Oktober 2009

Bereits berufsunfähig bei Nachweis eines sechsmonatigen Berufsausfalls ?

Viele Krankenversicherungen, darunter auch die Central, werben damit, dass sie bereits dann Leistungen wegen Berufsunfähigkeit geben, wenn der Antragsteller nachweist, dass er über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten ununterbrochen in Folge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls außerstande ist, seinen zuletzt ausgeübten Beruf nachzugehen.

Angeblich, so viele Werbebroschüren, würde es genügen, Leistungen zu erhalten, wenn ein entsprechendes ärztliches Attest eingereicht wird.

Das Landgericht Kassel entschied nunmehr, dass sich durch diese vertraglichen Klauseln die Beweislast nicht umkehren lässt. Auch dann, wenn eine Versicherung von einer solchen Klausel Gebrauch macht, hat der Antragsteller die volle Darlegungs- und Beweislast, wenn er eine Berufsunfähigkeit behauptet.

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger gemäß § 1 Abs. 4 BBUZ binnen eines Sechs-Monatszeitraumes ein ärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich ergibt, dass er nach Meinung des attestierenden Arztes seine berufliche Tätigkeit nicht mehr uneingeschränkt ausüben könne.

Das Gericht sah darin allenfalls dann eine Ausnahme von der Beweispflicht insoweit, als dem Versicherungsnehmer unter bestimmten Voraussetzungen der Nachweis der Prognose erspart bleibe.

Mithin war der Kläger nach wie vor in vollem Umfang beweisbelastet.

Landgericht Kassel 22.09.2009

AWD ist großzügig – mit Daten

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Klauseln für unwirksam erklärt

Am 13.02.2007 entschied das Landesarbeitsgericht München, dass eine Vertragsstrafenklausel eine unangemessene Benachteiligung darstellen kann und nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist.

Eine – unter Juristen so genannte geltungserhaltende – Reduktion komme nicht in Betracht.

Vorliegend ging es um Klauseln in einem Vermögensberatervertrag aus dem Jahre 2002. Dort war geregelt, dass Vermögensberater die Interessen der Gesellschaft zu wahren, wie es ihm durch § 86 Abs. 1 HGB aufgegeben ist. Deswegen hat er es neben jeder Konkurrenztätigkeit zu unterlassen, Vermögensberater oder andere Mitarbeiter der Gesellschaft abzuwerben oder Kunden der Gesellschaft auszuspannen oder dies alles auch nur zu versuchen (nachvertragliches Wettbewerbsverbot).

Der Vermögensberater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, Vermögensberater oder andere Mitarbeiter der Gesellschaft abzuwerben oder Kunden der Gesellschaft auszuspannen oder dies alles auch nur zu versuchen (nachvertragliches Wettbewerbsverbot).

Verstößt der Vermögensberater gegen die vorstehenden vertraglichen oder nachvertraglichen Wettbewerbsverbote, sollte für jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Gesellschaft eine Vertragsstrafe in Höhe von 25.000,00 € je abgeworbener/ausgespannter Person und/oder je Versuchs zu zahlen.

Das Gericht sah diese Klausel als unwirksam an. Die Bestimmung sei nicht klar und verständlich.

Ferner verstoßen die Klauseln gegen das Transparenzgebot. Die einzuhaltenden Pflichten müssen umfassend unter Einschluss des Versuchs formuliert sein. Die Vertragsstrafe muss nicht nur die zu leistende Strafe sondern auch die sie auslösende Pflichtverletzung so klar bezeichnen, dass sich der Versprechende in seinem Verhalten darauf einstellen kann. Globale Strafversprechen sind unwirksam.

Ferner bleibt die Schwere des Verstoßes unberücksichtigt. Damit ist die festgelegte Leistungsbestimmung unbillig und nicht gerechtfertigt. Eine Vertragsstrafe für jeden Einzelfall eines Wettbewerbsverbotes in Höhe von rund 25 Monatsgehältern ist nicht mehr als angemessen anzusehen, sie enthält vielmehr eine unangemessene Übersicherung. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers ist ebenso nicht zu sehen.

Landesarbeitsgericht München vom 13.02.2007, Aktenzeichen 6 Sa 527/06

Gegen das Urteil wurde, wie man uns mitteilte, Rechtsmittel eingelegt.

Wenn der Finantberater klingelt – jetzt auf Youtube

Für alle, die den WDR-Film nicht sehen konten :

Vermittlertest DHBW Heidenheim

Im Mai 2009 führte Prof. Dr. Hans Jürgen Ott, Studiengang BWL-Versicherung, Versicherungsvertrieb und Finanzberatung Heidenheim, einen Test zur Prüfung der Beratungsqualität bei Abschluss einer Versicherung durch.

Aufgabe: Erstberatung eines Interessenten für eine RisikoLebensversicherung. (Bekanntlich gilt für die Vermittlung solcher Versicherungen, dass die Provisionen nicht als sehr üppig gelten).

Die Beratungsqualität wurde im Ergebnis nur als durchschnittlich bewertet. Dabei war es wohl für die Qualität egal, ob Banken, Makler oder Versicherungsvertreter beraten hatten.

Frauen sollen besser beraten haben, Jüngere wirkten sympathischer und „Bänker“ haben länger beraten.

Mehr zur Studie hier:

http://www.ba-heidenheim.de/fileadmin/studiengaenge/wirtschaft/versicherung/Studien/vermittlertest-09.pdf

Wenn der Finanzberater klingelt – Der falsche Traum vom großen Geld

Gestern ging es auf eine Art Betriebsausflug zu Kollege Behrens:

Zur Einstimmung gab es um 20.15 Uhr den am Badenia-Skandal angelehnten ZDF-Film mit dem RTLigen Titel Bis über den Tod hinaus. Dort geht es um Schrottimmobilien und entsprechende Kreditvermittlung, deren gekoppelte Vermittlung durch einen Finanzvertrieb besorgt wurde. Auch, wenn es im Film manchmal etwas plakativ dargestellt wurde, haben die Autoren kaum übertrieben. Während der Bösewicht hier eher ein mittelständischer Unternehmer war, wäre es nicht falsch gewesen, hier diese Massenorganisationen wie die Strukturvertriebe zu thematisieren, bei denen gruppendynamischer Druck aufgebaut wird.

Die Hauptperson entschließt sich, undercover so eine Strukkibude aufzuklären. Ich musste schmunzeln, denn als ich vor vier Jahren zu diesem Thema zu recherchieren begann, hatte ich auch mit dem Gedanken gespielt, spaßeshalber eine entsprechende „Grundausbildung“ zu absolvieren und dann im Stil von Günther Wallraff drüber zu berichten …

Danach kam dann die WDR-Doku über die DVAG mit einem Schuss AWD. Wir, die Handelsvertreter-Blogger, hatten dieses Produktion vor und hinter den Kulissen mitbetreut. Sofort nach der Sendung setzte dann auch gleich der übliche Abwehrzauber im Internet ein:

„Einzelfälle!“,“Einseitig!“, „Schwarze Schafe gibt es überall!“, „Persönlich Gescheiterte“ usw.

Unfug.

Die beiden letztlich vom WDR ausgewählten Ex-Handelsvertreter waren absolut repräsentativ, die Fälle sogar eher unspektakulär. Beide waren über 5 bzw. 19 Jahre dabei gewesen, was schon recht lange ist, denn in Finanzstrukturvertrieben hält es ein Großteil keine 12 Monate aus. Wie nahezu alle derartigen Aussteiger, die bei uns aufschlagen, nahmen auch die beiden portraitierten Leute ihre Unternehmen als Familie war und glaubten an die gefeierten Firmenpatriarchen. Es ist absolut typisch für die DVAG, dass Handelsvertreter, die plötzlich in finanzielle Nöte kommen, sich in einer für Außenstehende naiv wirkenden Weise mit persönlichen Briefen an den als eine Art Weihnachtsmann empfundenen „Doktor“ wenden – und dann keine Antwort bekommen.

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Ausgleichsanspruch nach 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB ?

In § 89 b Absatz 3 Nr. 2 HGB steht, dass ein Handelsvertreter dann keinen Ausgleichsanspruch hat, wenn der Unternehmer den Vertretervertrag aus wichtigem Grund gekündigt hat. Es kommt mithin darauf an, ob der Handelsvertreter sich schuldhaft Verhalten hat und ob dies die fristlose Kündigung gerechtfertigt hat.

Was ist aber wenn sich erst nach Vertragsende herausstellt, dass sich der Handelsvertreter vertragsbrüchig verhalten hat?

Kann der Ausgleichsanspruch auch dann ausgeschlossen sein, wenn das schuldhafte Verhalten des Vertreters nicht der eigentliche Grund für die Kündigung war?

Konkret hatte sich der BGH damit zu beschäftigen, ob die Firma Volvo einen solchen Ausgleichsanspruch zu zahlen hatte, nachdem bekannt wurde, dass der Vertragshändler sich in großem Umfang angeblich unberechtigt Zuschüsse verschafft haben soll.

Der BGH hatte darauf auch keine Antwort und hatte die Angelegenheit nunmehr mit Vorlagebeschluss dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

Versiko hat fertig

Der „ökologische Finanzdienstleister“ Versiko setzt seine Handelsvertreter künftig „freilaufend“. -> TAZ-Artikel.

Qualitätsverbesserung durch Weitergabe der Bestandsprovision

Qualitätsverbesserung, Kundenfreundlichkeit, ehrliche Beratung… Dies sind immer wieder Schlagworte, mit denen sich Vertreter aller Sparten in der Finanzdienstleistungsbranche beschäftigen. Transparenz wird gefordert, bessere Beratungen, weg von den bisherigen Strukturen.

Ein Leser gab nun eine lobenswerte Anregung, wie doch schon durch eine kleine winzige Veränderung ein großer Schritt in diese Richtung gegangen werden kann. Er schrieb wie folgt:

Finanzvertriebe leben bei Versicherungsprodukten auch von Bestandsprovisionen (Betreuungsprovisionen).

Diese Provisionen sind ein Ausgleich für die Betreuung der Kunden, eine Art Serviceentlohnung, indem man sich um die Verträge z.B. im Versicherungsfall auch kümmert.

Nun wäre es doch am verbraucherfreundlichsten, derjenige dürfte sich um Verträge kümmern und würde dafür entlohnt, wem der Kunde am meisten als Ansprechpartner vertraut und wem er als kompetentesten Berater betrachtet.

Das wird aber in der Praxis nicht so gehandhabt. Die Vertriebe als Ursprungsvermittler behalten die Bestandsprovisionen, die Versicherungsgesellschaften decken die Vertriebe und verweigern, die Betreuungsprovision an den tatsächlichen Betreuer zu leisten.

Bei Versicherungskonzernen steht dieses Thema ganz unten auf der Agenda. Offensichtlich möchten Sie sich auch nicht mit den Vertrieben anlegen.

Hier würde sich eine Qualitätsverbesserung allein dadurch ergeben, dass der Kunde/Verbraucher das Recht hätte, darüber zu bestimmen, wer seine Verträge betreuen und dafür Bestandsprovisionen erhalten soll.

DVAG, AWD, MLP, OVB usw. geben die Betreuungsprovisionen aber nicht weiter. Sie bieten allenfalls eine Korrespondenzmaklerschaft an, d.h. der Vermittler darf für den Kunden arbeiten, ohne dafür entlohnt zu werden. Die Provisionen gehen dennoch an die Vertriebe.

Wir können uns diesen Forderungen nur anschließen und die Branche ermutigen, diesen kleinen, ersten Schritt im Sinne einer besseren Kundenbetreuung zu wagen.

Financial Times über provisionshonorierte Versicherungsvermittlung

Wenn immer Herbert Fromme von der Financial Times zur Feder greift, lohnt sich die Lektüre. Wussten Sie, dass wir doppelt so viele Versicherungsvermittler haben wie Ärzte?

„Aussitzen hilft nicht“

BGH zum Umfang des Schadenersatzes bei fehlerhafter Beratung

Entscheidung vom BGH vom 15. 01.2009 zur fehlerhaften Anlageberatung:

Wenn jemand bei einer Anlage fehlerhaft beraten wird, kann er Schadenersatz in der Form, dass er die Erstattung des gezahlten Betrages „Zug um Zug“ gegen Übereignung der erworbenen Kapitalanlage, verlangen.

Dies entschied der Bundesgerichtshof am 15.01.2009 unter dem Aktenzeichen III ZR 28/08.

In dieser Entscheidung ging es eigentlich um eine fehlerhafte Beratung bei dem An- und Verkauf von Immobilien. Diese Entscheidung ist jedoch offensichtlich auf sämtliche fehlerhafte Anlagenberatungen zu übertragen, so das Landgericht Hannover in einer aktuellen Beschlussfassung.

Schadenersatz zu leisten bedeutet in erster Linie den Zustand wieder herzustellen, der bestanden hätte, wenn das fehlerhafte Verhalten nicht vorgelegen hätte. Einfaches Beispiel ist die Reparatur eines Kraftfahrzeuges, wenn jemand einen fremden Wagen beschädigt hat. Er muss dann die Reparatur bezahlen. Die Juristen sprechen in diesem Fall von der so genannten Naturalrestitution.

Bei Maklern oder Vermittlern ist dies nicht möglich. Wenn ein Makler einen Vertrag vermittelt (wie in dem Fall des BGH ein Grundstückskaufvertrag), ist er nicht in der Lage, diesen zurück abzuwickeln. Schließlich kommt der Vertrag ja mit dem Käufer und dem Verkäufer des Grundstückes zustande. Der Makler kann den Verkäufer ja nicht zwingen, den Vertrag rückgängig zu machen.

Normalerweise verlangte die Rechtsprechung bisher, dass der Geschädigte den schadhaften Vertrag erst auflösen musste (z.B. durch Verkauf des Hauses oder der Kapitalanlage), um dann die Differenz als Schaden geltend zu machen.

Der BGH gibt dem Geschädigten jetzt ein weiteres Recht: Er kann nunmehr die gekaufte Sache an den Makler/Vermittler zurückgeben und die Kaufsumme (Investitionssumme) von dem Makler „Zug um Zug“ zurückverlangen.

In Abzug zu bringen sind jedoch sämtliche Vorteile, die der Geschädigte durch die Anlage erworben hat, z.B. etwaige Steuervorteile, Mieteinnahmen usw.