07
Das Amtsgericht Bad Neuenahr Ahrweiler liegt wunderschön eingebettet im Ahltal. Umgeben wird es von Hügeln und Weinhängen.
Gegenüber dem Bahnhof liegt das Amtsgericht.
An diesem wunderschönen Ort schickte sich die Postbank an, einen ehemaligen Handelsvertreter auf Rückzahlung von Provisionen zu verklagen.
Der Prozess wird geführt von einem Einzelrichter – wie bei jedem Amtsgericht üblich. In diesem Fall handelt es sich genauer gesagt um eine Richterin.
Die Postbank gab monatliche feste Provisonsvorschüsse, die der Handelsvertreter ins Verdienen bringen sollte und wollte, was er aber nicht tat.
Einige Verträge sollen ins Storno gegangen sein (worüber man streitet).
Im ersten Termin tendierte die Richterin dazu, der Postbank Recht zu geben.
Im zweiten Termin heute kam es dennoch zur Zeugenvernehmung. Einige Kunden sollten aussagen, ob es denn zu dem Storno kam, ob es Nachbearbeitungen gab u.s.w..
Eine Zeugin gab an, dass ihr Mann bei der Post arbeiten würde, worauf die Richterin spontan erwiderte, dass ihr Mann da auch tätig sei. Man/bzw. Frau tauschten dann noch Namen aus, ob der eine den anderen kenne. Anschließend gab der Vertreter der Postbank eine Erklärung ab, die in das gerichtliche Protokoll aufgenommen wurde. Als ich als Anwalt des Handelsvertreters auch eine Erklärung abgeben wollte, wurde die Protokollierung abgelehnt.
Den nächsten Zeugen gar, der wegen des langen Zeitablaufs gleich auf Erinnerungslücken hinwies, ließ das Gericht sofort an den Richtertisch kommen. Dort legte die Richterin ihm einen Kontoauszug der Postbank über angebliche Einzahlungen vor und legte ihm nahe, er solle bestätigen, dass er diese Zahlungen geleistet hat und danach nichts mehr.
Eine Beweisaufnahme im Schnelldurchgang mit vorgerfertigter Antwort über das Beweisthema.
Dann wurde von mir der sogenannte Befangenheitsantrag gestellt. Dies ist der Antrag, die Richterin in diesem Rechtsstreit wegen Besorgnis der Befangenheit zu entlassen.
Die Richterin sagte dann noch, dass es doch egal sein dürfte, ob ihr Ehegatte bei dem Mutterkonzern arbeiten würde (oder dem ehemaligen Mutterkonzern, da es vielleicht eine Trennung gegeben haben könnte) und zeigte damit duchaus ein gewisses Fachwissen über den Postkonzern.
Andere Richter – des Amtsgerichts – werden nun darüber zu entscheiden haben, ob ihre Einschätzung richtig ist.
Vor einiger Zeit hatte ich einen ähnlichen Fall, als sich ein Richter in einem Rechtsstreit mit der DVAG von selbst als befangen erklärte. Er würde die DVAG kennen, so seine Erklärung, ohne aber die genauen Hintergründe zu verraten.
Das Verhalten des Richters in dem DVAG-Verfahren ist sicher lobenswert. Der Verdacht der Befangenheit darf in keinem Prozess aufkommen!
07
Die ERGO kommt nicht zur Ruhe.
Nachdem die Sexreisen nach Budapest, in einer internen Mitarbeiterzeitung als Party total und Mordsspaß gefeiert, so langsam in Vergessenheit gerieten, sorgt die ERGO selbst dafür, dass diese wieder in die Schlagzeilen kommt.
Die ERGO erstattete nämlich Strafanzeige. Angeklagt sind der ehemalige Vertriebsvorstand Kai Lange und der ehemalige Strukturvertriebsleiter Daniel D. sowie der Eventmanager Robert A. So schreibt es jedenfalls das Handelsblatt. Allen wird vorgeworfen, mit der Sexreise Untreue begangen zu haben, Untreue allerdings gegenüber der ERGO.
Zur Erinnerung: Im Jahre 2007 hatte der Strukturvertrieb der Hamburg Mannheimer in einem Bad in Budapest eine Sexorgie mit 20 Prostituierten und 64 Versicherungsvertretern unternommen. Dies entspreche nicht dem Unternehmenszweck, so die Anklage.
Hamburger Abendblatt vom 01.11.2012 und Handelsblatt vom 01.11.2012
06
Das Versicherungsjournal berichtete am 5.11.12 über eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Innofact AG.
Die Verbraucher wissen offensichtlich noch immer nicht Bescheid. Bei der Frage, wie hoch die Provision bei einer Lebensversicherung ist (Monatsbeitrag 100 € über 30 Jahre), war die Spannbreite der Antworten groß.
Und von Nettotarifen haben auch nur ganz wenige gehört, obgleich 58 % der Befragten daran Interesse zeigten.
Ein sehr empfehlensweter Artikel im Versicherungsjournal!
Wenn man Provisionen bei Lebensversicherungen googelt, stößt man schnell auf irgendwelche „Testsieger“. Glaubt man jedoch, dass man dort über Provisionen informiert wird, wird man schnell eines Besseren belehrt.
Und neben den Vermittlungsprovisionen gibt ja auch noch weitere Kosten, über die der eine oder andere Kunde sicher auch gerne informiert wird.
Dazu empfohlen ist der Bericht des Handelsblatts vom 17.7.2012 „So leicht verdienen Finanzvermittler ihr Geld“.
Hoffentlich führen solche Studien dazu, dass Verbraucher die Produkte kritischer hinterfragen und sich nicht mit oberflächlichen Beratungen abspeisen lassen.
05
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Am 29.09.2011 entschied das Landgericht Leipzig, dass ein Versicherungsvertreter eine vorschussweise erhaltene Provision in Höhe von 16.801,78 € zurückzahlen muss.
Er wehrte sich gegen die Zahlung und bestritt die Richtigkeit dieser Abrechnungen.
Das Landgericht erkannte, dass der Beklagte lediglich pauschal die Richtigkeit dieser Abrechnungen bestritten hat. Dieses pauschale Bestreiten veranlasste nicht dazu, die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrages noch weiter zu erhöhen. Dem Beklagten hätte es daher oblegen, die einzelnen Ansätze der Klägerin in der vorgenannten Provisionsabrechnung substantiiert zu bestreiten. Er hätte vortragen müssen, welche Rechnungsposten aus welchen Gründen von der Klägerin unzutreffend in Ansatz gebracht worden sind.
Auf das pauschale Bestreiten des Beklagten hin, dass eine sorgfältige Nachbearbeitung der Verträge durch die Klägerin nicht stattgefunden habe, trug die Klägerin im Schriftsatz vom … substantiiert und detailliert zu den einzelnen von ihr vorgenommenen Maßnahmen zur Rettung stornogefährdeter Verträge vor und ergänzte ihren Vortrag im Schriftsatz vom … Im Ergebnis der gerichtlichen Prüfung sind die von der Klägerin veranlassten Maßnahmen unter angemessener Berücksichtigung der jeweiligen Provisionshöhe nicht zu beanstanden.
Landgericht Leipzig vom 29.09.2011 Aktenzeichen 07 O 2820/10
02
„Hier die Folgelektüre mit dem 2. Denkfehler der Mitarbeiter in den Strukturvertrieben, nachdem ich bereits den Denkfehler Nr. 1 beschrieben habe.
Denkfehler Nr. 2 Warum schöne Menschen schneller Karriere machen oder „The halo Effect!
Nochmal zu Erinnerung zum Beitrag vom 24.10.12 bedeutet Suvivorship Bias
(Überlebensirrtum) , dass Erfolge im Alltag größer sichtbar anerkannt werden als Misserfolge. Dadurch überschätzt man(n) systematisch die Aussicht auf Erfolg. Die Aussicht auf Erfolg wird überschätzt, da der Misserfolg nicht beachtet wird und es in der Regel keine Zahlen geben wird. Diejenigen die auf der Strecke bleiben sind unbedeutend und werden nicht erwähnt.
Insbesondere bei großen Strukturvertrieben heißt es in einem Slogan „Aus der Masse kommt die Klasse“.“
Hinter jedem Erfolgreichen (auch Sportler, Schauspieler, Sänger usw.) verbergen sich 100 oder 1000 andere die keinen Erfolg gefunden haben.
Und hinter denen wiederum Hunderte usw.
Es wird aber immer nur über die Erfolgreichen gesprochen und verkennen dabei wie unwahrscheinlich es ist erfolgreich zu sein.
Denkfehler Nr. 2 Warum schöne Menschen schneller Karriere machen oder „The halo Effect!
Ein Liebling aus der New-Economy-Äro aus dem Silicon Valley schien einfach alles richtig zu machen (zumindest nach Auffassung der Wirtschaftsjournalisten).
Perfekte Kundenorientierung, beste Akquisitionen, beste Unternehmenskultur, charismatischer CEO usw.
Das Unternehmen war die Nr. 1 im Jahre 2000. Im folgenden Jahr sank der Aktienkurs um 80%.
Auf einmal war alles anders. Schlechte Kundenorientierung, blasser CEO usw.
Das Wort „halo“ steht für „Heiligenschein“. In dem Fall des Unternehmens leuchtete er vormals besonders hell. Die Journalisten ließen sich vom Aktienkurs blenden und schließen auch auf die Qualitäten des Unternehmens ohne es genau zu kennen.
Der „Halo Effect“ funktioniert immer gleich. Einfach zu beschaffende Fakten, finanzielle Situation des Unternehmens schließen automatisch auf die Güte des Managements oder die Brillanz der Strategie.
So tendiert man(n) dazu, dass die Produkte eines Unternehmens die einen guten Ruf besitzen als qualitativ wertvoll wahrzunehmen auch wenn es dafür keinen objektiven Gründe dafür gibt. In diesem speziellen Fall im Bereich der Finanzdienstleistungen sind die meisten Produkte eher nur Mittelmaß oder Durchschnitt im Vergleich zu den tatsächlichen Spezialisten oder Marktführern.
Eine spezielle Qualität einer Person, z.B. Schönheit, sozialer Status z.B.
Porsche erzeugt einen positiven oder negativen Eindruck, der alles andere überstrahlt und so den Gesamteindruck unverhältnismäßig beeinflusst.
Studien haben ergeben, dass schöne Menschen automatisch als netter, ehrlicher und intelligenter betrachtet werden. Auch machen sie nachweislich leichter Karriere. Gelegentlich hat der Halo effect auch positive Seiten, zumindest kurzfristig. Der angehimmelte Partner scheint vollendet.
Attraktiv, intelligent, sympathisch usw.
Der Halo Effect versperrt die Sicht auf die wahren Eigenheiten. Man(n) sollte genauer hinschauen. Nicht der Auftritt und die Ausstrahlung der Person, der Geschäftsbericht oder die Quartalszahlen sind alleine zu bewerten. Man(n) sollte tiefer bohren, was dann zu Tage kommt ist nicht immer schön aber lehr -u. hilfreich für seine persönliche Zukunft, Gesundheit sowie eigener und familiärer Zufriedenheit.
..und in der nächsten Folge Denkfehler 3 „The Sunk Cost Fallacy“ oder warum Sie die Vergangenheit ignorieren sollten. „Jetzt bin ich schon soweit gefahren….“ „jetzt habe ich schon soviel investiert….“ „
jetzt habe ich schon soviel Zeit dort in dem Vertrieb verbracht und in die Ausbildung gesteckt…..“
Bei solchen Sätzen ist der“Sunk Cost Fallacy“ ist bereits manifestiert.
Es gibt viele gute Gründe weiter zu investieren oder einfach dabei zu bleiben, sowie viele oder die meisten Mitarbeiter es in solchen Strukturvertrieben tun. Ob sie etwas oder genügend dabei verdienen bleibt zunächst dahingestellt.
Der „“Sunk Cost Fallacy wird auch als „Concorde-Effekt“ bezeichnet. Er führte bekanntlich zu verheerenden Entscheidungsfehlern.
Bis demnächst…“
01
Zur Frage, wann ein Investmentmakler richtig haftpflichtversichert ist, nimmt RA Behrens in der Online-Zeitschrift DasInvestment.Com Stellung.
31
Ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass am 12.02.2008 der Bundesgerichtshof dazu Stellung nahm, wann Provisionen in den letzten sechs Monaten als bezogen gelten.
Hintergrund ist § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG. Danach ist das Arbeitsgericht für Handelsvertreter zuständig, wenn es sich um einen Ein-Firmen-Vertreter handelt und dieser in den letzten sechs Monaten des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt nicht mehr als 1.000,00 € Vergütung bezogen hat.
Der Bundesgerichtshof dazu in seiner Entscheidung vom 12.02.2008:
Für die Ermittlung der während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich bezogenen Vergütung sind alle unbedingt entstandenen Vergütungsansprüche des Handelsvertreters zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob, auf welche Art und Weise und in welchem Umfang sie erfüllt sind.
Folglich: Erzielt eine Handelsvertreter in den letzten sechs Monaten Provisionsvorschüsse, werden diese nicht mitangerechnet.
Entscheidung Bundesgerichtshof vom 12.02.2008 Aktenzeichen VIII ZB 3/07
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Der treue Leser zu dem Artikel Pohl edler Spender und Platz 33 der reichsten Deutschen:
„nach dem Motto -das bei der DVAG in den Direktionen (Strukturen) als Erfolgsrezept propagiert und in den Schulungen den Mitarbeitern infiltriert wird- hat offenbar am meisten dem Gründer genutzt. Das Musketierprinzip „Einer für alle, alle für einen“ finden Sie hier auf der Seite der DVAG unter Erfolg! „
29
Die Welt schrieb am 28.10.12, dass AWD wegen der vielen Gerichtsverfahren kurz vor der Namensänderung steht. Swiss Life Best Select soll der Strukturvertrieb bald heißen.
Ob die Namenswahl die erhoffte Trendwende bringt, wissen auch wir nicht.
29
Am 16.10.2012 hatte das Landgericht Zwickau darüber zu entscheiden, ob einem Versicherungsnehmer gegen einen Handelsvertreter bzw. einem Vertrieb Schadenersatzansprüche zustehen.
Hintergrund war der Antrag auf Abschluss einer privaten Krankenversicherung bei der Gothaer Krankenversicherung AG, der sich im Nachhinein als falsch herausstellte. Einige Gesundheitsangaben sollen hier nicht umfänglich mitgeteilt worden sein.
Zunächst wurde ein Versicherungsschein erteilt. Anschließend erklärte die Gothaer den Rücktritt.
Die Parteien stritten nun darum, wer die falschen Eintragungen zu verantworten hatte. Der Vermittler soll, so der Kläger, die Angaben im Versicherungsantrag gefälscht haben, um so den Abschluss zu ermöglichen und Provisionen zu verdienen.
Der Kläger meinte, dass eine Kopie, die kurz nach Erstellens des Antrages gefertigt wurde, stark von dem Antrag abweiche, der letztlich zur Gothaer gesandt wurde.
Diese Änderungen habe der Vermittler im Nachhinein vorgenommen.
So soll nach Darstellung des Klägers aus dem „Ja“ zu der Frage, ob Vorerkrankungen bestanden haben, im Nachhinein ein „Nein“ geworden sein.
Der Kläger drängte auf die Einholung eines graphologischen Gutachtens. Der Richter nahm dazu eigene Einschätzungen vor und wies die Schadenersatzklage ab.
Das Gericht meinte dazu, dass die von dem Kläger behaupteten Fälschungsmerkmale nicht vorliegen würden. Das Gericht erkannte zwar, dass zwischen dem Originalantrag und der vorgelegten Kopie ein Unterschied bestehe, jedoch mechanische oder fotomechanische Fälschungsspuren sich nicht ergeben würden.
Dann setzte sich das Gericht im Näheren mit Kopie und Antrag auseinander, sowie mit individualisierenden Ausfüllungsmerkmalen, unterschiedliche Ausprägung der Schrift auf dem Antrag, Durchdrückungsmerksmale, die im Schräglich ohne weiteres feststellbar sind und so weiter.
Das Gericht kommt dann zu dem Ergebnis, dass es der Erholung eines Schriftsachverständigengutachtens nicht bedarf.
Im Ergebnis hält das Gericht den Original-Antrag für richtig. Leider ist die Erklärung nicht nachvollziehbar, das Begriffe wie schräglich und die Erholung eines nicht eingeholten Gutachtens auf Unverständnis stoßen.
Noch nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Zwickau vom 16.10.2012 Aktenzeichen 2 O 568/11
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Viele fragen sich, wie man dem Handelsvertreter nach bestandener IHK-Prüfung eine kleine Freude machen kann. Dabei ist es so einfach.

