So geht es nicht

Am 26.02.2014 wies das Amtsgericht Frankfurt eine Klage auf Rückzahlung der Softwarepauschale zurück.

Die DVAG sollte 1.941,85 € auszahlen. Das Gericht dazu: Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Softwarepauschale. Unabhängig davon, dass auch hier die selbstständige Geltendmachung der einzelnen Beträge unzulässig sein dürfte, weil auch die Nutzungsbeträge für die Nutzung der Softwarepauschale das Kontokorrent eingestellt werden, ist die Forderung auch deshalb unbegründet, weil die Klägerin hinsichtlich ihrer Behauptung, die Software wäre zur Ausübung ihrer Tätigkeit unerlässlich gewesen, beweisfällig geblieben ist. Zwar verpflichtet § 86 a Abs. 1 HGB die Unternehmer, dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen und auch Softwareprodukte zur Verfügung zu stellen. Allerdings geht das nur für Arbeitsmittel, die für die spezifische Anpreisung der Ware unerlässlich sind. Zu dem gemäß § 86 a Abs. 1 HGB (kostenlos) vom Unternehmer zur Verfügung zu stellenden Unterlagen gehören deshalb nur die Hilfsmittel, die der Handelsvertreter spezifisch aus der Sphäre des Unternehmers benötigt, um seine Tätigkeit überhaupt ausüben zu können (vgl. Bundesgerichtshof Urteil vom 04.05.2011 Aktenzeichen VIII ZR 10/10). Ein Beweis hat die Klägerin hierfür nicht angeboten.

 

Dieses Urteil belegt in treffender Weise, wie man es nicht machen soll!

LG Tübingen und die Rechtsprechung zur Stornobekämpfung

Am 11.04.2014 entschied das Amtsgericht Tübingen, dass Provisionsvorschüsse nicht zurückgezahlt werden müssen, wenn die Nachbearbeitung nicht ausreichend ist.

Dem schloss sich nunmehr das Landgericht Tübingen mit Beschluss vom 02.02.2015 an und führte wie folgt aus:

Der Kammer sind von der Klägerin zitierten Urteile des Landgerichts Tübingen bekannt. Sie begründen jedoch weder eine Bindungswirkung noch das Bedürfnis, die Rechtsprechung des Landgerichts Tübingen mit Blick auf die verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen zu vereinheitlichen. Gleiches Ergebnis gilt für die von der Klägerin angeführten aktuellen Entscheidungen der Landgerichte München II und Ulm. Die Kammer sieht sich nicht veranlasst, von ihrer ständigen Rechtsprechung hinsichtlich der Nachbearbeitungsbemühungen des Unternehmens abzuweichen. Soweit die Klägerin die Anforderung der Kammer als nicht nachvollziehbar bezeichnet und ihre diesbezüglichen Ausführungen – insbesondere in der Berufungsbegründung vom 17.07.2014 – verweist, geht dies fehl. Die Kammer hat keineswegs gerügt, dass das von der Klägerin entwickelte kombinierte Erinnerungs- Mahn- und Kündigungsverfahren grundsätzlich unzureichend ist. Unzureichend ist vielmehr, dass sich die Klägerin darauf beschränkt, dieses Verfahren im Allgemeinen darzustellen und pauschal zu behaupten, es immer – also auch im Fall der Klageforderung nach sich ziehenden stornierten Verträge – anzuwenden. Daran ändert die der Berufungsbegründung beigefügte tabellarische Übersicht nichts, mit der exemplarisch für die darin benannten Versicherungsnehmer die von der Klägerin zur Stornobekämpfung ergriffenen Maßnahmen aufgezeigt werden sollen. Die Vorlage dieser Übersicht und deren schriftsätzliche Erläuterung setzen jedoch den von der Klägerin zu verlangenden substantiierten Vortrag nicht. Es ist auf dieser Grundlage zwar durchaus selbsterklärend, dass diejenigen Verträge nachbearbeitet worden sein sollen, die in der entsprechenden Spalte der Übersicht die Bemerkung „Herabsetzung“ aufweisen. Dass es dafür zu Gesprächen und einer Verständigung zwischen den jeweiligen Versicherungsnehmer und einen von der Klägerin beauftragen Mitarbeiterin gekommen sein muss, versteht sich von selbst. Zivilprozessualen Anforderungen genügt dies aber nicht. Den Beklagten mögen derartige Übersichten aus seiner Tätigkeit für die Klägerin vertraut sein. Dessen ungeachtet sind die konkreten Nachbearbeitungsbemühungen der Klägerin hieraus gerade nicht ersichtlich, sodass sich der Beklagte hierzu nicht einlassen kann und muss.

Schleichwerbung

Monitor berichtete am 5.2.15 über Schleichwerbung – in Büchern.

Dabei nahm es auch ein Buch von oder mit Reinfried Pohl sen. unter die Lupe. „Autor ist kein Geringerer als der Biograf der Bundeskanzlerin“ Hugo Müller- Vogg berichtet Monitor. Fast bescheiden ist der Buchtitel: Reinfried Pohl – Der Doktor, der Kämpfer, der Sieger.

Der Fernsehbeitrag hatte übrigens eine denkwürdige Vorgeschichte.

Die Fernsehberichterstatter baten mich zunächst darum, Personen  zu benennen, die möglicherweise eine Aussage vor laufender Kamera zu diesem Thema machen wollten. Man entschied sich jedoch dann dafür, wohl aus dem eigenen Repertoire, offensichtlich auf eine ältere Namensliste, zuzugreifen. Amüsanter Weise stand auf dieser Namensliste eine ehemaliger Vermögensberater, den auch ich kannte und der mich sofort informierte. Er erhielt dann kurze Zeit später Besuch vom Kamerateam.

Zu meiner Überraschung gefielen dem Kamerateam die Aussagen dieses ehemaligen Vermögensberaters nicht. Dieser hatte nämlich eine sehr differenzierte Meinung und neigte nun gar nicht dazu, die von den Redakteuren wohl erhoffte Meinung irgendwie zu bestätigen. Auch war er nicht bereit, irgendeinen Gefühlsausbruch zu zeigen, der einer vorgefertigten Meinung hätte Vorschub leisten können.

Offenkundig war er der DVAG gegenüber in einigen Punkten zu positiv eingestellt, so dass es zwischen Redakteur und dem Interviewpartner zu einem Streit kam, infolgedessen sich das Kamerateam dazu entschloss, ihn dann ganz aus dem Beitrag zu streichen. So haben wir alle etwas zum Thema „objektiven Berichterstattung“ hinzugelernt.

§ 89 HGB benachteiligt den Versicherungsvertreter im Verhältnis zur Richtlinie des Rates der EG

Noch immer gibt es Unterschiede zwischen den Ausgleichsansprüchen,, die das HGB in §89 b regelt und  Art. 17 Absatz 2 der „Richtlinie des Rates der EG vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter.

Wir erinnern uns: Weil das HGB der Richtlinie widersprach (die alte HGB-Regelung verlangte vor dem 5.8.2009 „Provisionsverluste“ des Handelsvertreters) hatte die Bundesregierung im Handumdrehen § 89 b HGB umgeschrieben.

Damit wurden aber nicht alle ungleichen Regelungen beseitigt. § 89 b Abs. 5 S. 2 HGB sagt: „Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen.“

Artikel 17 schreibt von fünf Jahresprovisionen. Ist die Ungleichbehandlung des Versicherungsvertreters gerechtfertigt? Die Norm könnte bald wieder auf dem Prüfstand stehen.

Artikel 17

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen dafür, daß der Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Anspruch auf Ausgleich nach Absatz 2 oder Schadensersatz nach Absatz 3 hat.

(2) a) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf einen Ausgleich, wenn und soweit

– er für den Unternehmer neue Kunden geworben oder die Geschäftsverbindungen mit vorhandenen Kunden wesentlich erweitert hat und der Unternehmer aus den Geschäften mit diesen Kunden noch erhebliche Vorteile zieht und

– die Zahlung eines solchen Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, daß zu diesen Umständen auch die Anwendung oder Nichtanwendung einer Wettbewerbsabrede im Sinne des Artikels 20 gehört.

b) Der Ausgleich darf einen Betrag nicht überschreiten, der einem jährlichen Ausgleich entspricht, der aus dem Jahresdurchschnittsbetrag der Vergütungen, die der Handelsvertreter während der letzten fünf Jahre erhalten hat, errechnet wird; ist der Vertrag vor weniger als fünf Jahren geschlossen worden, wird der Ausgleich nach dem Durchschnittsbetrag des entsprechenden Zeitraums ermittelt.

c) Die Gewährung dieses Ausgleichs schließt nicht das Recht des Handelsvertreters aus, Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

Ist § 89 b HGB mit dem europäischen Recht vereinbar?

Ist § 89 b HGB mit dem europäischen Recht vereinbar? Zumindest war § 89 b HGB bis 2009 damit unvereinbar.

Der EuGH hatte die Begrenzung des Ausgleichsanspruchs bei Handelsvertretern gemäß § 89 b HGB alter Fassung auf die Höhe der verlorenen Provisionsansprüche für europarechtswidrig hält ( EuGH 26.3.09 C-348/07) Das Gericht sieht darin einen Verstoß gegen die EU-Handelsvertreterrichtlinie (86/653/EWG), auf der §89 HGB basiert und die einem Handelsvertreter einen Ausgleich gewährt, wenn der Unternehmer das Vertragsverhältnis beendet.

Bei der Umsetzung der EU-Handelsvertreterrichtlinie haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, für den Handelsvertreter entweder nach Art. 17 Abs. 2 einen Ausgleichsanspruch oder nach Art. 17 Abs. 3 einen Schadenersatzanspruch zu schaffen. Deutschland hat sich für die erste Möglichkeit entschieden. Nach Art. 17 Abs. 2a der EU-Handelsvertreterrichtlinie hat der Handelsvertreter einen Ausgleichsanspruch, wenn und soweit

– er für den Unternehmer neue Kunden geworben oder die Geschäftsverbindungen mit vorhandenen Kunden wesentlich erweitert hat und der Unternehmer aus den Geschäften mit diesen Kunden noch erhebliche Vorteile zieht und

– die Zahlung eines solchen Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.

Nach Art. 17 Abs. 2b der EU-Handelsvertreterrichtlinie ist der Ausgleich ebenfalls gedeckelt. Er darf nicht höher sein als der Jahresdurchschnittsbetrag der Vergütungen, die der Handelsvertreter während der letzten fünf Jahre erhalten hat; ist der Vertrag vor weniger als fünf Jahren geschlossen worden, wird der Ausgleich nach dem Durchschnittsbetrag der entsprechenden Zeitraums ermittelt.

Nach Art. 17 Abs. 2c der EU-Handelsvertreterrichtlinie schließt die Gewährung des Ausgleichs nicht das Recht des Handelsvertreters aus, Schadenersatzansprüche geltend zu machen.

Der EuGH hatte klargestellt, dass die von der deutschen Rechtsprechung vertretene Begrenzung des Ausgleichsanspruchs der Höhe nach auf die Provisionsverluste nach § 89 b Abs. 1 S. 1 Nr.2 HGB alter Fassung gegen Art. 17 Abs. 2a) der Handelsvertreterrichtlinie verstößt und damit europarechtswidrig ist (Tz. 9, 24 der Entscheidung).

Der EuGH weist ausdrücklich darauf hin, dass die Richtlinie „insbesondere die Interessen der Handelsvertreter gegenüber den Unternehmen schützen soll“ und dass dieser Schutz nach Art. 17 zwingendes Recht ist.

Der EuGH stellt weiter klar, dass Vorteile Dritter bei der Berechnung der „Vorteile des Unternehmers“ grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen – es sei denn, dass dies ist im Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter vorgesehen ist (Tz. 31 der Entscheidung). Dies wird damit begründet, dass die Richtlinie ihrem Sinn und Zweck nach die Sicherheit des Handelsverkehrs und damit die Rechtssicherheit auf dem Gebiet der Handelsvertretung fördern soll.

EU-Richtlinien sind so in nationales Recht umzusetzen, dass sie eine optimale Wirkung (sog. „effet utile“) entfalten, damit der vereinheitlichende Sinn und Zweck des Gemeinschaftsrechts nicht gefährdet wird. Diesem Prinzip dient auch die richtlinienkonforme Auslegung, die neben die nationalen Auslegungsregeln tritt. Nationale Auslegungsspielräume sind nach dem Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszufüllen (Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, § 25, Rn. 9).

Grundsätzlich haben EU-Richtlinien keine unmittelbare Wirkung, sondern müssen von den Mitgliedstaaten innerhalb einer bestimmten Frist durch eine nationale Regelung umgesetzt werden. Man kann sich aber dann auf eine EU-Richtlinie berufen, wenn diese nicht innerhalb der angemessenen Frist umgesetzt worden ist und die entsprechende Richtlinienregelung inhaltlich unbedingt und hinreichend genau ist, um in Einzelfall angewendet zu werden.