer 10 Jahre: 50.000,00 € x 20,25% x 3,00 = 30.375,00 €
- Tätigkeitsdauer 20 Jahre: 50.000,00 € x 4,00 + 20,25% (Treuebonus) = 50.625,00 €
Ausgleichsanspruch im Finanzdienstleitungsbereich:
Die Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs im Finanzdienstleistungsbereich sind vereinbart zwischen:
- dem Verband der privaten Bausparkassen und
- dem Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute
(weder die Versicherungsunternehmen noch die öffentlichen Bausparkassen sind bisher dieser Vereinbarung beigetreten?)
Berechnung des Ausgleichswerts:
- Ausgangswert ist die durchschnittliche Jahresprovision der letzten 4 Jahre
- Das ausgleichspflichtige Folgegeschäft wird mit 10% pauschal festgelegt
- Die Bausparmultiplikatoren gelten auch für die Finanzdienstleistung
- Der Bauspartreuebonus gilt auch für die Finanzdienstleistung
Berechnung des Ausgleichswerts:
- 000,00 € durchschnittliche Jahresprovision, Tätigkeitsdauer 5 Jahre,
10.000,00 € x 10% x 1,30 = 1.300,00 €
- 000,00 € durchschnittliche Jahresprovision, Tätigkeitsdauer 25 Jahre,
10.000,00 € x 10% x 4,00 + 20,25% = 6.025,00 €
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Ausgleichsanspruch auch für vermittelnde Arbeitnehmer?
Angestellte Vermittler, die Provisionen beziehen, haben einen Anspruch auf einen Buchauszug. Dieser ist also nicht allein für Handelsvertreter vorbehalten.
Handelsvertreter haben, sofern die weiteren Voraussetzungen des § 89 b HGB vorliegen, einen Ausgleichsanspruch.
Gem. § 89 b HGB analog haben auch Vertragshändler einen Ausgleichsanspruch. Dies entschied der BGH bereits am 13.1.2010 und hat diese Rechtsprechung mehrfach wiederholt. Auch hier kann der Ausgleichsanspruch kann im Vorhinein gem BGH vom 25.2.2016 nicht ausgeschlossen werden.
Die analoge Anwendung könnte auch bei Markenlizenzverträgen anwendbar sein.
Voraussetzung für eine analoge Anwendung ist, dass sich das Rechtsverhältnis zwischen ihnen und dem Hersteller oder Lieferanten nicht in einer bloßen Käufer-Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern der Händler in der Weise in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingegliedert war, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hatte, und der Händler zum anderen verpflichtet ist, dem Hersteller oder Lieferanten seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann (BGH).
Könnte aber dann nicht auch ein Arbeitnehmer, dessen Hauptaufgabe die Vermittlung von Finanzdiesntleistungen ist, auch analog einen Ausgleichsanspruch haben?
Einige Versicherer beschäftigen ihre Vermittler mit einem kleinen Grundgehalt und den überwiegenden Teil als Provision. Ist nicht auch ein solcher Vermittler in die Absatzorganisation eingebunden, und hat er nicht auch Aufgaben wie ein Handelsvertreter zu bewältigen und muss nicht auch er den Kundenstamm am Ende dem Unternehmen übertragen?
Vielleicht steht diese Frage in Kürze zur Klärung an.
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Auch Angestellte haben einen evtl. Anspruch auf einen Buchauszug
Handelsvertreter haben einen Anspruch auf einen Buchauszug, und Angestellte, die Provisionen beziehen, auch.
Dies ergibt sich nicht nur aus § 87c Abs. 2, 65 HGB, sondern auch aus einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Hamm vom 14.3.2017 unter dem Az. 14 Sa 1397/16.
Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision gebührt. Dies gilt entsprechend für Arbeitnehmer, die auf Provisionsbasis tätig sind. Voraussetzung ist die sogenannte Provisionsrelevanz, also die Möglichkeit, dass dem Vertreter aus dem Vertragsverhältnis ein Anspruch auf Provision, über welche der Unternehmer bzw. Arbeitgeber bereits abzurechnen hat, oder auf Schadensersatz wegen entgangener Provision zustehen kann.
In dem Fall des LAG Hamm hatte der Arbeitnehmer dennoch einen Buchauszug nicht enthalten. Er wollte diesen nämlich für den Ausgleichsanspruch, nicht für die Provisionen.
Zunächst machte sich das Gericht unnötigerweise viele Gedanken dazu, ob denn der Buchauszug überhaupt gewährt werden müsse, um einen Ausgleichsanspruch zu berechnen. Dies ist in der Rechtsprechung durchaus umstritten.
Nach der einen Auffassung können die Rechte des § 87c HGB auch zur Kontrolle anderer als Provisionsansprüche geltend gemacht werden, etwa des Ausgleichs nach § 89b HGB. Nach anderer Meinung besteht kein Anspruch auf Buchauszug zur Vorbereitung eines Ausgleichsanspruchs. Zwar könne ein erhaltener Buchauszug für den Ausgleichsanspruch tatsächlich nutzbar gemacht werden. „Eine rechtliche Verknüpfung dahin, dass ein Buchauszug zur Vorbereitung des Ausgleichsanspruchs geschuldet wäre und verlangt werden könne, bestehe jedoch grundsätzlich nicht, weil die dafür darzulegenden Umstände regelmäßig nicht mit den Angaben einer solchen Auskunft notwendig verknüpft sind (vgl. OLG Celle 20. April 2004 – 11 U 61/04)“, meinte das Gericht.
Der Bundesgerichtshof hatte im Übrigen offengelassen, ob der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs nach § 87c Abs. 2 HGB im Hinblick auf einen primär geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichs nach § 89b HGB eine Nebenforderung darstellt (vgl. BGH 23. November 2011 – VIII ZR 203/10 – Rn. 54).
Aber darauf kam es hier vorliegend gar nicht an. Denn der klagende Arbeitnehmer brauchte gar keinen Buchauszug, um seinen Ausgleichsanspruch berechnen zu können.
§ 13 Abs. 2 des zugrundeliegenden Arbeitsvertrages sah nämlich vor, dass der Ausgleich aus der durchschnittlichen Provision der letzten drei Jahre ermittelt wird. Der Kläger kann den ihm zustehenden Ausgleich auf der Grundlage der erhaltenen Provisionsabrechnungen aus dem Arbeitsverhältnis berechnen, meinte das Gericht.
Dass auch Arbeitnehmern grundsätzlich ein Buchauszug zusteht, dürfte viele freuen. Mit der entsprechenden Begründung hätte der Kläger hier den ja auch erhalten.
Insbesondere Arbeitnehmer, die ihren Arbeitgeber verlassen, sollten sich überlegen, ob sie nicht den Buchauszug als Sicherungs des „status quo“ anfordern.
Ein Arbeitnehmer, der für die Ergo tätig war, erhielt deshalb von dieser eine Abweisung, weil er mit dem Buchauszug zu spät käme. Dafür gibt es eine tarifvertragliche Frist von einem halben Jahr. Wer zu spät kommt, bekommt den Buchauszug nicht mehr.
Auch bei einem Wechsel sollte man darüber nachdenken, einen Buchauszug anzufordern. In diesem Zeitraum wechseln viele Arbeitnehmer, die zuvor für die Generali tätig waren, zur DVAG. Vielleicht wäre es hier wichtig, den status quo zum Zeitpunkt des Übergangs festzuhalten.