RA Kai Behrens

OLG Karlsruhe : Pauschale Vorschüsse dürfen nicht zurück gefordert werden

Am 18.02.2010 entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe, dass pauschale Provisionsvorschüsse nicht zurückgefordert werden dürfen.

Wenn pauschale Provisionsvorschüsse zurückgefordert werden, führt eine solche Ausgestaltung faktisch dazu, dass dem beklagten Handelsvertreter die Möglichkeit zu einer eigenen außerordentlichen Kündigung genommen bzw. zumindest erheblich erschwert wurde. Das Recht der außerordentlichen Kündigung sollte nämlich gemäß dem Vertrag unberührt bleiben.

In diesem Fall waren die Vorschusszahlungen nicht nur etwa kurzfristig, gar im Sinne einer Anschubfinanzierung, sondern sehr langfristig und betraglich sogar ansteigend konzipiert.

Sie diente also einer langfristigen Bindung des Beklagten an die Klägerin und darin war eine Beschränkung von dessen Kündigungsfreiheit zu sehen. Die Vereinbarung war gemäß § 89 a Abs. 1 Satz 2 HGB in Verbindung mit § 134 BGB nichtig.

Oberlandesgericht Karlsruhe vom 18.02.2010 Aktenzeichen 1 U 113/09

Ostern

Ich wünsche allen Lesern dieses Blogs, und sicher auch im Namen aller anderen Autoren, ein paar schöne und erholsame Feiertage bei allerschönstem Wetter !

Rechtsanwalt Kai Behrens

Rothenburg 14-16

48143 Münster

Jesus hat Sie lieb

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat heute entschieden, dass eine fristlose Kündigung gegenüber einem Mitarbeiter eines Callcenters wirksam ist. Dieser verabschiedete sich bei den Kunden stets mit den Worten „Jesus hat Sie lieb“.

In Bochum beim Arbeitsgericht war das noch erlaubt.

Hinweis von mir : Trotz aller Bewunderung einiger Führungspersönlichkeiten großer Unternehmen bis hin zur „Göttlichkeit“ dürften auch im Handelsvertreterrecht ähnliche Begrüßungsfloskeln verboten sein.

OLG Braunschweig : Bei den 2007er- Verträgen Arbeitsgericht zuständig

Am 05.10.2010 entschied das Oberlandesgericht Braunschweig, dass in einem Rechtsstreit der Deutschen Vermögensberatung DVAG gegen einen Vermögensberater, dass das Arbeitsgericht zuständig ist – und nicht das Landgericht. Das Oberlandesgericht begründet den Beschluss damit, dass der Vermögensberater als so genannter Ein-Firmen-Vertreter im Sinne des § 92 a Abs. 1 Satz 1 HGB tätig war. Aufgrund der vertraglichen Regelung war ihm die Ausübung einer anderweitigen Beratungs- , Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit nicht möglich.

Maßgeblich ist der Vertrag von 2007!

Nach diesem Vertrag muss der Vermögensberater, wenn er woanders arbeiten will, dies der DVAG anzeigen. Drei Wochen später dürfe er dann gemäß Vertrag die andere Tätigkeit beginnen.

Das Gericht sah darin ein anderweitiges Arbeitsverbot für 21 Tage!

Schließlich darf der Vermögensberater innerhalb dieser Frist keine anderweitige Erwerbstätigkeit auch nicht für ein Unternehmen, das nicht in Konkurrenz zu ihrem Unternehmen steht, aufnehmen. Hinzu kommt, dass die DVAG mit dieser vertraglichen Regelung zugleich dem Vermögensberater die Möglichkeit genommen hat, für andere Unternehmen unabhängig von einer Konkurrenzsituation tätig zu werden, die verlangen, dass die mit ihnen vereinbarten Verträge nicht anderen Unternehmen offen gelegt werden dürfen.

Schließlich ist der Fristablauf von 21 Tagen unter anderem davon abhängig, dass alle notwendigen Unterlagen der Klägerin vorgelegt werden, wozu auch solche Verträge gehören. Darüber hinaus kann der Vermögensberater aufgrund dieser Vereinbarung auch nicht für Unternehmen tätig werden, die darauf angewiesen sind, kurzfristig die von der DVAG angebotene Leistung zu erhalten und nicht drei Wochen warten können.

Es gibt Entscheidungen, die von dem des OLG Braunschweig abweichen.

MLP tritt auf die Sparbremse

MLP will Stellen streichen und Kosten senken.

So stehts hier.

Wer ist zuständig beim 2007er-Vertrag ? Arbeitsgericht oder Amts/Landgericht ?

Der Streit, ob das Arbeitsgericht oder die ordentliche Gerichtsbarkeit für Vermögensberater zuständig sind, geht weiter. Ich hatte schon desöfteren darüber berichtet.

Das Landgericht Magdeburg hatte am 08.11.2010 in einem – nicht rechtskräftigen – Beschluss entschieden, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht eröffnet ist, stattdessen das Arbeitsgericht zuständig sei.

Streitgegenständlich war eine Klausel im Handelsvertretervertrag, wonach eine anderweitige Tätigkeit des Vermögensberaters der Einwilligung durch die Gesellschaft bedurfte.

Das Landgericht Stuttgart hatte in einer Verfügung vom 22.03.2011 darauf hingewiesen, sich dieser Auffassung ebenfalls anschließen zu wollen. Eine Entscheidung ist jedoch noch nicht erfolgt.

Entgegenstehende Entscheidungen: Landgericht Chemnitz, Landgericht Ellwangen, Landgericht Heidelberg und andere.

OLG hatte für einfallsreiches Ehepaar kein Verständnis

Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied am 23.03.2011, dass eine Beratung zu einer Wohnungsfinanzierung grotesk sein kann und massiv gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden verstößt.

Hintergrund:

Der Ehemann einer Finanzierungsberaterin betreibt eine Liegenschaftsgesellschaft.

Die Beraterin wurde angesprochen, weil ein junges Paar mit zwei Kindern ein Haus erwerben wollte.

Die Beraterin erklärte, dass es für eine Finanzierung besser sei und man dem Stand gegenüber der zu finanzierenden Bank verbessern würde, wenn zuvor eine Eigentumswohnung gekauft würde. Diese hatte die Beraterin dann auch sofort zur Hand – zu einem Preis von 129.000,00 €.

Die Beraterin konnte dann noch Renovierungsarbeiten für ca. 10.000,00 € in der Wohnung akquirieren.

Das Ehepaar hatte dann den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten. Man geriet in eine finanzielle Schieflage. Das inzwischen ebenfalls erworbene Reihenhaus konnte noch finanziert werden, die Wohnung konnte jedoch nicht genügend Miete abwerfen, so dass man danach vors Gericht zog.

Vor dem Landgericht hatte das Ehepaar noch Schiffbruch erlitten, vor dem Oberlandesgericht Nürnberg war es dann anders.

Das Oberlandesgericht bewertete dies als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, sprach im Urteil von „nur als grotesk“ und dass keine seriös arbeitende Bank in Kenntnis der wahren Verhältnisse der Kläger diesen gleichzeitigen Ankauf zweier Objekte finanziert hätte. Die damit einhergehende Existenzgefährdung der Kläger sei ihr völlig gleichgültig gewesen. Ihr und ihrem Ehemann, mit dem sie arbeitsteilig die Ersteigerung und den sofortigen Weiterverkauf der Eigentumswohnung betrieben habe, sei es ausschließlich um Gewinnmaximierung gegangen.

Es musste etwa 140.000,00 € als Schadenersatz geleistet werden.

Oberlandesgericht Nürnberg Urteil vom 23.03.2011 Aktenzeichen 2 U 417/10

Was Juristen können

Was Juristen können – Vorsicht Satire !

Landgericht : Zerrüttete Struktur kann Kündigung rechtfertigen

Ein Strukturvertrieb verfolgte die Feststellung der Unwirksamkeit zweier von einem Handelsvertreter ausgesprochener fristloser Kündigungen. Er forderte die Unterlassung wettbewerbswidrigen Verhaltens und verlangte Auskunft und Schadenersatz sowie die Zahlung einer Vertragsstrafe.

Ein Landgericht entschied im August 2010, dass dem Handelsvertreter ein Recht zur fristlosen Kündigung zustand.

Ein wichtiger Grund war gegeben. Ein solcher liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Der Handelsvertreter begründete die Kündigung mit der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zu seinem Vorgesetzten. Das Landgericht kam zu der Auffassung, dass sich der Vertrieb das Verhalten ihres vorgesetzten Mitarbeiters zurechnen lassen muss, nachdem diese unstreitig in einem hierarchischen Verhältnis stehen und die übergeordneten Handelsvertreter insoweit betreuende Aufgaben für den Vertrieb ausüben.

Der Vorwurf des Vorgesetzten sollte nach Ansicht des Gerichts für die Kündigung genügen.

Im Übrigen erkannte das Gericht, dass die zwei-Wochen-Fristen des § 626 Abs. 2 BGB keine Anwendung finden würde. Diese könnte auch überschritten werden, solange sie kürzer als zwei Monate ist.

Folglich war der Vertrag mit Ausspruch der Kündigung beendet.

Auskunftsansprüche, Schadenersatzansprüche waren somit ausgeschlossen.

Aufgrund des beendeten Vertrages durfte der Handelsvertreter selbstverständlich dann auch für die Konkurrenz tätig werden.

Auch Ansprüche wegen der Vertragsstrafe konnte der Vertrieb nicht durchsetzen. Das Gericht hielt nämlich die vertragliche Vereinbarung für unwirksam wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das Transparentgebot verlangt, dass eine Regelung möglichst klar und durchschaubar dargestellt wird. Dabei ist auf die Verständnismöglichkeit des aufmerksamen und sorgfältigen Vertragspartners abzustellen.

Die streitgegenständliche Klausel aus dem Handelsvertretervertrag sieht eine Vertragsstrafe pauschal von 25.000,00 € beschränkt auf einen Betrag, der den sechsmonatigen Provisionsbezügen des Handelsvertreters entspricht. Gerade nach dem es sich hier um die Vereinbarung einer Vertragsstrafe und der Höhe handelt, muss die Folge eines Verstoßes konkret absehbar sein. Die Regelung stellt auf Provisionsbezüge ab, ohne dass klar ist, welche Provisionsbezüge hier Einklang finden. Die Klägerin trägt selbst vor, dass Provisionen unter Umständen auch nach längerer Zeit ganz oder teilweise zurückgefordert werden, wenn ein Kunde das vermittelte Produkt storniert. Somit ist aus der Regelung nicht ersichtlich, ob solche Provisionen, die nachträglich zurückgefordert werden, in die Höhe der Vertragsstrafe einfließen.

Eine klarere Fassung der Vertragsstrafenhöhe wäre ohne weiteres möglich.

Im Übrigen fehle es hier an einem konkreten Abwerbeversuch. Die Zeugen konnten einen Abwerbeversuch nicht konkret darlegen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Handelsvertreterausgleich : Altersversorgung auch ohne Vereinbarung anrechenbar

Auf der Seite der Rechtsanwälte Bach, Langheid und Dallmayr fand ich ein interessantes Urteil zum Handelsvertreterausgleich.

Das Oberlandesgericht München urteilte am 10.11.2010, dass auch ohne ausdrückliche Vereinbarung eine hälftige Anrechnung auf den Ausgleich der vom Unternehmer freiwillig geleisteten Altersversorgung stattfindet – auch wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart wurde.

1.

Haben Unternehmer und Handelsvertreter keine Vereinbarung über die Anrechnung der vom Unternehmer freiwillig geleisteten Altersversorgung auf den Handelsvertreterausgleich geschlossen, entspricht eine hälftige Anrechnung der Altersversorgung der Billigkeit im Sinne des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB neue Fassung (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB alte Fassung), wenn die Fälligkeitsdifferenz zwischen Ausscheiden des Handelsvertreters und dessen Eintritt in den Ruhestand 9 Jahre und 16 Tage beträgt, die Altersversorgung aus Rechtsgründen weder veräußert oder beliehen noch zurückgekauft werden kann, der Handelsvertreter beim Unternehmer 30 Jahre, davon 29 Jahre im Außendienst, davon wiederum ca. 19 Jahre als selbständiger Handelsvertreter beschäftigt war, er bei Ausscheiden kurz vor Vollendung des 56sten Lebensjahres stand und seine berufliche Wiedereingliederung aufgrund seines beruflichen Lebensweges erheblich erschwert ist.

2.

Steuerliche Vorteile, welche der Unternehmer, hier ein Versicherungsunternehmen, aus der Altersversorgung gezogen hat, bleiben bei der Berücksichtigung des auf den Handelsvertreter Ausgleichs anzurechnenden Betrages außer Betracht (in Übereinstimmung mit BGH NJW 1966, 1964). Entsprechendes gilt für einen etwaigen Gewinn, den das Unternehmen mit der Altersversorgung erwirtschaftet hat.

Oberlandesgericht München Urteil vom 10.11.2010 Aktenzeichen 7 U 3385/10 (nicht rechtskräftig)

BGH : Anlagevermittler muss nicht unaufgefordert über Provisionen aufklären

Am 03.03.2011 entschied der Bundesgerichtshof, dass ein nicht bankmäßig gebundener Anlagenvermittler keine generelle Pflicht habe, unaufgefordert über ihn zu fließende Provisionen aufzuklären.

Er darf zwar keine falschen oder irreführenden Angaben machen, er müsse grundsätzlich jedoch zu seinen Provisionen nichts sagen. Nur dann, wenn die Höhe der Provisionen 15 % des einzubringenden Kapitals überschreiten, muss er unaufgefordert über Vertriebsprovisionen Aufklärung geben.

Vorliegend hatte ein vorinstanzliches Gericht in einem Anlageprospekt einen Beratungsfehler gesehen. In diesem Prospekt waren die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung/Eigenkapitalvermittlung mit 4,9 % des Beteiligungskapitals zuzüglich des Agios von 5 % angegeben. Darüber hinaus soll bekannt gewesen sein, dass von Seiten der Fond-Gesellschaft Provisionen gezahlt würden.

Der BGH entschied, dass der Anlagenvermittler nähere Informationen nicht hat abgeben müssen. Insbesondere musste er auch nicht exakte Angaben zur Provisionshöhe machen.

Der BGH gab damit dem Anlageberater Recht und hob eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf.

Anders ist es jedoch, wenn die Beratung über eine Bank erfolgt. Banken müssen über Provisionen, Ausgabeaufschläge und Verwaltungskosten den Kunden in Kenntnis setzen. Der Bankkunde soll davor geschützt werden, dass ohne sein Wissen Rückvergütungen versprochen werden, die auf Seiten der Bank einen Interessenskonflikt entstehen lassen. Dies verlange der Gedanke des Vertrauensschutzes sowie der Aufdeckung vertragsgefährdender Interessenskonflikte.

Damit hat der BGH seine Rechtsprechung bestätigt.

BGH vom 03.03.2011 Aktenzeichen III ZR 170/10