Anschlag auf die Rechtsprechung

Die Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung hat manchmal illustre Formen. Darüber wurde hier im Blog des öfteren berichtet.

Vielleicht hätte SPD-Chef Schulz manch Urteil als Anschlag auf die Rechtsprechung gewertet, wie es auch die Mandantschaft tat. Eine bloß uneinheitliche Rechtsprechung dazu zu zählen, ist aber sicher übertrieben.. Auch wenn die Mandantschaft bei einem aktuellen Urteil des OLG Frankfurt diese deutlichen Worte fand. Dabei ging es um die Verjährung des Buchauszuges, der den Gerichten immer wieder Probleme und Kopfzerbrechen bereitet.

Das Gesetz gibt darüber nicht viel her. Die Rechtsprechung verhält sich bedeckt bis widersprüchig.

Ein oftmals formelhaft gewählter Buchauszug findet in der Rechtsprechung immer wieder Anklang. In dieser Form wurde dieser auch vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main und von anderen Oberlandesgerichten abgesegnet. Sogar der Bundesgerichtshof hatte sich mit dieser Form anfreunden können. Hier im Handelsvertreter-BLOG wurde er oft zitiert.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat nun einen solchen Buchauszug zurückgewiesen. Eine ehemalige Vermögensberaterin hatte in der ersten Instanz noch Erfolg, in der zweiten nicht mehr. Sie wünschte einen Buchauszug für den Zeitraum 2006 bis 2012, aus dem sich systematisch und geordnet die von der Klägerin vermittelten Geschäfte ergeben. Sie schied im Jahre 2006 aus. Die Klage wurde im Jahre 2010 erhoben. Zu spät käme dann die Klage auf den Buchauszug, zumal die dreijährige Verjährungsfrist, bezogen auf das Vertragsende, vorbei seien. Dass die Verträge oft eine Haftungszeit von sechs Jahren haben, und Provisionen erst im Jahre 2011 verdient sein könnten, wollte das Gericht nicht gelten lassen.

Auch Allianz-Lebensversicherungsverträge von 1994 bis 2007 von falschen Belehrungen betroffen

Auch Lebensversicherungen der Allianz Lebensversicherungs-AG aus den Jahren 1994 bis 2007 sind von der Rechtsprechnung betroffen. Denn auch sie machen eventuell von fehlerhaften Widerspruchsbelehrungen Gebrauch. Auch wenn die Allianz Lebensversicherungs-AG eine der größten Lebensversicherer Deutschlands ist, soll es bei ca. 60 % der verwendeten Widerspruchsbelehrungen zu Fehlern gekommen sein. So wird geschätzt.

Wenn der Kunde nicht ausreichend oder sogar fehlerhaft über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt wurde, hat er noch heute die Möglichkeit, den Vertrag wirksam zu widersprechen. Dies würde mitunter zu hohen Rückzahlungen führen.

Voraussetzung für einen wirksamen Widerspruch der Lebensversicherung ist, dass Fehler in der Widerspruchsbelehrung des Vertrags zu sehen sind. Die Allianz Lebensversicherungs-AG hat z.B. teilweise in den Verträgen der Jahre 1994 bis 2007 unvollständige Angaben bei den fristauslösenden Unterlagen gemacht. Bei den Formvorschriften handelt sich um die Versicherungsbedingungen, die allg. Verbraucherinformationen nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) sowie den Versicherungsschein. Hier mangelt es manchmal in der Widerspruchsbelehrung, wenn eine ordnungsgemäße Aufzählung der Unterlagen fehlt. Kunden können dann nicht erkennen, ob noch Unterlagen fehlen.

Ein anderer Fehler könnte darin bestehen, dass die Widerspruchsbelehrung nicht deutlich genug hervorgehoben wurde. Gem. Urteil des BGH vom 27. April 2016 unter dem Az. IV ZR 486/14 muss eine Widerspruchsbelehrung sich durch Schriftart, Schriftgröße, Fettschrift oder eine entsprechende Umrahmung vom restlichen Schriftsatz abheben. Die von der Allianz Lebensversicherungs-AG verwendeten Verträge sind früher oft ohne Hervorhebung in die vertraglichen Textpassagen eingegliedert worden. Der Versicherungsnehmer wird dann nicht odrnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht informiert.

Rückzahlungsansprüche sind nach nach erfolgtem Widerspruch teilweise erheblich. Die konkreten Folgen hatte gerade der BGH umschrieben, als es um den Widerspruch der Klausel der AachenMünchner Lebensversicherung AG ging. Jedenfalls wird der für die Vertragszeit genossene Versicherungsschutz nicht erstattet.

Der Widerspruch zahlt sich in der Regel mehr aus, als ein Rückkauf oder die Kündigung des Vertrages.

Rückabwicklung alter Lebensversicherungen

Auch alte Lebensversicherungen können teilweise noch rückabgewickelt werden. Dies betrifft z.T. Policen aus den Jahren 1994 bis 2007.

Insgesamt dürften 40 % aller Lebensversicherungsverträge aus diesem Zeitraum falsch sein, wird geschätzt. Der Bundesgerichtshof entschied mehrfach, dass auch nachträglich noch Widerspruch eingelegt werden kann.

Ein Kunde z.B., über den der BGH entschied, hatte etwa 10.800,00 € Prämien bei der AachenMünchener Lebensversicherung eingezahlt. Dafür hatte er nur 8.600,00 € zurückerhalten.

Der Bundesgerichtshof hatte darüber unter dem Aktenzeichen IV ZR 384/14 zu entscheiden. Der Kunde hatte im Nachhinein widerrufen.

Der Bundesgerichtshof hat zwar gesagt, dass sich der Versicherte während der Zeit den Versicherungsschutz anrechnen lassen muss, jedoch nicht die Abschluss- und Versicherungskosten. Insofern gab diese Entscheidung Aufschluss über Rückabwicklungsansprüche, die mitunter noch heute noch geltend gemacht werden können.

Dieses Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes soll für alle Lebensversicherungen gelten, die zwischen 1994 und 2007 nach dem Policen-Modell zustende gekommen sind.

Der Verlust in dem vom BGH ausgeurteilten Fall entstand bei den Einzahlungen dadurch, dass der Versicherer die kassierte Abschlussprovision, die angefallenen Verwaltungskosten und Zinsgewinne von den eingezahlten Prämien abgezogen hatte. Dies ließ der Bundesgerichtshof nicht gelten. Das Geld müsse in großen Teilen dem Kunden zufließen.

Ehrenvorsitzender des Beirates der DVAG verstorben

Während Marschmeyer politische Kontakte zu Ex-Kanzler Gerhard Schröder und Ex-Bundespräsident Christian Wulff unterhielt, also eher niedersächsisch orientiert war, bestand zwischen dem Gründer der DVAG, Reinfried Pohl, und dem Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl ebenfalls eine freundschaftliche Beziehung.

Helmut Kohl verstarb am 16.6.2017. Er war zuletzt Ehrenvorsitzender des Beirates der DVAG.

Horst Teltschik saß früher auch im Beirat der DVAG. Von 1983 bis 1990 arbeitete Teltschik als Vizekanzleramtschef unter Helmut Kohl und galt als einer der engsten Mitarbeiter. Er gab jetzt im Deutschlandfunk ein Interview zum Anlass des Todes Kohl und erzählte u.a., dass Kohl immer an die Einheit glaubte. Er war der Kanzler der Einheit.  Wer gehofft hat, mehr über die damalige Spendenaffaire zu erfahren, die Kohl zu Fall brachte, wird enttäuscht. Das Geheimnis, wer der oder die Spender waren, enthüllte Kohl nie. Er habe den Spendern ein Ehrenwort gegeben, die Namen nicht preiszugeben.

Nach dem Ausscheiden aus der Politik und nach der verlorenen Bundestagswahl 1998 hatte er bei der DVAG eine „neue Aufgabe übernommen“, wie es das Handelsblatt schreibt. Er wurde im Jahre 2000 Beiratsvorsitzender bei der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG). Zuvor war Kohl im Aufsichtsrat der Generali Deutschland Holding.

Ausgleichsanspruch auch, wenn Handelsvertreter kündigt?

Wenn der Handelsvertreter kündigt, bekommt er regelmäßig keinen Ausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB. Eine Ausnahme gibt es dann, wenn der Unternehmer zur Kündigung Anlass gibt.

Dieser „Anlass“ bedeutet nicht, dass sogar ein Grund für eine fristlose Kündigung vorliegen muss. Es genügt evtl. schon ein „kleinerer“ Anlass.

Der BGH entschied am 30.6.1969 unter dem Az. VII ZR 70/67:

„Kündigt der Handelsvertreter, so genügt es nach § 89 b Abs. 3 Satz 1 HGB zur Erhaltung seines Ausgleichsanspruchs, wenn ein Verhalten des Unternehmers ihm begründeten Anlaß zu seiner Kündigung gegeben hat. Ein begründeter Anlaß in diesem Sinne ist nicht dasselbe wie ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung. Schon der sprachliche Sinn der beiden Begriffe ergibt, daß an einen begründeten Anlaß regelmässig weniger strenge Anforderungen zu stellen sind als an einen wichtigen Grund. Auch ein rechtmässiges Verhalten des Unternehmers kann dem Handelsvertreter unter Umständen einen begründeten Anlaß zur Kündigung geben (vgl. das Urteil des Senats vom 24. April 1969 VII ZR 34/67 und die dort angeführten weiteren Urteile). Da die beiden Begriffe sich nicht decken, kann ein Handelsvertreter im Einzelfall einen begründeten Anlaß zur – ordentlichen – Kündigung haben und deshalb den Ausgleichsanspruch behalten, aber nicht zur fristlosen Kündigung befugt sein, weil ihm ein wichtiger Grund hierfür nicht zuzubilligen ist, insbesondere weil ihm eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wenigstens bis zur Beendigung durch ordentliche Kündigung zuzumuten ist.“