BGH

BGH: Bei fehlender Dokumentation Beweislastumkehr

“Die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers nach Paragraf 61 Absatz 1 Satz 2, Paragraf 62 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) kann zu Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherten bis hin zu einer Beweislastumkehr führen”, so der BGH in seiner Urteilsbegründung.

So schreibt es Cash.Online

BGH zum OLG-Urteil

Das Urteil des OLG Frankfurt vom 12.6.13 war Gegenstand einer Prüfung durch den BGH.

Dieser meinte, das OLG hätte insofern einen Fehler gemacht, als dass die Beklagte den Buchauszug vielleicht schon erfüllt hätte. Dieses wäre vorab zu prüfen gewesen. Die Beklagte hätte vorgetragen, dass sie eine CD mit allen Informationen zugeschickt hätte.

On die Entscheidung des OLG rechtskräftig ist, erschließt sich nicht aus der Website des OLG Frankfurt. Wegen der Höhe des Schadenersatzes wird sich aber wohl das Landgericht Frankfurt noch damit zu beschäftigen haben.

Rechenbeispiel zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs im Bereich der Krankenversicherung anhand der Grundsätze

Es wurde ja bereits vielfach darauf hingewiesen, dass man den Ausgleichsanspruch nach den „Grundsätzen“ berechnen kann, auch wenn diese nicht vereinbart wurden.

Dafür haben zwei aktuelle Urteile des Bundesgerichtshofes sowie eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt gesorgt. Das OLG Frankfurt wandte als erstes diese Grundsätze an, der BGH bestätigte dies mit bahnbrechendem Urteil vom 23.11.2011, Az. VIII R 203/10 und bestätigte diese Auffassung mit Urteil von diesem Jahr vom 08.05.2014  Az. VII ZR 282/12.

Drei Entscheidungen, die richtungsweisend sind und die Durchsetzung der Ausgleichsansprüche erheblich erleichtert.

Ich hatte mich schon der Berechnung der Ansprüche in Hinblick auf die Lebensversicherung und die Sachversicherung gewidmet. Heute ist die Krankenversicherung dran.

Unser Handelsvertreter, der als Beispiel dient, soll 11 Jahre tätig gewesen sein. Zur Berechnung benötigen wir  den vereinbarten Provisionssatz und die Monatsbeiträge sowie die Tätigkeitsdauer.

 

Durchschnittliche Jahresproduktion 2009 in Monatsbeiträgen
18.900 €
Durchschnittliche Jahresproduktion 2010 in Monatsbeiträgen
22.700 €
Durchschnittliche Jahresproduktion 2011 in Monatsbeiträgen
27.000 €
Durchschnittliche Jahresproduktion 2012 in Monatsbeiträgen
15.000 €
Durchschnittliche Jahresproduktion 2013 in Monatsbeiträgen
19.000 €
Durchschnittliche Jahresproduktion 2007 – 2011 in Monatsbeiträgen
20.520,00 €
x Faktor durchschnittlicher Provisionssatz in Monatsbeiträgen: 5,30
108.756,00 €
x Faktor (fest): 0,20
 21.751,20 €
x Faktor (fest): 0,40
8700,48 €
x Faktor Tätigkeitsdauer (11 Jahre): 2,5
21.751,20 €
Ausgleichsanspruch Krankenversicherung
 21.751,20 €

BGH im Volltext und zur Klarstellung: Schweigen auf Provisionsabrechnung ist kein Anerkenntnis

HGB § 87c
a) Eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der die Provisionsabrechnungen des Unternehmers als anerkannt gelten, wenn der Handelsvertreter nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch erhebt, ist wegen Verstoßes gegen § 87c HGB unwirksam (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Februar 1964 – VII ZR 147/62, LM Nr. 4a zu § 87c HGB).
b) Der Unternehmer genügt seiner Verpflichtung zur Erteilung eines Buchauszugs nicht bereits dadurch, dass er dem Handelsvertreter während der Vertragslaufzeit den Zugriff auf ein elektronisches Agenturinformationssystem ermöglicht, das jeweils nur den aktuellen Stand der provisionsrelevanten Daten wiedergibt und aus dem sich ein Gesamtüberblick über den Zeitraum, auf den sich der Buchauszug zu erstrecken hat, allenfalls dadurch gewinnen ließe, dass der Handelsvertreter die nur vorübergehend zugänglichen Daten „fixiert“ und sammelt.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Wolst, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter Dr. Koch
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 19. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Köln vom 23. März 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von dem beklagten Versicherungsunternehmen im Wege einer Stufenklage die Erteilung eines Buchauszugs, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit und Zahlung einer danach zu berechnenden Provision.
Er war für die Beklagte seit 1985 als selbständiger Versicherungsvertreter tätig, zuletzt aufgrund eines schriftlichen Vertretungsvertrages vom 3. September 1993/27. Oktober 1993. Die Beklagte erklärte unter dem 23. März 2003 die fristlose Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses.
In Ziffer 5.2. des Vertretungsvertrages ist bezüglich der Provisionsabrechnung folgendes vereinbart:
\“5.2. Provisions-Abrechnung/Kontensalden-Abstimmung
Die gemäß den in Ziffer 5.1. erwähnten Provisionsbestimmungen gutgeschriebenen Provisionen werden monatlich an den Vertreter ausgezahlt bzw. überwiesen, soweit keine andere Vereinbarung getroffen wurde.
Zum Nachweis der Gutschriften bzw. Belastungen erhält der Vertreter Kontoauszüge sowie Provisions- und Inkasso-Listen. (Sie dienen auch gegenüber dem Finanzamt als Einkommensnachweis.)
Die auf den dem Vertreter übermittelten Kontoauszügen ausgewiesenen Belastungen und die dort ausgewiesenen Salden gelten als vom Vertreter ausdrücklich anerkannt, falls er nicht innerhalb von 4 Wochen ab Erhalt des Kontoauszuges hiergegen Widerspruch erhebt. Der Vertreter ist verpflichtet, sich um den Erhalt eines Kontoauszuges selbst zu bemühen, falls er feststellen muss, dass ihm ein bestimmter Kontoauszug nicht zugegangen ist.
Der Vertreter ist darüber hinaus verpflichtet, am Ende eines Kalenderhalbjahres ein ausdrückliches Saldo-Anerkenntnis dadurch abzugeben, dass er den letzten Kontoauszug und den darin ausgewiesenen Saldo durch namentliche Unterschrift ausdrücklich gegenzeichnet. Unterlässt er dies ohne Angabe von Gründen, so gilt der Saldo als stillschweigend anerkannt.\“
Die Beklagte stellte dem Kläger zur Abrechnung der Provisionsansprüche 14-tägig Kontoauszüge zur Verfügung, denen die Provisionsbewegungen zu entnehmen waren, ferner alle drei Wochen Mahnlisten mit einer Auflistung sämtlicher von Prämienrückständen betroffenen Verträge. Außerdem hatte der Kläger während der Vertragslaufzeit von der EDV-Anlage seiner Agentur aus Zugang zum EDV-Agenturinformationssystem der Beklagten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert, die Beklagte zur Erteilung eines Buchauszugs für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 25. März 2003 verurteilt und den Rechtsstreit hinsichtlich der weitergehenden Anträge an das Landgericht zurückverwiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszugs.
Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs für den ausgeurteilten Zeitraum aufgrund §§ 87c Abs. 2, 92 Abs. 2 HGB zu.
Eine Erfüllung dieses Anspruchs sei weder durch die Übersendung von Kontoauszügen und Mahnlisten noch dadurch eingetreten, dass dem Kläger während der Vertragslaufzeit der Zugang zu dem Agenturinformationssystem (\“C. -System\“) der Beklagten gewährt worden sei.
Die dem Kläger schriftlich übersandten Unterlagen würden dem Erfordernis einer geordneten, klaren und übersichtlichen Darstellung nicht gerecht. Überdies könne auch nicht festgestellt werden, dass die übersandten Informationen vollständig seien, insbesondere was Angaben zu Stornogründen und zur jeweiligen Art der ergriffenen Erhaltungsmaßnahmen sowie schwebende Geschäfte betreffe.
Der Zugriff auf das C. -System sei einem herkömmlichen Buchauszug schon deshalb nicht vergleichbar, weil er – jedenfalls für die Zeit bis September 2002 – es allenfalls ermöglicht habe, sich die jeweiligen Daten aus diversen Dateien \“zusammenzusuchen\“, statt eine übersichtliche Darstellung zu verschaffen. Zudem habe der Kläger nach dem Ende des Vertragsverhältnisses auf das System keinen Zugriff mehr, während ihm ein herkömmlicher Buchauszug auch nach Vertragsende zur Überprüfung seiner Provisionsansprüche verbliebe.
Ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs sei auch nicht dadurch entfallen, dass der Kläger über viele Jahre keine Einwendungen gegen die Provisionsabrechnungen erhoben habe. Mangels eindeutigen Erklärungsinhaltes sei hierin weder ein stillschweigendes Einverständnis mit den Abrechnungen noch ein Verzicht auf etwaige weitere Provisionen zu sehen. Ebenso wenig könne sich die Beklagte auf die in Ziffer 5.2. des Vertretungsvertrages enthaltene Anerkennungsklausel berufen. Diese Vertragsbestimmung sei wegen Verstoßes gegen §§ 87c Abs. 5, 92 HGB unwirksam.
Schließlich greife der von der Beklagten erhobene Einwand rechtsmiss-bräuchlichen Verhaltens nicht durch. Dafür, dass der Kläger nur eine \“formale Rechtsposition\“ einsetze, um von der Beklagten möglichst hohe Ausgleichsan-sprüche zu \“erpressen\“, bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte. Ebenso wenig könne die Beklagte dem Begehren des Klägers auf Erteilung eines Buchauszugs entgegenhalten, dass dessen Erstellung für sie einen unverhältnismäßig hohen Aufwand verursache. Die Beklagte hätte sich bei der Organisation ihrer Buchführung vielmehr von vornherein darauf einstellen müssen, dass ein Buchauszug mit möglichst geringem eigenen Aufwand erstellt werden könne. Soweit durch organisatorische Versäumnisse in dieser Hinsicht ein erheblicher Arbeitsaufwand entstehen sollte, gehe das zu Lasten der Beklagten.
II.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers aus § 87c Abs. 2 HGB bejaht. Diesen Anspruch hat die Beklagte entgegen der Auffassung der Revision nicht bereits dadurch erfüllt, dass sie dem Kläger regelmäßig Abrechnungen und Kontoauszüge übersandt und ihm während der Vertragsdauer Zugang zu ihrem elektronischen Agenturinformationssystem (C. -System) gewährt hat.
Der Buchauszug dient dem Zweck, dem Handelsvertreter die Möglichkeit zu verschaffen, Klarheit über seine Provisionansprüche zu gewinnen und die vom Unternehmer erteilte Abrechnung zu überprüfen. Aus diesem Grund muss der Buchauszug eine vollständige, geordnete und übersichtliche Darstellung aller Angaben enthalten, die für die Provision von Bedeutung sind, die der Handelsvertreter mithin zur Überprüfung der Provisionsansprüche benötigt (Senat, Urteil vom 21. März 2001 – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333 unter II). Diesen Anforderungen werden, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, die von der Beklagten dem Kläger zur Verfügung gestellten Informationen in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.
Die Beklagte hat schon nicht dargetan, dass sie in den dem Kläger übersandten Schriftstücken alle Angaben gemacht hat, die ein Buchauszug zu enthalten hat. Dazu gehören nach der Rechtsprechung des Senats unter anderem vollständige Angaben zu etwaigen Stornierungsgründen und zur Art der ergriffenen Erhaltungsmaßnahmen sowie die Aufnahme schwebender Geschäfte oder solcher, aus denen sich möglicherweise ein Provisionsanspruch ergeben kann (Urteil vom 21. März 2001 aaO unter II 2 c). Dass die Kontoauszüge und Mahnlisten, die dem Kläger regelmäßig übersandt worden sein sollen, und die im Einzelfall hinzukommenden Stornogefahrmitteilungen dazu alle erforderlichen Angaben enthielten, hat das Berufungsgericht anhand der von der Beklagten exemplarisch zu den Akten gereichten Schriftstücke nicht festzustellen vermocht. Diese tatrichterliche Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen und ist daher der revisionsrechtlichen Nachprüfung zugrunde zu legen.
Dem Berufungsgericht ist ferner darin beizupflichten, dass die dem Kläger fortlaufend übersandten Unterlagen nicht geeignet sind, ihm eine einem ordnungsgemäßen Buchauszug vergleichbare geordnete und übersichtliche Darstellung aller provisionsrelevanten Daten zu verschaffen, und dass der Handelsvertreter sich nicht darauf verweisen lassen muss, die ihm übersandten Unterlagen selbst chronologisch zu ordnen und aufzubewahren, um sich daraus die für die Nachprüfung der Provisionsabrechnungen erforderlichen Informationen zusammenzusuchen.
Vergeblich wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei ihrer Verpflichtung, dem Kläger eine geordnete und übersichtliche Darstellung aller provisionsrelevanten Daten zu überlassen, auch nicht dadurch nachgekommen, dass sie dem Kläger während der Vertragslaufzeit den Zugriff auf ihr elektronisches Agenturinformationssystem C. ermöglicht habe. Dies folgt schon daraus, dass das C. -System der Beklagten nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nur den jeweils aktuellen Stand der fraglichen Daten wiedergibt. Ein Gesamtüberblick über den Zeitraum bis einschließlich August 2002 hätte sich daraus, wie auch die Revision nicht verkennt, allenfalls dadurch gewinnen lassen, dass der Kläger die nur vorübergehend zugänglichen Daten jeweils \“fixiert\“ und gesammelt hätte. Darauf muss sich der Handelsvertreter indessen ebenso wenig verweisen lassen wie auf eine geordnete Aufbewahrung ihm übermittelter schriftlicher Unterlagen. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, für die Zeit seit September 2002 sei es mit Hilfe des C. -Systems möglich, einen Buchauszug \“auf Knopfdruck\“ zu erstellen, steht dies dem Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszugs durch die Beklagte jedenfalls deswegen nicht entgegen, weil der Kläger nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts seit seinem Ausscheiden aus der Vertriebsorganisation der Beklagten keinen Zugriff mehr auf das System hat.
2. Frei von Rechtsfehlern ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne dem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs nicht entgegenhalten, der Kläger habe die Provisionsabrechnungen – stillschweigend – anerkannt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Handelsvertreter zwar den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs aus § 87c Abs. 2 HGB als Grundlage für weitere Provisionsansprüche nicht mehr geltend machen, wenn er sich mit dem Unternehmer über die Abrechnung der Provisionen geeinigt hat (Senat, Urteil vom 29. November 1995 – VIII ZR 293/94, WM 1996, 309 = NJW 1996, 588 unter II 1 m.w.Nachw.). Ein Einverständnis mit den Provisionsabrechnungen und damit das Anerkenntnis, keine weiteren Ansprüche zu haben, kann jedoch im Allgemeinen nicht aus einem untätigen Verhalten des Handelsvertreters gefolgert werden; für eine Einigung über die Abrechnung zwischen Unternehmer und Handelsvertreter bedarf es vielmehr in der Regel einer eindeutigen Willenserklärung des Handelsvertreters (Senat aaO m.w.Nachw.). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass an die Annahme eines konkludent erklärten Verzichts grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen sind (z.B. Urteil vom 16. November 1993 – XI ZR 70/93 = WM 1994, 13 unter II 2 b; Urteil vom 22. Juni 1995 – VII ZR 118/94 = WM 1995, 1677 unter II 2 b bb). Deswegen ist allein in dem Umstand, dass der Kläger über mehrere Jahre hinweg die Abrechnungen der Beklagten widerspruchslos hingenommen hat, weder ein stillschweigend erklärtes Einverständnis mit den Abrechnungen noch ein Verzicht auf weitere Provision für nicht durchgeführte Geschäfte zu sehen (vgl. Senat aaO).
Die jahrelange widerspruchslose Hinnahme der Provisionsabrechnungen der Beklagten durch den Kläger ist auch nicht deswegen als Anerkenntnis der Provisionsabrechnungen zu werten, weil dies in Ziffer 5.2. des Versicherungsvertretervertrages so vorgesehen ist. Denn diese Bestimmung ist wegen Verstoßes gegen die zwingende Vorschrift des § 87c HGB unwirksam. Der Annahme eines sich ständig wiederholenden negativen Schuldanerkenntnisses des Handelsvertreters durch Schweigen auf die Provisionsabrechnungen des Unternehmers stehen die dem Schutz des meist wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreters dienenden §§ 87a Abs. 5, 87c Abs. 5 HGB entgegen (Senat aaO unter II 2). Denn diese Annahme führt ebenfalls zu einer gegen die genannten Bestimmungen verstoßenden Beschränkung der Ansprüche des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs und Zahlung von Provision für die Zukunft. Sie nötigt ihn, Abrechnungen des Unternehmers künftig zu widersprechen, um insoweit ein (sich ständig wiederholendes) negatives Schuldanerkenntnis zu vermeiden. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat und auch die Revision nicht verkennt, hat der Bundesgerichtshof deshalb eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der dessen Abrechnung mangels Widerspruchs des Handelsvertreters innerhalb einer bestimmten Frist als genehmigt gelten soll, wegen Verstoßes gegen § 87c Abs. 5 HGB als unwirksam angesehen (Urteil vom 20. Februar 1964 – VII ZR 147/62, LM Nr. 4a zu § 87c HGB unter I 3 b bb; vgl. auch Urteil vom 19. November 1982 – I ZR 125/80 = LM Nr. 11 zu § 87a HGB unter I 2 c; Senatsurteil vom 29. November 1995 aaO unter II 2 b; ebenso OLG München VersR 2004, 470, 471; OLG Koblenz VersR 1980, 623; OLG Karlsruhe BB 1980, 226; OLG Hamm BB 1979, 442). An dieser Rechtsprechung, die auch im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden hat (Ebenroth/Boujong/Joost/Löwisch, HGB, § 87c Rdnr. 50, MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene, § 87c Rdnr. 83, Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., § 87c Rdnr. 20; Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Aufl., § 87c Rdnr. 29), hält der Senat ungeachtet abweichender Auffassungen in Rechtsprechung (OLG Saarbrücken, DB 1985, 2399, OLG Naumburg VersR 1999, 578; LG Frankfurt/Oder VersR 1998, 1238) und Literatur (Müller-Stein, VersR 2001, 830, 831; Segger, VersR 2004, 781, 782; Scherer, BB 1996, 2205, 2209) fest.
3. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht hätte das Verlangen des Klägers nach Erteilung eines Buchauszugs jedenfalls deswegen als rechtsmissbräuchlich beurteilen müssen, weil der Kläger, ohne konkrete Zweifel an der Abrechnung der Beklagten geltend machen zu können, nur eine formale Rechtsposition für sachfremde Zwecke ausnützen und einen Anspruch durchsetzen wolle, der bei der Beklagten außergewöhnlich hohe Kosten auslöse, die in einem offensichtlichen Missverhältnis zu dem realistischerweise allenfalls verbleibenden Provisionsanspruch des Klägers stünden. Das Berufungsgericht hat für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers keine hinreichenden Anhaltspunkte feststellen können. Vom Berufungsgericht übersehene Gesichtspunkte zeigt auch die Revision nicht auf. Die Belastung mit außergewöhnlich hohen Kosten, die mit der Erstellung des Buchauszugs verbunden sind, kann der Unternehmer, wie auch die Revision nicht verkennt, dem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs nach der Rechtsprechung des Senats nicht mit Erfolg entgegenhalten (Urteil vom 21. März 2001 aaO unter II 5). Auch daran hält der Senat fest.

LG Düsseldorf zur Stornobekämpfung

Immer wieder stellt sich vor Gericht die Frage, inwieweit ein Betrieb oder ein Versicherer nach Ausscheiden des Handelsvertreters einen Vertrag nachbearbeiten muss, der stornogefährdet ist.

Der BGH hat immer wieder darauf hingewiesen, dass das Versicherungsunternehmen gegenüber seinem Mitarbeiter eine Treuepflicht trifft und er auch Rücksicht auf das Provisionsinteresse des Mitarbeiters zu nehmen hat. Zu deren Erfüllung obliegt es dem Versicherungsunternehmen, die nach den Umständen des Einzelfalles gebotenen Maßnahmen zu Rettung notleidend gewordener Verträge zu treffen. Dazu muss er entweder eigene nach Art und Umfang ausreichende Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen oder dem Versicherungsvertreter durch eine Stornomitteilung Gelegenheit geben, notleidend gewordene Verträge selbst nachzuarbeiten (BGH Urteil vom 19.11.1982 – II. ZR 125/80).

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ausreichende Maßnahmen ergriffen worden sind, liegt beim Versicherungsunternehmen (BGH VersR 2005, 1078).

Dies sieht auch das Landgericht Düsseldorf in einem Beschluss vom 09.05.2014 so. Es meint jedoch, eine Pflicht zur Nachbearbeitung bestehe dort nicht, wo sogenannte Kleinststornos vorliegen. Diese würden von der heutigen Rechtsprechung in einer Größenordnung von etwa 100 € angegeben werden (Landgericht Hannover vom 18.08.2010, Aktenzeichen 10 O 15/09).

Das Landgericht Düsseldorf will für Verträge, bei denen es um nicht mehr als 100 € Rückforderung Provisionen geht, weder eine Nachbearbeitungspflicht noch eine Informationspflicht sehen.

 

Beschluss Landgericht Düsseldorf vom 09.05.2014

BGH: Kunden müssen unaufgefordert über die Möglichkeit der Schließung eines Fonds informiert werden

Der BGH löste mit einem Urteil weitreichende Konsequenzen aus. Berater, Vertreter und Vertriebe müssen jetzt noch mehr befürchten, in Anspruch genommen zu werden. Es geht um die offenen Immobilienfonds, die – plötzlich – doch geschlossen wurden. Und dabei war ja gerade der Umstand, dass es sich nicht um geschlossene Fonds handelt, für viele Anleger für ihre Entscheidung maßgeblich.

Und gerade dieser Aspekt, dass „ja eigentlich“ der offene Fond nicht geschlossen werden kann, wird den Beratern und Vertrieben jetzt zum Verhängnis.

Der Bundesgerichtshof hatte am 29.04.2014 ein Urteil darüber gefällt, ob Bankberater oder andere Berater die Anleger vor der Investition in einen offenen Immobilienfonds darüber informieren müssen, dass ein solcher Fonds schließen kann und die Anteilsrücknahme ausgesetzt werden kann. Der Bundesgerichtshof entschied in zwei Urteilen (Aktenzeichen XI ZR 477/12 und XI ZR 130/13), dass Anleger ungefragt über die Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme informiert werden müssen. Hier geht es zur Pressemitteilung des BGH, das schriftliche Urteil liegt noch nicht vor.

Es ging um Fälle, in denen Anleger im Jahre 2008 Anteile an offenen Immobilienfonds erwarben. Ende 2008 kam es jedoch zu zahlreichen Schließungen. Betroffen waren u. a. die Fonds

AXA Immoselect, CS Euroreal, DEGI International, Focus Nordic Cities, KanAm Grundinvest, KanAm US-Grundinvest, Morgan Stanley P2 Value, SEB Immoinvest, TMW Immobilien Weltfonds, UBS (D) 3 Sector Real Estate Europe und UBS (D) Euroinvest Immobilien.

Der  AXA Immoselect wurde beispielweise von Banken und Sparkassen vertrieben, so  insbesondere die AXA Bank, BB Bank, BMW Bank, Commerzbank, DAB Bank,  Postbank, Targobank und der Wiesbadener Volksbank, CS Euroreal wurde von der Postbank vermittelt, DEGI International von der Dresdener Bank, SEB Immoinvest von der DVAG, TMW Immobilien Weltfonds und  TMW Immobilien Weltfonds von Banken und freien Beratern u.s.w.. Von der Entscheidung sind also viele Berater, Banken und Vertriebe betroffen.

Die Anleger gingen vielfach davon aus, dass offene Immobilienfonds  nicht geschlossen werden könnten. Dies wurde den Anlegern teilweise erst bewusst, nachdem die Anteilsrücknahme ausgesetzt wurde. Viele Kapitalanleger wünschten sich eine sichere Anlage und, dass sie jederzeit über die Kapitalanlage würden verfügen können. Dies war mit der Schließung nun nicht mehr möglich.

Der Bundesgerichtshof meint, es sei schließlich gesetzlich geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein offener Immobilienfonds die Anteilsrücknahme aussetzen muss. Nach den Regelungen des bis 2011 gültigen Investmentgesetztes müsste die Anteilsrücknahme ausgesetzt werden, wenn die Liquidität unter 5 % des Fondsvermögens sein kann. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Anleger ihre Anteile an offenen Immobilienfonds jederzeit zurückgeben können. Der Bundesgerichtshof folgerte daraus, dass ein Anleger stets ungefragt über dieses bestehende Risiko ausgeklärt werden muss. Auf irgendwelche Prognosen der Berater, ob eine Schließung wahrscheinlich oder nicht, muss sich der Kunde nicht vertrösten lassen. Er ist nur dann richtig beraten, wenn ihm die Möglichkeit der Schließung erklärt wird.

Ein Anleger müsse sich auch nicht damit abspeisen lassen, dass die Anteile des offenen Immobilienfonds während der Schließung an die Börse verkauft werden könnte. Ein Verkauf an die Börse wäre spekulativ und nicht mit der Rückgabe an die Fondsgesellschaft zu vergleichen.

Der Bundesgerichtshof hat mit diesen Entscheidungen die Möglichkeit für jeden Anleger eröffnet, der in einen offenen Immobilienfond investierte, seine Ansprüche überprüfen lassen zu können.

 

Wenn der Versicherer nicht mit dem Makler spricht

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Unter dem Aktenzeichen IV ZR 165/12 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Versicherer in Folge der ihm vertraglich obliegenden Nebenpflicht mit einem vom Versicherungsnehmer Umfassend bevollmächtigten Makler korrespondieren muss.

Nur ausnahmsweise darf der Versicherer dieses ablehnen, wenn es für ihn im Einzelfall unzumutbar ist.   Nunmehr stellt sich die Frage, ob der Makler, der „unerwünscht“ tätig wird auch endsprechende Provisionen im Wege der betreuenden Kunden in Anspruch nehmen darf.

Angeblich soll in Nürnberg eine entsprechende Entscheidung ergangen sein.

Übrigens: Das Landgericht München II entschied sogar, dass der Versicherer den Kunden nicht Kontaktieren darf, und ausschließlich über den Versicherungsmakler korrespondieren muss, wenn dies vom Kunden so gewünscht wird.   (Urteil vom Landgericht München II Aktenzeichen 4 HK O 5253/12)

BGH bestätigt beide Revisionen

Tatsächlich. Der BGH hat in dem Verfahren um Ausgleichsansprüche beide Revisionen bestätigt und nun an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Die Parteien hatten wechselseitig Revision eingelegt. Einerseits ging es um die Anrechnung der Altersversorgung, andererseits ging es um einen Faktor 21,  um den der Kläger eine Erhöhung verlangte. Man könne nicht einfach den Faktor 21 eliminieren, so das Gericht in der mündlichen Verhandlung. Was genau der BGH damit meint, wird sich wohl erst aus der Begründung ergeben.

Bundesgerichtshof entscheidet heute über Ausgleichsanspruch

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Rechts rum oder links rum heißt es normalerweise vor Gericht. Heute nicht. 2 Revisionen lagen dem 7. Senat vor, beide könnten Erfolg haben und grundsätzlich keine große Bedeutung haben. Bestätigt wurde jedoch, dass die Grundsätze als Schätzungsgrundlage dienen, auch wenn die vereinbart wurden.

Der BGH sah zwar die Möglichkeit gegeben, dass Zahlungen in die Altersvorsorge der Vermögensberater auf den Ausgleichsanspruch anwendbar sein könnten, sah sich jedoch außerstande, dies für den konkreten Fall zu beurteilen.  Auf meinen Einwand, die Ansprüche seien doch abgetreten und ständen nach Vertragsende oftmals nicht zur Verfügung, meinte das Gericht, dass es sich damit nicht befassen dürfe, weil dies nicht Gegenstand des zu prüfenden Urteils war. Dies müsse nunmehr das OLG erneut beurteilen.

Wer den Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen berechnet, muss sich auch die Nachteile entgegenhalten lassen, so der Bundesgerichtshof. Grundsätzlich bestätigte der Bundesgerichtshof damit seine Entscheidung des 8. Senats vom 23.11.2011 (Urteil VIII 203/10), dass der Ausgleichsanspruch eines Vermögensberaters nach den Grundsätzen abgerechnet und geschätzt werden darf.

Wie der Satz „man müsse dann auch die Nachteile in Kauf nehmen“ juristisch zu rechtfertigen sei, zumal die Grundsätze nur Schätzungsgrundlage seien, sagte der BGH – noch – nicht.

Erst im Laufe des Tages sollen Entscheidungen fallen.

BGH: Bei leichtem Verstoß Kündigung unzulässig

Verstößt ein Handelsvertreter nur geringfügig gegen ein vertragliches Wettbewerbsverbot, ist eine fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrags ohne vorherige Abmahnung regelmäßig unzulässig. Dies gilt auch dann, wenn im Vertrag der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot als wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung benannt ist.

Sachverhalt

Der Kläger vermittelte für die Beklagte über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren als selbständiger Handelsvertreter Versicherungsverträge. Es war ihm vertraglich verboten, während der Vertragslaufzeit unmittelbar oder mittelbar für andere Versicherungsgesellschaften tätig zu sein.

Im Vertrag war ausdrücklich vorgesehen, dass ein Verstoß gegen dieses Wettbewerbsverbot einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellt. Der Kläger hatte über mehrere Jahre in wenigen Fällen gegen dieses Wettbewerbsverbot verstoßen, ohne jedoch die Beklagte wirtschaftlich schädigen zu wollen. Nachdem die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, kündigte sie den Handelsvertretervertrag fristlos. Der Kläger begehrte die Feststellung, dass der Vertrag nicht durch die fristlose Kündigung beendet wurde.

Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Nach Auffassung der Richter stellten sich die Wettbewerbsverstöße bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen als so geringfügig dar, dass sie einen grundlegenden Vertrauensverlust und damit ein fristloses Kündigungsrecht des Beklagten ohne vorherige Abmahnung nicht begründeten. Eine solche Interessenabwägung im Einzelfall war auch nicht durch die vertragliche Regelung ausgeschlossen, wonach ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellte. Der BGH räumte zwar ein, dass die Benennung von wichtigen Kündigungsgründen im Handelsvertretervertrag die grundsätzlich gebotene Einzelfallabwägung und Zumutbarkeitsprüfung einschränken oder (fast) ganz ausschließen könne (eine Prüfung der Grundsätze von Treu und Glauben erfolgt immer). Ein solcher Parteiwille müsse sich aber deutlich aus der vertraglichen Kündigungsregelung ergeben. Hier ergebe die Vertragsauslegung jedoch, dass geringfügige Wettbewerbsverstöße, durch die das Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter nicht grundlegend beschädigt werde, nicht zur fristlosen Kündigung berechtigen sollten. Zumindest sei in diesen Fällen eine vorherige Abmahnung erforderlich.

(BGH, Urteil v. 10.11.2010, VIII ZR 327/09).

Wie hoch ist der Ausgleichsanspruch bei Strukturvertrieben

Über die Berechnungsgrundlagen des Ausgleichsanspruchs hatte jüngst der BGH in seiner Entscheidung vom 23.11.2011 unter dem Az. VIII ZR 203/10 entschieden. Er sagte, dass die „Grundsätze“ auch dann anwendbar sind, wenn sie nicht vereinbart wurden.

Der BGH sah die Grundsätze zumindest als Grundlage für eine Schätzung an und löste mit diesem Urteil eine Rechtssicherheit aus. Während es früher mitunter streitig war, auf welcher Grundlage der Ausgleichsanspruch für Versicherungsvertreter berechnet werden sollte, gibt es jetzt genaue Anhaltspunkte.

Dies gilt auch für Strukturvertriebe. Schließlich war Gegner der BGH-Entscheidung ein großer deutscher Strukturvertrieb.

Dieses Urteil wird nun Anfang Mai in Hinblick auf Einzelfragen vom BGH überprüft. Da darf man gespannt sein.