Peinlich für die Anwaltschaft

Ein Handelsvertreter bemühte sich um den Ausgleichsanspruch. Was macht man am besten? Richtig, man sucht einen Anwalt auf. Besser noch zwei, am besten gleich drei.

Der Ausgleichsanspruch ist ein schwieriges Thema. Vielleicht wäre die Beratung des einen oder anderen Anwaltes sinnvoll, zu sagen, dass man einfach davon keine Ahnung hat. Dann wäre uns Anwälten folgende Geschichte erspart geblieben:

„Ich hatte hierzu drei anwaltliche Beratungen. Im ersten Fall wurden mir Ansprüche in Höhe von ca. 250 T€ in Aussicht gestellt, man wollte sofort den Honorarsatz danach bemessen. Im zweiten Fall überließ ich dem Anwalt alle Unterlagen im Original zur Prüfung. Zwei Wochen später war seine Kanzlei geschlossen. Meine Unterlagen habe ich inzwischen wiederbekommen, nach wochenlangen Recherchen über den Aufenthaltsort des Anwalts. Der dritte Anwalt legte den Streitwert auf ca. 100.000 € fest, erstellte die erste Honorrechnung und informierte mich schriftlich, das eine deratig hohe Forderung nicht durchzusetzen sei.“

Übrigens: Die Ansprüche bestehen und wären fast verwirkt.

LG München: Softwarepauschale und Einschränkung EDV können fristlose Kündigung rechtfertigen

Am 18.09.2014 entschied das Landgericht München, in einem Teilurteil, dass die Klage eines Vertriebes abgewiesen wird. Gleichzeitig wurde der Vertrieb verurteilt, einen Buchauszug über einen Zeitraum von 4 Jahren zu erteilen.

Hintergrund war, dass der Vertrieb Auskunft über eine Geschäftstätigkeit der Beklagten verlangt hatte, weil diese der Beklagten die Verletzung von vertraglichen Pflichten vorwerfe. Damit wollte man einen Schadensersatzanspruch vorbereiten.

Die Beklagte kündigte zunächst das Handelsvertreterverhältnis ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Nach Ausspruch der Kündigung führte der Vertrieb verschiedene einschränkende Maßnahmen im EDV System durch, was seitens der Klägerin unstreitig gestellt wurde. U. a. war der E-Mail Verkehr mit den Kunden aufgrund einer Sperrung des Intranet Systems „VB Web Mail“ nur noch insoweit möglich, als das die Beklagte E-Mails der Kunden nur am PC im Büro lesen konnte, nicht aber auf den mobilen Geräten; verschicken und beantworten konnte sie E-Mails mit dem System überhaupt nicht mehr. Ferner waren die Systeme „VB-D Net und VB DG-Net“ gesperrt, weswegen die Beklagte mittels EDV keine Einsicht auf Termine der Direktion z. B. für Kundeninformationsseminare oder Schulungen zu Produkten mehr hatte und Schulungsunterlagen nicht mehr zugänglich waren. Ferner waren die „PIM“ gesperrt, was dazu führte, dass jedenfalls im unstreitigen Zeitraum E-Mails im Rahmen der Vertragspost nur noch gelesen werden konnten, nicht aber weitergeleitet, beantwortet, gelöscht oder ausgedruckt werden konnte. Ferner war die Funktion im System „KI“ reduziert; infolge dessen konnte insbesondere Kauf- und Verkaufsformulare für Deutsche Bank – die Post der Kunden nicht mehr ausgedruckt werden. Überdies wurde im EDV System die Stornoreserve auf 100 % hochgefahren.

Daraufhin übersandte die Beklagte eine Abmahnung. Nachdem hierauf keine Reaktion erfolgte, kündigte sie mit sofortiger Wirkung. Die Klage sei unbegründet, so das Gericht. Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 89 a HGB lag vor. Unstreitig hatte die Klägerin nach Erhalt der ordentlichen Kündigung verschiedene einschränkende Maßnahmen im EDV System durchgeführt. Über dies wurde im EDV System die Stornoreserve auf 100 % hochgefahren. Nach Auffassung der Einzelrichterin stellen diese Maßnahmen einen Schwerwiegenden Verstoß gegen die Vertragspflichten der Klägerin dar, die der Beklagte als Kündigender unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen bei der Vertragszeile das Abwarten bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar machte.

Zur sachgerechten Durchführung der Tätigkeit eines Vermögensberaters gehört es nach Überzeugung der Einzelrichterin, dass der Vermögensberater mit seinen Kunden zuverlässig und uneingeschränkt korrespondieren kann. Diese Tätigkeit war durch die Einschränkung des E-Mail Verkehrs, der heutzutage zu einer der wichtigsten Kommunikationsarten gehört, erheblich und in unzumutbarer Weise erschwert. Ferner gehört es zur elementaren Tätigkeit eines Vermögensberaters, sich um Vertragswünsche und Vertragsänderungswünsche hinsichtlich bevorstehender Verträge der Kunden zu kümmern und diese Wünsche zu bearbeiten. Auch dies war nur noch äußerst eingeschränkt möglich. Die Eintragung einer Stornoreserve von 100 % und eine Auszahlungssperre führte dazu, dass Provisionsansprüche zum Zeitpunkt nicht ausgezahlt worden wären. Die Weiterarbeit bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist wären unter diesen Umständen unzumutbar gewesen.

Der Vertrieb wurde auch wirksam abgemahnt. Die hierhin gesetzte Frist von 24 Stunden war ausreichend und angemessen. Nachdem es der Klägerin möglich war, auf die ordentliche Kündigung der Beklagten hin unverzüglich zu reagieren und die genannten Einschränkungen in der EDV zu veranlassen und durchzuführen, ist umgekehrt auch zu erwarten, dass die gesetzte Sperre innerhalb von 24 Stunden wieder aufgehoben werden kann.

Der Buchauszug steht zu, weil der Handelsvertreter ein Informationsrecht hat. Da die Haftungszeit bestimmter Verträge 5 Jahre beträgt, können Geschäfte, die in den Jahren 2009 und 2010 vermittelt wurden, auch erst nach Ablauf dieser fünfjährigen Haftungszeit vollständig und abfließend abgerechnet werden. Insofern ist auch das geltend gemachte Buchauszugsrecht bezogen auf die Jahre 2009 und 2010 nicht verjährt.

Zudem steht der Beklagten ein Anspruch auf Erstattung von Softwarekosten zu. Die Anspruchsgrundlage ist § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Klägerin ist gemäß § 86 a Satz 1 HGB verpflichtet, die erforderliche Vertriebssoftware kostenlos zur Verfügung zu stellen. § 86 a Abs. 1 HGB verpflichtet den Unternehmer, dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Hiervon abweichende Vereinbarungen sind gemäß § 86 a Abs. 3 HGB unwirksam. Nach allgemeiner Meinung sind die Unterlagen im Sinne des § 86 a HGB kostenlos zu überlassen (vgl. Bundesgerichtshof Urteil vom 04.05.2011 Aktenzeichen VIII ZR 10/10).

Der Begriff der Unterlagen ist nach allgemeiner Auffassung weit zu verstehen, denn die im Gesetz vorgesehene Aufzählung von Mustern, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen und Geschäftsbedingungen ist nur beispielhaft und nicht abschließend. Von dem Begriff der Unterlagen wird alles umfass, was dem Handelsvertreter zur Ausübung seiner Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit – insbesondre der Anpreisung der Waren bei dem Kunden – dient und aus der Sphäre des Unternehmers stammt.

Die kostenlos zu überlassenen Unterlagen müssen zur Ausübung der Tätigkeit des Handelsvertreters erforderlich sein. Hierzu zählt auch das Softwarepaket der Klägerin, nachdem hierin Kundendaten, Vertragsinformationen und – Formulare usw. enthalten waren. Bei einem Software handelt es sich nach der Verkehrsauffassung auch um ein einheitliches Produkt, sodass auch keine Aufteilung kostenpflichtige und kostenlose Überlassung vorzunehmen ist. Die Verpflichtung zum kostenlosen zur Verfügung Stellen der Vertriebssoftware ergibt sich zudem aus Ziffer II letzter Absatz des Vertrages, indem sich die Klägerin verpflichtete, dem Beklagten das EDV-Netzwerk kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Verpflichtung zur Zinszahlen von Prozessen ergibt sich aus dem § 291 BGB in Verbindung mit 288 Abs. 2 BGB analog, § 14 BGB.

Urteil Landgericht München 2014

 

LG Mannheim: Kein Wettbewerbsverbot, wenn Karenzentschädigung verweigert wird

Am 14.10.2013 entschied das Landgericht Mannheim, dass einem Vertrieb kein Anspruch zusteht, der sich auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot berufen hatte.

Hintergrund war, dass ein Vertrieb mit seinem Handelsvertreter eine nachvertragliche Wettbewerbsbeschränkung vereinbart hatte. Das Gericht meinte, diese sei wirksam, obgleich die Wettbewerbsbeschränkung zeitlich nicht begrenzt war. Dies ergebe sich aus § 90 a Abs. 1 Satz 3 HGB, der nicht verbindlich vorschreibe, dass hier eine Karrenzentschädigung vereinbart werden müsse, damit die Regelung wirksam ist (anders als § 74 Abs. 2 HGB).

Vorgeworfen wurde, dass der Handelsvertreter nach Vertragsende Kunden weiterhin betreut hatte. Das Gericht sah darin grundsätzlich ein Verstoß gegen den Vertrag der eine Abwerbung von Kunden der Klägerin verbieten würde.

In diesem Fall meinte das Landgericht, dass der Handelsvertreter die Unterlassung des Wettbewerbs zumindest dann verweigern dürfe, wenn der Unternehmer nach der Kündigung fortlaufend zu erkennen gibt, dass er zu keiner Zahlung bereit ist (§ 320 Abs. 1 Satz 1 BGB). Damit folgte das Gericht einen Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28.11.1972 (abgedruckt im Versicherungsrecht 73, 857).

Das Gericht warf dem Vertrieb auch vor, dass selbst im Prozess die Klägerin auf den Einwand fehlender Entschädigung schriftsätzlich  nicht eingegangen sei. Dieses Gesamtverhalten, liegt einer Zahlungsverweigerung zumindest nahe. Deshalb komme ein Leistungsverweigerungsrecht des Beklagen in Betracht oder eine unzulässige Rechtsausübung des Vertriebs, so wie es das Bundesarbeitsgericht ansehen würde.

Urteil Landgericht Mannheim Aktenzeichen 24 O 43/13.

OLG Nürnberg: fristlose bei vertragsuntreuem Verhalten unwirksam

Am 08.06.2011 hatte das Oberlandesgericht Nürnberg einen Vertrieb Ansprüche zugesprochen, nachdem ein Handelsvertreter hatte fristlos kündigen wollen, diese Kündigung jedoch unwirksam war.

Aufgrund der Verurteilung muss der Handelsvertreter erschöpfende Auskunft in geordneter Form darüber erteilen, welche Vermögensanlagen, mit welchen Vertragswerten, an welche Kunden, für welche Vertriebsgesellschaft bzw. Produktpartner er vermittelt hat. Außerdem wurde er zur Zahlung eines noch nicht bestimmten Schadensersatzes verpflichtet. Die begehrte Zahlung einer Vertragsstrafe wurde jedoch zurückgewiesen.

Zu den Gründen im Einzelnen:

Die außerordentliche Kündigung scheiterte, weil sich der Handelsvertreter selbst einer Vertragsuntreue vorzuwerfen hatte. Nach Treu und Glauben kann eine außerordentliche Kündigung ausgeschlossen sein, wenn dem Kündigenden selbst eine Vertragsuntreue vorzuwerfen ist (Hopt in Baumbach, Kommentar zum HGB, 34. Auflage, Randnr. 8 zu § 89 a HGB). Hier hatte sich der Handelsvertreter deshalb vertragsuntreu verhalten, weil er entgegen dem Vermögensberatervertrag eine Nebentätigkeit aufgenommen hatte. Diese hatte er nicht angezeigt.

Das Gericht deutete die außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung um. Innerhalb der Kündigungsfrist hätte der Handelsvertreter für den Vertrieb weiterarbeiten müssen. Weil er dies nicht getan hat, liegt grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch vor.

Die vertraglich vereinbarte Vertragsstrafe jedoch verstößt gegen das Transparenzgebot. Deshalb unterlag die Vertragsstrafe der Abweisung.

Urteil Oberlandesgericht Nürnberg vom 29.06.2011

Wechseloption der DVAG in der Kritik

Das Versicherungsjournal ist eher für den zurückhaltenden Journalismus bekannt. Am 10.03.2015 jedoch nimmt es eine „Wechseloption“ der DVAG in die Kritik. In einem Artikel mit der Überschrift „Wechseloption der DVAG schießt über das Ziel hinaus“ wird über ein Instrument zur Guthabensicherung berichtet. Ein Fondsguthaben könne bei voller Provsion vollständig entnommen werden und ohne Anwendung der Neusto-Regel auf eine konventionelle Rentenversicherung oder das P.U.R.-Konzept übertragen werden.

„Die Anreize schießen in diesem Falle über das Ziel hinaus, weil sie auch aus Kundensicht unsinnige Umdeckungen belohnen“, wird angeprangert.  „Wer seine Verkäufer „Vermögensberater“ nennt, muss sich an diesem Anspruch messen lassen“, heißt es weiter.

Die DVAG teilt in dem Artikel mit, es handele sich um eine reine Guthabensicherung.