Versicherungsvertreter

Wann ein Handelsvertreter hauptberuflich arbeitet

Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach am 26.05.2017 einem Versicherungsvertreter einen Ausgleichsanspruch ab. Unter dem Aktenzeichen 16 U 61/16 hob es damit eine Entscheidung des Landgerichtes Düsseldorf auf. Das Oberlandesgericht meinte, der Versicherungsvertreter sei nebenberuflich tätig, wonach der Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB nach § 92 b Abs. 2 Satz 1 Abs. 5 HGB ausgeschlossen ist.

Entscheidend war, dass der Kläger nicht nur als Versicherungsvertreter tätig war. Das Oberlandesgericht nahm an, dass er nur nebenberuflich arbeitete. Bei dieser Bewertung kommt es auf den Einzelfall an. Ein nebenberuflich betrauter Handelsvertreter, der tatsächlich hauptberuflich täötig war, trägt die Beweislast für die Hauptberuflichkeit.

Entgegen des schriftlichen Vertrages bewertete das Oberlandesgericht den Kläger als Nebenberufler. Gemäß der so genannten Übergewichtstheorie kann ein Vermitter nur dann im Hauptberuf sein, wenn er überwiegend als solcher tätig ist und aus dieser Tätigkeit auf den überwiegenden Teil seines Arbeitseinkommens bezieht. Liegen beide Kriterien vor, handelt er hauptberuflich, fehlt nur eines der beiden Kriterien, handelt es sich um einen nebenberuflichen Handelsvertreter. Die bedeutensten Abgrenzungsmerkmale liegen im Zweifel im Zeit- und Entgeltmoment, wobei die Bedeutung des Zeitelementes überwiegt. Schließlich braucht ein Handelsvertreter ja nicht einmal Einkommen generieren, auch dann nicht, wenn er hauptberuflich tätig ist.

Das Gericht nannte auch ein Beispiel: Übernimmt ein Student, eine Hausfrau, ein Beamter oder ein Rentner eine Vertretung, um sich zu den sonstigen verfügbaren Mitteln oder nach Dienstschluss noch eine kleine Nebeneinnahme hinzuzuverdienen, dann soll eine Vetretung im Nebenberuf vorliegen. Nach diesen Abgrenzungskriterien hatte das Oberlandesgericht den Versicherungsvertreter als Nebenberufler eingestuft. Schließlich war er darlegungs- und beweisbelastet und hatte nicht ansatzweise vorgetragen, in welchem zeitlichen Rahmen er für die Beklagte tätig war. In einem ähnlichen Fall des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 04.11.1998, Aktenzeichen VIII ZR 248/97) hatte der Kläger immerhin ein Kundendienstbüro mit festen Bürozeiten und einer festgelegten Erreichbarkeit für seine Kunden betrieben. Dies lag hier nicht vor.

Abschließend hatte das Gericht dann noch entschieden, dass eine fristlose Kündigung des Versicherungsunternehmens gemäß § 89 a HGB wirksam ist. Dabei schloss sich das Oberlandesgericht dem Landgericht an. Schließlich hatte der Versicherungsvertreter einen Versicherungsantrag auf Abschluss einer Lebensversicherung eingereicht, welche jedoch nicht von dem Versicherungsnehmer selbst unterschrieben war, sondern von dessen Bruder. Dies war dem Versicherungsvertreter bekannt. Das Austauschen der Unterschriften fiel auf, weil man diese Unterschrift mit alten Unterschriften verglich. Das Oberlandesgericht unterstellt dem Versicherungsvertreter Vorsatz. Eine darauf beruhende Kündigung war deshalb wirksam.

Sonntags (fast) nie

Kurze Frage: Darf ich als Versicherungsmakler oder Versicherungsvertreter, mit einer eigenen Agentur, mein Ladenlokal eigentlich sonntags geöffnet halten?

Hier gibt es klare Antworten:

1.

Arbeitnehmer darf man ohnehin nicht an Sonntagen beschäftigen. Dies ist in § 9 ArbZG geregelt. An Sonn- und gesetzlichen Feiertagen in der Zeit von 0 bis 24 Uhr darf ein Arbeitnehmer nicht beschäftigt werden.

2.

Wenn man einen Laden im Erdgeschoss unterhält, unterliegt man dem Ladenschlussgesetz. Mit Ausnahme der dort genannten Geschäfte (z.B. Apotheken, Tankstellen und so weiter) darf man eine Verkaufsstelle an Sonn- und Feiertagen nicht geöffnet halten.

3.

Ferner gibt es noch das Bundesgesetz über die Betriebszeiten gewerblicher Betriebe an Sonntagen und Feiertagen (Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetz). Dort ist in § 2 Abs. 2 geregelt, dass Betriebsstätten nur für die Ausübung von unter

  1. Fallenden Tätigkeiten geöffnet sein dürfen

Danach darf eine Betriebsstätte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 a geöffnet haben, wenn dies nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften über die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonntagen und Feiertagen zulässig ist.

Danach darf eine Betriebsstätte grundsätzlich sonntags nicht geöffnet sein.

In § 2 Abs. Ziff. 4  dieses Gesetzes ist jedoch geregelt, dass der Gewerbetreibende sonntags arbeiten darf, wenn er persönlich Tätigkeiten in der Betriebsstätte durchführt oder außerhalb der Betriebsstätte persönliche Tätigkeiten durchführt und das für unbeteiligte Dritte erkennbare Erscheinungsbild der dem betreffenden Gewerbe eigentümlichen Arbeiten nicht aufweist.

Sinkende Zahlen bei den Versicherungsvermittlern

Die Zahlen der registrierten Versicherungsvermittler ( Makler und Versicherungsvertreter) sinkt. Am 2.1.2009 waren es 234.099, am 14.7.2018 waren es 206.110 (so schreibt es das Versicherungsjournal). Ende 2009 soll es 255.525 Anmeldungen gegeben haben.

Dies und die weitere Übersicht zeigt, dass es erhebliche Schwankungen gibt. Neue Qualitätsanforderungen, die allgemeine Entwicklung am Arbeitsmarkt sind sicher Gründe für eine Zu- oder Abnahme. Viele sehen darin eine alarmierende Entwicklung.

Die Zahlen haben sich wie folgt entwickelt:

  1. Januar 2011 263.452
  2. Januar 2012 257.795
  3. Januar 2013 253.401
  4. Januar 2014 246.776
  5. Januar 2015 240.297
  6. Januar 2016 233.430
  7. Januar 2017 228.289
  8. Januar 2018 220.825
  9. April 2018 211.504
  10. Juli 2018 206.110

Wer will schon gern Versicherungsvertreter sein

Über ein lustiges Facebook-Posting der DVAG berichtet procontra.online am 9.5.2018, und zitiert Reaktionen darauf wie beispielsweise, „wer will denn schon gern Versicherungsvertreter sein?“. Mittlerweile soll dieses Posting aber wieder gelöscht sein.

„Zum Glück sind wir keine Versicherungsvertreter“ soll es in dem Posting geheißen haben und man soll wohl damit die Vermögensberater der DVAG gemeint haben. Im Begleittext dazu hieß es nämlich „Eine neue GfK-Umfrage zeigt, dass Versicherungsvertretern nur wenig Vertrauen geschenkt wird. Dabei ist Vertrauen entscheidend, gerade wenn’s um Geld geht. Wir als Vermögensberater stellen dich und deine Ziele in den Mittelpunkt.“

Die DVAG jedenfalls stellte gegenüber procontra klar: „Natürlich sind wir Versicherungsvertreter“.

Noch schlechter als Versicherunsgvertreter stehen übrigens Politiker da. Den traut man laut Spiegel.online aus 2016 am wenigten zu.

Artensterben und Geistermakler

Lediglich die DVAG durfte sich jüngst über einen großen Zuwachs von Vermittlern freuen. Schließlich konnte sie einige Außendienstler der Generali in diesem Jahr für sich gewinnen.

Allgemein gehen aber die Vermittlerzahlen zurück. Im Versicherungsvermittlerregister der IHK waren Anfang 2017 etwa 228.000 Vermittler registriert, Anfang 2018 waren es nur noch etwa 220.000. Versicherungsvermittler sind Versicherungsvertreter und -Makler (und eine kleine Gruppe Versicherungsberater).

Bisher hatte man angenommen, dass die sinkenden Zahlen überwiegend auf die Versicherungsvertreter zurückzuführen sind, insbesondere und auch auf die sog. Ausschließlichkeitsvertreter.

 Oliver Pradetto meint in Cash.online, dass auch die Zahl der Makler stark abnimmt. Er schreibt: “ Im Ergebnis führt das dazu, dass die Zahl der 46.000 Makler zwar stabil bleibt, aber nicht die Unternehmen die sich hinter dieser Zahl verbergen. In Wirklichkeit geben jedes Jahr mehr als 5.000 Betriebe auf.“

Die Zahl würde bei genauer Betrachtung zwar dazu führen, dass die Art Versicherungsmakler spätestens in 10 Jahren ausgestorben wäre, dennoch gibt der Beitrag nicht nur Anlass zum Nachzählen, sondern auch zum Nachdenken.

Herr Pradetto schreibt dann noch von „Geistmaklern“. Den Geistermakler entlarvt man daran, dass er eigentlich gar nicht da ist und nichts mehr tut, aber Provisionen bekommt.

Nur eins dürfte in dem Bericht nicht stimmen. „Von den 46.000 Maklern sind mindestens 15.000 Mitarbeiter von Vertrieben wie DVAG, MLP oder Swiss Life Select.“ Vermögensberater der DVAG sind keine Makler, Herr Pradetto.

OLG Celle: Leichterer und mehr Ausgleichsanspruch bei Bestandsübernahme

In einem Urteil vom 16.02.2017 schuf das Oberlandesgericht Celle unter dem Aktenzeichen 11 U 88/16  neue Grundlagen für die Gewährung des Ausgleichsanspruchs gem. § 89 b) HGB.

Dies betrifft alle Handelsvertreter, die einen Bestand übernommen haben.

Einen Ausgleich für einen übernommenen Bestand erhält der Handelsvertreter gem. § 89 b) Abs. 1, Satz 2 HGB nur dann, wenn der Werbung eines neuen Kunden es gleich steht, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, dass sie wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

Die höchstinstanzlichen Gerichte hatten bisher entschieden, dass dazu eine 100%ige Umsatzsteigerung erforderlich ist. Nur dann also, wenn ein Kunde, der durch den Handelsvertreter betreut wird, den Umsatz verdoppelt, steht dem Handelsvertreter für diesen Kunden ein Ausgleichsanspruch zu. In der o.g. Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle hatte das Gericht ausgeurteilt, dass ein solcher Ausgleichsanspruch für einen Kunden bereits dann gegeben ist, wenn „nur“ eine 50%ige Umsatzsteigerung festzustellen ist.

Ein Handelsvertreter, der bestimmte Markenprodukte an Apotheken und Kosmetikinstitute vertrieb, hatte einen Ausgleich auch für drei Kunden geltend gemacht, bei denen eine Umsatzsteigerung zwischen rund 58 % und 76 % lag. Das OLG Celle entschied, dass dem Handelsvertreter im Rahmen der Rohausgleichsberechnung auch für diese drei Kunden ein Ausgleich zustehe. das gericht begründete dies mit dem europäischen Recht. Eine nationale Rechtsprechung, wonach eine Umsatzverdoppelung erforderlich sei, entspreche nicht der Handelsvertreterrichtlinie (RL 86/653/EWG), auf der das deutsche Handelsvertreterrecht beruht. Dort nämlich werde nur eine wesentliche Erweiterung der Kundenbeziehung verlangt. Als wesentliche Erweiterung seien nach Ansicht des Gerichts aber auch diejenigen Umsatzsteigerungen anzusehen, die einen Prozentsatz von mehr als 50 % erzielten.

Das OLG Celle schließt sich damit einer Auffassung an, die schon länger darauf hingewiesen hat, dass der Wortlaut des Paragrafen 89b Abs. 1 Satz 2 HGB nicht mit dem der europ. Richtlinie konform gehe und es auf eine Umsatzverdoppelung nicht ankommen dürfe. Das Urteil wurde inzwischen rechtskräftig.

Über diese Entscheidung dürfen sich viele freuen, die als Handelsvertreter einen Bestand übernommen und „ausgebaut“ haben. Die Bestandsübernahme ist in vielen Branchen, in denen Warenvertreter und Bezirksvertreter tätig sind,  ja noch üblich.

Ebenso freuen dürfen sich die Versicherungsvertreter, die einen Bestand übernehmen oder ihren Bestand zu einem neuen Vertrieb mitbringen. Die DVAG hat beispielsweise in einer Nachfolgeregelung Vermögensberatern in Aussicht gestellt „nach Erreichen des 60. Lebensjahres und vor Vollendung des 70. Lebensjahres“ unter bestimmten Bedingungen „die Betreuung der von ihm betreuten Kunden auf andere Vermögensberater“ zu  übertragen. Würde das OLG Celle entscheiden, dürfte sich der Übernehmende freuen.

Eine Übertragung von Kunden findet auch statt, wenn ein Vertrieb ausgegliedert wird, z.B. als der Vertrieb der Central Krankenversicherung und der AachenMünchner auf die DVAG überging. Ein ähnliches Prozedere findet jetzt zwischen DVAG und Generali statt, wenn die DVAG den Generali-Vertrieb übernehmen wird. Viele Generalis fragen sich, was bei der vorstehenden Übernahme mit dem Ausgleichsanspruch wird. Da die Kunden ja bereits bei der Generali aufgebaut wurden, und der wechselnde Berater seinen alten Bestand „übertragen bekäme“, könnte ein frischer Wind in der Rechtsprechung, mit dem OLG Celle als Vorbild, nötig sein.

Viele Handelsvertreter erleben bei der Bestandsübertragung sonst ihr blaues Wunder, wenn wie bisher verlangt würde, dass sich der Umsatz tatsächlich verdoppeln müsste, um am Ende einen finanziellen Ausgleich zu bekommen.

Frohe Weihnachten

Allen Lesern wünscht der Handelsvertreter-Blog ein paar ruhige und frohe Weihnachten.

Zeit für die wichtigen Dinge im Leben, für Freunde und Familie, wünsche ich allen Handelsvertretern, allen Außendienstlern, allen Versicherungsvertretern- und Maklern sowie allen, die mit dem Berufszweig zu tun haben.

Was uns 2017 Tag für Tag beschäftigt hat, ob es Mifid II oder die Änderungen in der Generali waren, rückt zumindest heute in weite Ferne. Und dort soll es über Weihnachten bleiben.

Frohe Weihnachten und eine gute Zeit

Ihr

Kai Behrens

OLG Düsseldorf mit Grundsätzen zur Nachbearbeitung

In einem Rechtsstreit zwischen einem Vertrieb und einem ehemaligen Vermögensberater hat das Oberlandesgericht Düsseldorf am 13.01.2017 einige Maßstäbe für die erforderliche Nachbearbeitung festgesetzt.

Die D… hatte hier Provisionen zurückgefordert, zu welchen die Verträge innerhalb der Haftungszeit storniert worden waren. Diese wurden teilweise zugesprochen, teilweise nicht.

Zunächst führte der Senat aus, dass §92 Abs. 4 HGB festlegt, dass der Versicherungsvertreter die Provision verdient, sobald der Versicherungsnehmer die volle Versicherungsprämie gezahlt hat.

Geschieht dies nicht, tritt die aufschiebende Bedingung für die Entstehung des Provisionsanspruchs nicht ein. Abweichend hiervon regelt §87a HGB, dass den Unternehmer eine Nachbearbeitungspflicht trifft. Führt er diese nicht ordnungsgemäß aus, muss er sich so behandeln lassen, als hätte der Versicherungsnehmer die Prämie vollständig gezahlt. Der Unternehmer hat dann nämlich das Geschäft nicht vertragsgemäß ausgeführt.

Die Darlegungs- und Beweislast liegt hier beim Unternehmer, wenn er die Provisionsvorschüsse zurückfordert. Er muss für jeden in Rede stehenden Vertrag ausführen, wie die Nachbearbeitung stattgefunden hat.

Der Unternehmer hat die Nichtausführung des Geschäfts (Kündigung oder Beitragsfreistellung) gem. §87a Abs. 3 S. 2 HGB nicht zu vertreten, wenn er sich ausreichend „um die Rettung stornogefährdeter Verträge bemüht hat“.

Hier hat er, so das Oberlandesgericht, die Wahl, die Nachbearbeitung selbst zu übernehmen oder sie dem Handelsvertreter zu überlassen. Unterlässt er beide Varianten, so ist der Provisionsanspruch des Handelsvertreters endgültig entstanden.

Entscheidet er sich dafür, die Nachbearbeitung dem Handelsvertreter zu überlassen, so ist er verpflichtet diesem (und allen anderen mit ihm vertraglich verbundenen Vertretern, denen er die Gesamtprovision oder einen Teil hiervon auszahlen müsste) Stornogefahrmitteilungen zukommen zu lassen.

Diese müssen in der Form zugehen, dass der Handelsvertreter rechtzeitig von der Nichtzahlung und etwaigen bekannten Gründen erfährt, sodass er sich noch erfolgsversprechend um eine Vertragsrettung kümmern kann. Für die rechtzeitige Absendung sei der Unternehmer selbst verantwortlich. Erst mit dem Zugang der rechtzeitigen Stornogefahrmitteilung, hat der Unternehmer seine Pflicht gem. §87a Abs. 3 S. 2 HGB erfüllt und hat sich in diesem Sinne ausreichend bemüht.

Hierzu entschied der Senat außerdem, dass es ausreiche, die Stornogefahrmitteilungen über das firmeninterne EDV-System zu versenden, sofern sichergestellt sei, dass der Handelsvertreter hierauf Zugriff habe.

Übernehme der Unternehmer selbst die Nachbearbeitung, so müsse er „alles ihm Zumutbare und objektiv Erforderliche unternehmen“, um den Versicherungsnehmer zur Zahlung zu bewegen.

Die erforderlichen Maßnahmen seien einzelfallabhängig.

Jedoch legte das Oberlandesgericht einige Maßstäbe fest. Grundsätzlich sei der Unternehmer in jedem Fall gehalten, die Gründe für eine Nichtzahlung herauszufinden. Danach müsse er gemeinsam mit dem Versicherungsnehmer nach einer Lösung für die Fortführung des Vertrages suchen.

Dafür wäre in der Regel eine persönliche Rücksprache erforderlich.

Beispielhaft wurde an einem hier in Rede stehenden Vertrag deutlich gemacht, dass es nicht als persönliche Rücksprache zur Vertragsrettung ausreiche, wenn die persönliche Rücksprache zwei Jahre vor der Kündigung stattgefunden habe.

Außerdem sei eine nachdrückliche Zahlungsaufforderung erforderlich. Eine einfache Mahnung wäre jedoch nicht ausreichend.

Auch dies wurde beispielhaft an einem in Rede stehenden Vertrag erläutert, bei dem nur eine einfache Mahnung von der D… versendet wurde (bzw. nur diese bewiesen werden konnte).

Hier wurde eine ausreichende Nachbearbeitung, und somit die Exkulpierung gem. §87a Abs. 3 S. 2 HGB verneint.

Die Nachbearbeitung könne entfallen, wenn „endgültig und unabänderlich feststeht, dass der Schuldner nicht zahlen wird“. Von einer Nachbearbeitung könne ausnahmsweise abgesehen werden, wenn Versuche zur Vertragsrettung von vornherein aussichtslos erschienen.

Für diesen Tatbestand gab es im Verfahren ebenfalls einige Positiv- und Negativbeispiele:

– Ein unbekannter Aufenthaltsort des Versicherungsnehmers, welcher mit zumutbaren Mitteln nicht

ausfindig gemacht werden könnte, wäre ein Fall in dem die Versuche von vornherein aussichtslos

erschienen.

– Ebenfalls wurde dies für den Fall einer feststehenden Zahlungsunfähigkeit des Kunden

angenommen.

– Beim Ausspruch einer Kündigung durch den Versicherungsnehmer könne jedoch nicht von

vornherein sicher sein, dass die Vertragsrettung aussichtslos ist. Das Erfordernis der

Nachbearbeitung entfällt in solchen Fällen nicht. Vielmehr muss zunächst der Kündigungsgrund

untersucht werden.

Wenn jedoch ein wichtiger Kündigungs- oder Anfechtungsgrund tatsächlich und unumstritten

vorliegt, müsse einer ausgesprochenen Kündigung nicht entgegengewirkt werden.

– Ein weiteres Beispiel wurde an einem in Rede stehenden Vertrag aufgezeigt, bei welchem ein

zweiter Vertrag zur betrieblichen Altersvorsorge abgeschlossen wurde. In einem solchen Fall, könne

das angestrebte Ziel des Kunden der betrieblichen Altersvorsorge mit der Möglichkeit der

steuerlichen Geltendmachung nicht mehr erreicht werden, sodass sich der Vertrag für den Kunden

als wirtschaftlich überwiegende nachteilig darstellt. Eine Nachbearbeitung sei daher „erkennbar

zwecklos“.

– Anders beurteilte der Senat die Situation des Beitragsrückstandes. In einem solchen Fall könne nicht

per sé von einer Entbehrlichkeit der Nachbearbeitung ausgegangen werden. Vielmehr seien grade

diese Fälle die, in denen ein Bemühen stattzufinden hat und die Möglichkeit besteht, gemeinsam

mit dem Kunden eine Lösung zur Vertragsrettung zu finden.

 

Auch bei sogenannten „Kleinstorni“ ergebe sich in Hinblick auf die oben erwähnte Darlegungs- und Beweislast beim Unternehmer nichts anderes.

Der Senat bezog sich hier auf ältere BGH-Rechtsprechung. Insofern würde die Ansicht des Bundesgerichtshofes geteilt, dass in Fällen kleinerer Zahlungsansprüche eine Nachbearbeitung nur dann geboten sei, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll ist.

In der Regel sei dies nicht der Fall.

Im vorliegenden Verfahren gab es jedoch die Besonderheit, dass einige Kunden mehrere Verträge abgeschlossen hatten. Hinsichtlich der „Kleinstorni“ von solchen Mehrfachkunden beurteilte das Oberlandesgericht die Situation etwas anders. Es könne in solchen Fällen durchaus wirtschaftlich sinnvoll sein, auch bei Kleinstbeträgen nachzubearbeiten. Für die „Pflege der Kundenbeziehung“ könnte dies von Bedeutung sein. Daher entschied das Oberlandesgericht hier, dass die schlichte Äußerung der D… in Bezug auf viele Fälle, diese seien Kleinstorni, nicht ausreichen könne.

Es hätte der D… hier ebenfalls obliegen, vorzutragen, dass sie auch in den Fällen besonderer „Kleinstorni“ ordnungsgemäß nachgearbeitet hat.

Grundsätzliches zum Ausgleichsanspruch gem § 89 b HGB

Ausgleichsanspruch, Abschlusszahlung, Schadensersatz, Abfindung sind einige Begriffe, die Ansprüche bezeichnen sollen, wenn ein Mitarbeiterverhältnis beendet wird. Handelt es sich bei dem Mitarbeiter um einen Handelsvertreter, so steht ihm gemäß §89b HGB ein Ausgleichsanspruch zu. Ist der Handelsvertreter ein Versicherungsvertreter, so gilt für ihn der spezielle Absatz des §89b HGB.

Genau betrachtet enthält §89b HGB nur acht Sätze, die den Ausgleichsanspruch regeln sollen. Vieles wird gesetzlich nicht geklärt und lässt Raum für manch fantasievolle Auslegung. Hier soll etwas Klarheit vermittelt werden.

Grundsätzlich besteht ein Ausgleichsanspruch für einen Versicherungsvertreter/ Handelsvertreter, wenn das Unternehmen kündigt, es sei denn, das Unternehmen hat aus einem wichtigen Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters das Vertragsverhältnis beendet. Der Handelsvertreter bekommt den Ausgleich gemäß §89b Abs. 3 HGB dann nicht, wenn er selbst ohne weiteren Anlass gekündigt hat. Ausnahmsweise erhält er dennoch den Ausgleich, wenn der Versicherungsvertreter wegen seines Alters oder einer Erkrankung gekündigt hat, oder wenn ein Verhalten des Unternehmers begründeten Anlass zu seiner Kündigung gegeben hat.

Auch ein rechtmäßiges Verhalten des Unternehmers kann übrigens unter Umständen einen solchen begründeten Anlass zur Kündigung darstellen. So entschied der BGH in mehreren Entscheidungen, z. B. am 30.06.1969 unter dem Aktenzeichen VII ZR 70/67.

Bevor der Versicherungsvertreter eine Kündigung ausspricht, sollte er sich also darüber Gedanken machen, ob er nicht eventuell sogar ausgleichserhaltend kündigen könnte. Jedenfalls sollte ihm alles daran gelegen sein, nicht selbst durch schuldhaftes Verhalten das Unternehmen zur Kündigung zu veranlassen. Spätestens dann wäre der Ausgleichsanspruch weg.

Wenn das Vertragsverhältnis beendet ist und ein Ausgleichsanspruch dem Grunde nach besteht, ist zunächst zu beachten, dass der Anspruch innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen ist. Dazu genügt ein formloses Anschreiben an das Unternehmen, die Versicherung oder den Vertrieb, mit dem Inhalt, dass man den Ausgleichsanspruch verlangt. Berechnungen oder Zahlungen müssen in dem Schreiben nicht genannt werden. Wichtig ist nur, dass man den Zugang dieses Schreibens später beweisen kann.

Wenn diese Förmlichkeiten eingehalten sind, fragt sich, in welcher Höhe denn ein Ausgleichsanspruch zusteht. Gemäß §89b Abs. 5 HGB wird der Ausgleich dafür gezahlt, dass ein Versicherungsvertreter vermittelte Versicherungsverträge dem Unternehmen zurücklässt. Das Unternehmen wird regelmäßig von den Verträgen auch in Zukunft profitieren. Sachversicherungsverträge werden z.B. automatisch verlängert und Beiträge bei den Krankenversicherungsverträgen werden häufig angehoben. Eine regelmäßige Erhöhung findet auch bei den dynamischen Lebensversicherungen statt. Während der Versicherungsvertreter nach Vertragsende für diese Verträge keine Provisionen mehr erhalten wird, bleiben bei dem Unternehmen erhebliche Vorteile zurück.

Für diese soll der Handelsvertreter einen Ausgleich erhalten.

Ein weit verbreitetes Vorurteil besteht in der Annahme, dass der Ausgleichsanspruch in der Zahlung von drei Jahresprovisionen besteht. Diese drei Jahresprovisionen stellen den Höchstbetrag des Ausgleichsanspruchs dar. Der konkrete Ausgleichsanspruch ist also anders zu errechnen.

Es gibt zwei Berechnungsmethoden, nämlich die „gesetzliche“ und die, über die sogenannten „Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs“. Die gesetzliche Berechnung bereitet in der Regel viele Schwierigkeiten, da das Gesetz keine genauen Vorgaben macht.

Die Grundsätze findet man hier.

Glücklicherweise darf ein Versicherungsvertreter auch dann auf die Berechnung nach den Grundsätzen zurückgreifen, wenn dies nicht in seinem Vertrag vereinbart wurde. Dies hat der BGH in einer bahnbrechenden Entscheidung mit Urteil vom 23.11.2011 unter dem Aktenzeichen VIII R 203/10 entschieden.

Wenn man den Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen berechnet, benötigt man bei der Krankenversicherung die durchschnittliche Jahresproduktion der letzten fünf Jahre, bei der Sachversicherung die Beitragssummen der letzten fünf Jahre, bei der Lebensversicherung die Versicherungssumme der dynamischen Lebensversicherung zum Ende des Vertragsverhältnisses.

Deshalb ist es unbedingt notwendig, diese Zahlen präsent zu haben, um die Ansprüche errechnen zu können. Hier ist zu empfehlen, Informationen zu sammeln, notfalls zu kopieren und gut aufzubewahren. Dies sollte im Idealfall vor Vertragsende geschehen und mit Zustimmung des Unternehmens. Datenschutzrechtliche Vorgaben müssen hier beachtet werden.

Sollte der Versicherungsvertreter die Informationen nicht erhalten, so steht ihm ein Auskunftsanspruch zu.

Eine unternehmensfinanzierte Altersversorgung kann übrigens den Ausgleichsanspruch mindern. Wenn in einem Handelsvertretervertrag geregelt ist, dass man zwischen Ausgleichsanspruch und Altersversorgung wählen kann, so ist dies nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 15.12.2016 unter dem Aktenzeichen VII ZR 221/15 wirksam.

Auch der Maklerbetreuer im Versicherungsaußendienst bekommt einen Ausgleichsanspruch. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm am 25.10.2012 unter dem Aktenzeichen I-18 U 193/11.

Und immer wieder die Frage der Verjährung eines Buchauszuges

Das Landgericht Frankfurt beschäftigt sich immer wieder mit der Frage, wann der Anspruch auf einen Buchauszug verjährt sein könnte. Es kommt dabei zu unterchiedlichen Ergebnissen.

Das Landgericht verurteilte in einem nicht rechtskräftigem Teilurteil vom 28.02.2017 die DVAG an einen ihrer Handelsvertreter einen Buchauszug mit folgenden Angaben zu erteilen:

– Name des Versicherungsnehmers und/oder Vertragspartners

– Policen- und/oder Versicherungsscheinnummer

– zu Art und Inhalt des Vertrages die Sparte, die Tarifart, die Prämien und/oder provisionsrelevante

Sondervereinbarungen

– Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn

– bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers

und Laufzeit des Vertrages

– bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der

Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie

– im Falle von Stornierung: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen

Bestandserhaltungsmaßnahmen

Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass dem Vermögensberater bis zum Tag seiner Kündigung der Anspruch auf einen Buchauszug gem. § 87c Abs. 2 HGB zusteht, um im Rahmen einer Stufenklage auf diesem aufbauend Provisionen geltend zu machen.

Als Versicherungsvertreter im Sinne der §§ 92, 84 HGB sei der Vermögensberater ein Handelsvertreter im Sinne des HGB. Somit stehe ihm ein Anspruch auf einen Buchauszug über alle Geschäfte zu, für die ihm nach § 87 HGB eine Provision zusteht.

Die erteilten Provisionsabrechnungen können für diesen Anspruch nicht ausreichen. Der Buchauszug dient unter anderem der Überprüfung der erteilten Abrechnungen.

Auch der ständig mögliche Zugriff auf das elektronische Informationssystem der DVAG wird dem Anspruch nicht gerecht. Der Anspruch könnte durch dieses nur ersetzt werden, wenn es einen ständigen Zugriff auf einen Gesamtüberblick über den geschuldeten Zeitraum darstelle. Dies sei für das Gericht nicht ersichtlich.

Den Inhalt des Buchauszugs stützt das Gericht darauf, dass dieser im Zeitpunkt seiner Aufstellung die für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provisionen relevanten Geschäftsabschlüsse vollumfänglich wiederspiegeln muss.

Die Angaben seien außerdem im Vermögensberatervertrag festgehalten und in den § 87 Abs. 2 und § 4 HGB normiert.

Die Angaben zu den Stornierungen seien gem. § 87a Abs. 3 HGB relevant.

Die Einrede der DVAG, der Anspruch sei verjährt konnte nicht durchgreifen.

Der Buchauszug ist laut Gericht der Hilfsanspruch zum Provisionsanspruch. Er kann somit nur verjähren, wenn auch die Provisionsansprüche verjährt sind.

Die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB für den Buchauszug beginne gemäß § 199 Abs.1 erst ab der Fälligkeit, diese mit Verlangen nach dem Buchauszug.

Da nicht ersichtlich war, dass der Vermögensberater bereits vor der gerichtlichen Geltendmachung nach dem Buchauszug verlangt hätte, begann die Frist somit erst ab der gerichtlichen Geltendmachung zu laufen.

Der Anspruch besteht laut dem Landgericht Frankfurt am Main nur bis zur Kündigung des Vermögensberatervertrages durch den Vermögensberater selbst. Nur bis dahin hätte er Geschäfte bei der DVAG einreichen können.

Die DVAG hatte darüber hinaus eine Einrede der Schikane gemäß §§ 242, 226 BGB geltend machen wollen. Sie behauptete, der Kläger wolle durch die Geltendmachung des Buchauszugs, die DVAG zu einer Konzession in einem Parallelverfahren drängen. Dies war für das Gericht jedoch nicht ersichtlich, da der Vermögensberater lediglich einen ihm zustehenden Anspruch geltend machte.

Gold glänzt nicht immer

Ein Anwaltskollege berichtete kürzlich über ein Urteil des Landgerichts München. Ein Handelsvertreter/Versicherungsvertreter, der 13 Jahre seiner Versicherung treu war, bot er einem Kunden an, seine Rentenversicherung zu kündigen, die bei dieser bei dieser Versicherung unterhielt. Er begründete dies mit der Argumentation, die Police habe sich schlecht entwickelt.

Und dann hatte der Versicherungsvertreter noch einen Flyer über eine fremde Goldanlage parat. Der Kunde sollte dort sein Geld anlegen.

Dieses Verhalten rechtfertigte eine fristlose Kündigung des Handelsvertreters durch das Unternehmen, ohne dass vorher hätte eine Abmahnung erfolgen müssen.