Allgemein

Beharrliches Vorurteil

Es gibt immer wieder weitverbreitete Vorurteile zur VVG. Ein solches hält sich trotz Reformen beharrlich, nämlich dass man angeblich keine zwei Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) abschließen darf, oder dass man sich nicht höher gegen Berufsunfähigkeit versichern darf als das Nettogehalt.

Alles ist spätestens seit der VVG-Reform seit 2008  ein Fall für die Ablage. Für die BU gilt das Bereicherungsverbot nicht, jedenfalls seit 2008 nicht mehr !

Man darf sich also von gesetzlicher Seite gegen BU unbegrenzt versichern!

Zudem gibt es im neuen VVG keine vergleichbare Vorschrift wie § 55 alter Fassung, wonach es ein allgemeines Bereicherungsverbot gab.

Eine solche Vorschrift gibt es noch heute für die  Krankenversicherung in § 200 VVG. Dort gibt es das sog. Bereicherungsverbot.

Die private BU ist aber eine Summenversicherung: Im Schadenfall stellt die vereinbarte BU-Rente genau die zu zahlende Versicherungsleistung dar; es muss kein direkter Zusammenhang zwischen der Versicherungsleistung und dem Schaden des Versicherten bestehen. Somit kann es bei der BU auch kein Bereicherungsverbot geben. Im Gesetzgebungsverfahren für die VVG-Reform 2008 wurde für die anderen Versicherungszweige ausdrücklich auf ein Bereicherungsverbot verzichtet (Begr. RegE, BT-Drucks. 16/3945 S. 79).

Das Krankentagegeld darf auch gemäß der üblicherweise verwendeten Allgemeinen Versicherungsbedingungen das aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigen.

„Ganzheitliche“ Beratung

Der Arbeitskreis Beratungsprozesse hat einen Beratungsleitfaden erstellt. Dieser Beratungsleitfaden findet Anwendung, wenn mit einem Kunden die gesamte Versicherungs- und/oder Finanzsituation besprochen wird.

Der Beratungsleitfaden dient einem systematischen Vorgehen, der Arbeitskreis spricht von ganzheitlicher Beratung.

Hier ist der Download.

§ 80 Abs. 5 VAG bereitet Kopfzerbrechen

Über die merkwürdige und missglückte Formulierung des § 80 Abs.5 VAG hatte ich mich schon einmal ausgelassen.

Um die seit 2012 bestehende Vorschrift ansatzweise verstehen zu können, muss man sie auseinanderstückeln, etwa wie folgt:

Die Versicherungsunternehmen müssen sicherstellen, dass

im Falle der Kündigung eines Vertrages durch den Versicherungsnehmer,

 in den ersten fünf Jahren nach Vertragsschluss der Versicherungsvermittler die für die Vermittlung eines Vertrages

 der substitutiven Krankenversicherung oder der Lebensversicherung

 angefallene Provision nur bis zu der Höhe einbehält, wie diese nicht höher ist als der Betrag, der bei gleichmäßiger Verteilung der Provision über die ersten fünf Jahre seit Vertragsschluss bis zum Zeitpunkt der Beendigung, des Ruhendstellens oder der Prämienfreistellung angefallen wäre.

Was bedeutet dies im Klartext? Wurde dadurch die Haftungszeit verändert? M:E: nein! Es soll sich allenfalls um eine gesetzliche Provisionskürzung handeln. Es soll nämlich sichergestellt werden, dass der Vermittler nicht mehr Provisionen erhält, als wenn die Provision über 5 Jahre verteilt und errechnet würde. Es müsste also eine Vergleichsrechnung erfolgen. Ich kenne aber keinen Versicherer oder Vertrieb, der dies so umgesetzt hat.

Abgeordnetenwatch gibt Lobbyisten bekannt

Wer sich wundert, warum das ein oder andere notwendige Gesetz verhindert wird, oder eine geplante Gesetzesänderung plötzlich im Sande verläuft, der kann sich bei manchem Lobbyisten bedanken.

Lobbyisten sind Interessenvertreter, die von einzelnen im Bundestag sitzenden Parteien Ausweise und damit mehr oder weniger freien Zutritt erhalten.

www.abgeordnetenwatch.de hat erstritten, dass nunmehr die Liste der Lobbyisten veröffentlicht werden muss.

Auf der Liste befinden sich zahlreiche Großkonzerne wie RWE, ThyssenKrupp und Rheinmetall sowie Vertreter einflussreicher Interessenverbände, u.a. aus der Auto- und der Tabaklobby.“

Auf der Liste der zahlreich engagierten Verbände taucht auch der Bundesverband der Versicherungskaufleute auf und auch der Bundesverband Deutscher Vermögensberater e.V.

Kammer für Handelssachen

Die Kammer für Handelssachen (KfH) bestehen aus einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern. Sie sind zuständig, wenn es sich um eine Handelssache handelt, insbesondere bei allgemeinen Handelsgeschäften, Wechsel-, Scheck- und Urkundenprozessen, wettbewerbliche Streitigkeiten und Ähnliches.

Die KfH soll, wie der Jurist gelernt hat, schneller terminieren und sich mit bestimmten Themen besser auskennen.

Stets unklar war, ob Streitigkeiten von Handelsvertretern mit dem Vertrieb, für den sie tätig sind, auch dazu gehören. Dies war immer wieder ein Streitpunkt. Wurde eine solche Klage bei der KfH  eingereicht, musste dies seitenlang erklärt werden. Das Ziel eines schnelleren Verfahrens verpuffte dann oft.

In einem Verfahren um Ausgleichsansprüche, Buchauszug und Provisionen, von einem Vermögensberater geltend gemacht, hat das die KfH des Landgerichts Frankfurt in einer mündlichen Verhandlung erklärt, sie sei bei diesen Fragen immer zuständig.

Gut zu wissen, dass es so ist. Das schafft Rechtsicherheit.

Mehr über die KfH in Wikipedia 

Rechtshinweis

LG Hanau zu Stornobekämpfungsmaßnahmen

Kürzlich hatte ich über ein Urteil des Amtsgerichts Waiblingen geschrieben, wonach ein Vermögensberater Provisionsvorschüsse zurückzuzahlen hätte. Dabei ging das Gericht davon aus, dass Provisionsabrechnungen als anerkannt gelten, wenn man diesen nicht widerspricht. In die gleiche Kerbe hatte auch das Amtsgericht Hanau vor etwa einem Jahr entschieden. Der ehemalige Vermögensberater der DVAG legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Kürzlich erging nunnmehr eine Entscheidung in dem Berufungsverfahren des Landgerichts Hanau. Das Landgericht Hanau „drehte den Spieß“ um.

Es meinte jedenfalls, das Amtsgericht habe Unrecht, wenn es darauf abstellt, dass das Schweigen als Anerkenntnis zu werten ist. Das Schweigen des Handelsvertreters nach Erhalt von Provisionsabrechnungen stelle, so das Landgericht, kein Anerkenntnis dar.

Nunmehr komme es darauf an, ob die Stornobekämpfungsmaßnahmen genügend waren. Dazu hatte die Klägerseite bis zu dem Termin einiges geschrieben. Die Stornobekämpfungsmaßnahme erschöpften sich meist in schriftlichen Maßnahmen, z.B. dass der Kunde im Falle der Nichtzahlung angemahnt wurde bzw. an die Zahlung erinnert wurde.  Eine persönliche Kontaktaufnahme mit den „gefährdeten“ Kunden konnte nicht dargelegt werden.

In der mündlichen Verhandlung schien das Gericht zunächst noch unklar darüber zu sein, ob diese Stornobekämpfungsmaßnahmen genügen würden. Im Ergebnis hatte das Landgericht Hanau die Klage des Vertriebes jedoch abgewiesen mit dem Argument, die Stornobekämpfungsmaßnahmen würden hier nicht ausreichen.

Am 24.11.15 gab es einen weiteren Termin – jedoch in anderer Sache – vor dem Landgericht Hanau. Es ging abermals um die Frage, ob Provisionsvorschüsse zurückzuzahlen wären und ob die Stornobekämpfungsmaßnahmen ausreichend sind. Am 24.11. traf man sich jedoch in der I. Instanz. Dem Richter war die oben erwähnte Berufungsentscheidung bekannt. Er tendierte dazu, sich dieser Entscheidung anschließen zu wollen. Der Vermögensberater hatte widerklagend einen Buchauszug geltend gemacht, weil er meinte, dass während der Zeit des Vertragsverhältnisses es so gut wie keine Stornierungen gegeben hatte. Nach Vertragsende hätte sich dann plötzlich ein Guthaben auf dem Provisionskonto in Luft aufgelöst und sein Provisionskonto sich sogar jetzt noch ins Minus entwickelt. Auch darüber wolle er Bescheid wissen, insbesondere darüber, welche Stornobekämpfungsmaßnahmen seinerzeit erfolgt seien. Auch hier tendierte das Gericht dazu, den Buchauszug anzuerkennen. Ein Urteil erging noch nicht. Wenn auch insgesamt vor den deutschen Gerichten die Frage sehr umstritten ist, wie weit die Verpflichtungen zur Stornobekämpfung gehen, scheint sich doch zumindest vor dem Landgericht Hanau eine gewisse Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu ergeben.

Softwarepauschale anders genannt

Softwarenutzungspauschalen sollen nicht erhoben werden. Das ist der Tenor vieler Gerichtsentscheidungen.

Ein Unternehmer ist gemäß § 86 a Satz 1 HGB verpflichtet, die erforderliche Vertriebssoftware kostenlos zur Verfügung zu stellen. § 86 a Abs. 1 HGB verpflichtet den Unternehmer, dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Hiervon abweichende Vereinbarungen sind gemäß § 86 a Abs. 3 HGB unwirksam. Nach allgemeiner Meinung sind die Unterlagen im Sinne des § 86 a HGB kostenlos zu überlassen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.05.2011 Aktenzeichen VIII ZR 10/10).

Der Umgang der bekannten großen Vertriebe mit diesem Thema ist unterschiedlich. Die DVAG zieht die Pauschale zwar ein, erstattet diese zumeist auf Anforderung die Pauschale auf das Provisionskonto.

Swiss Life Select (vormals AWD) war von dem damaligen BGH-Urteil betroffen und hat dem Kinde einen anderen Namen gegeben.

OVB ist dazu übergegangen, Laptops mit der Software OASYS ratenweise zu verkaufen. Und nur auf diesen Laptops soll die Software OASYS funktionieren. Die Kosten für den Laptop werden dann monatlich vom Provisionskonto entnommen. Erst wenn der Laptop zu einem Preis von etwa 2500 € bezahlt ist, erwirbt der Handelsvertreter das Eigentum. Weil der Laptop tatsächlich einen Wert von etwa 500 € haben dürfte, stellt sich hier die Frage, ob denn nicht der restliche Betrag für die Software bezahlt werden muss.

Teures Gespräch

Am 22.10.2015 erließ das Landgericht Frankfurt am Main eine einstweilige Verfügung wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das UWG.

Was war geschehen?

Ein Maklerunternehmen wirbt im Internet mit der Möglichkeit, einen Ausstieg aus der Ausschließlichkeit anzubieten. Handelsvertreter, die aussteigen wollen, sollen sich der Maklerfirma anschließen.

Diesem Unternehmen wird vorgeworfen, es würde Vermögensberater abwerben und denen ein Angebot unterbreiten, noch während der vertraglichen Bindung an den Vertrieb für das Maklerunternehmen tätig werden zu können. Noch dazu wird dem Maklerunternehmen vorgeworfen, ein Anbahnungsgespräch geführt zu haben, in dem der Vertrieb verunglimpft wird. Dabei soll sinngemäß gesagt worden sein, dass der Vertrieb tausende Mitarbeiter verlieren würde, Handelsvertreter in der Ausschließlichkeit hätten sozialversichert werden müssen, die Provisionen lächerlich wären und der Vertrieb in das Konto der Handelsvertreter einsehen könne.

Im Übrigen soll angeboten worden sein, dass die Tätigkeitsaufnahme in dem Maklerunternehmen sofort unter einer falschen Mitarbeiternummer möglich wäre, damit nach außen nicht erkennbar werde, wer denn tatsächlich vermittelt.

Der Inhalt des Gespräches wurde eidesstattlich versichert. Es wurde auch eidesstattlich versichert, dass es nicht richtig sei, dass der Vertrieb derzeit tausende Mitarbeiter verliert.

Da die Umstände des Gespräches bestritten werden, wird sich nunmehr in einem weiteren Verfahren die Frage gestellt, ob die Vorwürfe zu recht bestehen. Weil ein solcher Vorwurf sowohl im Wege einer einstweiligen Verfügung als auch in einem Hauptsacheverfahren überprüft werden kann, und auch beide Verfahren zusammen ausgetragen werden können, ist hier das Prozessrisiko bedeutsam.

In dem Verfahren der einstweiligen Verfügung sind allein an Anwaltskosten bis jetzt etwa 1.200,00 € entstanden. Hinzu kommen Gerichtskosten. Würde man sich im einstweiligen Verfügungsverfahren wehren und würde dann unterliegen, würde hier ein Risiko samt Gerichtskosten von etwa 7.000,00 € bestehen. Das Risiko für das Hauptsacheverfahren beträgt bei den  erheblichen Streitwerten etwa 8.600,00 €.

Deshalb ist dringend jedem zu empfehlen, ein solches Risiko zu vermeiden.

Amtsgericht Waiblingen: Vermögensberater soll Vorschüsse zurückzahlen

Ein ehemaliger Vermögensberater der DVAG soll einen Provisionsvorschuss zurückzahlen.

Dies entschied das Amtsgericht Waiblingen im Oktober 2015. Es machte sich bei der Entscheidung einfach. Wer der Provisionsabrechnung nicht widerspreche, erkenne sie an, meint das Amtsgericht in seiner deshalb sehr knappen Entscheidung. Der Vermögensberater habe ein Anerkenntnis, abgegeben, in dem er geschwiegen hat.

Dass diese Rechtsauffassung nicht mit der Rechtsprechung des BGH übereinstimmt, hat das Amtsgericht ignoriert.

Dynamik lohnt nicht

„Weit mehr als 600 Millionen Euro stecken Lebensversicherte Jahr für Jahr zusätzlich in die automatische Erhöhung ihrer Verträge. Ein Vielfaches davon ziehen ihnen die Versicherer dafür als Kosten ab. Die sogenannte Dynamik ist fast immer ein Verlustgeschäft“, schreibt die FAZ in einem empfehlenswerten Artikel vom 14.11.15.

Vertrauliche Anwaltsdaten landeten beim Gericht

In der letzten Woche wurde vor dem Amtsgericht Dortmund terminiert. Es ging um die Frage, ob ein Vermögensberater Provisionsvorschüsse erstatten soll. Inhaltlich ging es um die Frage, wer was darzulegen und zu beweisen hat.

In einem Fall wurde vom Strukturvertrieb genau zu den Umständen der Stornierung vorgetragen. Ein Kunde wünschte eine Krankenversicherung. In seinem Antrag tauchten nicht alle Angaben über Vorerkrankungen auf. Die Krankenversicherung trat deshalb von Vertrag zurück. Diese bevorschussten Provisionen wurden zurückverlangt,

Die Kommunikation zwischen Kunde und Versicherung wurde mit einem Schriftsatz an das Gericht gereicht, das dann die Kopien an die Gegenseite weitergab.

Der Name des Kunden war gut lesbar, auch die Vorerkrankungen bis hin zu psychischen Beeinträchtigungen.

Nach dem Termin sagte der Vermittler, er sei sich sicher, dass der Kunde der Krankenversicherung die Datenweitergabe untersagt habe.

Und er sagte auch, dass es sich bei dem Kunden um einen Anwalt handelt, der in unmittelbarer Nähe zum Gericht seine Kanzlei hat.

Der Datenschutz hat hier möglicherweise versagt. Die Daten sind ausgerechnet dort gelandet, wo sie bestimmt nicht hin sollten.