Makler

Müssen oder dürfen Makler beraten

Wir hatten kürzlich darüber berichtet, dass die Maklertätigkeiten steuerrechtlich und wettbewerbsrechtlich unterschiedlich eingeordnet werden können. Tatsächlich steckt hinter dieser Thematik ein großes praktisches Problem !

Zur Erinnerung: Die IHK vertritt die Auffassung, dass eine Honorarberatung als Annextätigkeit zulässig ist. Wenn ein Wechselauftrag der Erstauftrag für den Makler ist, ist eine Honorarberatung nicht erlaubt, da kein Zusammenhang mit dem ursprünglichen vermittelten Vertrag bestehe.

Hintergrund: Bei einem Tarifwechsel wird der Versicherungsvertrag nicht gewechselt. Der vorhandene Vertrag bleibt – verändert – fortbestehen. Dies könne gegen § 34 e GewO verstoßen, weil die Beratung dann eine selbständige Rechtsdienstleistung wäre, die nur Rechtsanwälten und Versicherungsberatern erlaubt sei.

Viele Versicherungsberater sehen darin eine unzulässige Rechtsberatung, während die meisten Vermittler dies nicht so sehen. Die Berater meinen, dies müsse gemäß § 5 RDG erlaubt sein. Danach sind alle Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören.

Auch ich meine, dass eine solche Beratung gemäß § 5 RDG abgedeckt sein müsste.

Praktische Auswirkungen:

– Wenn ein Kunde einen Versicherungsvertrag abschließt, und der Versicherer die Provision zahlt, ist dies umsatzsteuerfrei. Wenn der Kunde einen Versicherungsvertrag abschließt, die Provision jedoch selbst bezahlt und nicht der Versicherer, ist dies umstritten.

– Einige Finanzverwaltungen vertreten die Ansicht, auch dies sei umsatzsteuerfrei. Diese Auffassung wird jedoch wohl nicht von der Finanzverwaltung Nordhrein Westfalen vertreten.

– Dagegen sind Bestandshonorare und Betreuungspauschalen umsatzsteuerpflichtig. Hier herrscht offensichtlich Einigkeit.

– Das Agio bei den Investments ist ebenfalls umsatzsteuerfrei, die Honorareinnahme bei ähnlichen Produkten soll es jedoch sein, weil dies angeblich nicht vom Ausnahmetatbestand des § 4 XI EStG erfasst ist.

– Erhält der Makler ein Honorar von dem Kunden, welches dieser in Raten abzahlt, könnte dies als Kredit gewertet werden, mit ebenfalls umsatzsteuerpflichtigen Auswirkungen. Auch hierüber gibt es offensichtlich Unklarheit.

Wir werden uns in Zukunft dieser Frage näher annehmen.

Makler rentenversicherungspflichtig

Am 08.06.2011 schrieb das Versicherungsjournal über ein interessantes Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg. Es hatte entschieden, dass ein Versicherungsvermittler, der weitgehend für eine Service-Gesellschaft tätig ist, in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist (Urteil vom 01.02.2011 Aktenzeichen L 11 R 2461/10).

Ein Versicherungsmakler hatte gegen einen Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund geklagt. Diese wollte ihn pflichtweise rentenversichern.

Der Makler sagte, er sei zwar einer Gesellschaft angebunden, die Gesellschaft könne ihm jedoch keine Weisungen erteilen. Sie habe lediglich den Vorteil, dass er auf mehr als 250 Anbieter zurückgreifen könne und über sie Anträge einreichen könne.

Die Gesellschaft, eine GmbH, biete im Übrigen keine eigenen Versicherungen oder Finanzprodukte an. Deshalb sei er selbständig und frei.

Während der Kläger in der ersten Instanz Recht behielt, verlor er in der Berufungsverhandlung.

Das Landessozialgericht: Von einer wesentlichen, nur für einen Auftragsgeber ausgeübten Tätigkeit ist dann auszugehen, wenn ein Selbständiger mindestens 5/6tel seiner gesamten Betriebseinnahmen aus der Tätigkeit alleine für einen Auftraggeber erzielt.

Das Gericht sah dies in der Sache so. Nach einer Beweisaufnahme stand fest, dass der Kläger tatsächlich den Umfang nur bei der einen Vertriebsgesellschaft tätig war. Da er auch keine anderen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigte war er versicherungspflichtig.

Unbeachtlich ist, ob jemand Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler ist.

OLG Hamm : Makler haftet

Am 10.06.2010 entschied das Oberlandesgericht Hamm, dass sich ein Makler schadenersatzpflichtig macht, wenn er seinen Kunden rät, einen bestehenden Krankenversicherungsvertrag zu kündigen, obwohl der neue Vertrag noch nicht zustande gekommen ist.

Der Makler empfahl dem Kunden, eine für dessen Sohn abgeschlossene private Krankenversicherung zu kündigen und einen günstigeren Vertrag bei einem anderen Versicherer abzuschließen.

Aufgrund des Gesundheitszustandes konnte ein neuer Versicherungsvertrag jedoch nicht vermittelt werden. Der alte Versicherer bot jedoch an, den Sohn zu einem deutlich höheren Monatsbeitrag erneut zu versichern.

Der Makler wandte vor Gericht ein, ihm sei der Gesundheitszustand des Sohnes nicht vollständig bekannt gewesen.

Der Makler wurde nun verurteilt, die Mehrkosten von monatlich 174,00 € auch für die Zukunft zu begleichen.

Der Makler habe aufgrund der knappen Angaben zum Gesundheitszustand des Sohnes wissen müssen, dass der neue Versicherer den Vertrag nicht unbedingt annehmen werde.

Schließlich hätte der Makler über die Risiken informieren müssen. Der Makler hat „als der in Anspruch genommene Experte überlegendes Wissen“ und kann dem Kunden nicht entgegen halten, dass dieser eigene Erkenntnisse hat und mit einbringt.

Urteil Oberlandesgericht Hamm vom 10.06.2010, AZ 18 U 154/09

DVAG befürwortet „Best advice“

In Großbritannien müssen Makler den besten Ratschlag für ein Produkt abgeben, den best advice.

Sogar die DVAG findet dies gut.

In Deutschland wird dies nicht ganz so streng gehandhabt. Hier müssen Makler eine den Wünschen und dem Bedarf des Kunden angemessene Versicherungslösung zu empfehlen.

Warum im DVAG-Blog dann der Bogen zur „Beratung über Premium-Partnerschaften“ gespannt wird, wird nicht näher beschrieben.

Äpfel haben bekanntlich nichts mit Birnen zu tun.

Vermögensberater sind gebundene Versicherungsvertreter und Versicherungsvertreter sind vertraglich dem Versicherer verpflichtet. Sie schließen grundsätzlich über die Beratung mit den Kunden kein vertragliches Verhältnis.

Makler verpflichten sich dagegen dem Kunden gegenüber, für diese nach den oben genannten Grundsätzen tätig zu werden.

Lesenswert ist der Beitrag im DVAG-Blog jedoch, und auch seine Kommentare.

Ausgeschiedener Vertreter kann sich gegen konkurrierende Bestandsnachfolge wehren

Urteil des Landgerichts München: Versicherungsunternehmen dürfen eigenen Vertriebe nicht bevorzugen!

Ein Versicherungsmakler hatte seinen alten Vertrieb verlassen und sich dann als Makler angemeldet.

Der von ihm vormals betreute Bestand wurde auf einen Bestandsnachfolger übertragen. Dennoch sind zahlreiche Kunden mit dem Makler mitgezogen und haben bei ihm eine Maklervollmacht unterzeichnet.

Der Makler zeigte nunmehr mit der Maklervollmacht die neue Betreuung gegenüber dem Versicherungsunternehmen an.

Mit der Vollmacht wurde angezeigt, dass die Betreuung außerhalb der Bestandsagentur erfolgen soll. Diesem kam das Versicherungsunternehmen nicht nach.

Die Kunden erhielten weiterhin ein Schreiben der Versicherung mit dem Hinweis auf den eigenen Betreuer mit dem Zusatz: „Es betreut Sie…“.

Daraufhin mahnte der Makler das Versicherungsunternehmen ab. Die Versicherung weigerte sich jedoch, eine strafbewehrte Unterlassung- und Verpflichtungserklärung abzugeben.

Sodann beantragte der Makler, eine einstweilige Verfügung gegen das Versicherungsunternehmen zu erlassen. Das Landgericht München gab dem Makler Recht und verbot dem Versicherungsunternehmen, weiterhin auf die eigene Bestandsagentur hinzuweisen.

Das Versicherungsunternehmen legte nun gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch ein. Mit der Folge, dass das Landgericht München nunmehr noch einmal im Rahmen eines Urteils über den Antrag zu entscheiden hatte.

Das Landgericht München ist der Auffassung, die Versicherung sei nicht gemäß § 6 Abs. 4 VVG verpflichtet, die Bestandsagentur zu nennen (in § 6 Abs. 4 ist geregelt, dass der Versicherer verpflichtet ist, auch nach Vertragsschluss den Kunden nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu beraten).

Schließlich arbeite das Versicherungsunternehmen auch mit Maklern zusammen, die diese Arbeit erledigen könnten.

Auch der Umstand, dass der Makler Verträge gekündigt habe, rechtfertige das Verhalten des Versicherers nicht. Schließlich dauere die Kündigungsfrist oftmals noch an und im Falle eines Schadens müssen damit gerechnet werden, dass sich der Kunde irrtümlich an die Bestandsagentur wende und damit Tür und Tor für eine Rückwerbung geöffnet sei. Durch die Nennung der Bestandsagentur könne für den Kunden der Eindruck bestehen, dass der Versicherungsmakler sein Anliegen nicht weiter gegeben habe oder dass der Versicherungsmakler entgegen seiner Ausführungen womöglich gar nicht in der Lage sei, den Vertrag zu betreuen. Damit können Kunden das Vertrauen in den Versicherungsmakler verlieren. Die Wiederum könne Kündigungen nach sich ziehen.

Das Gericht bestätigte die einstweilige Verfügung.

Landgericht München I, 17 HK O 14595/10, ebenso Landgericht München I, 11 HK O 8830/10

Makler in der Haftung

Was unterscheidet den Versicherungsvertreter vom Makler ? Der Makler haftet grundsätzlich für seine Fehler, der Versicherungsvertreter nur ausnahmsweise.

Am 29.10.2009 entschied das Landgericht Itzehoe unter dem Aktenzeichen 7 O 27/09, dass ein Versicherungsmakler seinen Kunden zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er seinen Kunden zur Finanzierung eines Darlehens lediglich die Produkte eines im Mittelfeld der Versicherer liegenden Anbieters anbietet.

Das Landgericht meinte, dass ein Makler bei einer Finanzierung jede Alternative vorzuschlagen hat, welche seinem Kunden am ehesten entspricht. Der verklagte Makler hätte, statt den Eheleuten den Klägern eine Lebensversicherung zu empfehlen, einen den Klägern zur Verfügung stehenden Barbetrag verzinslich anlegen müssen. Dies wäre für den Kunden deutlich günstiger gewesen. Insofern sei der Kläger und seine Ehefrau falsch beraten worden.

Außerdem hatte der Beklagte dem Kläger lediglich einen Versicherer empfohlen, der im Mittelfeld der Anbieter lag und eine deutlich geringere Rendite als der Marktführer geboten.

Damit verstieß er nach Ansicht des Gerichts gegen seine besonderen Fürsorge- und Treuepflichten.

Das Gericht weiter:

„Der Makler muss von sich aus das Risiko untersuchen, das Objekt prüfen und dem Versicherungsnehmer als seinen Auftraggeber ständig, unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Zwischen- und Endergebnisse seiner Bemühungen, das zu versichernde Risiko zu platzieren, unterrichten. Das heißt, dass ein Makler bei einer Finanzierung jene Alternative vorzuschlagen hat, welche seinem Kunden am ehesten entspricht.“

OLG Hamm : Jemand, der sich wie ein Makler fühlt, ist auch einer…

OLG Hamm, Urteil v. 08.10.2009, Az. 18 U 26/08:

Der Pseudomakler: Tritt der Versicherungsagent (im allgemeinen Sprachgebrauch und nach dem VVG n.F. auch Versicherungsvertreter genannt) nach außen als Makler auf, kann er im Verhältnis zum Versicherungsnehmer aus einem Maklervertrag persönlich haften.

Grundsätzlich haftet der Versicherer für Fehler seiner Versicherungsagenten. Unter Umständen ergibt sich aber dann eine persönliche Haftung des Agenten aus einem Maklervertrag, wenn der Versicherungsagent selbst einen solchen Maklervertrag mit dem Versicherungsnehmer abgeschlossen hat.

Die Richter des Oberlandegerichts Hamm erkannten den Abschluss eines Maklervertrages, da der Kläger das Verhalten des Agenten als Angebot zum Abschluss eines Maklervertrages verstehen durfte. Auf die Rechtsbeziehungen des Agenten zu Versicherern komme es nicht an. Der Agent habe maklertypische Pflichten übernommen, indem er den Kläger beraten und betreut habe. Dieses Angebot habe dieser durch die Beantragung des vorgeschlagenen Versicherungsvertrages auch angenommen. Zieht der Agent danach beipielsweise Angebote verschiedener Versicherer in Betracht, vergleicht er Versicherungsangebote mit dem von ihm selbst erstellten Angebot, nutzt er einen Stempel, mit dem er den Eindruck eines umfassend tätigen unabhängigen Beratungsunternehmens erweckt, oder veranlasst er beispielsweise die Einholung eines Wertgutachtens, kann dies für eine Maklertätigkeit sprechen.

Da der Agent den Kläger nicht von der Ablehnung des Versicherungsantrags durch die Versicherung unterrichtet hatte und sich nicht um anderweitigen Versicherungsschutz gekümmert hatte, wurde er im Verfahren zum Schadensersatz verurteilt, den der Kläger aufgrund fehlenden Versicherungsschutzes erlitten hatte.

BFH : Umsatzsteuer im Strukturvertrieb?

Sind Provisionen, die ein Vermittler von Versicherungs- und Finanzdienstleistungen aus der Vermittlung von Geschäften von Untervermittlern erhält, umsatzsteuerpflichtig?

Die gängige Praxis sah bisher keine Umsatzsteuerpflicht.

Der Bundesfinanzhof entschied jedoch am 30.10.2008 unter dem Aktenzeichen V R 44/07 anders. Die Richter waren nämlich der Ansicht, dass diese Provisionen des Handelsvertreters nur dann umsatzsteuerfrei gewesen wären, wenn er bei jedem einzelnen von seinen nachgeordneten Vermittlern abgeschlossenen Vertrag einen persönlichen Beitrag zur Vermittlung geleistet hätte.

Da der Handelsvertreter mit der eigentlichen Vermittlertätigkeit nichts mehr zu tun hatte – er betreute, schulte und überwachte schließlich nur noch Abschlussvermittler – müsse er jetzt auch Umsatzsteuer zahlen.

Schließlich, so das Gericht, sei der Zweck der Befreiung von der Umsatzsteuer, alles Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, an dessen Inhalt der Vermittler kein Eigeninteresse hat. Nur eine solche Tätigkeit sei eindeutig umsatzsteuerfrei. Eine solche Tätigkeit hatte der Kläger in dem obigen Verfahren jedoch nicht ausgeübt. Er hatte mit der eigentlichen Vermittlung nichts mehr zu tun.

Im Übrigen waren die Richter der Auffassung, dass ihre Entscheidung sowohl für die Vermittlung von Finanzdienstleistungen als auch auf die Vermittlung von Versicherungen anzuwenden sei.

Ob diese Entscheidung Auswirkungen darauf hat, ob solche Vertreter nun eine Erlaubnis gemäß § 34 d GewO benötigen, hatte das Gericht nicht zu entscheiden. Dies bleibt anzuwarten.

Möglicherweise sind dann Führungskarrieren im Versicherungsbetrieb auch wieder ohne Sachkundenachweis, Vermögensschadenshaftpflichtversicherung und Registereintrag möglich.

Die Entscheidung des BFH wirft viele Fragen auf.

Makler haftet auch bei unterlassener Aufklärung

Am 16.07.2009 entschied der Bundesgerichtshof, dass ein Makler dafür haften muss, wenn er über Fristen (hier Fristen zur ärztlichen Feststellung einer Invalidität) den Kunden nicht informiert.

Der Makler hatte bereits vor dem Oberlandesgericht verloren. Die Entscheidung wurde lediglich bestätigt.

Am 04.08.2002 erlitt der Kläger einen Motorradunfall in der Schweiz. Der Makler unterstützte den Kläger bei der Geltendmachung der Ansprüche gegen die verschiedenen Versicherer. Innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall gab keiner der behandelnden Ärzte eine schriftliche Erklärung über die unfallbedingte Invalidität des Klägers ab.

Deshalb hatte sich der Unfallversicherer auf die Ausschlussfrist gemäß § 7 Abs. 1 der Versicherungsbedingungen berufen und zahlte nicht.

Der Makler habe dem Kläger gegenüber eine Nebenpflicht verletzt und hafte deshalb gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Die Klausel sei für einen Versicherungsnehmer nicht einfach zu verstehen und nicht erkennbar. Der Makler mit allen Erfahrungen hätte über die Klausel informieren müssen.

Zwar hätte der Kläger die Lektüre der Versicherungsbedingungen lesen müssen. Diese Verpflichtung bestand jedoch nur gegenüber dem Versicherer, nicht jedoch gegenüber dem Makler, so dass sich der Makler darauf nicht berufen kann.

Handelsvertreter sind keine Makler – AWD-PR-Mensch Béla Anda will nichts von ominösen „Maklervollmachten“ wissen

Wie oft hatte ich es in Diskussionsforen etwa bei Wikipedia, Meinungsforen oder hier im Blog erfolglos zu erklären versucht: Handelsvertreter sind keine Makler!

Mir selbst gegenüber gab sich Ende letzten Jahres ein Handelsvertreter noch als Makler aus und glaubte dies wirklich, denn seine Firma sei ja Makler… Unfug!

Handelsvertreter sind gerade keine Makler. In der Literatur stößt man auch schon mal auf den Begriff „Pseudomakler“.

Jetzt ist das Spielchen um eine Variante reicher: Wie Versicherungstip/Markt intern berichtet, ließen sich offenbar AWD-Handelsvertreter „Maklervollmachten“ ausstellen. Der Deutsche Rentenschutzbund e.V. schickte vor zwei Wochen dem AWD-Sprecher Béla Anda einen Brief, in dem dieser konkret auf die seltsame Masche angesprochen wurde. Daraufhin machte Anda auf „dumm“ und forderte Belege ein,  bereits hat. Diese „raffinierte“ PR-Strategie kommentiert „Versicherungstip“/“markt intern“-Chefredateur Erwin Hausen mit deutlichen Worten:

„Entweder lügt Béla Anda vorsätzlich oder die AWD-Zentrale hat tatsächlich keine Ahnung, was AWD Handelsvertreter für ein Unwesen treiben. Denn es handelt sich nicht um eine bloße Behauptung, sondern um eine belegbare Tatsache, daß AWD Vertreter Maklervollmachten generieren.“

Herr Anda wird dieser Tage auch so schon viel zu tun haben, um das Image von AWD auzupolieren. Hier etwa ein aktueller Beitrag des ZDF-Mittagsmagazins zur Qualität der deutschen Finanzberatung.

Was bin ich? Handelsvertreter sind keine Makler

In Finanzvertrieben eingebundene Handelsvertreter behaupten immer wieder, sie seien Makler oder faktisch Makler. Als solche stünden sie im Lager der Kunden und wären der strengen Maklerhaftung ausgsetzt.

Um es vorweg zu nehmen: Mumpitz. Handelsvertreter sind Handelsvertreter, und die wahren nun einmal laut Gesetz die Interessen des vermittelten Versicherers, vgl. § 84 HGB („Unternehmer“).

Es gibt bei den Finanzvertrieben das strukturelle Problem, dass viele Rechtsfragen, die auf die normale Dreierbeziehung „Kunde“ – „Vermittler“ – „vermittelter Versicher“ nicht ohne weiteres auf die Konstruktion der „vierten Partei“, dem Finanzvertrieb, übertragen werden können. Es gibt hier viele Zwitterkonstellationen. So spielen die Finanzvertriebe gegenüber den Handelsvertretern mal die Rolle des „Quasi-Arbeitgebers“, mal die Rolle des selbständigen Partners. Gegenüber den Versicherern nehmen Finanzvertriebe die Rolle des Maklers ein, denn denen gegenüber benötigen sie auch eine Maklerlizenz.

Die einzelnen Handelsvertreter jedoch sind keine BGB-Makler und sind auch nicht entsprechend dem Kunden zu Loyalität verpflichtet, s.o. Die einzelnen Handelsvertreter haften praktisch nie persönlich, wie es ein Makler täte, der wiederum verpflichtet ist, das gesamte Marktspektrum zu berücksichtigen, was der Finanzvertrieb selbst könnte, nicht aber dessen Handelsvertreter, denen nur vom Finanzvertrieb lizensierte Produkte zur Vermittlung erlaubt sind. In vielen Finanzvertrieben wissen die Strukkis auch nicht, welchen Schnitt der Finanzvertrieb an diesen Produkten macht.

Nun argumentiert heute in einer Internet-Diskussion so eine verirrte Seele, Strukkis seien faktisch Makler und beruft sich unter hartnäckiger Verweigerung einer inhaltlichen Diskussion auf ein Urteil des Landgerichts Ulm 10 O 87/07 KfH vom 28. August 2007. Obwohl dieses Urteil in deutscher Sprache verfasst ist und nicht am juristischen Hochreck turnt, scheint mancher damit überfordert zu sein. Daher werde ich es an dieser Stelle kurz erklären.

In dem Fall hatte die Klägerin (eine Strukkibude) erfolglos versucht, ihrem Handelsvertreter per einstweiliger Verfügung verbieten zu lassen, sich „als Makler zu gerieren“ (als Makler auszugeben).

Spätestens auf S. 10 („II.“) müsste einem aufgeweckten Leser also klar sein, dass hier gar nicht der typische Strukki-Fall vorliegt. Hier hatte nämlich ein Handelsvertreter im eigenen Namen ein Geschäft mit einem Kunden gemacht. Schuldner der „Beratungsleistung“ war in diesem konkreten Fall allein der Handelsvertreter gewesen, nicht die Strukkibude. Mit anderen Worten: Der Strukki hatte seine Strukkibude umgangen. Der im konkreten Fall betroffene Strukki hatte sogar einen Antrag auf Registrierung als Versicherungsmakler gestellt. Das ist etwas völlig anderes als ein Handelsvertreter.

Da es die Strukkibude war, die ihrem eigenen Mann die Bezeichnung „Makler“ verbieten wollte und (erfolglos) behauptete, an dem Geschäft teilzunehmen, sollte langsam klar sein, dass sogar die Finanzvertriebe ihre Leute nicht als Makler verstanden wissen wollen.

NICHT „geklärt“ hat das Gericht übrigens, ob sich der Strukki schon „Makler“ nennen durfte. Das Gericht hat lediglich entschieden, dass die Strukkibude keinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen ihn hatte (S. 11). Mit anderen Worten: Wenn der Handelsvertreter im eigenen Namen mit den Kunden Geschäfte macht und diese betrügt, dann geht das die Strukkibude insoweit nichts an.

Die meisten Leute lesen aber nicht bis S. 11, sondern schaffen es nur bis S. 8, wo sie lesen:

Nach den Definitionen des VVG ist der Verfügungsbeklagte Versicherungsmakler. Denn er ist nicht von einem Versicherer oder einem Versicherungsmakler mit der Vermittlung/dem Abschluss von Versicherungsverträgen betraut.

Ist er auch nicht. Denn der Strukki trat selbst als Geschäftspartner auf und ließ den Finanzvertrieb außen vor. (In den meisten Handelsvertreter-Verträgen ist vereinbart, dass man während der Vertragsdauer keine solche Geschäfte im eigenen Namen tätigen darf. Das hätte also die klagende Strukkibude höchstwahrscheinlich verbieten wollen. Sie hatte aber nicht entsprechend vorgetragen, sondern war von ihrer Beteiligung ausgegangen, ohne diese jedoch ausreichend glaubhaft zu machen.)

Handelsvertreter einer Strukkibude sind aber nunmal von der Versicherungswirtschaft damit betraut, Versicherungsverträge zu vermitteln. Daran ändert auch ein zwischengeschalteter Finanzvertrieb nichts.

Makler wären verpflichtet, im Auftrag des Kunden das gesamte zumutbare Marktspektrum in ihre Empfehlung einzubeziehen und erhalten hierfür vom Kunden eine vereinbarte Courtage. Sie werden für den Kunden tätig. Makler bekommen auch nicht von Premiumpartnern Incentives und ähnliche verdeckte Provisionen.

Handelsvertreter hingegen verpflichten sich dem Finanzvertrieb und dessen Partnerversicherungen. Sie haben in der Regel nur ein Spektrum an vom Finanzvertrieb lizensierten Versicherern zur Auswahl. Handelsvertreter bekommen ihr Geld nicht direkt vom Kunden, sondern vom Versicherer, wobei der Finanzvertrieb das Geschäft abwickelt und sich seine Provision abgreift. Die Loyalität des Handelsvertreters gebührt der Hand, die ihn füttert, also seinem Finanzvertrieb und den Versicherern. So steht es auch geschrieben!

Wenn also fromme Strukki-Jünger, die ihre Produkte anhand von Provisionstabellen bewerten, mit stolz geschwellter Brust auf Wikipedia verkünden, sie würden ihren Kunden gegenüber wie ein Makler haften, so kann man sich einen Reim darauf machen, welche Beratungsleistungen man von diesen Talenten zu erwarten hat.