Allgemein

Dürfen Versicherungen von zu Hause aus verkauft werden?

Dass es Maklern, Versicherungsvertretern und Vermögensberatern finanziell oft nicht gut geht, ist ein offenes Geheimnis.

Deshalb betreiben viele ihre Geschäfte von zu Hause aus. Uns sind sogar Fälle bekannt, dass Vermögensberater der deutschen Vermögensberatung ihre Tätigkeiten aus dem Keller oder aus der Garage heraus betrieben.

Einem Vermögensberater wollte der Vermieter diese Geschäfte sogar verbieten, drohte mit Kündigung und damit, die ganze Familie aus der Wohnung zu werfen.

Der Bundesgerichtshof durfte sich am 14.7.2009 damit beschäftigen, wer grundsätzlich Recht hat. Der BGH entschied, dass kleine gewerbliche Nebentätigkeiten ohne nennenswerten Kundenverkehr vom Vermieter nicht verboten werden können.

Der Vermieter hat danach

die Erlaubnis zur teilgewerblichen Nutzung zu erteilen, wenn es sich um eine Tätigkeit ohne Mitarbeiter und ohne ins Gewicht fallenden Kundenverkehr handelt.

Diese Entscheidung dürfte vielen Versicherungsvertretern gefallen.

Makler haftet auch bei unterlassener Aufklärung

Am 16.07.2009 entschied der Bundesgerichtshof, dass ein Makler dafür haften muss, wenn er über Fristen (hier Fristen zur ärztlichen Feststellung einer Invalidität) den Kunden nicht informiert.

Der Makler hatte bereits vor dem Oberlandesgericht verloren. Die Entscheidung wurde lediglich bestätigt.

Am 04.08.2002 erlitt der Kläger einen Motorradunfall in der Schweiz. Der Makler unterstützte den Kläger bei der Geltendmachung der Ansprüche gegen die verschiedenen Versicherer. Innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall gab keiner der behandelnden Ärzte eine schriftliche Erklärung über die unfallbedingte Invalidität des Klägers ab.

Deshalb hatte sich der Unfallversicherer auf die Ausschlussfrist gemäß § 7 Abs. 1 der Versicherungsbedingungen berufen und zahlte nicht.

Der Makler habe dem Kläger gegenüber eine Nebenpflicht verletzt und hafte deshalb gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Die Klausel sei für einen Versicherungsnehmer nicht einfach zu verstehen und nicht erkennbar. Der Makler mit allen Erfahrungen hätte über die Klausel informieren müssen.

Zwar hätte der Kläger die Lektüre der Versicherungsbedingungen lesen müssen. Diese Verpflichtung bestand jedoch nur gegenüber dem Versicherer, nicht jedoch gegenüber dem Makler, so dass sich der Makler darauf nicht berufen kann.

VKI erwirkt richtungsweisende Entscheidung zu Handelsvertreter-Haftung in Österreich

Der Verein für Konsumenteninformation veröffentlichte im Bezug auf MEL einen bemerkenswerten Beschluss des Handelsgerichts Wien.

Bei dem Fall ging es um eine Handelsvertreterin, die keine Ahnung von ihrem Produkt hatte. Der Finanzvertrieb muss konkret zu zwei Dritteln wegen Falschberatung haften, während sich die Klägerin ein Drittel wegen Mitverschulden selbst zugute halten muss, weil sie ein unterschriebenes Formular nicht gelesen hatte.

Ein „Mitverschulden“ könnte auch in der unterlassenen Lektüre von www.finanzparasiten.de zu erblicken sein … 😉

AWD und Maschmeyer contra Jacob und Formaxx

AWD steht nicht nur mit der DVAG auf Kriegsfuß, sondern hat schon seit Jahren einen anderen erklärten Erzfeind und Nebenbuhler: die Formaxx.

Nun gerade ist der langjährige Streitgenosse Jörg Jacob nicht nur von dem AWD abgewandert, sondern gleich in die Chefetage der Formaxx gerückt. Am 1.10.09 geht er dort in den Vorstand.

Mit Jacob sitzt nun schon der dritte Ex-Mitarbeiter des AWD im Formaxx-Vorstand. Ralf Steinmeister und Kai Lange (Bruder der früheren Frau des ehemaligen AWD-Chefs und Eigentümers Carsten Maschmeyer) gingen ihm voraus.

Jacob war 18 Jahre beim AWD. Dort hatte er es bis zum Vertriebschef für das Deutschland-Geschäft gebracht. Im Frühjahr 2007 schied er aus.

Der AWD warf ihm vor, noch während seiner Tätigkeit für AWD bereits an der Formaxx-Gründung gearbeitet und Mitarbeiter für den neuen Konkurrenten geworben zu haben. Über eine entsprechende Klage des AWD gegen Jacob wegen Untreue und Vertragsbruchs ist bis heute nicht entschieden. Jacob selbst hatte daraufhin den AWD wegen angeblicher Spitzel- und Abhörpraktiken angezeigt. Angeblich hatte man seinen Wagen mit Wanzen ausgestattet und seinen Wognsitz mit Kameras überwacht. Ein ganzes Team von Detektiven soll ihm auf der Spur gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Es wird gemunkelt, dass Jacob von Anfang an die treibende Kraft hinter der Formaxx-Gründung war. Nachdem das zweijährige Wettbewerbsverbot abgelaufen ist, durfte er nun offiziell bei Formaxx anfangen.

AWD-Artikel in der Wirtschaftswoche

Die Wirtschaftswoche bietet einen umfangreichen Artikel zum AWD. Pflichtlektüre für Finanzvertriebler.

Sind Provisionen zurück zu zahlen?

Am 18.11.2008 entschied das Landgericht Tübingen, dass formularmäßige Saldorückzahlungsklauseln einen Handelsvertreter unangemessen benachteiligen können und deshalb unwirksam seien. Der Handelsvertreter braucht das Soll-Saldo nicht zurückzahlen.

In diesem Fall sollte der Handelsvertreter Schulden übernehmen, die sein Vorgänger aufgebaut hat. Er sollte für ein negatives Saldo auf dem Geschäftsstellenleiterkonto seines Vorgängers in Höhe von 250.000,00 € haften. Zum Zeitpunkt der Kündigung durch das Finanzdienstleistungsunternehmen wies das Geschäftsstellenleiterkonto ein Minus von etwa 380.000,00 € aus. Dem Unternehmen wurde vorgehalten, es habe gewusst, dass der Handelsvertreter Jahre benötigen würde, um die Schuld abzutragen. Ihm wurde jedoch bei Beginn der Tätigkeit in Aussicht gestellt, er werde bis zu 360.000,00 € jährlich verdienen. Das Landgericht hatte d ie Rückzahlungsklausel für unwirksam erklärt, weil sie nicht differenziere, wer den Vertrag beende. Dies sei unangemessen. Die Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel nach § 306 Abs. 3 BGB die Unwirksamkeit des gesamten Betrages zur Folge.

Das Gericht legte zugrunde, das für einen Handelsvertreter typisch sei, dass er im Gegensatz zum Unternehmer seinen Beruf regelmäßig ohne eigenen Kapitaleinsatz ausübe. Von diesem Leitbild habe die vertragliche Regelung abgewichen. Hier wurden sämtliche Risiken auf den Handelsvertreter abgewälzt. Hinzu kamen erhebliche Fixkosten für Büromiete, Möbelmiete usw.

Auf diese Weise wurde das gemeinsame Erfolgsrisiko einseitig auf den Handelsvertreter abgewälzt. Der Handelsvertreter wurde damit zur Erwerbsquelle des vertretenden Unternehmers.

Der MLP soll dagegen Berufung eingelegt haben.

Tchibo röstet jetzt nur noch Versicherungen

…Tchibo stoppt Investment-Vertrieb….

Die Tchibo Direct GmbH verkauft jetzt nur noch Kleidung, Dinge für den Haushalt und …ach ja: Kaffee und ein paar Versicherungen.

Wie bereits berichtet wurde, ist vor dem Landgericht Hamburg ein Verfahren gegen Tchibo anhängig mit dem Ziel, dass Tchibo den Verkauf von Investment-Fonds einstellt. Der Arbeitgeberverband der Finanzdienstleistungen Wirtschaft e.V. (AfW) hatte die Klage gegen den Kaffeeröster angestrengt.

Während dieses Verfahrens hat Tchibo seinen Investmentverkauf eingestellt, hat dies jedoch damit zu erklären versucht, dass krisenbedingt ein Rückgang der Nachfrage zu verzeichnen sei.

Weiterhin verkauft Tchibo jedoch noch immer Versicherungen. Der AfW ist mithin noch immer nicht am Ziel angelangt .

Wie hoch ist der Schadenersatz bei Konkurrenztätigkeit?

Am 24.06.2009 entschied der BGH darüber, welchen Schaden ein Handelsvertreter zu leisten habe, der bei einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit erwischt wird. Es ging um den so genannten „entgangenen Gewinn“. In diesem Fall hat ein Versicherungsvertreter Kundenlisten benutzt, um fremde Versicherungen zu vermitteln. Darin ist ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot zu sehen. Dies löst einen Anspruch auf Schadenersatz aus.

In diesem Fall hatte das Unternehmen eine Vertragsstrafe vertraglich vorgesehen. Mit dieser Vertragsstrafe ist das Unternehmen jedoch in allen Instanzen gescheitert, auch vor dem BGH. Schließlich verstoße dies gegen § 340 Abs. 2 BGB und ist wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners auch im Verhältnis unter Kaufleuten unwirksam.

Dann nahm die Versicherung eine eigene Schadenrechnung vor. Man hatte den entgangenen Gewinn mit etwa 34.000,00 € errechnet.

Nun sagt der BGH, dass das Gericht gemäß § 287 ZPO die Höhe des Schadens schätzen darf. Selbst wenn der Vortrag der Versicherung Lücken oder Unklarheiten enthält, darf eine Klage deshalb nicht abgewiesen werden. Es genügt, wenn der Schadenvortrag grob nachvollziehbar ist.

Mithin hat der BGH die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben und an dieses zurückverwiesen.

Vorsicht, vieles ist Kaltakquise !

Dass unerlaubte Telefonwerbung seit Anfang August erheblich unter Strafe gestellt ist, geisterte vor kurzem durch die Presse. Sogar die Bildzeitung soll darüber berichtet haben.

Bis zu 50.000,00 € Geldbuße werden jetzt fällig, wenn ohne vorheriges, ausdrückliches Einverständnis des Verbrauchers Werbeanrufe getätigt werden oder die Rufnummer unterdrückt wird.

Weil alle darüber schrieben, haben wir uns bisher einen Eintrag erspart.

Dennoch tauchten bei einigen Handelsvertretern konkrete Fragen auf, so dass wir das Gesetz noch einmal kurz zusammenfassen möchten:

1.
Vorher nicht genehmigte Werbeanrufe werden mit einer Geldbuße bis 50.000,00 € geahndet.

2.
Anrufer dürfen ihre Rufnummer nicht mehr unterdrücken (Geldbuße bis 10.000,00 €).

3.
Verträge, die am Telefon abgeschlossen werden, können widerrufen werden.

4.
Wird über das Widerrufsrecht telefonisch oder im Internet nicht aufgeklärt, kann zur vollständigen Bezahlung widerrufen werden. Dies gilt auch dann, wenn das Unternehmen bereits mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hat.

Nun kam die Frage auf, wie es denn sei, wenn man aufgrund einer Empfehlung einen Kunden anrufen würde?

Die Frage ist – zum Leidwesen der Handelsvertreter – leicht zu beantworten:

Solange nicht die Einwilligung des Angerufenen selbst vorliegt, darf nicht angerufen werden. Die Genehmigung kann grundsätzlich nicht von einem Dritten erteilt werden.

Kann man zu viel gezahlte Provisionen behalten?

Am 03.03.2009 entschied das Landesarbeitsgericht Hamm, dass unter bestimmten Umständen Provisionen, die als Vorschuss geleistet wurden, nicht zurück zu zahlen sind.
In diesem Fall hatte ein Versicherer dem Vermittler zugesichert, er würde für drei Jahre jeden Monat einen pauschalen Vorschuss auf die Provisionen in Höhe von 1.500,00 € zur Verfügung gestellt bekommen.
Dieses Darlehen sollte dann durch verdiente Provisionen zurückgeführt werden. Jedenfalls sollte das Darlehen zu 50 % im Fall des Ausscheidens von dem Vermittler zurückgezahlt werden.
Nun klagte, wie es kommen musste, der Versicherer nach Vertragsende die überzahlten Provisionen ein.
Das Gericht jedoch sieht in dem Verhalten des Versicherers einen Verstoß gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Sie hat den Beklagten nicht hinreichend bei seiner Vermittlungstätigkeit unterstützt und es ihm nicht ermöglicht, in ausreichendem Maße provisionspflichtige Geschäfte zu vermitteln.
Für uns Juristen war interessant, dass das Gericht keinen Verstoß gegen Bestimmungen hinsichtlich der allgemeinen Geschäftsbedingungen gesehen hatte. Schließlich ergebe sich die Rückführung zu viel gezahlter Provisionen aus § 812 BGB, und nicht aus irgendwelchen vertraglichen Klauseln.
Das Gericht ließ den Anspruch an § 242 scheitern mit der Begründung:
„Der Beklagte war im Wesentlichen darauf angewiesen, aus dem Absolventen- Potential Kunden für Finanzdienstleistungen, insbesondere Versicherungsverträge zu akquirieren. Dieses war unter den konkreten Bedingungen … nicht ausreichend, um den Vorschuss, den die Klägerin dem Beklagten gewährte, in Verdienen zu bringen…
Dieses Absolventen-Potential (1.087 potentielle Kunden) hatten sich 12 bis 15 Berater zu teilen… Unter Zugrundelegung der genannten Zahl der Berater, standen demnach 12 Berater, statistisch 544 tatsächlich ansprechbare Kunden, d.h. pro Berater 45 Kunden, gegenüber…. Für den so reduzierten Kreis ist weiter zu berücksichtigen, dass hieraus nicht jeder ein Kunde der Klägerin wird …“
Mit diesen Argumenten wurde die Klage in zweiter Instanz abgewiesen.
Die Klägerin, der Versicherer also, hatte übrigens in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht gewonnen.

Landete 1,30€-gekündigte Kassiererin Pyrrhus-Sieg?

Vor einigen Tagen geisterte der unrühmliche Fall durch die Presse, in dem einer Kassierin wegen 1,30€ gekündigt wurde und dies nunmehr vom Bundesarbeitsgericht (BAG) neu aufgerollt würde.

Wegen einer Unterschlagung eines Pfandbons im Wert von 1,30 € sollte eine zuvor 30 jahre lang beschäftigte Berliner Kassiererin gekündigt werden – ohne Abmahnung und fristlos. Die Kündigung beruhte allein auf dem Verdacht, die Kassierin habe die Tat begangen.

Das Arbeitsgericht Berlin und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatten damals die Kündigungsschutzklage der Kassiererin abgewiesen. Das LAG wollte eine Revision beim BAG nicht zulassen.

Falsch, so das Bundesarbeitsgericht, das die Nichtzulassungsbeschwerde nunmehr positiv beschieden hat, die Revision wird doch zugelassen!

Es geht dem BAG jedoch nicht, wie man meinen könnte, um die Frage, ob die Kündigung als solche rechtmäßig ist. Es geht nur darum, dass das LAG die Kassiererin evtl. „abstrafen“ wollte und ihr vorwarf, sich während des Prozesses in Widersprüche verstrickt zu haben, statt den Vorwurf einzuräumen.

Das LAG führte seinerzeit u.a. aus: “…dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin bei der Beklagten als Kassiererin beschäftigt ist. Von einer Kassiererin wird eine absolute Zuverlässigkeit und Korrektheit im Umgang mit der Kasse, bei den Buchungen, mit dem Geld, Leergutbons oder sonstiger Bons erwartet…. Im Prozess hat sie den maßgeblichen Sachvortrag der Beklagten zu dem Fund der Pfandbons wiederholt bestritten hat, bis dieser nach einer ausführlichen Beweisaufnahme nicht mehr zu bestreiten war. ”

Das BAG hatte sich am 28.07.09 mit dem Fall zu befassen und musste sich damit auseinandersetzen, ob das Verhalten der Kassiererin während des Prozesses in die Entscheidung mit einfließen dürfe. Nur dies, nicht die Kündigung als solches, sah das BAG für problematisch an.

Das BAG sieht hier also ausschließlich Probleme mit der Wertung des LAG Berlin-Brandenburg im Hinblick auf das Verhalten der Kassiererin nach der Kündigung, also im Kündigungsschutzprozess.

Das BAG wird sich in Zukunft damit auseinandersetzen, ob das Leugnen und Bestreiten der Kassiererin bei der Interessenabwägung im Rahmen der Kündigungsschutzklage hätte berücksichtigt werden dürfen.

Ob das der Kassiererin weiterhilft, ist äußerst fraglich. Auch wenn das BAG die Begründung der Entscheidung des LAG aufhebt, bleibt die Kündigung wohl wirksam.

Was sagte Pyrrhus von Epirus nach seinem Sieg über die Römer in der Schlacht bei Asculum (Süditalien) 279 v. Chr. so schön:

„Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!“