OVB

Die (Un)Einheitlichkeit der Rechtsprechung

Des Öfteren wurde hier bereits über die Einheitlichkeit der Rechtsprechung, genauer gesagt die Uneinheitlichkeit, gesprochen.

Die Rechtsprechung ist in vielen Fällen nicht einmal in ein und demselben Gericht einheitlich. Selbst beim Oberlandesgericht, der zweithöchsten Instanz unter dem Bundesgerichtshof, und selbst dort im selben Hause, ist man sich bei Grundsatzfragen „uneinig“.

Dabei ist es das erklärte Ziel in der Gesetzgebung, die Rechtsprechungen einheitlich gestalten zu wollen. Nur diese sorgt für Rechtsfrieden und Rechtssicherheit. Das Landgericht Stuttgart beschäftigt sich im Augenblick in mehreren Verfahren mit der Frage, ob es bei einem Rechtsstreit der OVB gegen ehemalige Handelsvertreter zuständig ist.

Auf die Problematik der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte in Handelsvertreterangelegenheiten wurde hier schon des Öfteren berichtet.

Kurz gesagt: Wenn ein Handelsvertreter in den letzten 6 Monaten weniger als 1.000,00 € Provisionen im Durchschnitt verdient hat und wenn er ein sog. Einfirmenvertreter ist (d.h., er darf nur für ein Unternehmen arbeiten), ist das Arbeitsgericht zuständig.

Das Landgericht Stuttgart hatte sich mit dieser Frage zu beschäftigen, tendierte in einem Verfahren zunächst dazu, den OVB-Mitarbeiter als freien Handelsvertreter zu qualifizieren, nunmehr jedoch dazu, diesen als Einfirmenvertreter anzusehen. In einem anderen Verfahren entschied das Landgericht Stuttgart kurzerhand, die Akte müsse nicht vom Landgericht Stuttgart, sondern vom Landgericht Köln bearbeitet werden. In Köln ist die OVB ansässig. Es gibt im Vertrag eine entsprechende Gerichtsstandsvereinbarung. Das Landgericht Stuttgart hielt diese für maßgeblich.

Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass das eine Verfahren direkt vor dem Landgericht Stuttgart, das andere vor dem Arbeitsgericht Stuttgart, das nächste vor dem Arbeitsgericht Köln und das weitere vor dem Landgericht Köln entschieden werden muss.

Verbot von Abschlusscourtagen?

Versicherungsvermittlern sollen in Zukunft nur noch 18 Promille für die Vermittlung einer Lebensversicherung erhalten? Oder sollen Provisionen ganz gestrichen werden?

Den Provisionsteufel an die Wand, bzw. „online“ gemalt, hat Pfefferminzia.de, wenn dort die Unternehmensberatung Zeb die Konsequenzen einer Kürzung der Provisionen im LV-Bereich beschreibt.

Die Verbraucherzentrale drängt auf das Provisionsverbot, nach englischen Beispiel, stößt damit aber hier auf große Widerstände. Dass tatsächlich Provisionen auch in Zukunft mehr gedeckelt werden, dürfte jedoch wahrscheinlich sein. Doch auch ohne gesetzliche Regelung hat es praktisch schon weite Einschränkungen gegeben.

Wie sich eine 18-Promille-Regelung in der vertrieblichen Praxis umsetzen lässt, ist unklar. Soll denn der Vertrieb einschließlich des dort tätigen Versicherungsvertreters insgesamt nur 18 Promille erhalten sollen? Dies wäre allerdings ein tiefer Einschnitt.

Beispielsweise haben Vermögensberater der DVAG bis zum Jahre 2007  für die Vermittlung einer Lebensversicherung teilweise bis 24 Promille, ab 2008 (ab Änderung der VVG) bis zu 22 Promille im Mittel erhalten. Im Mittel deshalb, weil die tatsächliche Höhe von der Strukturhöhe abhängig ist. Ein Direktionsleiter beispielsweise würde 140 % erhalten. Andere größere Vertriebe zahlen ähnliche Sätze, die jeweils auch von der Strukturhöhe abhängig sind. Auch die anderen Vertriebe haben ihre Provisionen nach den gesetzlichen Änderungen bereits angepasst. Als Einsteiger erhält man aktuell (2017) bei der OVB z.B. für die Vermittlung einer klass. Riesterrente 2,15 Promille, in der höchsten Stufe 30 Promille.

Eine feste Grenze von max. 18 Promille, sowohl als Provision für den Vertrieb als auch für den Vermittler insgesamt, würde dieses Gefüge stark durcheinander wirbeln. Wenn die Regelung nur für den Vermittler gelten soll, nicht für den Vertrieb, dürften die Auswirkungen für den Versicherungsvertreter im Vertrieb gering sein.

Früh über die Zuständigkeit entscheiden

Das Landgericht Stuttgart regt an, möglichst frühzeitig über die Frage der Zuständigkeit zu entscheiden.

Fraglich ist, ob in einem Verfahren der OVB gegen einen ehemaligen Mitarbeiter das Land- oder das Arbeitsgericht zuständig ist.

Gemäß §5 Abs. 3 ArbGG gelten Handelsvertreter nur dann als Arbeitnehmer, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach §92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmens festgesetzt werden kann, und während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000,- € aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben.

Zu prüfen war also, ob der Vermögensberater, der für die OVB tätig war gemäß Vertrages ein solcher Ein-Firmen-Vertreter ist. Dabei tendierte das Gericht dazu, aufgrund der Bestimmung in Nummer 1 des Zusatzvertrages mit dem BGH davon auszugehen, dass der Beklagte als Ein-Firmen-Vertreter eingestuft werden kann.

Das Gericht wies darauf hin, dass der BGH dargelegt habe, dass ein Gericht sich frühzeitig über die Frage der Rechtswegzuständigkeit entscheiden sollte. Dies hatte der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 27.09.2009 unter dem Aktenzeichen VIII ZP 42/08 festgelegt.

Gegen Ex-OVB-Berater wird strafrechtlich ermittelt

Ein ehemaliger Mitarbeiter der OVB Vermögensberatung AG aus Köln soll über mehrere Jahre hinweg Kundengelder veruntreut haben. Dies geht aus einer Stellungnahme  der Staatsanwaltschaft Mainz hervor. Näheres dazu schreibt fondprofessionell.de

Geschädigt worden sein sollen etwa 160 Anleger, die dem ehemaligen OVB-Berater ihre Vermögensanlage anvertraut hatten.

Dieser soll unter dem Deckmantel der OVB Kundengelder von etwa 3 Mio €  in bar eingesammelt haben. Er offerierte den Kunden hohe Ertragsmöglichkeiten und nutzte teilweise offizielle Unterlagen der DWS-Investment S.A.

Der Beschuldigte war seit 1989 als Handelsvertreter für die OVB tätig. Im April 2016 hat sie dem Berater fristlos gekündigt. Die OVB selbst weist die Verantwortung von sich. Schließlich waren nur Gelder veruntreut, die Produkte betrafen, die nicht von der OVB angeboten wurden. Auch die Staatsanwaltschaft macht der OVB keine Vorwürfe. Die OVB selbst hatte Anzeige wegen Verdachts auf Betrug, Urkundenfälschung und Untreue gestellt.

Urteile aus der Pistole heraus

Gerichtliche Entscheidungen und ihre Verfahrenswege sind oftmals nicht nachvollziehbar. Schnelle Urteile werden deshalb oft als nicht gereucht empfunden, weil zumindest eine Partei den Eindruck hat, nicht genügend beachtet worden zu sein.

Deshalb schreibt § 139 ZPO vor, dass das Gericht „nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen“ hat. „Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen.“

Überraschend traf es deshalb z.B. die OVB in einem Verfahren vor dem Landgericht Köln. Dort wurde kurzerhand die Klage der OVB auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen abgewiesen. Um § 139 ZPO gerecht zu werden, hätte es eines richterlichen Hinweises bedurft, um weitere Klärung zu erhalten.

Das Gericht ist nämlich verpflichtet, bei Unklarheiten oder eventuell nicht schlüssigem Vortrag richterliche Hinweise zu erteilen. Dies werden meist in der ersten mündlichen Verhandlung erteilt. Überraschend – und oft prozessual falsch – ist es denn, wenn das Gericht „wie aus der Pistole geschossen“ gleich ein Urteil fällt.

Ein um Augenmaß bemühter Richter des Landgerichtes Frankfurt am Main sagte in einer mündlichen Verhandlung bereits vor Jahren, dass nach seiner Ansicht sogar zweimal hingewiesen werden müssen, wenn etwas fehle, bevor ein Urteil gefällt werden darf. Bei diesem Richter drohte kein Schuss aus der Pistole.

Das Landgericht Köln wies ohne entsprechende Hinweise die Klage der OVB ab. Dagegen wehrte sich die OVB durch Einlegung einer Berufung unter Hinweis u.a. auf die fehlenden Hinweise.

Wer jedoch glaubte, das Oberlandesgericht wolle es nun prozessual besser machen, sah sich eines besseren belehrt. Das Oberlandesgericht neigte zunächst zu einer exakt umgekehrten Vorgehensweise. Es befand die Klage für schlüssig und wollte den Berater sofort zur Zahlung verurteilen. Glücklicherweise konnte das Oberlandesgericht dazu bewegt werden, entsprechend der Hinweisverpflichtung noch eine weitere Stellungnahme des Beklagten zuzulassen. Eine Entscheidung erging noch nicht.

Eine 2. Entscheidung „aus der Pistole heraus“ konnte damit vermieden werden. Die Erfüllung von richterlichen Hinweispflichten hat leider naturgemäß eine etwas längere Prozessdauer zur Folge.

Ein Richter des Landgerichtes Ellwangen kam kürzlich auf eine ganz andere Idee. Statt auf kurzem Weg zu entscheiden, unterbreitete er den Parteien einen Vergleichsvorschlag und „drohte“ damit, wenn der Rechtstreit ausgeurteilt werden müsse, noch viele Gerichtstermine anzuberaumen. Auch hier ging es um Rückforderungen von Provisionsvorschüssen, diesmal allerdings nicht der OVB, sondern der DVAG. Ellwangen liegt – grob gesehen – zwischen Nürnberg, München und Stuttgart. Eine direkte Zugverbindung aus dem Norden nach Ellwangen gibt es nicht.

In Anbetracht vieler zu erwartender Gerichtstermine besteht hier zumindest keine Gefahr, das möglicherweise ein voreiliges Urteil aus der Pistole gefällt wird.

OVB: Welches Gericht ist zuständig?

Zurzeit sind einige Gerichte mit der Frage beschäftigt, ob Rechtsstreitigkeiten, die die OVB mit einigen Beratern führt, vor dem Arbeitsgericht oder vor dem Amts-/Landgericht ausgetragen werden müssen.

Der BGH sieht nach neuer Rechtsprechung den Weg zu den Arbeitsgerichten dann evtl. für eröffnet, wenn der Handelsvertreter hauptberuflich tätig ist.

In zwei Fällen tendiert sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht dazu, sich für zuständig zu erklären. Das Arbeitsgericht soll darüber nicht urteilen können. Während das Amtsgericht Stuttgart sehr zutreffend die Auffassung vertreten hatte, der OVB Mitarbeiter stünde nicht in einem hauptberuflichen Verhältnis, sondern nur in einem nebenberuflichen und deshalb würden die aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht herangezogen werden können, hat das Landgericht Stuttgart dies völlig anders gesehen. Das Landgericht Stuttgart argumentiert damit, dass evtl. schon eine hauptberufliche Tätigkeit gegeben sein könnte.

Neben der Frage der hauptberuflichen Ausübung kommt als zweite Voraussetzung für die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes hinzu, dass der Handelsvertreter in den letzten sechs Monaten weniger als 1000€ Provisionen im Durchschnitt bezogen hat.

Das Landgericht Stuttgart meinte dazu, der Handelsvertreter habe während der letzten 6 Monate des Vertrags im Durchschnitt monatlich mehr als 1.000,00 € auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provisionen verdient und nahm abermals Bezug auf eine aktuelle BGH-Entscheidung.

Danach komme es nicht darauf an, ob diese Provisionen auch tatsächlich ausgezahlt wurden. Es genügt, wenn er in dieser Höhe Provisionen bezogen hat, die jedoch deshalb nicht zur Auszahlung kamen, weil diese verrechnet wurden.

Das Landgericht Stuttgart nimmt Bezug auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 04.02.2015 unter dem Aktenzeichen VII ZB 36/14.

Bei der Frage, ob Provisionen in den letzten 6 Monaten als bezogen und verdient gelten, hätten Gegenansprüche des Unternehmers grundsätzlich nichts zu suchen. Rückforderungsansprüche des Unternehmers stellen nicht lediglich unselbstständige Rückstellungsposten der dem Handelsvertreter zustehenden Provisionsansprüche dar, sondern selbstständige Gegenansprüche des Unternehmers. Mit diesen kann er gegenüber den vom Handelsvertreter in einem späteren Zeitraum bedienten Provisionen die Aufrechnung erklären.

Wenn die Zeiträume nicht übereinstimmen (6-Monats-Zeitraum mit den Zeitraum der Entstehung der Rückforderungen), kann dies nicht dazu führen, dass der Handelsvertreter die Provisionen tatsächlich nicht bezogen und verdient hat.

Der Handelsvertreter würde damit auch nicht sozial schlechter gestellt werden.

Raus aus der Ausschließlichkeit?

Viele Ausschließlichkeitsvertreter, Versicherungsvertreter, gebundene Vermittler und so weiter stellen sich jetzt die Frage: Wie soll es weiter gehen? Soll ich ausscheiden? Gibt es einen Weg aus der Ausschließlichkeit? Was wird dann mit den Kunden? Wie lang sind die Kündigungsfristen?

Soll ich den Ausstieg aus der Ausschließlichkeit wagen?

Spielt man mit dem Gedanken des Ausstiegs, ist folgende Vorgehensweise empfehlenswert:

1. Welche Kündigungsfristen habe ich?

Die Kündigungsfristen sind in den einzelnen Handelsvertreterverträgen sehr unterschiedlich geregelt. In vielen Verträgen gehen sie weit über das gesetzliche Maß hinaus. Dies sollte man zunächst berücksichtigen. Das HGB, an dem sich viele Verträge orientieren, sieht eine Frist von längstens 6 Monaten vor.

2. Wie verhalte ich mich während der Kündigungsfrist?

Wenn man sich für die Kündigung entschieden hat, sollte man den Ausstieg gut vorbereiten. Man sollte Unterlagen gut sortieren und Informationen sammeln.

Schließlich muss man berücksichtigen, dass nach Vertragsende der Zugang zu den jeweiligen Intranet-Systemen der Vertriebe geschlossen wird. Die Informationsquellen sind dann zu. Es ist nicht statthaft, wenn ein Betrieb während der Kündigungsphase die Provisionen nicht mehr auszahlt, diese nur noch auf das Stornoreservekonto verbucht oder nur noch Bestandsprovisionen auszahlt.

Es ist auch nicht statthaft, das Intranet abzustellen. Sollte dies passieren, reicht oftmals ein Mahnschreiben, dass dies wieder hergestellt wird.

Von dem Recht, den Handelsvertreter freizustellen, darf ein Vertrieb nur dann Gebrauch machen, wenn dies vertraglich vereinbart ist. Ansonsten besteht die Möglichkeit – nach Abmahnung – der fristlosen Kündigung, wenn man freigestellt wird.

Vor einer fristlosen Kündigung sollte aber anwaltlicher Rat eingeholt werden.

3. Wie soll ich mich gegenüber den Kunden verhalten?

Natürlich kann man Kunden über das Vertragsende informieren. Dabei sollte man jedoch darauf achten, bei den Äußerungen über den Vertrieb die Regeln des Wettbewerbes einzuhalten. Noch ist man bis zum Vertragsende als Handelsvertreter dem Vertrieb gegenüber verpflichtet.

4. Darf ich meine Kunden schon vor Ende des Vertrages auf eine neue Tätigkeit im Wettbewerb, z.B. für eine neue Tätigkeit als Makler, hinweisen?

Grundsätzlich ja und nein. Abwerben darf man nicht, solange man noch in dem alten Vertragsverhältnis steht. Über die berufliche Zukunft zu sprechen, kann jedoch mormalerweise nicht verboten werden.

Solange man Handelsvertreter ist, ist man noch an den Vertrieb gebunden. In dieser Zeit ist eine Abwerbung nicht erlaubt.

5. Was ist mit den Kunden nach Vertragsende?

Es besteht ein freier Markt. Es ist ohne weiteres zulässig, Kunden abzuwerben. Auch wenn der Kundenstamm einen erheblichen Wert für den Versicherer oder den Vertrieb darstellt, so besteht nach herrschender Rechtsprechung für den Vertrieb kein Bestandschutz. Auch das zielgerichtete und planmäßige Abwerben von Kunden gehört zum freien Wettbewerb.

Bedenkenlos kann man den Kunden auch ein vorformuliertes Kündigungsschreiben zur Unterschrift vorlegen oder ein Kündigungsschreiben vordiktieren. Dieses fällt unter das Stichwort der Kündigungshilfe. Der Bundesgerichtshof hat dies z.B. mit Urteil vom 28.01.1993 unter dem Aktenzeichen I ZR 294/90 für zulässig erklärt.

Während der Vertragslaufzeit des „alten Vertrages“ darf man aber nicht abwerben (BGH I ZR 303/01).

6. Darf ich die Kunden systematisch anschreiben und dabei Übersichten über die Kundenadressen verwerten?

Zunächst muss man berücksichtigen, wer die Übersichten angefertigt hat. Wurden diese vom Vertrieb angefertigt, hat möglicherweise der Vertrieb einen Anspruch darauf, diese Daten als „Vertriebseigentum“ anzusehen. Eventuell hat er dann sogar einen Anspruch darauf, dass die Verwendung seiner Daten unterlassen wird.

Mit Urteil vom 28.01.1993 unter dem Aktenzeichen I ZR 294/90 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass jeder Vermittler die Kundenadressen verwerten darf, die in seinem Gedächtnis geblieben sind.

Dazu der Bundesgerichtshof:

Es entspricht vielmehr den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs und widerspricht nicht der Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmanns, wenn ein ausgeschiedener Handelsvertreter in Konkurrenz zu dem früher von ihm vertretenen Unternehmen auch bezüglich dessen Kunden tritt. Es steh einem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertreterverhältnisses grundsätzlich frei, dem Unternehmer für den er bis dahin tätig gewesen ist, auch in dem Bereich Konkurrenz zu machen, in dem er ihn vertreten hat ….

Ein Vertrags- oder wettbewerbswidriges Verhalten liegt daher nicht vor, wenn ein ausgeschiedener Vertreter Kundenadressen verwertet, die in seinem Gedächtnis geblieben sind, oder sich solche Anschriften von Kunden nutzbar macht, die keinen dauerhaften geschäftlichen Kontakt zu dem bisher vertretenen Unternehmen aufgenommen haben.“

 

 Wie groß ein Gedächtnis sein darf, verriet der Bundesgerichtshof nicht.

Einjährige vertragliche Verjährungsfrist ist wirksam und gilt auch für den Buchauszug

Das OLG Stuttgart hatte am 17.2.2016 über die Rechtmäßigkeit einer einjährigen Verjährungsregelung in einem Handelsvertretervertrag zu entscheiden. Solche findet sich mitunter in den Verträgen der OVB und von Swiss Life Select.

Im Vermögensberatervertrag der DVAG gibt es keine ähnliche Klausel. Der Vermögensberatervertrag für die noch 30.000 Vermögensberater wird gerade überarbeitet und soll im Dezember zur Unterschrift vorgelegt werden. Vielleicht findet sich ja dort auch eine Klausel wieder, die die Ansprüche der Vermögensberater auf ein Jahr beschränken und diesen damit schlechter stellen als zuvor.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte an der Wirksamkeit einer solchen Regelung keine Zweifel, aber nur deshalb, weil nicht geklärt werden konnte, ob es sich bei dieser Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Um eine solche handelt es sich dann, wenn dies nicht nur für den einen Fall, sondern für weitere Fälle verwendet wird. Wenn es sich um eine AGB handelt, wäre diese an den §§ 305 ff BGB zu messen und dann vielleicht unwirksam.

Das OLG Stuttgart nahm die kurze Verjährungsregelung als wirksam an und kam dann zu dem Ergebnis, dass diese auch für den Buchauszug zu gelten habe. Der Kläger argumentierte dagegen und meinte, es käme in entsprechender Anwendung der Verjährungsregeln im BGB auf seine Kenntnis an. Diesem vermochte das OLG aber nicht zu folgen. „Der Auffassung, der Buchauszugsanspruch verjähre nicht hinsichtlich solcher Geschäfte, welche in der vom Unternehmer erteilten Abrechnung nicht enthalten seien (OLG München, Urteil vom 03.11.2010 – 7 U 3083/10, juris Rn. 24; OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.01.2011 – 12 U 744/10, juris Rn. 79; OLG Oldenburg, Urteil vom 04.04.2011 – 13 U 27/10, juris Rn. 67; Emde, VersR 2009, 889, 895), folgt der Senat nicht.“

Selbst dann, wenn Provisionsansprüche später verjähren könnten, wäre es denkbar, dass die Ansprüche auf den Buchauszug einer früheren Verjährung unterliegen, so das Gericht. „Dies bedingt die Möglichkeit, dass der Buchauszugsanspruch verjährt ist, obwohl Ansprüche auf Zahlung von Provisionen, welche aus dem Buchauszug ersehen werden sollen, nicht verjährt sein würden“, führt das Gericht dazu aus.

Letzteres ist allerdings schwer nachzuvollziehen. Wenn Provisionsansprüche noch bestehen könnten, muss es auch den Anspruch auf den Buchauszug geben. Sonst könnte der Handelsvertreter ihm zustehende Provisionsansprüche nicht errechnen und nicht geltend machen, was faktisch dazu führt, dass auch die Provisionsansprüche einer faktischen Verjährung unterworfen wären.

Ob Revision eingelegt wurde, ist nicht bekannt.

Hauptberuflicher OVB-Mitarbeiter ist Einfirmenvertreter

Nach dem das Landgericht Koblenz in einem Beschluss die Auffassung vertreten hatte, ein OVB-Handelsvertreter wäre ein Einfirmenvertreter und der Rechtsstreit müsse deshalb an das Arbeitsgericht abgegeben werden, wurde dagegen Beschwerde eingelegt.

Erst kürzlich hatte der BGH entschieden, dass ein Handelsvertreter, der „ständig damit betraut ist“, bestimmte Anlagen zu verkaufen, einem Einfirmenvertreter gleichgestellt werden muss, wenn er hauptberuflich für den Vertrieb tätig ist. Dies hat zur Folge, dass das Arbeitsgericht zuständig ist, wenn darüber hinaus der Handelsvertreter in den letzten 6 Monaten vor Vertragsschluss weniger als 1000,oo € Provisionen monatlich im Schnitt bezogen hat.

Hier hatten die Parteien pauschal und widersprüchig vorgetragen. Das Oberlandesgericht Koblenz mahnte die Parteien deshalb zur Wahrheitspflicht an, bestätigte aber die Auffassung, der OVB- Handelsvertreter sei ein Einfirmenvertreter. Man darf gespannt sein, wer die prozessuale Wahrheitspflicht erfüllt.

Nichts passiert? Von wegen!

Auch wenn hier lange nichts geschrieben wurde, ist doch viel passiert. Gerade dies ist nämlich der Grund, warum die Blogsche Schreibfeder etwas ruhte.

In Kürze wird über eine Vielzahl interessanter Urteile aus dem Vertriebsrecht zu lesen sein.

Die großen Vertriebe, DVAG – OVB – Swiss Life Select – MLP – Bonnfinanz u.s.w., machten in den letzten Wochen auf sich aufmerksam.

Während Jürgen Klopp jeden Tag nach den Nachrichten den Taler der AachenMünchner auffängt, laufen im Hintergrund bei der DVAG Strategiegespräche. Gerüchten zufolge bastelt man an einem neuen, nicht mehr angreifbaren Vermögensberatervertrag.

Während dieser im Jahre 2007, während der letzten großen Änderung, noch für 37.000 Vermögensberater gedruckt werden musste, sind es nach dem Handelsblatt aktuell noch 14.000 Vertriebsmitarbeiter.

Dabei gibt der alte Vertrag für den Vermögensberater mittlerweile viel Rechtssicherheit. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot wurde vom BGH für unwirksam erklärt, vorher schon die Vertragsstrafenregelung, gezahlte Softwarepauschalen gibt es wieder zurück,  das Intranet darf nach Kündigungsausspruch nicht abgestellt werden, und die Provisionen müssen ebenso nach der Kündigung weitergezahlt werde. Aus Sicht des Vermögensberaters gibt es auf den ersten Blick wenige Gründe, sich mit neuen Regelungen anzufreunden.

Schließlich hatte der BGH ja noch entschieden, dass der Ausgleichsanspruch eines Vermögensberaters – so er denn einen hat – relativ bequem mit Hilfe der sog. Grundsätze errechnet werden kann. Und ein solcher entsteht z.B., wenn der Vertrieb ordentlich kündigt, so dass von diesem Druckmittel wohl kaum Gebrauch gemacht wird.

Hat OVB jetzt auch seinen Kriminalfall ?

Unister-Chef Thomas Wagner kam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben, nachdem er bei einem Millionenkredit übers Ohr gehauen wurde. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Ein OVB-Berater Alois Gabriel fiel bereits im Mai diesen Jahres aus dem Fenster und starb an den Folgen. Auch hier wird „in alle Richtungen“ ermittelt. Gabriel wurde 43 Jahre alt und war angeblich Millionär mit Zweitwohnsitz in Monaco, Ferrari, Bentley, Luxusvilla am Wörthersee.

Mehr dazu hier.