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Maximilian von Ah nennt sich Finanzvertrieb-Insider.
Er betreibt unter https://vonahmaximilian.wordpress.com/ nicht nur einen kritischen Blog, der sich mit den aktuellen Geschehnissen großer Finanzvertriebe, insbesondere dem AWD, auseinandersetzt. Außerdem ist er Buchautor.
Bekannt ist er aus Funk und Fernsehen. Seine Meinung ist gefragt.
Früher war er Führungsmanager beim AWD. Damit hat er fundiertes Hintergrundwissen. Im Gegensatz zu vielen anderen vom AWD ausgeschiedenen Verantwortlichen hat sich von Ah keiner Schweigeverpflichtung unterworfen.
Der in der Schweiz lebende von Ah unterstützt den österreichischen Verein für Konsumenteninformation, der gegen den AWD eine Sammelklage eingereicht hat.
Mittlerweile wurde entschieden, dass es die Marke AWD bald nicht mehr geben soll.
Herr von Ah stand dem Handelsvertreter-Blog wegen der aktuellen AWD-Ereignisse zur Verfügung.
„Herr von Ah,
Sie haben sicher davon gehört, dass der AWD seinen Namen wechseln will. Hier in Deutschland hat diese Meldung große Wellen verursacht.
Wie war die Resonanz dazu in der Schweiz und in Österreich?“
„Nun in der Schweiz hat man diese Nachricht ganz anders aufgenommen, als in Österreich. In der Schweiz ist der AWD bis heute von medienwirksamen Gerichtsklagen und größeren Image-Schäden verschont geblieben, weil der AWD-Schweiz einerseits weniger problemanfällige Finanz-Produkte angeboten hat, als die AWD-Gesellschaften in Deutschland und Österreich und andererseits die Mentalität der Schweizer allfällige Kundenklagen eher im Verborgen sprich in den Reihen des involvierten sozialen Netzwerkes hält und gegebenenfalls austrägt.
In Österreich hingegen hat jene Umfirmierungs-Nachricht große Wellen geschlagen, weil mit dieser Nachricht einher auch die Meldung kolportiert wurde, dass der AWD-Austria – so wie die AWD-Ländergesellschaften in der Slowakei und in Ungarn – eventuell sogar liquidiert werden könnte, weil die Umsätze derart stark eingebrochen seien und die Swiss-Life ihre eigene Überschätzung dieser Märkte bereits zugab.“
Das Interview wird morgen fortgesetzt.
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Im Jahre 2008 gab es im Versicherungsvertragsgesetz einige Änderungen.
Bis dahin gab es § 16 VVG, der den Kunden verpflichtete, zusätzlich zu den gestellten Fragen der Versicherung wichtige Gesundheitsangaben zu machen.
Danach hatte der Versicherungsnehmer bei der Schließung des Vertrages alle Ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen.
Erheblich sind die Gefahrumstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, einen Einfluss auszuüben. Ein Umstand, nach welchem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich.
Dieser Paragraph wurde zum 01.01.2008 geändert.
§ 19 VVG heißt jetzt wie folgt:
Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, den Versicherer anzuzeigen.
Es kommt also seit dem 01.01.2008 nur noch darauf an, was der Versicherer abgefragt hat. Wenn jemand bei den Gesundheitsangaben etwas unwahr oder falsch angibt, kann dies zum Ausschluss der Versicherungsleistung führen. Es kommt darauf an, ob dies fahrlässig, grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich und arglistig geschehen ist.
Bei einer arglistigen Täuschung kann der Versicherer den Vertrag gemäß § 22 VVG anfechten.
§ 19 Abs. 2 VVG regelt, dass der Versicherer vom Vertrag zurücktreten kann, wenn der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht verletzt.
Vom Vertrag zurücktreten kann der Versicherer nur dann, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.
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Das OLG Hamburg hat eine Berufung von Tchibo zurückgewiesen. Tchibo hatte sich gegen ein Urteil gewehrt, welches ihm untersagte, über sein Internetportal Versicherungen und Finanzdienstleistungen zu vermitteln.
Tchibo sei nicht nur Tippgeber, sondern vermittle, wozu eine Erlaubnis erforderlich wäre, so das Gericht.
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Wussten Sie schon, dass die Gewerbeanmeldung für die Erlaubnis nach § 34 c der Gewerbeordnung GewO z.B. in Düren 3.680,00 € kostet ?
In Harburg übrigens nur 1.253,00 €,
und in Pinneberg 600,00 €
( jeweils alle drei Bereiche)
Der Preisvergleich lohnt sich also, insbesondere dann, wenn die Tätigkeit im gesamten Bundesgebiet möglich ist.
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Am 29.11.2012 entschied das Landgericht Traunstein im Rahmen einer Prozesskostenhilfeprüfung, dass die Abrechnungen eines Strukturvertriebes den Saldo so lückenlos dokumentieren, dass ein pauschaler Angriff auf diese Provisionsabrechnung nicht genügen würde. Es fehle bei pauschalen Angriffen eine entsprechende Substantiierungstiefe.
Kurzum: Die Abrechnungen seien in sich verständlich.
Am 10.12.2012 wurde über dieses Abrechnungssystem an einem anderen Gericht verhandelt. Vor dem Amtsgericht Warendorf wurde in einer Parallelangelegenheit über solche Abrechnungen bzw. demselben System gestritten.
Dort jedoch hielt der – erfahrene – Richter die Abrechnungen für nicht nachvollziehbar und den Vortrag des Strukturvertriebes für unschlüssig. Er hielt das Abrechnungssystem für ein „Abrechnungskauderwelsch“.
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Die Financial Times Deutschland stellt seinen Betrieb ein. Die Online-Version wird es noch bis Ende des Jahres geben.
Schade. Ich habe sie gern gelesen und oft zitiert. Zumindest jetzt setzt man noch zu journalistischen Höhenflügen an.
„Liebe ‚FTD‘, ich helfe euch gerne beim Einpacken“, schrieb eine ehemalige Schleckermitarbeiterin als Seitenhieb, weil die FTD das Schleckerproblem seinrezeit als hausgemacht bezeichnet hat.
10
Am 03.12.2012 entschied das Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler, dass eine Richterin nicht wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wird.
Vorliegend ging es um einen Rechtsstreit der Postbank Finanzberatung AG gegen einen ehemaligen Verhandlung. Nach Ansicht des Gerichts gab es keinen Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen.
Die Tatsache, dass der Ehemann der Richterin bei der Deutschen Post AG für die Umsatzsteuer zuständig sei, kann ein Misstrauen nicht rechtfertigen. Sowohl die Deutsche Postbank AG als auch die Postbank Finanzberatung AG werden von der Deutschen Bank AG als Muttergesellschaft gehalten. Die Deutsche Postbank AG ist somit nicht die alleinverantwortliche Muttergesellschaft der Klägerin. Vielmehr steht hinter der Klägerin und der Deutschen Post AG einer der größten Konzerne Deutschlands mit mehreren tausend Beschäftigten. Vom Standpunkt einer vernünftigen Partei liegt daher trotz der Tätigkeit des Ehemannes der abgelehnten Richterin bei der Deutschen Post AG nicht der Schluss nahe, dass die abgelehnte Richterin an einem für die Klägerin günstigen Ausgang des Verfahrens persönlich interessiert ist, so das Gericht wörtlich zitiert.
08
Die Mitarbeiter der Provinzial NordWest haben Zukunftsangst. Wenn die Allianz die Provinzial erwerben sollte, drohen große Änderungen.
Die Standorte Kiel, Rostock und auch Münster, könnten geschlossen werden. Betroffen sein könnte auch die Hamburger Feuerkasse.
Eigentümer sind – noch – der Landschaftsverband Westfalen Lippe und die westfälischen Sparkassen zu je 40%.
Die Provionzialmitarbeiter machen mobil. Es gibt bereits eine Facebookseite „gegen Provinzial-Verkauf“, Proteste und die Ankündigung, massenhaft Verträge bei der Sparkasse zu kündigen.
Unterdessen wurde der Vorstandsvorsitzende der Provinzial Ulrich Rüther in Münster in der Tiefgarage der Provinzial mit einem Schraubenzieher von einem unkekannten Vermummten angegriffen und verletzt.
Die Allianz setzt verstärkt auf Makler, die Provinzial verfügt traditionell über sehr gute Kundenanbindungen und bevorzugt, ohne Makler auszukommen.
Die Allianz hatte erst kürzlich umstruktiert. Davon waren nach Focus 1100 Arbeistplätze gefährdet.
07
Gestern durfte sich ein Amtsgericht in mehreren Fällen mit der Nachvollziehbarkeit verschiedener OVB-Abrechnungen beschäftigen.
Bereits vor Monaten erteilte es den Hinweis, es könne die Abrechnungen nicht verstehen, der Vortrag der OVB sei unsubstantiiert. Bis heute konnte die Abrechnung nicht erklärt werden.
Das Gericht kündigte an, alle Klagen abzuweisen, gab der OVB jedoch noch einen Schriftsatznachlass.
Es wies darauf hin, dass insbesondere die Abrechnungen nicht erläutern, was denn mit den Provisionsrückstellungen passiert sei. Laut Vertrag sollen mindestens 10% zurückgestellt worden sein.
Die Rückstellungen waren bei den Berechnungen nicht auffindbar.
03
Immer da, immer nah, und bald zur Allianz? Die Allianz will die Provinzial übernehmen.
Der sogenannte „Rheingold“ -Deal soll die Allianz mehr als 2,25 Milliarden Euro kosten.
Die angeschlagenen öffentlichen Kassen, z.B. die des LWL, könnten sich dadurch etwas sanieren.
Sparkassen-Chef Gerlach ist wohl mit LWL-Direktor Kirsch nicht überein, so dass in Münster noch einige Gespräche zu führen sein werden.
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Am 07.11.2012 verkündete das Landgericht Frankfurt am Main in einem Verfahren gegen einen Strukturvertrieb ein denkwürdiges Urteil. Die Handelsvertreterin hatte im Jahre 2006 wegen Erkrankung gekündigt. Die Erkrankung wurde von dem Strukturvertrieb nicht akzeptiert. Er klagte auf Schadenersatz und Tätigwerden. Diesen Prozess verlor der Strukturvertrieb vor dem Landgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf.
Anschließend gab es eine Abrechnung, aus der sich ergab, dass die Handelsvertreterin eine Stornoreserve in Höhe von fast 80.000,00 € hatte. Da mittlerweile alle Verträge aus der Haftung sind (Haftungszeit fünf Jahre) klagte sie auf Auszahlung dieses Betrages.
Im Laufe dieses Prozesses rechnete der Strukturvertrieb dann erneut ab. Auf einmal waren die 80.000,00 € weg, in der Stornoreserve waren nur noch etwa 17.000,00 €.
Außerdem wies das Provisionskonto dann ein Minus auf.
Nunmehr wurde der Klageantrag gestellt, dass wegen dieser Ungereimtheiten die Handelsvertreterin einen Anspruch auf einen Buchauszug hätte.
Dieser Anspruch wurde vom Landgericht Frankfurt am Main abgewiesen mit der Begründung, dass die neuerliche Abrechnung schließlich ein Minus ausweise. Wenn es keinen Anspruch auf Provision gibt, dann gibt es auch keinen Anspruch auf einen Buchauszug. Denn der Anspruch auf einen Buchauszug setzt voraus, dass man Ansprüche auf Provisionen habe. Zwischenzeitig bemerkte die Handelsvertreterin, dass sich der Strukturvertrieb auch noch an dem Versorgungswerk bediente, welches für die Handelsvertreterin eingerichtet war. Vertragspartner der Gesellschaft dieses Versorgungswerkes war die Handelsvertreterin. Die Handelsvertreterin hatte zur Sicherheit die Ansprüche aus dem Versorgungswerk an den Strukturvertrieb abgetreten.
Es handelte sich um Fondansprüche. Die Fondgesellschaft teilte mit, dass man beabsichtige, den Fond zu schließen. Eine Kündigung des Fondvertrages gab es jedoch nicht. Diese Mitteilung wurde zum – unberechtigten – Anlass genommen, das gesamte Guthaben an den Strukturvertrieb auszuzahlen.
Die Handelsvertreterin stellte sich auf den Standpunkt, dass ihr nun dieses Geld zustehe. Schließlich sei das Vertragsverhältnis mit dem Versorgungswerk ja gar nicht beendet, der Anspruch also noch gegeben.
Auch diesen Anspruch lehnte das Landgericht Frankfurt am Main ab.
Nunmehr wird gegen dieses denkwürdige Urteil Berufung eingelegt.