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Der Buchauszug muss erteilt werden. So steht es im Gesetz. Die Gerichte schließen daraus, dass er nicht zugesendet werden muss. Er muss notfalls abgeholt werden.
So erging es einem Mandanten, der einen 50-seitigen Buchauszug aus dem Saarland anholen sollte. Der Mandant kommt aus Münster.
Der Ergo-Buchauszug, auf en wir ein Jahr warten durften, ist endlich da. Am 08.07.2014 (!!!) wurde die Ergo von mir zur Erteilung eines Buchauszuges aufgefordert.
Der wurde zwar zugesagt, jedoch nicht fertiggestellt. Schließlich hatten wir geklagt. Das Landgericht Düsseldorf hatte uns Recht gegeben. Die Ergo müsse einen Buchauszug erteilen.
Immerhin: Jetzt, ein Jahr später, ist er fertig und sandte uns den Stapel sogar noch zu. Leider ist die Auskunft bis heute nicht vollständig.
Der Buchauszug wird regelmäßig von der DVAG übersandt (trotz aller Kritik an dem Inhalt der Auskunft eine Entgegenkommen).
Die OVB schickte den Buchauszug nicht zu. Ein Mandant wird jetzt weit reisen dürfen, um ihn abzuholen.
So geht die Sache weiter.
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Die Höhe der Provision ist regelmäßig in den Verträgen zwischen dem Handelsvertreter und dem entsprechenden Unternehmen/Vertrieb geregelt. Wie dies bei der DVAG, dem größten deutschen Vertrieb, aussieht, hatte ich eingehend erklärt.
Wie aber sehen Provisionsvereinbarungen anderer Vertriebe aus? Sind diese evtl. einseitig abänderbar?
Der Kooperartionsvertrag der Financeplan plus Finanz- und Versicherungsmakler GmbH aus Reutlingen z.B. beinhaltet, dass die Höhe des Courtageanspruches sich aus dem jeweils gültigen Courtageinformationen, welche der Makler jederzeit bei der FP+ GmbH einsehen kann, ergibt. Hier sind also schon – einseitige – Änderungen und Anpassungen mit dem Begriffen „jeweils gültigen“ angekündigt.
Der Finanzdienstleistungsvermittlervertrag mit der OVB Vermögensberatung AG aus Köln regelt dagegen – ähnlich wie im Vermögensberatervertrag -, dass Bestandteil des Vertrages der Karriereplan sowie die Provisionsliste mit ihren jeweiligen Laufzeiten ist. Allerdings findet sich auch dort folgende Regelung: „Zur Änderung der bestehenden Vergütungsregelungen nach billigem Ermessen (§315 BGB) ist die OVB berechtigt, sofern und soweit gesetzliche Bestimmungen sowie Verlautbarungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Änderung der Vergütungsregelungen erforderlich machen.“
Ferner heißt es im OVB-Vertrag: „Der Anspruch des Finanzdienstleisters auf Abschlussprovision für einen vermittelten Vertrag bemisst sich nach der jeweiligen Karrierestufe, dem Aktivstatus und der jeweils gültigen Provisionsliste.“ Auch hier gibt es somit den Verweis auf die jeweils gültige Provisionsliste. Welche gültig ist, ergibt sich daraus zunächst nicht.
Im Gegensatz dazu ist die Regelung im Vermögensberatervertrag „starr“. Auf „jeweils gültige“ Provisionslisten wird dort nicht verwiesen. Es findet sich dort auch keine einseitige Anpassungsregelung ähnlich dem OVB-Vertrag.
In einer Gerichtsverhandlung vor dem Landgericht München wurde kürzlich darauf hingewiesen, dass es angeblich bisher kein Urteil geben sollte, wonach die Provisionskürzung unzulässig sein soll. Darauf wurde erwidert, dass es angeblich auch noch kein Urteil geben soll, wonach die Provisionskürzung für zulässig erachtet wurde.
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Die FAZ berichtet am 28.4.15 über erhebliche Veränderungen in der Welt der Finanzvertriebe.
„Die MLP-Aktie steht nur noch bei knapp unter 4 Euro, AWD heißt heute Swiss Life Select, die OVB wächst vor allem im Süden und Westen Europas“, so die FAZ. Und die DVAG stehe vor Bewährungsprobe nach dem Tod des Formenpatriarchen.
FAZ weiter: Der Kunde habe sich verändert. Die Kommunikationsmöglichkeiten des Internets verändern ihren Beratungsbedarf. „Sie haben keine Lust mehr auf ein Beratungsgespräch auf dem Sofa“, sagt Christian Mylius, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Innovalue und einer der besten Kenner der Branche. „Die Vertriebe müssen sich auf digitale Kommunikation einstellen. Persönliche Beratung heißt nicht: zu Hause.“
Von derzeit 240.000 auf unter 200.000 werde die Zahl der Versicherungsvermittler fallen, erwartet der MLP-Vorstandsvorsitzende Uwe Schroeder-Wildberg. Dort gibt es nur noch 2000 Berater, statt früher 2600. Die Beraterzahl bei Swiss Life Select habe sich sogar schon halbiert.
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Die OVB hat jetzt ihre Zahlen 2014 vorgelegt. Die Provisionserlöse sind 2014 gegenüber dem Vorjahr um 4,5 Prozent auf 214 Millionen Euro gestiegen. Der Konzern erhöhte die Zahl der Finanzvermittler im vergangenen Jahr von 5.082 auf 5.173. Die Zahl der betreuten Kunden stieg von 3,08 auf 3,22 Millionen.
Operative Kennzahlen
Kunden Anzahl 3,22 Mio. + 4,5 %
Finanzvermittler (31.12.) Anzahl 5.173 + 1,8 %
Gesamtvertriebsprovisionen Mio. Euro 214,0 + 4,5 %
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„Wechsel der Lebensversicherung: Vermittler haftet für schlechten Rat“ schreibt Stiftung Warentest am 15.12.2014 und nimmt Bezug auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 13.11.2014.
Später heißt es weiter in dem Bericht von Stiftung Warentest : „So lief das: Versicherungsvermittler wie die von der Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) boten an, bestehende Versicherungsverträge zu prüfen. Das Ergebnis einer solchen Beratung lautete oft: Der bestehende Lebensversicherungsvertrag sei ungünstig. Die Vermittler empfahlen zu kündigen und einen neuen Vertrag abzuschließen.“
Das BGH-Urteil wird nach Stiftung Warentest mit der DVAG in Verbindung gebracht. Es gilt jedoch für die gesamte Branche, also auch für OVB, MLP, Swiss Life Select u.s.w.!
Das Urteil ist vielleicht ein Novum, eine Überraschung jedoch nicht. Wenn sich ein Kunde bei einer Finanzberatung schlecht beraten fühlte und klagte, hatte er nach den üblichen Beweisregeln die Schlechtberatung zu beweisen. So auch kürzlich in einer Entscheidung des Landgerichts Ulm, das die Klage eines Kunden deshalb abwies.
Eine Änderung der Beweisregeln gab es bereits mit den sogenannten Kick-Back-Urteilen. Banken hatten danach ungefragt über Erstattungen (bzw. Provisionen) aufzuklären. Tat man dies nicht, haftete die Bank. Dies wurde später auf die komplette Finanzdienstleistungsbranche ausgeweitet.
Die nunmehr geregelte Dokumentationspflicht des § 61 Abs. 1 VVG würde aber keinen Sinn machen, wenn es nicht stets zu einer Beweiserleichterung führen würde, wenn der Berater gegen gesetzliche Formvorschriften verstößt. Es heißt in § 61:
“ Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags nach § 62 zu dokumentieren. “
Der BGH dreht das Rad deshalb jetzt noch weiter und meint – nicht nur bei KickBacks – sondern gleich in jeder Hinsicht, dass der Berater hafte, wenn er nicht dokumentieren könne, dass er richtig beraten habe.
Dass die Dokumentation jedoch nicht einmal vom Kunden unterschrieben werden muss, oder gar ihr Zugang bewiesen werden muss, lässt Spielraum für manch Mogelei, um den strengen Anforderungen des BGH- Urteils aus dem Weg zu gehen.
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BGH: Consultants sind Einfirmenvertreter
Eine Klausel im Handelsvertretervertrag wird dem MLP – und vielleicht anderen Vertrieben auch – jetzt zum juristischen Verhängnis.
„Der in einem Handelsvertretervertrag enthaltenen Bestimmung „Der Consultant darf während der Vertragszeit nur hauptberuflich für M. tätig sein und die M.-Dienstleistungen und die von M. freigegebenen Finanzprodukte vermitteln“ ist ein vertragliches Tätigkeitsverbot im Sinne von § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB zu entnehmen.“
BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2014 – VII ZB 16/14
Handelsvertreter im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB gelten nach § 5 Abs.3 Satz 1 ArbGG nur dann als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92 a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben.
Zu dem genannten Personenkreis gehören Handelsvertreter, die vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden dürfen (…) und Handelsvertreter, denen dies nach Art und Umfang der verlangten Tätigkeit nicht möglich ist (…) Als Einfirmenvertreter kraft Vertrags ist ein Handelsvertreter insbesondere dann einzustufen, wenn ihm vertraglich untersagt ist, für weitere Unternehmer tätig zu werden (…)….
Denn er ist – ähnlich wie ein hauptberuflich Angestellter – verpflichtet, hauptberuflich für den Unternehmer tätig zu werden, mit dem er den Handelsvertretervertrag geschlossen hat. Er kann die sich aus einer etwaigen nebenberuflichen Tätigkeit ergebenden Chancen nicht in gleicher Weise nutzen wie ein .. Mehrfirmenvertreter. Anders als dieser hat er nicht die typische Stellung eines selbständigen Kaufmannes. Er ist vielmehr wegen der hauptberuflichen Zuordnung zu einem Unternehmer von diesem abhängig und kann ebenso wie der in den Gesetzesmaterialien (…) genannte Einfirmenvertreter erwarten, dass seine Arbeit wenigstens so viel einbringt, als er zur Erhaltung seiner Existenz unumgänglich benötigt.
Weitere Voraussetzung dafür, dass Arbeitsgericht zuständig ist, ist, dass der Einfirmenvertreter in den letzten 6 Monaten vor Vertragsende weniger als 1000 € Provisionen bezogen hat. Um das zu prüfen, wurde das Verfahren an die Vorinstanz zurückgegeben.
Im Vertrag mit Swiss Life Select heißt es zuweilen: Der Handelsvertreter (HV) ist hauptberuflich tätig. Wenig später taucht in manchen Verträgen die Formulierung „ausschließlich“ auf.
Der OVB-Vertrag steht, dass der HV hauptberuflich tätig ist und ein paar Absätze später heißt es: „Der Finanzdienstleister (gemeint ist der HV) ist ständig damit betraut, …. für die OVB …… bestandsfähige Verträge zu vermitteln….
Der Vermögensberatervertrag der DVAG hat keine vergleichbaren Klauseln. Dies erklärt sich schon daraus, dass Vermögensberater auch nebenberuflich tätig sein können und dafür der gleiche Vertragstext dient.
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BGH: Kunden müssen unaufgefordert über die Möglichkeit der Schließung eines Fonds informiert werden
Der BGH löste mit einem Urteil weitreichende Konsequenzen aus. Berater, Vertreter und Vertriebe müssen jetzt noch mehr befürchten, in Anspruch genommen zu werden. Es geht um die offenen Immobilienfonds, die – plötzlich – doch geschlossen wurden. Und dabei war ja gerade der Umstand, dass es sich nicht um geschlossene Fonds handelt, für viele Anleger für ihre Entscheidung maßgeblich.
Und gerade dieser Aspekt, dass „ja eigentlich“ der offene Fond nicht geschlossen werden kann, wird den Beratern und Vertrieben jetzt zum Verhängnis.
Der Bundesgerichtshof hatte am 29.04.2014 ein Urteil darüber gefällt, ob Bankberater oder andere Berater die Anleger vor der Investition in einen offenen Immobilienfonds darüber informieren müssen, dass ein solcher Fonds schließen kann und die Anteilsrücknahme ausgesetzt werden kann. Der Bundesgerichtshof entschied in zwei Urteilen (Aktenzeichen XI ZR 477/12 und XI ZR 130/13), dass Anleger ungefragt über die Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme informiert werden müssen. Hier geht es zur Pressemitteilung des BGH, das schriftliche Urteil liegt noch nicht vor.
Es ging um Fälle, in denen Anleger im Jahre 2008 Anteile an offenen Immobilienfonds erwarben. Ende 2008 kam es jedoch zu zahlreichen Schließungen. Betroffen waren u. a. die Fonds
AXA Immoselect, CS Euroreal, DEGI International, Focus Nordic Cities, KanAm Grundinvest, KanAm US-Grundinvest, Morgan Stanley P2 Value, SEB Immoinvest, TMW Immobilien Weltfonds, UBS (D) 3 Sector Real Estate Europe und UBS (D) Euroinvest Immobilien.
Der AXA Immoselect wurde beispielweise von Banken und Sparkassen vertrieben, so insbesondere die AXA Bank, BB Bank, BMW Bank, Commerzbank, DAB Bank, Postbank, Targobank und der Wiesbadener Volksbank, CS Euroreal wurde von der Postbank vermittelt, DEGI International von der Dresdener Bank, SEB Immoinvest von der DVAG, TMW Immobilien Weltfonds und TMW Immobilien Weltfonds von Banken und freien Beratern u.s.w.. Von der Entscheidung sind also viele Berater, Banken und Vertriebe betroffen.
Die Anleger gingen vielfach davon aus, dass offene Immobilienfonds nicht geschlossen werden könnten. Dies wurde den Anlegern teilweise erst bewusst, nachdem die Anteilsrücknahme ausgesetzt wurde. Viele Kapitalanleger wünschten sich eine sichere Anlage und, dass sie jederzeit über die Kapitalanlage würden verfügen können. Dies war mit der Schließung nun nicht mehr möglich.
Der Bundesgerichtshof meint, es sei schließlich gesetzlich geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein offener Immobilienfonds die Anteilsrücknahme aussetzen muss. Nach den Regelungen des bis 2011 gültigen Investmentgesetztes müsste die Anteilsrücknahme ausgesetzt werden, wenn die Liquidität unter 5 % des Fondsvermögens sein kann. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Anleger ihre Anteile an offenen Immobilienfonds jederzeit zurückgeben können. Der Bundesgerichtshof folgerte daraus, dass ein Anleger stets ungefragt über dieses bestehende Risiko ausgeklärt werden muss. Auf irgendwelche Prognosen der Berater, ob eine Schließung wahrscheinlich oder nicht, muss sich der Kunde nicht vertrösten lassen. Er ist nur dann richtig beraten, wenn ihm die Möglichkeit der Schließung erklärt wird.
Ein Anleger müsse sich auch nicht damit abspeisen lassen, dass die Anteile des offenen Immobilienfonds während der Schließung an die Börse verkauft werden könnte. Ein Verkauf an die Börse wäre spekulativ und nicht mit der Rückgabe an die Fondsgesellschaft zu vergleichen.
Der Bundesgerichtshof hat mit diesen Entscheidungen die Möglichkeit für jeden Anleger eröffnet, der in einen offenen Immobilienfond investierte, seine Ansprüche überprüfen lassen zu können.
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Vertrieb muss Buchauszug erteilen
Am 24.04.2014 fällt das Amtsgericht Frankfurt am Main ein Urteil darüber, dass ein Vertrieb einen Buchauszug zu erteilen habe. Dieser hat
Name des Versicherungsnehmer und/oder Vertragspartners
zu Art und Inhalt des Vertrages die Sparte, Tarifart, die Prämien und/oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen
Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn
bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages
bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme; Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie
im Fall von Stornierung: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen
zu enthalten.
Ferner soll der Vertrieb die Provisionen bezahlen, die sich aus dieser Auskunft ergeben.
Der Vertrieb meinte, dass die Abrechnungen so umfassend seien, dass die Erteilung eines Buchauszuges nicht mehr erforderlich sei. Die Klage diene nur dem Zweck, Druck auf den Vertrieb aufzubauen. Schließlich seien alle Angaben den Provisionsabrechnungen zu entnehmen.
Das Gericht sah das anders. Das Gericht meinte, dass der Anspruch auf Erteilung des Buchauszuges aus § 87 c Abs. 2 HGB erfolge.
§ 87 c Abs. 2 HGB gibt dem Handelsvertreter in Ergänzung der Abrechnung und zu seiner Nachprüfung Anspruch auf einen Buchauszug über alle provisionspflichtigen Geschäfte und ihre Ausführung. Gemeint sind damit alle nach § 87 provisionspflichtigen Geschäfte, also auch schwebende, nach § 87 Abs. 3 HGB nur bedingt provisionspflichtige (Bundesgerichtshof WM 89, 1074) ist der Kreis der provisionspflichtigen Geschäfte vertraglich weitergezogen, muss der Buchauszug auch diese umfassen. Der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges hat für den Handelsvertreter große rechtliche und praktische Bedeutung und wird von der Rechtsprechung zu Gunsten des Handelsvertreters zu Recht sehr weit gezogen. Dabei ist die Berechtigung des Buchauszugsverlangens in der Regel zu vermuten, außer bei Einigung über die Provision oder Missbrauch. Der Handelsvertreter, der von seinem Recht in vollem Umfang Gebrauch macht, handelt nicht missbräuchlich, auch nicht, wenn er die Abrechnungen früher nie beanstandet hat; auch nicht bei sehr hohen Kosten für die Erstellung des einzelnen Buchauszuges. Der Missbrauchseinwand greift nur ganz ausnahmsweise. Der Anspruch hängt nicht davon ab, ob für das nach § 87 provisionspflichtige Geschäft auch ein konkreter Provisionsanspruch nach § 87 a entstanden ist.
Der Buchauszug reicht also weiter als die Abrechnung, letzter ersetzt ihn also nicht. Die regelmäßig übersandten Provisionsabrechnungen können den Buchauszug nur ersetzen, wenn sie sich lückenlos über den gesamten Vertragszeitraum erstrecken, chronologisch geordnet sind und alle für einen Buchauszug notwendigen Angaben enthalten.
Darüber hinaus sind aus den Abrechnungen Angaben zu Stornobekämpfungsmaßnahmen der Beklagten nicht ersichtlich. Dies behauptet die Beklagte auch nicht.
Damit entfiele ein Anspruch auf den Buchauszug nur, wenn er bereits erfüllt wäre (§ 362 BGB), wenn also die dem Kläger erteilten Provisionsabrechnungen wirklich alle für den Provisionsanspruch des Klägers erforderlichen Angaben chronologisch enthalten würden und so dem Kläger die Überprüfung seiner Provisionsansprüche in zumutbarer Weise ermöglicht wäre.
Nicht rechtskräftige Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24.04.2014
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Tatsächlich. Der BGH hat in dem Verfahren um Ausgleichsansprüche beide Revisionen bestätigt und nun an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Die Parteien hatten wechselseitig Revision eingelegt. Einerseits ging es um die Anrechnung der Altersversorgung, andererseits ging es um einen Faktor 21, um den der Kläger eine Erhöhung verlangte. Man könne nicht einfach den Faktor 21 eliminieren, so das Gericht in der mündlichen Verhandlung. Was genau der BGH damit meint, wird sich wohl erst aus der Begründung ergeben.
07
BGH entscheidet erneut am 8.5.14 über den Ausgleichsanspruch
Der Bundesgerichtshof entscheidet nunmehr am Donnerstag neu über Einzelfragen hinsichtlich des Ausgleichsanspruches.
Bereits am 23.11.2011 lag dem Bundesgerichtshof diese Akte vor (BHG-Urteil vom 23.11.2011 – VIII ZR 203/10). Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob einem Vermögensberater, dem fristgemäß gekündigt wurde, ein Ausgleichsanspruch zusteht und wie dieser berechnet wird. Diese Urteil hatte branchenübergreifende Wirkung.
Der Bundesgerichtshof dazu:
„Die von den Spitzenverbänden der Versicherungswirtschaft und des Versicherungsaußendienstes vereinbarten „Grundsätze-Sach“, „Grundsätze-Leben“, „Grundsätze-Kranken“ und „Grundsätze-Bauspar“ können als Grundlage für die Richterliche Schätzung eines Mindestausgleichsbetrages dienen.“
Zu entscheiden hatte der Bundesgerichtshof über einen Kläger, der seit 1986 im Strukturvertrieb der Beklagten als Vermögensberater tätig war. Zuletzt war er Regionaldirektionsleiter. Die Beklagte kündigte zum 31.12.2007 ordentlich. Im Jahr 2007 war der Kläger krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Er machte einen Ausgleich gemäß § 89 b HGB geltend auf der Basis der sogenannten Grundsätze. Das Landgericht hatte die Klage zunächst abgewiesen. In der zweiten Instanz klagte der Kläger dann auf Erteilung eines Buchauszuges. Der Buchauszug und auch die Berufung wurden dann insgesamt zurückgewiesen.
Die Revision hatte jedoch ganz überwiegend Erfolg.
Auch wenn der Kläger die Vorteile der Beklagten nicht nachvollziehbar dargelegt habe, seien diese gemäß § 287 Abs. 2 ZPO auf mindestens den Betrag der an den Kläger gezahlten Provisionen zu schätzen.
Der Bundesgerichtshof legte die Grundlagen für die Berechnung fest und verwies den Rechtstreit zurück an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Dieses hatte dann am 18.09.2012 abermals darüber entschieden und sowohl den Buchauszug als auch einen Teil des begehrten Ausgleichsanspruches ausgeurteilt.
„Dem Kläger steht als Versicherungsvertreter aus § 89 b Abs. 1 und 5 HGB alter Fassung ein Ausgleich in der im Tenor bezeichneten Höhe für noch nicht gezahlte Provisionen aus von ihm vermittelten Verträgen zu, soweit diese in Folge der Vertragsbeendigung entfallen, sowie aus gleichgestellten Verträgen, die zwar erst später zustande gekommen sind, aber sich wirtschaftlich als Erweiterung oder Fortsetzung eines von ihm vermittelten Vertrages darstellen, Superprovision einschließend (Bundesgerichtshof vom 23.11.2011).“
Die Höhe des Ausgleiches war auf der Grundlage der zwischen den Verbänden der Versicherungswirtschaft vereinbarten Grundsätze zu schätzen. Das Oberlandesgericht sah sich an die Entscheidung des Bundesgerichtshofes gebunden.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main weiter:
„Auf den nach den Grundsätzen errechneten Ausgleichsanspruch ist nicht nach Abschnitt 5 der jeweiligen Grundsätze der kapitalisierten Barwert einer vom Prinzipal aufgebauten Altersversorgung abzuziehen, den die Beklagte mit 129.494,57 € behauptet. Die in den Grundsätzen vorgesehene Anrechnung des Kapitalwertes einer Altersversorgung setzte nämlich voraus, dass die Altersversorgung aus Mitteln der Beklagten aufgebracht wurde, also wirtschaftlich nicht dem Kläger zuzurechnen ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Grundsätze („einer durch Beiträge des Versicherungsunternehmens“) und aus der Höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Billigkeitskorrektur. Dort ist angenommen worden, dass Voraussetzung der Anrechnung eine freiwillige Leistung ist, die aus Mitteln des Unternehmens erbracht wurde (Bundesgerichtshof vom 23.05.1966 und weitere Nachweise). Die neben dem Ausgleich begründete Versorgungsleistung soll ausgleichsersetzende Funktionen haben, weil die jedenfalls teilweise eine dem Ausgleichsanspruch gleichartige Zielrichtung hat, nämlich den Vertreter im Alter zu sichern. Eine doppelte Belastung des Unternehmens durch die freiwillige Altersversorgung und den Ausgleichsanspruch sei wirtschaftlich ungerechtfertigt und unbillig….
Die Überweisungen an die verschiedenen Vertragspartner der auf den Namen des Klägers abgeschlossenen Versorgungsverträge hatten Entgeltcharakter und waren wirtschaftlich dem Kläger zuzurechnen.“
Über Einzelfragen dieser Entscheidung wird nunmehr der Bundesgerichtshof am 08.05.2014 um 9.00 Uhr neu entscheiden. Er hat beide Revisionen zugelassen.
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Klage auf Rückforderung von Provisionsvorschüssen wegen fehlender Nachbearbeitung abgewiesen
Das Amtsgericht Tübingen wies am 11.04.2014 eine Provisionsrückzahlungsklage eines großen Vertriebes ab.
Die Parteien stritten um die Rückzahlung vorfinanzierter Provisionen. Diese hatte der Beklagte als Handelsvertreter erhalten.
Der Vertrieb meinte, die Höhe der Rückzahlungsansprüche resultiere aus der Kontokorrentabrechnung. Im Übrigen sei die Höhe der Rückzahlung hinreichend dargelegt.
Der Beklagte rügte, dass die Höhe des geltend gemachten Anspruches nicht dargelegt sei und im Übrigen Nachbearbeitungspflichten verletzt wurden. Dazu das Gericht:
„Wie vom Beklagten zutreffend gerügt, lässt der klägerseitig geführte Kontokorrent/Saldo nicht erkennen, wie sich dieser Endbetrag hinsichtlich der in ihm verborgenen Einzelforderungen zusammensetzt.
Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis handelt es sich um ein mehrstufiges Handelsvertreterverhältnis, in welchem der Handelsvertreter als Vertragspartner des vertretenden Unternehmens gleichzeitig Unternehmer im Verhältnis zum Untervertreter ist. Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters entsteht sonach gemäß § 87 a Abs. 1 Satz 1 HGB sobald und soweit der Unternehmer (der Auftraggeber des Hauptvertreters) das vom Vertreter vermittelte oder abgeschlossene Geschäft ausgeführt hat.
Diese Rechtsfolgen, die sich aus der Nichtleistung des Kunden ergeben, treten allerdings nur dann ein, wenn der Unternehmer seinerseits seiner Verpflichtungen aus dem abgeschlossenen Geschäft in vollem Umfang nachgekommen ist. Der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters entfällt mithin nur für den Fall und damit einhergehend entsteht ein Rückzahlungsanspruch des Unternehmers, der einen Vorschuss gezahlt hat, erst und nur dann, wenn die Vertragsauflösung mit dem Versicherungsnehmer auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat, § 87 a Abs. 3 Satz 2 HGB. Das ist dann der Fall, wenn es zur Auflösung des Vertrages kommt, obgleich sich der Unternehmer/Versicherer ausreichend um dessen Rettung bemüht hatte. Ihm obliegt es mithin, das Mögliche und Zumutbare zu unternehmen, um eine Vertragsauflösung abzuwenden.
Ist die so genannten Nachbearbeitung seitens des Unternehmers nicht oder nicht hinreichend durchgeführt worden, ist die Vertragsauflösung von ihm zu vertreten. Er muss sich dann grundsätzlich so behandeln lassen, als habe eine erfolgreiche Nachbearbeitung stattgefunden und als sei der Provisionsanspruch des Vertreters somit endgültig entstanden.
Der Regelungszusammenhang des § 87 a HGB gilt auch im Verhältnis von Haupt- und Untervertretern, mithin im Verhältnis der Parteien.
Die Benennung eines entsprechenden Kontokorrentabschlusses genügt der Darlegungslast nicht. Vielmehr muss ein wegen Stornierung geltend gemachter Provisionsrückzahlungsanspruch bezogen auf jeden einzelnen Fall nachvollziehbar dargelegt werden. Dies gilt, wenn der Gesamtanspruch die Summe einer Vielzahl von Einzelrückforderungsbeträgen darstellt, losgelöst von der grundsätzlichen Darlegungslast auch aus allgemeinen zivilprozessualen Gründen: Nur im Falle einer Bestimmung der den Gesamtsaldo bildenden Einzelforderungen kann eine rechtskräftige Entscheidung ergehen.
Wie ebenfalls beklagtenseits zutreffend gerügt, hat die Klägerin auch nicht hinreichend dargetan, ihre Pflicht/Obliegenheit zur Nachsorge und Nachbearbeitung der stornierten Verträge im mehrstufigen Vertretungsverhältnis genügt zu haben. Im Falle diesbezüglich geltend gemachter eigener Bemühungen obliegt es dem Unternehmer/Hauptvertreter, in jedem Einzelfall konkret vorzutragen, wann er im Zuge der gebotenen Nachbearbeitung aktiv geworden ist und was er unternommen hat, um den jeweiligen Vertrag zu retten.
Der diesbezügliche Sachvortrag der Klägerin ist nicht geeignet, gemessen an den vorgenannten Darlegungsgrundsätzen, den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch gegen den Beklagten zu begründen, da der – pauschale – Vortrag der Klägerin eine Beurteilung, ob eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung im jeweiligen Einzelfall erfolgt ist, nicht zulässt.
Die Klägerin vermag sich schließlich auch nicht darauf zu berufen, der Beklagte habe, da er dem Kontokorrentabschluss nicht widersprochen habe, ein selbständiges Saldoanerkenntnis (§ 781 BGB) abgegeben, welches eine Darstellung der den Saldo zusammensetzenden Forderungen entbehrlich machen würde.
Auch bei Annahme eines Saldoanerkenntnisses durch widerspruchslose Hinnahme der Abrechnung stünde der Wirksamkeit des Anerkenntnisses § 87 c Abs. 5 HGB entgegen. Danach sind die Informationsrechte des Handelsvertreters unabdingbar. Die Vorschrift erfasst auch Klauseln, welche die Rechte des Handelsvertreters auch nur mittelbar beschränken oder ausschließen, in dem sie ein Anerkenntnis durch widerspruchslose Entgegennahme einer Abrechnung fingieren.
Ob dem Rechenwerk der Klägerin über dies fehlerhaft Provisionsansätze zugrunde liegen, die zur Unschlüssigkeit und Unbegründetheit des Klagebegehrens führten, kann dahingestellt bleiben.“
Urteil des Amtsgerichts Tübingen vom 11.04.2014