RA Kai Behrens

OLG Hamburg : Haspa gewinnt gegen Lehmann-Geschädigte

In der ersten Instanz gewonnen, in der zweiten verloren. Das Hanseatische Oberlandesgericht entschied, dass lehmanngeschädigten Kunden der Hamburger Sparkasse keine Schadenersatzsansprüche zustehen. Die Haspa habe sich nicht vertragswidrig verhalten, so die Richter, die anschließend ausgebuht wurden.

Überhaupt nicht netter ergings lehmanngeschädigten Kunden der Targobank (ehemals Citybank). Denen wurde gleich das ganze Konto gekündigt…

Kunden bleiben Kunden des Unternehmens – Kundendaten dürfen nicht mitgenommen werden

Der BGH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung : Angeworbene Kunden bleiben der Gesellschaft und „gehören“ nicht dem Handelsvertreter.

Der BGH :

„Ein Versicherungsvertreter darf Daten, die ein Geschäftsgeheimnis (hier Kundendaten) seines früheren Dienstherrn darstellen, nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses nicht deshalb für eigene Zwecke verwenden, weil er die Kunden während des Bestehens des Handelsvertreterverhältnisses selbst geworben hat.“

Urteil des BGH vom 26.02.2009
Aktenzeichen: I ZR 28/06
NJW 2009, 1420

Ehrenkodex im Vertrieb gefordert

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bereitet einen Ehrenkodex vor, eine Selbstverpflichtung der Branche hinsichtlich ihrer Verkaufsmethoden.

In der Financial Times nennt man es „Großreinemachen“. Erforderlich sei dies wegen der unlauterern Methoden, die wegen des zunehmenden Konkurrenzkampfs zu Tage treten.

Die Financiell Times nannte zum Thema Umdeckung auch ein Beispiel : „Der Vertrieb DVAG brachte das Kunststück fertig, Kunden mit Riester-Verträgen bei der Generali –Tochter Aachen-Münchener – die er selbst vermittelt hatte – zur Kündigung zu bewegen und ihnen „bessere“ Riester-Verträge bei derselben Gesellschaft zu verkaufen.“

Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit kann Abmahnung voraussetzen

Die Fortsetzung des Handelsvertreterverhältnisses kann für den Unternehmer auch dann unzumutbar sein, wenn der Handelsvertreter eine verbotswidrige Konkurrenztätigkeit ausübt, ohne diese dem Unternehmen zu verheimlichen (offene Konkurrenztätigkeit). Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Handelsvertreterverhältnisses beschränkt sich daher nicht auf Fälle eines gestörten Vertrauensverhältnisses infolge heimlicher Konkurrenztätigkeit.

In derartigen Fällen bedarf es vor Ausspruch der ausserordentlichen Kündigung einer vorherigen Abmahnung des Handelsvertreters. Die Kündigung des Handelsvertretervertrages aus wichtigem Grund nach § 89a HGB muss jedoch in der Regel innerhalb von zwei Monaten ab Kenntnis des Kündigungsgrundes erfolgen.

Urteil des BGH vom 26.05.1999
VIII ZR 123/98

Betriebs-Berater 1999, 1516

Arbeitsgericht Freiburg : OVB-Mitarbeiter kein Arbeitnehmer

Beschluss 08.12.2009 Arbeitsgericht Freiburg

OVB Vermögensberatung AG- Mitarbeiter ist kein Arbeitnehmer

Das Arbeitsgericht Freiburg hatte in einem Beschluss darüber zu entscheiden, ob ein Handelsvertreter der OVB, der monatliche feste Provisionsvorschüsse erhalten hatte, Arbeitnehmer ist.

Der OVB-Mitarbeiter hatte die Auffassung vertreten, ihm seien die Aufgaben vorgeschrieben worden. Er habe genau nach einem Handbuch zur Handhabung der Beratungs- und Informationsunterlagen arbeiten müssen.

OVB vertrat die Ansicht, der Mitarbeiter sei nicht weisungsgebunden tätig geworden. Es habe keine Anweisungen gegeben, allenfalls Maßnahmen, damit die Tätigkeit erfolgreich durchgeführt werden könne.

Das Gericht erkannte, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt. Vielmehr ist er selbständiger Handelsvertreter. Es kann im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen. Außerdem war er nicht weisungsgebunden.

Zulässige Weisungen seien in der Versicherungswirtschaft erforderlich. Weisungsrechte können sogar im Vertrag konkretisiert werden, ohne dass es den selbständigen Status berührt. Im Übrigen ist der OVB-Mitarbeiter auch kein Ein-Firmen-Vertreter. Schließlich war ihm aufgrund der vertraglichen Regelung die Ausübung einer anderweitigen Beratungs-, Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit nicht verboten worden.

Schmerzensgeld bei langer Verfahrensdauer – Vorteile für Handelsvertreter ?

Heute erlebt : Schriftsätze und Faxe, die bei Gericht bereits vor etwa 2 Wochen eingingen, sind in den Weiten der Justiz  verschwunden. Ein Ausnahmefall ? Nein, deshalb drängt eine Reforn, um die Gerichte zum besseren und schnelleren Handeln zu bringen.

Schmerzensgeld bei überlanger Verfahrensdauer – das soll nach einem Bericht in der Süddeutschen Zeitung ein neues Gesetz vorsehen. Mittels einer “Verzögerungsrüge” soll bei überlanger Verfahrensdauer für jeden Monat Verzögerung ein Schmerzensgeld geplant sein. Die Rede ist allerdings nur von 100 € pro Monat und einer Anprangerung besonders langsamer Gericht im Bundesanzeiger.

Dabei sollen die typischen Gegenargumente – Überlastung der Gerichte und die dünne Personaldecke – nicht akzeptiert werden und so die Länder zur besseren Ausstattung der Gerichte angehalten werden.

Kritik :

Zu befürchten ist, dass dies ausschließlich Gerichtsverfahren betrifft, die erfahrungsgemäß lange daueren, und zwar die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten und Sozialgerichten. Verwaltungsgerichte leiden (oder litten) an der Prozessflut von Asylverfahren, Sozialgerichte sind wegen des kostenlosen Verfahrens ohnehin überlastet.

Die Handelsvertreter, die sich vor den Arbeits-, Amts- und Langerichten streiten, werden wohl von diesen Reformen nichts haben.

Wahr oder unwahr ? Sind Consultants Arbeitnehmer ?

Das OLG München soll eine Entscheidungs getroffen haben, die viele Betroffene freuen wird.

Conultants, also Mitarbeiter des MLP, sollen nach einer jüngsten Entscheidung als Arbeitnehmer eingestuft worden sein. Das Verfahren wurde an das Arbeitsgericht abgegeben.

OLG München Az.  7 W 904/10

Das Urteil ist angefordert. Wir werden darüber berichten.

Wenn Bankberater beraten

Und wieder gerät die Branche in Misskredit.

Am 23.03.10 kam im ZDF eine Talkrunde von Markus Lenz „Bankkunden in der Vertrauenskrise“.

Eine sehr empfehlenswerte Talkrunde, wie wir finden. Nicht nur die Lehmann-Pleite hat zur Vertrauenskrise beigetragen.

Schlussfolgerung (wir erinnern uns an die Worte aus dem Arnsberger Urteil) : Nicht nur gebundene Vermittler sind nicht “zur qualifizierten Finanzberatung im Versicherungsbereich berechtigt und/oder in der Lage.”

Scientologen und sektenartige Strukturen

Bis nichts mehr bleibt – gilt nicht nur bei der Scientology.

Der Fernsehspielfilm in der ARD über die Sekte Scientology war schon gut gemacht. Wer ihn verpasst hat, kann ihn hier noch mal angucken.

Gefährlich ist aber nicht nur Scientology, nein, gerade undurchsichtige Mischformen in Form von sonderbaren Vertriebswegen bringen viele Gesellschaften und Strukturvertriebe in die Nähe von Sekten, wenn nicht sogar noch weiter.

In vielen gerichtlichen Schriftsätzen habe ich bereits auf sektenartige Strukturen verwiesen. Bestritten wurden diese nie – lediglich etwas Groll haben sie ausgelöst.

Was aber sind die Merkmale einer Sekte ? Was ist eine Sekte und was sind sektenähnliche Strukturen?

Scientology verspricht Freiheit – ein Schlagwort, mit dem auch viele Strukturvertriebe werben, zumindest mit „finanzieller“ oder „gewerblicher“ Freiheit. In jeder Hinsicht kann sich dies als schlimmer Trugschluss darstellen. Scientology schmückt sich – wie andere Unternehmen auch – gerne nach außen mit Promis, z.B. mit Tom Cruise. Auch dieses Merkmal reicht bekanntlich nicht aus, um eine Sekte zu entlarven.

Typische Merkmale einer Sekte :

1) Eine Führungspersönlichkeit, deren Aussagen nicht hinterfragbar sind und der allfällige Verehrung zukommt.
Ron Hubbard ist der Führer der Scientologen-Sekte. Andere namhafte Gesellschaften haben, wie wir wissen, ihre eigenen Führungspersönlichkeiten in vergleichbarer Stellung.

2) Regulationen für viele Bereiche des Lebens.
Die Einbindung der Familie, insbesondere der Ehefrau, ist nicht nur Idee und Ziel der Scientologen. Das kennen wir auch von anderen Strukturvertrieben.

3) Ein (institutionalisierter oder informeller) Kontrollmechanismus zur Überwachung des Verhaltens der einzelnen Mitglieder.
Strukturvertriebe arbeiten oft mit strengen Hierarchien. Diese ermöglichen wiederum gegenseitige Kontrolle. Dies wird noch gestärkt durch einen weiteren Faktor, nämlich die finanzielle Abhängigkeit der Mitarbeiter untereinander in der Struktur.

4) Ein Elitebewusstsein der Organisation.
Die Scientologen halten sich für die Nr. 1 ….. deutsche Strukturvertriebe dürfen dies – den Richtern sei Dank – nicht mehr öffentlich gesagt werden. Gedacht und gelebt wird es jedoch.

5) Eine Innen-Außen-Spaltung mit Abwertung der Außenwelt, eine systematische Abwertung des bisherigen Lebens.
Auch dies wird teilweise im Rahmen des Elitedenkens gelebt.

6) Endogamie, d.h. ein Verbot oder die Ächtung von Liebesbeziehungen zu Außenstehenden.
Auch wir haben vereinzelt von Aufforderungen gehört, sich von Eheleuten zu trennen, dennoch halte ich dies aber eher für den Einzelfall.

7) Hohe zeitliche Inanspruchnahme der Mitglieder.
Nun denn – eine 50 Std.-Woche ist sicher in der Struktur keine Seltenheit. Mit etlichen Verpflichtungen, sei es, an Seminaren oder Werbeveranstaltungen teilzunehmen.

In dem ARD-Film waren dann auch die Jubel – und Ehrungsveranstaltungen zu sehen. Mitglieder bekamen merkwürdige Auszeichnungen und errangen merkwürdige Ränge.  Unter Beifallsstürmen wurde dies in einer festen Zeremonie gefeiert. Auch dies stellt – wie wir wissen – sicher keine Besonderheit der Scientologen dar.

Z. T. auch weitgehende Indienstnahme der finanziellen Ressourcen der Mitglieder u.a.m.
Nicht nur Mitglieder der Scientologen werden geschröpft, nein auch Strukturmitarbeiter werden häufig ordentlich zur Kasse „gebeten“.
Einige Strukturvertriebe arbeiten mit linearen, andere mit festen Vorschüssen, andere wiederum zahlen die Provisionen nur auf Darlehensbasis aus. Viele Mitarbeiter verschulden sich erheblich. Ein Ausstieg aus dem jeweiligen Unternehmen ist deshalb kaum möglich.

Ein weiteres Unternehmen arbeitet gar mit einem Vertrag, der von einer angeblich freien Ratingagentur wegen seiner Knebelwirkung gar als Berufsverbot bezeichnet wurde.

Bis nichts mehr bleibt

Gerade lief in der ARD der spannende Fernsehfilm „bis nichts mehr bleibt“.

Dieser Film weckte bei mir sonderbare Assoziationen….. Macht, Nr. 1 zu sein, Gehorrsam, finanzielle Abhängigkeit…..

Mehr dazu demnächst.

Bahnbrechende Entscheidung des Landgerichts Arnsberg

Am 19.01.2009 fällte das Landgericht Arnsberg unter dem Aktenzeichen 8 O 178/09 eine fast unglaubliche Entscheidung:

Am 10.09.2009 wurde von einem Büro eines Strukturvertriebes eine Anzeige geschaltet mit der Bewerbung: Leistungen als Allfinanzdienstleister mit einer kompetenten …, … umfassenden Beratung für alle Lebensabschnitte“, genannt wurden sechs Ansprechpartner.

Von diesen Ansprechpartnern sind einige freie Versicherungsvermittler gemäß § 34 d Abs. 1 und 2 GewO und einige gebundene Vermittler.

Ein Konkurrent machte Ansprüche wegen Verstoßes gegen §§ 4 Ziff. 11 UWG in Verbindung mit § 34 d GewO geltend.

Das Gericht entschied:

„Dem Büro wird es nunmehr verboten, in Zukunft die Behauptung aufzustellen, oder zu verbreiten, für sie tätige Mitarbeiter, die nicht über die erforderliche Erlaubnis nach § 34 d Abs. 1 GewO verfügen, seien zur umfassenden und/oder qualifizierten Finanzberatung im Versicherungsbereich berechtigt und/oder in der Lage“.

Es droht ein Ordnungsgeld von 250.000,00 €.

Das Gericht weiter:

„Für einen Interessenten bedeutet das, dass er sich auch im Versicherungsbereich an die Verfügungsbeklagte wenden kann und dass ihm dabei jeder der genannten Ansprechpartner als qualifizierter Berater zur Verfügung steht. Dabei erwartet der Interessent grundsätzlich, insbesondere aber wenn ihm eine qualifizierte Beratung angekündigt wird, dass der jeweilige Berater den dafür erforderlichen Anforderungen genügt. Das schließt auch ohne entsprechende einschlägige Kenntnis des Interessenten auch solche Anforderungen ein, die auf Gesetz und Recht zurückgehen und gerade den Schutz von Leistungsnachfragern bezweckten. Mit dem Erlaubnisvorbehalt nach § 34 d Abs. 1, 2 GewO für freie Versicherungsvermittler soll bei derartigen Vermittlern in dem Bereich der Versicherungsleistungen, zudem sie die gebundenen Versicherungsvermittler nach § 34 d Abs. 4 GewO nicht zugelassen sind, eine bestimmte geprüfte Qualifikation gewährleistet werden. Das erfolgt ersichtlich aus dem persönlichen und fachlichen Anforderungen, die nach § 34 d Abs. 2 Nr. 1 – 4 GewO von der zuständigen Industrie- und Handelskammer zu prüfen sind, bevor diese die fragliche Erlaubnis erteilt. Das und ob eine gebundener Versicherungsvermittler tatsächlich auch den Anforderungen des § 34 d Abs. 2 Nr. 1 – 4 GewO genügt, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht allein erheblich. Bei besonders geprüfter und zugelassener Qualifikation kommt es dem Verkehr leider auch darauf als aussagekräftigem Qualitätskriterium an.

Die Anzeige der Verfügungsbeklagten ist damit irreführend…

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.