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Das Wichtigste zum Buchauszug
Der Buchauszug dient dazu, Klarheit über die Provisionsansprüche zu verschaffen und eine Nachprüfung der Provisionsabrechnungen zu ermöglichen (BGH-Urteil vom 21.03.2001 Aktenzeichen: VIII ZR 149/99, Urteil vom 03.08.2017 Aktenzeichen: VII ZR 32/17).
Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung sind nicht notwendig für ein Buchauszugsverlangen. Neben dem Buchauszug gibt es den Anspruch auf Bucheinsicht, wenn der Buchauszug nicht erfüllt wird (BGH-Urteil vom 31.03.1979 Aktenzeichen I ZR 8/77, Urteil vom 03.08.2017 Aktenzeichen VII ZR 32/17).
Der Buchauszug muss die im Zeitpunkt seiner Ausstellung für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provisionen relevanten Geschäftsverhältnisse vollständig widerspiegeln.
Das Datenschutzrecht steht dem Buchauszugsanspruch nicht entgegen (OLG München Urteil vom 31.07.2019 Aktenzeichen 7 U 4012/17).
Der Buchauszug ist keine Vorwegnahme der Entscheidung darüber, ob ein bestimmtes Geschäft provisionspflichtig ist (BGH-Urteil vom 23.02.1989, Aktenzeichen I ZR 203/87).
Wenn ein Provisionsanspruch streitig ist, ist dieses Geschäft im Buchauszug aufzuführen (OLG München, Urteil vom 04.05.2006, Aktenzeichen 23 U 5886/05).
Der Anspruch auf Buchauszug besteht neben dem Anspruch auf Provisionsabrechnung.
Der Buchauszug ist Sache des Vertriebes und von diesem auf eigene Kosten zu überbringen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.05.1996 Aktenzeichen 16 U 172/95).
Eine Online-Anbindung an System und Datenbanken des Vertriebes/Versicherers entbindet diesen nicht von der Erstellung und Überlassung eines Buchauszuges (OLG Köln Urteil vom 19.03.1999 Aktenzeichen 4 U 42/98, OLG München Urteil vom 31.07.2019 Aktenzeichen 7 U 4012/17).
Der Buchauszug kann nicht mit einem Zurückbehaltungsrecht wegen angeblicher Gegenansprüche verweigert werden (OLG München Urteil vom 17.04.2019, Aktenzeichen 7 U 2711/18 und BGH mit Urteil vom 03.08.2017 Aktenzeichen VII ZR 32/17).
Der Buchauszug ist in Form einer geordneten Zusammenstellung der geschuldeten Angaben zu erstellen. Sollte er unvollständig erteilt werden, so hat der Handelsvertreter Anspruch auf Ergänzung bzw. im Fall einer Unbrauchbarkeit des Auszuges Anspruch auf Erteilung eines neuen fehlerhaften Auszuges.
Wendet der Unternehmer ein, entsprechende Informationen für den Buchauszug seien nicht bei ihm, sondern bei einem Dritten, etwa einer Konzerngesellschaft, vorhanden, kann er damit nicht gehört werden. Er muss sich die Informationen von seiner Partnergesellschaft beschaffen (BGH-Urteil vom 18.12.2008).
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Ausgleichsanspruch trotz Anfechtung und Kündigung
Die Anfechtung des Handelsvertretervertrages durch den Unternehmer wegen arglistiger Täuschung steht einem Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89 b HGB nicht entgegen. Ist das Handelsvertreterverhältnis durch Kündigung des Handelsvertreters wegen Erkrankung wirksam beendet worden, ist der Ausgleichsanspruch auch dann nicht ausgeschlossen, wenn der Unternehmer seinerseits zur Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters berechtigt gewesen wäre; der Kündigungsgrund ist allerdings bei der Entscheidung über den Ausgleichsanspruch im Rahmen der Billigkeitserwägungen zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 3. 5. 1995 – VIII ZR 95/94).
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Fehlt das Beratungsprotokoll oder wurde der Verzicht nicht ordnungsgemäß erklärt, kann das im Streitfall zu einer Umkehr der Beweislast führen.
Die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers nach § 61 Abs. 1 Satz 2, § 62 VVG kann zu Beweiserleichterung zu Gunsten des Versicherungsnehmers bis hin zu einer Beweislastumkehr führen. Ist ein erforderlicher Hinweis von wesentlicher Bedeutung nicht, auch nicht im Ansatz, dokumentiert worden, so muss grundsätzlich der Versicherungsvermittler beweisen, dass dieser Hinweis erteilt worden ist (amtlicher Leitsatz).” Urteil des BGH vom 13.11.2014
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Gemäß § 61 VVG hat der Versicherungsvermittler den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder in der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages nach § 62 zu dokumentieren.
Gemäß Abs. 2 kann der Versicherungsnehmer auf die Beratung oder die Dokumentation nach Abs. 1 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, der vom Versicherungsvermittler ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit des Versicherungsnehmers auswirken kann, gegen den Versicherungsvermittler einen Schadensersatzanspruch nach § 63 geltend zu machen.
Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinne des § 312 c BGB, so kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.
Das Gesetz unterscheidet also zwischen der Dokumentation und der Beratung. Auf beides kann bei Vorliegen der Voraussetzungen verzichtet werden.
Sehr umstritten ist, wie ein solcher Verzicht erklärt werden kann.
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat in einem Hinweisbeschluss vom 9.1.2025 unter dem Aktenzeichen 8U 1684/24 entschieden, dass zwar eine gesonderte schriftliche Erklärung erforderlich sei, diese jedoch nicht zwingend voraussetze, dass sie in einer vom Antragsformular körperlich losgelösten eigenen Urkunde erfolgt. Es sei ausreichend, wenn sich die Erklärung und die hierauf bezogene Unterschrift des Versicherungsnehmers deutlich vom übrigen Text des Antrages abhebt Absatz das OLG Nürnberg hatte über ein 45-minütiges Beratungsgespräch über eine formgebundene Rürup-Renten zu entscheiden und über eine Option im Antragsformular “Ich verzichte auf die Beratung“.
Dieser Beratungsverzicht wurde eigenhändig unterschrieben.
Laut dem OLG Nürnberg sei die Verzichtserklärung eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärungen, sodass eine sogenannte HGB-Kontrolle auch mit Blick auf § 307 Abs. 2 Ziffer 1 BGB nicht in Betracht kommt. Nach dieser Vorschrift wären Formularklauseln unwirksam, die mit dem wesentlichen Grundgedanken der verbraucherschützenden Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) unvereinbar wären. Dies wäre jedoch nur bei einem standardmäßigen Beratungs-, und Dokumentationsverzicht der Fall.
Möglicherweise käme auch eine Unwirksamkeit des Beratungsverzichts gemäß § 138 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn im Einzelfall ein Ungleichgewicht zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer bestehen. Und dies deshalb sittenwidrig sei. Dafür wäre allerdings der Versicherungsnehmer darlegungs- und beweisbelastet.
Das Landgericht Osnabrück hatte im Juni 2024 ein Urteil gefällt und einen Beratungsverzicht für unwirksam erklärt.
Dieses hatte einen Verzicht gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nummer 2 BGB wegen einer unangemessenen Benachteiligung für unwirksam erklärt. Der Verzicht sei erkennbar auf einer vorformulierten Erklärung enthalten. Die Pflichten des Vermittlers, eine umfassende Betreuung und Beratung des Kunden durchzuführen, wurden hierdurch in einer den Vertragszweck gefährdenden Weise eingeschränkt. Das Gericht hatte vorher erklärt, dass der Versicherungsnehmer doch gar nicht wisse, was er unreschreibe.
Das Oberlandesgericht Oldenburg vertritt aktuell in Hinblick auf den Beratungsverzicht und den Dokumentationsverzicht eine gleichermaßen strenge Auffassung. Eine formularmäßige Beratungsverzicht sei ohnehin unwirksam. Ob auf eine formularmäßige Dokumentation verzichtet werden kann, sei streitig. Eine Erklärung in Textform in Hinblick auf einen Verzicht auf eine Beratung oder Dokumentation genügt nicht, wenn kein Fernabsatzgeschäft vorliegt. Hier war der Vertrag elektronisch geschlossen worden.
Also Vorsicht bei der Erklärung über den Verzicht einer Dokumentation oder einer Beratung per iPad oder Ähnlichem!
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Die Rechtsprechung und auch das Gesetz unterscheiden grob zwischen Schriftform und Textform. Näheres findet man unter § 126 BGB ff.
Was bedeutet Schriftform und was bedeutet Textform?
Schriftform bedeutet eigenhändige Unterschrift einer Urkunde. Ist das noch zeitgemäß?
Viele Handeslvertreterverträge erfordern eben diese Schriftform, z.B. bei einer Kündigung.
Gerade in Zeiten, in denen Verträge auf über ein Ipad oder Mousepad vermittelt werden, fragt sich, inwieweit die schriftliche Form eine eigenhändige Namensunterschrift benötigt.
Dazu hat das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 26.1. 2012 unter dem Aktenzeichen 23 U 3798/11 umfangreiche Ausführungen gemacht.
Diese Entscheidung betrifft einen Fall, in dem die Kündigung eines Handelsvertretervertrages schriftlich zu erfolgen hatte. Das Gericht wies darauf hin, dass gemäß § 127 Abs. 2 BGB zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form auch die telekommunikative Übermittlung genüge, soweit kein anderer Wille der Parteien anzunehmen ist.
Das Oberlandesgericht München hat danach grundsätzlich auch eine Erklärung per E-Mail genügen lassen, sofern aus der Erklärung erkennbar ist, von wem sie abgegeben wurde.
Schließlich war erklärtes Ziel des Gesetzgebers, dem modernen technischen Standard unter verbreiteten Praxis Rechnung zu tragen. Zugelassen werden sollten daher auch moderne Möglichkeiten der Telekommunikation zur Übermittlung von Nachrichten, die Telegramm oder Telefax ganz oder teilweise verdrängt haben, wie etwa E-Mail oder Computer Fax.
Diese Auffassung will sich in einem aktuellen Fall wohl auch das Oberlandesgericht Frankfurt anschließen. Auch dort soll die Kündigung eines Vermögensberatervertrages der DVAG per Mail von der Form her genügen
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Das Landgericht Düsseldorf hat einem Tippgeber zur Nachbearbeitung stornogefährdeter Verträge verurteilt. Der Verurteilte verfügte über keine gewerbliche Zulassung gemäß § 34d Abs. 1 GewO. Er durfte nicht vermitteln. Er durfte auch aus keinem anderen Tatbestand des § 34d GewO vermitteln.
Er durfte nur Empfehlungen abgeben. Da er einen guten Kameradenkreis hatte, konnte er die eine oder andere Empfehlung an einen Vertrieb weitergeben.
Dafür erhielt er eine Provision, die ebenso Stornohaftungszeiten unterliegen sollte.
Es gab einen Zugang über ein Internetportal. Dort wurde er über notleidende Kundenverträge informiert.
Mit dem Vertrieb vereinbarte der Tippgeber: Der Empfehlungsgeber verpflichtet sich die für ihn im Portal zur Verfügung gestellten Informationen werktäglich abzurufen und die ihm zur Verfügung gestellten Informationen zu nutzen, um gegebenenfalls notleidende Verträge zu retten und somit die Provision zu retten. Diese Verpflichtung besteht auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses weiter.
Es kam, wie es kommen musste. Verträge gerieten ins Storno. Der Tippgeber sah nicht in das Online-System. Nun streitet man sich darüber, ob die Provision zurückgezahlt werden muss.
Zunächst stellte das Landgericht fest, dass der Tippgeber kein Handelsvertreter sei.
Das Landgericht Düsseldorf bezog sich dabei auf eine Entscheidung des Amtsgericht Erfurt mit Urteil vom 05.11.2018 unter dem Aktenzeichen 4 C 1268/17. Die gelegentliche Zuführung von Interessenten reicht nicht, dass ein Tippgeber zum Handelsvertreter wird.
Dann führt das Landgericht Düsseldorf weiter aus, dass zwar der Vertrieb darlegungs- und beweisbelastet sei, er aber nachgewiesen habe, dass er die jeweilige Stornierung oder Veränderung des Vertrages nicht zu vertreten hat.
Eine Norm dafür nennt das Landgericht nicht. Bei Handelsvertretern bemisst sich dies nach § 87 Abs. 3 Satz 2 HGB.
Dann setzt sich das Gericht weiterhin mit der vertraglichen Regelung auseinander. Dabei soll im Vertrag stehen, dass sehr wohl eine Stornonachbearbeitung durch den Vertrieb oder dem Versicherungsvermittler erfolgen soll. Ist dies nicht der Fall, hätte der Vertrieb dies zu vertreten.
Auch der Empfehlungsgeber habe eine Nachbearbeitungspflicht insoweit, als dass er bei dem Kunden die Gründe für die Nichtzahlung der Prämie oder Kündigung des Vertrages in Erfahrung zu bringen hat und diese Information dem jeweiligen Versicherungsvermittler bzw. der Klägerin zukommen lässt. So steht es auch im Vertrag.
Laut Vertrag, der an dieser Stelle unklar ist, soll sich der Vertrieb eingeräumt haben, die Stornonachbearbeitung entweder selbst oder dem jeweiligen Versicherungsvermittler durchzuführen, wobei der Vertrieb die Wahl hat, die Verträge entweder selbst nachzuarbeiten oder den Empfehlungsgeber über die Stornogefahr zu informieren.
Der Vertrag erwähnt in Zusammenhang mit der Stornobekämpfung drei Personen, den Vertrieb, den Vermittler und den Tippgeber.
Das Landgericht meinte, dass die Nachbearbeitungsverpflichtung an den Tippgeber bedenkenlos delegiert werden könne. Dabei nahm das Gericht Bezug auf die Entscheidung des BGH mit Urteil vom 28.06.2012 unter dem Aktenzeichen VII ZR 130/11.
Danach soll sich der Tippgeber um eine Kontaktaufnahme zu dem jeweiligen Kunden bemühen. Er soll den Kunden fragen und die Antworten weiterleiten.
Darin sieht das Gericht offensichtlich eine hinreichende Nachbearbeitung.
Das Gericht meint, der Tippgeber auch ohne Vermittlungszulassung hätte notleidend gewordene Verträge nachbearbeiten können.
Ob diese Entscheidung einer Berufung standhält, dürfte äußerst fraglich sein.
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Der Streit um die Provisionen läuft nicht mit dem Ende des Handelsvertretervertrages aus. Oftmals geht der Streit dann erst richtig los, wenn man vertraglich auseinandergeht.
Dies gilt so mehr, wenn der Handelsvertreter Provisionsvorschüsse erhalten hat und diese nun nach Ende des Vertrages zurückzahlen soll. Oftmals sind Stornierungen der einst vom Handelsvertreter vermittelten Verträge der Grund für die Streitigkeiten.
Altbekannt sind auch die gegenseitigen Vorhaltungen. Der Handelsvertreter meint, der Bestandsnachfolger habe um gedeckt. Der Vertrieb dagegen glaubt, der einen Vertreter habe die Kunden mitgenommen und zur Kündigung überredet.
Um diesen Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen, suchen Vertriebe in ihren zurecht geschneiderten Handelsvertreterverträgen einfache Lösungen. Eine solche könnte zum Beispiel eine Klausel sein, nach der der Handelsvertreter ausdrücklich jeder Provisionsabrechnung widersprechen muss, damit er diese Sicht gegen sich gelten lassen muss.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH muss der Handelsvertreter nicht widersprechen. Provisionsabrechnungen, die den Handelsvertreter belasten, habe nicht die Fiktion eines vom Handelsvertreter ausgehenden Anerkenntnisses.
Wenn dies Gegenstand einer vertraglichen Regelung ist, ist dies nach Auffassung des BGH unwirksam. Insofern wird Bezug genommen auf die Entscheidung des BGH vom 20.9.2006 unter dem Aktenzeichen VIII ZR 10/05.
Danach ist eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der die Provisionsabrechnungen des Unternehmers als anerkannt gelten, wenn der Handelsvertreter nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch erhebt, wegen Verstoßes gegen § 87 c HGB unwirksam.
Der Annahme eines sich ständig wiederholenden negativen Schuldanerkenntnisses des Handelsvertreters durch Schweigen auf die Provisionsabrechnungen des Unternehmers stehen die dem Schutz des meist wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreters dienenden §§ 87a Abs. 5, 87c Abs. 5 HGB entgegen.
Dies ist Gegenstand ständiger Rechtsprechung des BGH. Bereits Urteil vom 29.11.1995 unter dem Aktenzeichen VIII ZR 293/94 entschied der BGH, dass die jahrelange widerspruchslose Hinnahme der Provisionsabrechnungen nicht als ein sich ständig sich wiederholendes negatives Schuldanerkenntnis des Handelsvertreters ausgelegt werden kann, dass ihm Ansprüche auf Erteilung eines Buchauszuges und auf Zahlung weiterer Provisionen nicht zustehen.
Das Schweigen nach einer Provisionsabrechnung ist demnach niemals ein Anerkenntnis.
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Das Oberlandesgericht Nürnberg hatte unter dem Aktenzeichen 3 U 1669/23 am 21.05.2024 ein interessantes Urteil darüber gefällt, wer sich als „Honoraranlagenberater“ bezeichnen darf.
Das Gesetz unterscheidet Vermittler in der Finanzdienstleistungsbranche.
Es gibt Versicherungsvermittler und Versicherungsberater gemäß § 34d GewO. Der Versicherungsberater erhält ein Honorar, der Versicherungsvermittler eine Provision.
Gemäß § 34f GewO gibt es dann noch den Finanzanlagenvermittler, gemäß § 34h GewO den Honorar-Finanzanlagenberater und gemäß § 34i GewO den Immobiliardarlehensvermittler. Der Finanzanlagenvermittler erhält zumeist eine Provision, der Honorarfinanzanlagenvermittler ein Honorar und der Immobiliardarlehensvermittler eine Provision.
Angeblich sollen die Parteien etwas mit dem Rechtsstreit vor dem OLG Nürnberg zu tun haben. Das Oberlandesgericht hatte darüber zu entscheiden, ob eine Vermittlungspraxis, wohl des VDH, aus bestimmten Gründen irrführend und deshalb unlauter sei.
Der Beklagten wurden vom OLG Nürnberg verboten, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „Honorar-Anlageberater“ zu führen, wie dies angeblich auf einer Internetseite geschah.
Die klagende Partei ist als Versicherungsberater gemäß § 34d Abs. 2 GewO und Honorar-Finanzanlagenberater gemäß § 34h GewO zugelassen. Die beklagte Partei ist Versicherungsberaterin und Honorar-Finanzanlagenberaterin.
Gegen ein Entgelt von 59,00 € pro Monat soll es Personen gestattet gewesen sein, sich bei der Beklagten im Register für Verbraucher eintragen zu lassen. Sie werden dort als Verbundpartner geführt. Verbraucher sollen dann auf der Suche nach einem Honorarberater an diese Verbundpartner vermittelt worden sein, indem sie Kontaktanfragen dorthin weitergeleitet haben sollen.
Bei den Verbundpartnern soll es sich zum großen Teil um Personen gehandelt haben, die selbst nicht als Versicherungsberater oder Honorar-Finanzanlagenberater zugelassen sind. Die Verbundpartner sollen dann gegen ein entsprechend vereinbartes Honorar gegenüber dem interessierten Verbraucher tätig werden.
Das OLG weist darauf hin, dass ein Versicherungsberater seine Tätigkeit ausübt, ohne Vorteile von einer Versicherungsgesellschaft zu erhalten und von einer solchen abhängig zu sein. Die (jeweils erlaubnispflichtigen) Tätigkeiten als Versicherungsvermittler und als Versicherungsberater schließen sich gegenseitig aus (§ 34d Abs. 3 GewO).
Für den Bereich der Finanzanlagen gilt nach Ansicht des OLG eine ähnliche Systematik. Ein Honorar-Finanzanlagenberater ist, wer vermittelt, ohne Zuwendungen von einem Produktgeber zu erhalten oder in anderer Weise von einem solchen abhängig zu sein (§ 34h Abs.1 GewO). Der Honorar-Finanzanlagenberater darf nach § 34h Abs. 2 GewO kein Gewerbe als gewöhnlicher Finanzanlagenvermittler nach § 34f GewO ausüben und muss zudem eine hinreichende Anzahl der angebotenen Finanzanlagen zu Grunde legen.
Das Oberlandesgericht weist darauf hin, dass die Berufsbilder Versicherungsberater und Honorar-Finanzanlagenberater sich durch das Fehlen von laufenden Provisionsvereinbarungen und anderen, die Unabhängigkeit gefährdenden Vertragsbeziehungen zu Anbietern von Versicherungen oder Finanzprodukten auszeichnet. Es gelte das Verbot, diese Tätigkeiten gegen Provision auszuüben. Diese Regelung dient erkennbar dem Schutz der Verbraucher.
Ein Verbraucher soll sich darauf verlassen können, wenn er sich an einen Versicherungsberater oder einen Honorar-Finanzanlagenberater wendet, dass er weder konkreten Fall noch sonst in diesem Bereich provisionsbasiert tätig ist. Nur ein solches Totalverbot würde die Integrität dieser Berater in besonderem Maße sichern. Dies wäre in gleicher Weise nicht gegeben, wenn der Berater je nach Kundenwunsch oder Situation im Einzelfall einmal gegen Provision, einmal gegen Honorar tätig sein würde. Dies ergibt sich aus § 34d Abs. 3 und § 34h Abs. 2 GewO.
Das OLG führte weiter aus, dass die verlangte Trennung der Tätigkeit die Verbrauchererwartung in entscheidender Weise „normativ“ präge. Die allgemeine Verkehrsauffassung sei somit durch gesetzliche Definitionen beeinflusst und geprägt. Die angesprochenen Kreise, hier die Verbraucher, müssten nicht einmal genaue Kenntnis von den einzelnen juristischen Vorgaben besitzen. Entscheidend und ausreichend ist, dass sie ein laienhaftes Wissen und Verständnis aufweisen, dass in einer bestimmten Branche, wie in der Finanzdienstleistung, Personen ausschließlich auf Honorarbasis arbeiten und Andere von Provisionen leben.
Der suchende Verbraucher müsse daher geschützt sein. Dies geht vor allem dann, wenn er nach einem „Exoten“ suchst, wie es der Versicherungsberater oder Honorar-Finanzanlagenberater nach Ansicht des OLG Nürnberg ist.
Das Oberlandesgericht meinte daher, dass die Vermittlungspraxis der Beklagten diese Erwartung der zumindest eines erheblichen Teils der Verbraucher widersprechen würde.
Unerheblich sei nach Ansicht des Gerichts, ob es sich hier um einen Versicherungsmakler handelt. Auch die Tätigkeit eines Versicherungsmaklers sei nicht kompatibel mit der eines Versicherberaters. Unerheblich ist, dass ein Versicherungsmakler nicht von einem Versicherungsunternehmen mit Vertragsabschlüssen lebe und er nicht von vornerein im Lager eines bestimmten Versicherers stehe.
Das OLG Nürnberg hat sich im Weiteren mit vielen anderen Argumenten beschäftigt. Nach bisheriger Kenntnis ist das Urteil unveröffentlicht. Es liegt dem Handelsvertreterblog jedoch in geschwärzter Form vor.
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EuGH: Folgeprovisionen sind vertraglich ausschließbar
Folgeprovisionen entstehen, wenn ein erfolgreicher Abschluss herbeigeführt wird und aus diesem Geschäft später, z.B. wenn der Kunde weitere Zahlungen vornimmt, weitere Provisionen entstehen.
So banal diese Regelung klingt, hat dies erhebliche praktische Auswirkungen.
Wenn z.B. ein Handelsvertreter sich auf ein Geschäft fokussiert, in dem eine lange Betreuung der Kunden nötig wird, könnte er auf Folgeprovisonen angewiesen sein. Dies ist z.B. im Bereich der privaten Krankenversicherungen interessant. Wer diese vermittelt, muss berücksichtigen, dass Kunden im Alter oft einen hohen Beratungsbedarf haben. Ein sehr großer deutscher Vertrieb zahlt hier gar keine Folgeprovison. Wenn man viele Kunden im Krankenversicherungsbereich hat, wird man dann im besagten Regen stehen gelassen.
Andererseits haben Folgeprovsionen Auswirkungen auf den Ausgleichsasnpruch. Denn ausgleichspflichtig sind nur Folgeprovsionen und keine einmaligen Abschlussprovisionen. Man kann einen Handelsvertertervertrag so geschickt gestalten, dass allein wegen der Provisionszahlung ein Ausgleich ausgeschlossen ist. So sah dies ein Vertrag mit der HUK vor, der nur Abschlussprovisionen vorsah, oder ein Untervertertervertrag, in dem auch keine Folgeprovision gezahlt wurde, sondern nur ein Fixum zzgl Abschlussprovisonen.
Der EuGH hatte eine vertragliche Regelung zu prüfen, in der Folgeprovisionen ausgeschlossen wurden und beantwortete die Frage, ob dieser Ausschluss mit dem eurpäischen Recht in Einklang steht. Der EuGH meinte, dass ein Ausschluss dem eurpäischen Recht nicht widerspreche. Wenn im Vertrag die Folgeprovision ausgeschlossen ist, ist dies europarechtskonform (EuGH v. 13.10.2022 – C-64/21).
Art. 7 Ib der Handelsvertreterrichtlinie verbietet es danach dem Prinzipal nicht, den Anspruch seiner Handelsvertreter auf Zahlung von Folgeprovisionen auszuschließen.
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Ein Handelsvertreter muss Zuschüsse an eine Versicherung nicht zurückzahlen.
Dies ergab sich aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 23.09.2024.
Die Vertragsklausel, die eine Rückzahlung vorsah, wurde als unangemessene Benachteiligung gewertet. Das OLG sah darin eine Vertragsklausel mit unangemessener Benachteiligung des Handelsvertreters und entschied, dass diese unwirksam sei.
Konkret ging es um eine Rückforderung von über 44.000 Euro, die im Agenturvertrag des Handelsvertreters mit der Versicherung geregelt war. Der Handelsvertreter hatte den Vertrag allerdings mit wichtigen Gründen fristlos gekündigt, woraufhin die Versicherung die Rückzahlung der gezahlten Zuschüsse forderte.
Das OLG meinte, die Klausel verstoße gegen Treu und Glauben (§ 307 BGB). Die Klausel verpflichtete den Handelsvertreter zur Rückzahlung, selbst wenn die Kündigung auf pflichtwidriges Verhalten der Versicherung zurückzuführen gewesen wäre. Eine Differenzierung nach dem Grund der Kündigung fehlte in der Klausel vollständig, was das Gericht als gesetzeswidrig einstufte. Bereits nach der Entscheidung des Landgerichts gab es keine Rückzahlungspflicht.
Das OlG führte aus:
„Da die Klausel hinsichtlich der geregelten Rückzahlungspflicht bezüglich der aufgrund der Vereinbarungen gezahlten Zuschüsse nicht danach differenziert, welche der Vertragsparteien die fristlose Kündigung ausgesprochen hat, wird der Beklagte unangemessen benachteiligt, weil eine Rückzahlungspflicht auch dann entsteht, wenn er selbst aus wichtigem Grund, der auf einer Pflichtverletzung der Klägerin beruht, das Agenturverhältnis kündigt. In einem solchen Fall ist unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigt, die aufgrund der Vereinbarungen gezahlten Zuschüsse zurückzahlen zu müssen.
Darüber hinaus verstößt die in den Zusatzvereinbarungen enthaltene Regelung der Rückzahlungspflicht auch gegen § 89a Abs. 1 Satz 2 HGB. Danach darf das in § 89a Abs. 1 Satz 1 HGB festgeschrieben Recht auf fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.
Darunter fallen insbesondere auch solche Vereinbarungen, die das außerordentliche Kündigungsrecht nur mittelbar erschweren, indem sie finanzielle Nachteile für den Kündigenden vorsehen (vgl. Ebenroth/Boujong/Semmler, HGB, 5. Aufl. 2024, § 89a Rn. 132), worunter z.B. auch Rückzahlungsklauseln hinsichtlich gezahlter Vor- und Zuschüsse fallen (vgl. Hopt/Hopt, HGB, 43. Auflage, § 89a Rn. 26). Ob die an eine Vertragsbeendigung geknüpften finanziellen Nachteile von solchem Gewicht sind, dass sie zu einer unwirksamen Kündigungserschwernis führen, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2015, VII ZR 59/14, juris Rn. 27 m.w.Nw.; OLG München, Urteil vom 09.03.2017, 223 U 2601/16, juris Rn. 34). Hier ergibt sich schon aufgrund der Höhe der zurückzuzahlenden Zuschüsse, die sich aufgrund der Praxis in dem vorliegenden Vertragsverhältnis mit Fortdauer der Zusammenarbeit ständig erhöht haben, die Unwirksamkeit nach den dargestellten Grundsätzen. Hinzu kommt, dass aufgrund der konkreten Zuschüsse, die der Rückzahlungspflicht gemäß den Klauseln unterliegen, auch solche Zuschüsse zurückzuzahlen sind, deren Zahlung für einen bestimmten Zeitraum vereinbart war, der bereits lange zurückliegt.“
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Am 14.01.025 berichtete der Handelsvertreterblog über die grundsätzliche Bemühenspflicht eines Handelsvertreters bis zum Ende des Vertrages.
Nun urteilte das Landgericht Frankfurt, ob ein Verstoß gegen diese Bemühenspflicht eine Abmahnung rechtfertigen kann und wenig später eine fristlose Kündigung. Das Landgericht meinte, der Grund für die Kündigung sei mit der Abmahnung verbraucht.
Mit Urteil vom 09.07.2024 urteilte das Landgericht Frankfurt, dass eine fristlose Kündigung eines Vermögensberaters durch die DVAG unwirksam sei und dass diese zum Schadensersatz verpflichtet ist.
Nach der Übernahme der DVAG des Außendienstes der Generali schloss der Vermögensberater einen Vertrag mit der DVAG-Allfinanz.
Die DVAG warf dem Vermögensberater vor, er würde zu wenig Neugeschäft schreiben. Tatsächlich lag das Neugeschäft im Verhältnis zur Einstufung über einen Zeitraum von zwölf Monaten darunter. Außerdem soll sich der Bestand reduziert haben.
Deshalb wurde der Vermögensberater abgemahnt und aufgefordert, seine Bemühensverpflichtungen zur Vermittlung von Geschäften wieder nachzukommen.
Außerdem wurde er aufgefordert, über seine letzten Bemühungen Auskunft zu erteilen und für die Zukunft wöchentliche Kundenbesuchsberichte anzufertigen.
Der Vermögensberater kam diesem Verlangen zunächst nach. Er erzielte eine Umsatzsteigerung, berichtete über zurückliegende Vermittlungsbemühungen und reichte Kundenbesuchsberichte ein.
In Hinblick auf den Bericht über die zurückliegenden Vermittlungsbemühungen wurden dann im Laufe eines Monats immer neue Anforderungen gestellt. Während zunächst lediglich nach der Anzahl der zeitlich zurückliegenden Kundenbesuche gefragt wurde, wurde dann im Laufe weniger Wochen nach den konkreten Namen der Kunden gefragt.
Auch in Hinblick auf die aktuellen Kundenbesuchsberichte gab es im Laufe einiger Wochen geänderte Anforderungen an den Inhalt.
Deshalb verlangte der Vermögensberater eine verbindliche Konkretisierung.
Sodann wurde dem Vermögensberater fristlos, hilfsweise fristgemäß, gekündigt.
Das Landgericht meint, die fristlose Kündigung sei unwirksam. Die dem Vermögensberater vorgeworfene fehlende Bemühenspflicht hätte bereits in die Abmahnung gemündet. Die Umstände, die zur Abmahnung führen, können aber nicht zugleich die Kündigung begründen. Der Kündigungsgrund sei durch die Abmahnung insoweit verbraucht.
In Hinblick auf die Berichte meinte das Gericht außerdem, einem Vertrieb stände es nicht zu, einen Bericht über vergangene Dinge zu verlangen. Schließlich könne man an der Vergangenheit nichts mehr ändern.
Die rückwirkenden Angaben wären für den Vertrieb unter keinem Blickwinkel hilfreich gewesen, so das Gericht.
Auch wenn der Vermögensberater nicht alle Kundenbesuchsberichte, wie verlangt, abgegeben hätte, sondern etwas weniger, würde dies eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen.
Gegen diese Entscheidung wurde Berufung eingelegt. Das Urteil ist also noch nicht rechtskräftig.