RA Kai Behrens

Handelsvertreterausgleich : Altersversorgung auch ohne Vereinbarung anrechenbar

Auf der Seite der Rechtsanwälte Bach, Langheid und Dallmayr fand ich ein interessantes Urteil zum Handelsvertreterausgleich.

Das Oberlandesgericht München urteilte am 10.11.2010, dass auch ohne ausdrückliche Vereinbarung eine hälftige Anrechnung auf den Ausgleich der vom Unternehmer freiwillig geleisteten Altersversorgung stattfindet – auch wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart wurde.

1.

Haben Unternehmer und Handelsvertreter keine Vereinbarung über die Anrechnung der vom Unternehmer freiwillig geleisteten Altersversorgung auf den Handelsvertreterausgleich geschlossen, entspricht eine hälftige Anrechnung der Altersversorgung der Billigkeit im Sinne des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB neue Fassung (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB alte Fassung), wenn die Fälligkeitsdifferenz zwischen Ausscheiden des Handelsvertreters und dessen Eintritt in den Ruhestand 9 Jahre und 16 Tage beträgt, die Altersversorgung aus Rechtsgründen weder veräußert oder beliehen noch zurückgekauft werden kann, der Handelsvertreter beim Unternehmer 30 Jahre, davon 29 Jahre im Außendienst, davon wiederum ca. 19 Jahre als selbständiger Handelsvertreter beschäftigt war, er bei Ausscheiden kurz vor Vollendung des 56sten Lebensjahres stand und seine berufliche Wiedereingliederung aufgrund seines beruflichen Lebensweges erheblich erschwert ist.

2.

Steuerliche Vorteile, welche der Unternehmer, hier ein Versicherungsunternehmen, aus der Altersversorgung gezogen hat, bleiben bei der Berücksichtigung des auf den Handelsvertreter Ausgleichs anzurechnenden Betrages außer Betracht (in Übereinstimmung mit BGH NJW 1966, 1964). Entsprechendes gilt für einen etwaigen Gewinn, den das Unternehmen mit der Altersversorgung erwirtschaftet hat.

Oberlandesgericht München Urteil vom 10.11.2010 Aktenzeichen 7 U 3385/10 (nicht rechtskräftig)

BGH : Anlagevermittler muss nicht unaufgefordert über Provisionen aufklären

Am 03.03.2011 entschied der Bundesgerichtshof, dass ein nicht bankmäßig gebundener Anlagenvermittler keine generelle Pflicht habe, unaufgefordert über ihn zu fließende Provisionen aufzuklären.

Er darf zwar keine falschen oder irreführenden Angaben machen, er müsse grundsätzlich jedoch zu seinen Provisionen nichts sagen. Nur dann, wenn die Höhe der Provisionen 15 % des einzubringenden Kapitals überschreiten, muss er unaufgefordert über Vertriebsprovisionen Aufklärung geben.

Vorliegend hatte ein vorinstanzliches Gericht in einem Anlageprospekt einen Beratungsfehler gesehen. In diesem Prospekt waren die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung/Eigenkapitalvermittlung mit 4,9 % des Beteiligungskapitals zuzüglich des Agios von 5 % angegeben. Darüber hinaus soll bekannt gewesen sein, dass von Seiten der Fond-Gesellschaft Provisionen gezahlt würden.

Der BGH entschied, dass der Anlagenvermittler nähere Informationen nicht hat abgeben müssen. Insbesondere musste er auch nicht exakte Angaben zur Provisionshöhe machen.

Der BGH gab damit dem Anlageberater Recht und hob eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf.

Anders ist es jedoch, wenn die Beratung über eine Bank erfolgt. Banken müssen über Provisionen, Ausgabeaufschläge und Verwaltungskosten den Kunden in Kenntnis setzen. Der Bankkunde soll davor geschützt werden, dass ohne sein Wissen Rückvergütungen versprochen werden, die auf Seiten der Bank einen Interessenskonflikt entstehen lassen. Dies verlange der Gedanke des Vertrauensschutzes sowie der Aufdeckung vertragsgefährdender Interessenskonflikte.

Damit hat der BGH seine Rechtsprechung bestätigt.

BGH vom 03.03.2011 Aktenzeichen III ZR 170/10

In die schwarze Liste bei hoher Lebensversicherung

Die Versicherungsbranche will ihre „schwarze Liste“ ausweiten. Die schwarze Liste, Hinweis- und Informationssystem genannt, wird ab dem 01.04.2011 von der Firma IIRFP neu konzipiert. Nur für diesen Zweck wurde die IIRFP gegründet und soll mit den angeschlossenen Versicherungen eine Auskunftei bieten.

Die schwarze Liste, auch Uni-Wagnis genannt, soll nun endlich die Anforderungen an das Datenschutzgesetz erfüllen. Nun sollen sich auch betroffene hier melden können, eine Selbstauskunft verlangen können und Anspruch auf Korrektur oder Löschung falscher Tatbestände haben.

Gespeichert werden so genannte atypische Schadenhäufigkeit (im Rechtsschutz sind dies vier Versicherungsfälle in 12 Monaten, ansonsten drei in 24 Monaten) oder Hinweise auf betrügerische Tätigkeiten. Auffällig wird bereits, wer mit seinem Auto einen Totalschaden abwickelt, eine Totalentwendung anzeigt oder ab einer bestimmten Schadenhöhe die Abrechnung auf Gutachterbasis verlangt.

Ebenso können dort so genannte erhöhte Risiken, wie besonders gefährliche Berufe oder Vorerkrankungen eingetragen werden.

Kosten entstehen zwischen 4 und 15 Cent pro Anfrage. Private Krankenversicherer können die Daten nicht erhalten.

Jedes Jahr entsteht der Branche durch Betrug ein Schaden in Höhe von 4 Milliarden Euro, bei Beitragseinnahmen von etwa 180 Milliarden Euro (2010). Nach Schätzungen des GDV steckt hinter jeder zehnten Schadenmeldung ein Betrug, meistens bei Autohaftpflicht und Hausrat.

Wichtige Neuerung: Kunden werden künftig informiert, wenn sie registriert werden.

In die Datei wird zudem aufgenommen, wer ein Lebensversicherung mit einer Versicherungssumme von mehr als 100.000,00 € abschließt oder eine Berufsunfähigkeitspolice mit einer Rente von mehr als 9.000,00 € jährlich, oder wenn eine Eintragung aufgrund eines Punktesystems erforderlich wird.

BGH : Anlagevermittler haftet

Am 07.02.2011 entschied der Bundesgerichtshof, dass ein Anlagevermittler verpflichtet ist, eine Plausibilitätsprüfung durchzuführen.

Ein Kunde hatte sich mit seiner Ehefrau im Jahre 1997 an einem geschlossenen Immobilien-Fond beteiligt. Dies geschah auf Anraten eines Anlagevermittlers.

Der einzuzahlende Betrag wurde durch einen Bankkredit finanziert. Der Fond wurde durch einen Prospekt bzw. durch eine Modellberechnung dem Kunden erläutert.

Nicht erläutert wurde jedoch, dass 20 % für Kosten, davon allein 12 % für Provisionen, mit in die Berechnung hätte einfließen müssen. Darüber hatte der Vermittler nicht aufgeklärt.

Der Kunde verlangte Schadenersatz und verlangte die Rückabwicklung des Vertrages.

Das Gericht entschied nun:

Die vorgelegten Modelberechnungen enthielten ein falsches Bild, weil die Kosten für den Fond nicht berücksichtigt wurden. Ein Vermittler ist jedoch dazu verpflichtet, über alle wichtigen Umstände einer Anlageentscheidung aufzuklären. Er muss es auf seine wirtschaftliche Plausibilität hin überprüfen.

Die Modellberechnungen enthielten weitere Fehler, nämlich z.B. den, dass die Wertsteigerung bei 6,5 % hätte liegen müssen, um die ausgewiesene Rendite erzielen zu können. Berechnet wurde jedoch eine Wertsteigerung mit 3%.

Die Angelegenheit wurde an die Vorinstanz zurückgegeben.

Urteil des Bundesgerichtshofes vom 17.02.2011 Aktenzeichen III ZR 144/10

OLG Düsseldorf : Ausgleichsanspruch darf durch Prognose berechnet werden

Am 25.06.2010 entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass die Berechnung des Ausgleichsanspruches gemäß § 89 b HGB grundsätzlich im Wege einer Prognose vorgenommen werden kann. Es sind die Provisionen zu berücksichtigen, die der Handelsvertreter mit den von ihm geworbenen (Stamm-) Kunden im letzten Vertragsjahr erzielt hat, über die zu erwartenden Verlust nach Vertragsende über einen bestimmten Zeitraum vorgenommen werden.

§ 89 b Abs. 1 HGB wurde kürzlich geändert. Der Europäische Gerichtshof verlangte, dass die Begrenzung des Ausgleichsanspruches auf die vertraglichen Provisionsverluste nicht zulässig sei. Dies berücksichtigt der Deutsche Gesetzgeber in der nunmehr geänderten Fassung des § 89 b Abs. 1 HGB, wonach als Voraussetzung für einen Ausgleichsanspruch der nachvertragliche Unternehmensvorteil unverändert bestehen bleibt.

In den Fällen, in denen der Handelsvertreter früher keinen Ausgleich erhielt (z.B. wenn er nur eine Einmal-Provision erhalten hatte) sind nunmehr Ausgleichsansprüche nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn der Unternehmer oft über Jahre hinweg von dem Abschluss solcher Verträge erhebliche Vorteile erzielt. Hier besteht Hoffnung, dass solche Ausgleichsansprüche in Zukunft zur Auszahlung kommen.

Zu bedenken ist jedoch, dass der BGH am 29.03.1990 entschieden hatte, dass gemäß § 287 ZPO eine tatrichterliche Schätzung vorgenommen werden darf, als dass die dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verbleibenden Vorteile aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, der Höhe nach identisch sind mit den Provisionsverlusten, den der Handelsvertreter in Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses erleidet. Sollte der BGH diese Rechtsprechung aufrechterhalten und weiterhin diese Berechnung als Grundlage heranziehen, könnte dies dazu führen, dass trotz der geänderten Gesetzeslage im Ergebnis keine neuen Entscheidungen zu erwarten sind.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 25.06.2010 – Aktenzeichen I – 16 U 191/09
BGH-Urteil vom 29.03.1990 – Aktenzeichen I ZR 2/98 – in WM 1990, 1496

…Und nun auch im Netz

Der Artikel in DasInvestment.Com ist auch auch hier ersichtlich.

Das Investment

Im März- Heft von Das Investment steht ein von mir geschriebener Artikel. Auf diesem Wege vielen Dank an die Redaktion. Er ist nur in der Printausgabe erhältlich.

Haftungsgrund : Verschwiegene Provisionen

Das Oberlandesgericht Oldenburg gab in einem Urteil vom 10.03.2011 einem Bankkunden Recht, der sich in Form einer Kapitalanlage an einem größeren Wohnkomplex beteiligt hat und sich hinsichtlich der Provisionen getäuscht fühlte.

Das Oberlandesgericht Oldenburg dazu:
„Hat ein finanzierendes Geldinstitut gewusst oder wissen müssen, dass ein Käufer eine Immobilie oder eines Anteils an einem Immobilienfond arglistig vom Verkäufer bzw. Vermittler getäuscht worden ist, sollte es keinen Anspruch auf Rückzahlung des für die Finanzierung gewährten Darlehens“.

Die beklagte Bank hatte die Finanzierung ausschließlich übernommen. In dem Anlageprospekt stand nichts davon, dass der Vermittler (hier eine Treuhändergesellschaft) eine Innenprovision von über 18 % erhalten sollte.

Als der Kläger davon erfuhr, fühlte er sich getäuscht.

Auch das Oberlandesgericht Oldenburg sah darin eine arglistige Täuschung und stoppte eine Zwangsvollstreckung, die die Bank aufgrund des Darlehensvertrages gegen den Kunden bereits begonnen hatte.

Die Bank hätte zwar grundsätzlich nicht auf die Innenprovision hinweisen müssen. Wegen der unzureichenden oder fehlenden Angaben im Anlagenprospekt hat die Bank keinen Anspruch auf Zahlung des zur Finanzierung gewährten Darlehens. Schließlich, so das Gericht, hätte sich der Kläger nicht an der Immobilie beteiligt, wenn er von der Innenprovision Kenntnis gehabt hätte.

Das Darlehen muss er also nicht zurückzahlen.

Oberlandesgericht Oldenburg Urteil vom 10.03.2011, Aktenzeichen 8 U 53/10

Investmentfonds unter der Lupe

Kennen Sie Ausgabeaufschläge, Verwaltungsgebühren, Depotbankgebühren, Performance Fees (erfolgsabhängige Gebühren), Transaktionskosten und sonstige Kosten für Fonds ?

Die Verbraucherzentrale NRW hat Investmentfonds untersucht und auch hier eine Reihe versteckter Kosten festgestellt. Sie spricht von Abzocke.

Mehr dazu hier.

BGH : unangemeldete Werbenanrufe bleiben verboten

Am 10.02.2011 hatte der BGH ein Urteil gefällt, wonach es der AOK Plus verboten war, zu Werbezwecken Telefonanrufe durchzuführen. Die AOK hatte sich bereits im Jahre 2003 gegenüber der Verbraucherzentrale Sachsen dazu verpflichtet, dies zu unterlassen, ansonsten 5.000,00 € pro Verstoß zu zahlen.

Die AOK beging Verstöße und wandte ein, die Deutsche gesetzliche Regelung, wonach solche Anrufe verboten sind, sei nicht mit den Richtlinien in der Europäischen Union vereinbar. Der Bundesgerichtshof entschied, der Deutsche Gesetzgeber sei berechtigt, Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern generell von deren vorherigen ausdrücklichen Einverständnis abhängig zu machen.

Ein solches Einverständnis konnte die AOK nicht nachweisen. Einen solchen Nachweis hätte sie führen können, wenn sie entsprechende E-mail gespeichert hätte.

Die AOK stützte sich darauf, ihr habe die Einwilligung der Angerufenen im Rahmen eines so genannten „Double- Optin-Verfahrens“ erhalten. Der BGH sagte, das genüge nicht.

BGH-Urteil vom 10.02.2011 Aktenzeichen I RZ 169/99

Wie sieht der Anspruch auf einen Buchauszug aus ?

Handelsvertreter haben gem. § 87 c Abs. 2 HGB einen Anspruch auf einen Buchauszug.

Eine Richterin vom Landgericht Heilbronn meinte kürzlich, ein Handelsvertreter könne ihn in einer Klage nicht geltend machen, weil jeder Klageantrag so konkret bezeichnet werden müsse, dass ein Gerichtsvollzieher daraus vollstrecken könne. Und welcher Gerichtsvollzieher wisse schon, wie ein Buchasuzug aussieht?

In dem Fall wurde der Antrag umgestellt, und zwar auf Auskunft über die von dem Handelsvertreter vermittelten Geschäfte nach

1.    Name des Versicherungsnehmers-  und/oder Vertriebspartners sowie
Geburtsdatum
2.    Police- und/oder Versicherungsscheinnummer
3.    Art und Inhalt des Vertrages (Sparte, Tarifart, Prämien oder
provisions-relevante Sondervereinbarungen)
4.    Jahresprämie
5.    Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn
6.    bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter
des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages
7.    bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich:
Erhöhung der Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung der Jahresprämie
8.    Im Falle von Stornierung: Datum der Stornierung, Gründe der
Stornie-rung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen

Damit war die Richterin dann zufrieden.