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Während kürzlich eine Klausel im Vermögensberatervertrag vom BGH wegen Intransparenz gekippt wurde, gab es jetzt eine weitere Entscheidung, in denen Klauseln in einem Vertrag über eine Riesterrente für intransparent erklärt wurden (BGH 13. Januar 2016 IV ZR 38/14).
Hier ging es um Überschussbeteiligungen bei Riesterrenten bei der Allianz Lebensversicherung- AG.
„Wir beteiligen Sie nach § 153 Versicherungsvertrags-Gesetz (VVG) an den Überschüssen ….“, heißt es dort.
„Einen so weitgehenden und grundsätzlichen Ausschluss kann der durchschnittliche Vertragsinteressent, auf dessen Sicht es insoweit maßgeblich ankommt, dem Bedingungswerk nicht ausreichend entnehmen“, heißt es beim BGH und erklärte diesen deshalb für intransparent.
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Im Vermögensberatervertrag der DVAG 2007 ist folgende Regelung enthalten:
„Der V.berater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, der Gesellschaft V.berater, andere Mitarbeiter oder Kunden abzuwerben oder dies alles nur zu versuchen. Verstößt der V.berater gegen auch nur eines der vorstehenden Verbote, so hat er für jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Gesellschaft eine Vertragsstrafe in Höhe von …. zu zahlen.“
Nachdem einem Vermögensberater vorgeworfen wurde, er habe dagegen verstoßen, geriet die Klausel auf die Waagschale. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte in zweiter Instanz die Klausel für unwirksam gehalten. Schon in einer früheren Entscheidung hatte sich das OLG sehr kritisch mit den Klauseln auseinandergesetzt.
Es wies die Klage auf Auskunft und Schadenersatz ab mit der Begründung ab:
„Die im V.beratervertrag vom 25.05./14.06.2007 getroffene Vereinbarung über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), auch und insbesondere wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), unwirksam….Die von den Parteien unter V. Abs. 2 des V.beratervertrags getroffene Vereinbarung über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam“ (Dabei stellte das Gericht darauf ab, dass nicht gleichzeitig eine Entschädigungsklausel enthalten wäre).
Außerdem sah das Gericht die Klausel als nicht transparent an. “ Das Transparenzgebot ist aber auch deshalb verletzt, weil dem Handelsvertreter durch die Regelung in V. Abs. 2 des V.beratervertrags für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses untersagt wird, V.berater, andere Mitarbeiter oder Kunden der Klägerin abzuwerben, ohne dass dabei hinreichend deutlich gemacht wird, ob sich das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nur auf solche Personen erstreckt, die zur Zeit der Vertragsdauer V.berater, andere Mitarbeiter oder Kunden der Klägerin waren, oder ob es auch solche Personen erfasst, die erst nach dem Ausscheiden des Vertragspartners bei der Klägerin zu deren Mitarbeitern oder Kunden geworden sind. Eine klare Aussage wird insoweit – obwohl sich die Frage aufdrängt, nachdem das nachträgliche Wettbewerbsverbot gerade für die Zeit nach Vertragsende gilt – im Vertrag nicht getroffen. Für den Vertragspartner des Verwenders ist daher aus dem Vertragstext heraus nicht klar erkennbar, welcher Personenkreis dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterfällt, wie weit also das Wettbewerbsverbot reicht (so schon Senat, Urteil vom 16.07.2014, 15 U 215/13, n.v.).“
Dagegen wehrte sich die DVAG im Rahmen der Revision beim Bundesgerichtshof. Die Revision wurde zugelassen, „da die Klägerin die Klausel für eine wiederholte Verwendung vorgesehen hat, eine Vielzahl von Fällen“ betroffen ist.
Der BGH entschied am 3.12.15 unter dem Az VII ZR 100/15, dass die Klausel unwirksam ist. Der BGH stellte jedoch nicht mehr darauf ab, dass die Klausel benachteiligen könnte, sondern einzig und allein darauf, dass die Klausel intransparent sei.
„Nicht nur ist für einen durchschnittlichen Vertragspartner der Klägerin auch unter Berücksichtigung des Abwerbeverbots während der Vertragslaufzeit in Nr. V. Abs. 1 nicht hinreichend klar, ob mit „Kunden“ im Sinne von Nr. V. Abs. 2 sämtliche Personen gemeint sind, die Verträge mit Partnerunternehmen der Klägerin abgeschlossen haben, oder nur solche Personen, die derartige Verträge aufgrund einer dem Handelsvertreter (Vermögensberater) zuzurechnenden Vermittlungstätigkeit abgeschlossen haben. Hinzu kommt, dass nicht hinreichend klar ist, ob sich das Verbot der Abwerbung von Kunden in Nr. V. Abs. 2 auch auf Personen erstreckt, die erst nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses, aber binnen des Zeitraums von zwei Jahren nach dieser Beendigung Verträge mit Partnerunternehmen der Klägerin geschlossen haben.“
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Frau Wallenstein, eine Vermögensberaterin der DVAG, hatte kürzlich auf der Seite der unabhängigen Interessenvertretung der Handelsvertreter der DVAG e.V. von ihrem Lebensschicksal berichtet. Ich hatte darauf aufmerksam gemacht, dass Frau Wallenstein mit ihrer Erkrankung kein Einzelfall ist.
Immer wieder berichte ich gern von Vermögensberatern, die ausgestiegen sind. Einige, nicht wenige, wählen sogar den Ausstieg aus der Branche. Einige haben ihr Glück im Ausland gefunden, andere mit der Produktion von Tierfilmen oder gar dem Betrieb eines Biobauernhofes.
Herr Wolfgang Ernst hat sich ebenfalls aus der Branche verabschiedet. Er ist jetzt Heilpraktiker.
Er war lange Zeit Vermögensberater. Jetzt möchte er auch in seiner neuen Tätigkeit seine Erfahrungen einbringen und im Rahmen seines Heilpraktikerberufes auch Vermögensberatern und Handelsvertretern seine Hilfe anbieten.
Gerade er als ehemaliger Vermögensberater kann sich daher schnell in die besonderen Probleme von Handelsvertretern hineindenken. Er bietet dazu sämtliche Anwendungen an, auf die ein Heilpraktiker typischer Weise zurückgreift. Insofern empfehle ich einen Blick auf die aussagekräftige Website des Heilpraktikers Wolfgang Ernst.
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Gestern gab es vor dem Landgericht eine umfangreiche Beweisaufnahme. Thema war unter anderem, dass zwei Vermögensberater abgeworben werden sollten.
Dies stellte ein Vermögensberater als Zeuge so dar, dass ein abwerbender Vertrieb, ein Strukturvertrieb aus Dresden mit Makleranbindung, ein Rundumpaket anbot. Lange Kündigungsfristen könnten umgangen werden. Man könne als Tippgeber arbeiten, ohne dass dies dem alten Vertrieb auffalle. Außerdem gebe es eine juristische Hilfe zu einem geringen Pauschalhonorar der „besten Kanzlei Deutschlands“. Die würden dann für den Vermögensberater fristlos kündigen.
Der Makler, der dieses Angebot so abgegeben haben soll, war auch als Zeuge geladen. Er erschien vor Gericht aber nicht – wohl aus gutem Grunde.
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Die DVAG hat das Intranet bzw. die Softwarepauschale umgestellt. Ab dem 01.01.2016 gibt es ein kostenloses Basissystem. Bis zum 31.01.2016 soll die Wahl bestehen, stattdessen eine kostenpflichtige Premiumversion zu erwerben.
Bis zum 31.12.2015 verfügte die DVAG über ein kostenpflichtiges Softwareprogramm.
Mit der Umstellung hat sich die DVAG dem Modell der SwissLife Select angenähert. Dort gibt es ebenfalls ein Basismodell, darüber hinaus ein Professional-Modell und sogar ein Avantgarde-Modell.
Während jedoch das Basismodell bei der DVAG kostenlos ist, soll weiterhin für das Basismodel bei der SwissLife 20,00 € monatlich gezahlt werden.
Wenn ausschließlich eine eine kostenpflichtige Software angeboten werden würde, wäre dies bedenklich. Gemäß § 86 a Abs. 1 HGB ist der Unternehmer verpflichtet, dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Dazu könnte auch ein Softwarepaket gehören, mit dem der Handelsvertreter ordnungsgemäß arbeiten kann.
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Die Provinzial hatte sich bekanntlich schwer getan, eine Maklervollmacht zu akzeptieren.
Nun traf es zwei weitere Versicherungen in ähnlichen Fällen, die AachenMünchener und eine andere Versicherung, deren Namen nicht auf der Website der Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler (IGVM) nicht genannt wird.
Dort schreibt die IGVM, dass das Oberlandesgericht Nürnberg der Aachen-Münchener mit Urteil vom 30. Juni 2015 untersagt (Aktenzeichen 3 U 2086/14 – noch nicht rechtskräftig) hat, weder unter „es betreut Sie“ noch unter „Ihr persönlicher Ansprechpartner“ einen konzerneigenen DVAG-Mitarbeiter anzugeben, wenn es einen Maklervertrag und eine Maklervollmacht gibt.
Im Urteil heißt es auszugsweise
zum Sachverhalt:
„Die Beklagte übersandte der Klägerin am 07.09.2013 ein Schreiben zur Weiterleitung an den Versicherungsnehmer H…, der bei ihr eine Wohngebäudeversicherung durch Vermittlung der Klägerin abgeschlossen hatte und von dieser als Maklerin betreut wurde, sowie einen Versicherungsschein zu dieser Versicherung mit Datum vom selben Tag. Das Schreiben enthält unter der Überschrift „Ihr Ansprechpartner zum Vertrag:“ die Telefonnummer des Kunden-Service-Centers des für die Beklagte tätigen Außendienstes, der A… D… V… AG (im Folgenden: „D…“) sowie unter der Überschrift „Es betreut Sie:“ den Hinweis auf einen Vermögensberater der D… mit Angabe dessen Adresse, Telefon- und Telefaxnummer. In dem mitübersandten Versicherungsschein werden auf Seite 5 unter der Rubrik „Ihre persönlichen Ansprechpartner:“ ein Vermögensberater und die Direktion für die D… unter Namensnennung sowie mit Angaben deren Adressen, Telefon- und Telefaxnummern benannt.
…..
In einer Zusatzerklärung vom 27.08.2013, die der Beklagten am 28.08.2013 übersandt worden war, hatte der Versicherungsnehmer erklärt, dass er auf eine Beratung der Beklagten während der Vertragslaufzeit gemäß § 6 Abs. 4 S. 2 VVG verzichte und der Beklagten eine Datenspeicherung bzw. Datenverarbeitung untersage, soweit diese die Weitergabe an Dritte umfasst.“
und zu den Entscheidungsgründen:
„Entgegen dem Berufungsvorbringen ist die Benennung eines konkreten Mitarbeiters der D…als Betreuer auch irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 UWG.
„Insofern ist der Beklagten zuzugestehen, dass als maßgeblicher Verkehrskreis nicht der Versicherungsnehmer allgemein, sondern der durch einen Versicherungsmakler vertretene Versicherungsnehmer anzusehen ist. Aber selbst bei einer derartig engen Eingrenzung des angesprochenen Verkehrskreises besteht die Gefahr, dass nicht unerhebliche Teile dieses Publikums aufgrund der Formulierung „es betreut Sie“ annehmen können, die als Betreuer genannten Personen seien als maßgebliche Ansprechpartner auf Seiten der Versicherungsnehmer an Stelle der Klägerin anzusehen und werden daher über den tatsächlich für sie zuständigen, kompetenten Ansprechpartner getäuscht. Der Senat teilt insofern die Auffassung des Landgerichts Potsdam (RuS 2012, 465 ff.), dass zwar möglicherweise zahlreiche Versicherungsnehmer den von einer Versicherung eingeschalteten, in deren Lager stehenden Vertriebsmitarbeiter von dem im eigenen Lager stehenden Versicherungsmakler unterscheiden können, ein erheblicher Teil der Versicherungsnehmer als juristische Laien diesen Unterschied aber nicht versteht. Dabei ist, wie das Landgericht Potsdam zutreffend ausführt, auch zu berücksichtigen, dass sich der Versicherungsnehmer in vielen Fällen nur selten mit einem Versicherungsthema zu beschäftigen hat und, wenn er dann einen Ansprechpartner benötigt, um Versicherungsleistungen geltend zu machen, sich nach längerer Zeit oftmals nicht mehr an seinen letzten Ansprechpartner erinnern kann.“
Schließlich gibt es einige Versicherer, die ihre Produkte ausschließlich selbst verkaufen oder durch einen bestimmten Vertrieb verkaufen lassen. Das Interesse, dass sich Makler einschalten, dürfte bei diesen Versicherungen eher als gering einzuschätzen sein.
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Das Landgericht Köln hat am 30.6.2015 einen Vertrieb zur Zahlung einer Bestandspflegeprovision verurteilt.
Das Besondere an der Entscheidung ist, dass im Handelsvertretervertrag ausgeschlossen wurde, dass nach Vertragsende jeglicher Anspruch auf Provision entfallen würde und der Vertrag bereits beendet war.
Ich fast allen Handelsverträgen ist übrigens der Provisionsanspruch nach Ende des Vertrages ausgeschlossen. Eigentlich ist diese Klausel überflüssig, denn mit Ende des Vertrages dürften die Leistungsverpflichtungen ohnehin wegfallen.
Der Vertrieb hatte die Provision selbst abgerechnet und nur teilweise ausgezahlt.
Der Kläger war bis 31.03.2014 rund 11 Jahre als Handelsvertreter und Agenturleiter für die Beklagte tätig.
Ziffer 11 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertretervertrags bestimmt:
„Mit Beendigung des Vertragsverhältnisses erlischt jeglicher Anspruch des Vertreters auf irgendwelche Vergütungen oder Provisionen.“
In den zwischen den Parteien vereinbarten Besonderen Bestimmungen – Basis – Bestandspflegeprovision SHUR für Agenturleiter ist in Ziffer 1.5 bestimmt (Anlage 1):
„Der Bestandspflegeprovisionsanspruch entsteht mit der Zahlung des vollen Jahresbeitrags, bei ratierlicher Zahlungsweise pro-rata-temporis. Soweit der Agenturvertreter Bestandsprovisionen erhalten hat, für die entsprechende Beiträge nicht entrichtet wurden, sind die Bestandsprovisionen voll bzw. anteilig zurückzuzahlen.“
Die Provisionsaufstellung der Beklagten vom 29.01.2014 weist einen Anspruch des Klägers in Höhe von 18.893,63 € auf .
Argument des Vertriebs: Gemäß Ziffer 2.1 der Besonderen Bestimmungen erhalte der Vertreter die Bestandsprovisionen als Gegenleistung für die Pflege und die Betreuung der Kundenbeziehungen sowie für die weiteren dort genannten Tätigkeiten. Solche Leistungen habe der Kläger jedoch nach Beendigung des Vertrags nicht mehr erbringen können.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e (in Auszügen) :
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von 10.509,95 € gegen die Beklagte zu.
1. Nach Ziffer 1.5 der Besonderen Bestimmungen entsteht der Bestandsprovisionsanspruch mit der Zahlung des vollen Jahresbeitrags, bei ratierlicher Zahlungsweise pro-rata-temporis. Damit steht dem Vertreter ein Anspruch auf die Bestandsprovision zu, sobald der Jahresbeitrag bzw. der entsprechende unterjährige Beitrag, namentlich ein Halb- oder Vierteljahresbeitrag oder der monatliche Beitrag, gezahlt wurde. Ausgehend von dem von der Beklagtenseite erstellten Ausweis der Bestandsprovision für Januar 2014 (Anlage 7, Bl. 17 AH) stand dem Kläger – jedenfalls ursprünglich und ohne Berücksichtigung der Beendigung des Vertragsverhältnisses – ein Anspruch auf Bestandsprovision in Höhe von 18.893,63 € zu. Davon gehen sowohl der Kläger als auch die Beklagte (S. 4 des Schriftsatzes vom 12.03.2015, Bl. 45 d.A.) aus. Abzüglich der von ihr am 18.02.2014 gezahlten 4.723,41 € und am 12.03.2014 gezahlten 3.660,27 €, insgesamt 8.383,68 €, verbleibt eine Differenz in Höhe der Klageforderung von 10.509,95 €.
2. Dem Anspruch des Klägers steht nicht entgegen, dass das Vertragsverhältnis mit der Beklagten zum 31.03.2014 beendet wurde. Dies führt nicht dazu, dass der Bestandsprovisionsanspruch anteilig zu kürzen wäre oder insoweit ein anteiliger Rückforderungsanspruch der Beklagten bestehen würde.
Für die von der Beklagten befürwortete, ergänzende Vertragsauslegung, nach der bei Vertragsbeendigung im laufenden Jahr der Anspruch auf Bestandsprovision zu kürzen wäre oder ein Rückforderungsanspruch bestehen würde, besteht weder Raum noch ein Bedürfnis. Insbesondere ist eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung, dass die Bestandsprovision verdient werden müsste, indem der Vertreter während des gesamten Jahres für die Beklagte tätig bleibt, nicht durch die beiderseitige Interessenlage begründet. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Provisionszahlung im Austausch für die Pflege und Betreuung der Kundenbeziehungen erfolgt. Indes erbringt der Vertreter im Rahmen der Bestandspflegeprovisionen seine Leistung dadurch, dass die Kunden bestehende Verträge nicht kündigen und die fällige Prämie bezahlen. Damit ist der Erfolg, für den er die Bestandsprovision erhalten soll, eingetreten, insbesondere ist mit der Prämienzahlung auch der wirtschaftliche Vorteil, für den die Provisionszahlung erfolgt, bei der Beklagten angekommen.
Demgegenüber kann die weitere Pflege und Betreuung der Kundenbeziehungen nach diesem Zeitpunkt nur noch den weitergehenden Zweck verfolgen, auch für den darauf folgenden Zeitabschnitt ein Fortbestehen der Verträge und eine Zahlung fälliger Prämien herbeizuführen. Sie kann sich denknotwendigerweise nicht mehr auf die bereits eingetretene Vertragslaufzeit und die erfolgte Prämienzahlung auswirken. Eine zeitliche Verknüpfung der Leistungen des Vertreters kann somit nur den Zeitraum bis zur Verlängerung des Versicherungsvertrags und der Zahlung der Prämie betreffen. Andernfalls würde die Bestandspflegeprovision zu einer „Treueprämie“ umfunktioniert.
Demgemäß besteht kein Grund, die vertraglichen Regelungen über den Bestandsprovisionsanspruch um das ungeschriebene Merkmal des „Verdienens“ zu ergänzen. Selbst wenn dies jedoch bejaht würde, könnte aufgrund der vorstehenden Erwägungen das Ergebnis nur lauten, dass der Vertreter die Bestandspflegeprovision mit eingetretenem Fortbestand des Versicherungsvertrags und Prämienzahlung tatsächlich „verdient“ hat.
Dem Anspruch des Klägers steht der in Ziffer 11 des Vertretervertrags vereinbarte nachvertragliche Provisionsverzicht nicht entgegen. Wie sich aus dessen Satz 2 ergibt, betrifft dieser Verzicht lediglich Provisionen, die erst nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses entstanden sind. Ein umfassender Verzicht auf jegliche dem Vertreter zustehende, aber noch nicht beglichene Vergütungsansprüche, kann dieser Bestimmung nicht entnommen werden. Ein dahingehender Inhalt wäre zudem wegen unangemessener Benachteiligung gemäß §§ 305 Abs. 1, 307 Abs. 1, 310 Abs. 1 BGB unwirksam.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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Nach Genuss mehrerer Gläser alkoholischer Getränke fällt es dem einen oder anderen in der Silvesterrunde schwer, seine berufliche Stellung zu beschreiben. Dabei haben es Angehörige des Strukturvertriebs mit der plastischen Beschreibung ihrer Tätigkeit einfach.
Man muss nur alle Gläser auf der Party einsammeln und etwas ordnen. Von Kommentaren, warum das Glas oben immer voll ist und das ein oder andere Glas unten nichts abbekommt, sollte man sich nicht ablenken lassen.
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Frau Wallenstein hatte, wie ich gestern berichtete, in einem offenen Brief in der IHD geäußert. Sie war viele Jahre für die Deutsche Vermögensberatung tätig, ist nunmehr schwer erkrankt und hatte fristlos gekündigt. In ihrem Brief übt sie Kritik an den Arbeitsbedingungen und dem Verhalten ihrer Vorgesetzten.
Ist die Geschichte von Frau Wallenstein eine Ausnahme?
Dazu möchte ich nachfolgend ein paar Anregungen und Gedanken machen, die sich jedoch ausdrücklich nicht an den „Arbeitgeber“ von Frau Wallenstein gerichtet sind, sondern allgemein auf das System Strukturvertrieb und Finanzdienstleistung. Ich betreue einige Berater und Handelsvertreter, die über ähnliche Erfahrungen berichtet haben.
Vorweggestellt: Handelsvertreter sind selbständige Unternehmer. Sie werden nach Leistung bezahlt. Fällt die Leistung weg, ist auch das Einkommen davon betroffen.
Es stellt sich allgemein die Frage, ob Handelsvertreter tatsächlich wirtschaftlich genügend abgesichert, noch dazu in einer „harten“ Branche, dem Finanzvertrieb und den Eigenarten des Strukturvertriebs. Handelsvertreter, die für all die vielen Finanzvertriebe unterwegs sind, beraten und verkaufen Produkte, die auch der Absicherung der Kunden dienen. Viele von ihnen sind nicht einmal selbst genügend abgesichert.
Dabei birgt die Tätigkeit des selbständigen Finanz- oder Vermögensberaters erhebliche Risiken, die auch mit einer Erkrankung verbunden sein können. Vielleicht führt ein harter Existenzkampf auch unmittelbar zu manch einer Erkrankung. Psychische Erkrankungen sind nicht selten, z.B. der sog. Burnout. Nicht nur der Finanz- oder Vermögensberater, sondern jeder „Vertriebler“, kann davon betroffen sein. Viele können dann in eine bedrohliche Spirale geraten.
Krankheitsfördernd für den seelischen Burnout sind häufig wirtschaftliche Probleme. Auch wenn jahrelang die Umsätze fließen, genügt nur ein kleiner Anlass, eine kurzzeitige Erkrankung z.B., um dieses Gefüge auszuhebeln. Plötzlich ist das Einkommen nicht mehr da (Bestandsprovisionen gibt es zuweilen kaum), Kosten können nicht mehr gezahlt werden. Zu der Erkrankung selbst kommen dann viele andere Sorgen bis hin zu familiären Problemen. Es beginnt eine bedrohliche Spirale, aus der man bereits jetzt allein nicht wieder herauskommt.
Die Berufskollegen können oft nur wenig helfen. Wenn dann noch entsprechende Gerüchte entstehen, z.B. dass die Krankheit nur vorgeschoben ist, um schon heimlich anderswo zu arbeiten, entsteht aus einem bis dahin harmonischen Kollegenverhältnis oft Neid, Missgunst bis hin zu persönlichen Feindseligkeiten. Weitere Baustellen entstehen. Manch erkrankter Mitarbeiter eines Strukturvertriebs kann davon ein „Liedchen“ singen. Gerade in Strukturvertrieben, in denen innerhalb einer Struktur der eine Handelsvertreter von dem anderen abhängig ist, sind solche Entwicklungen manchmal zu sehen. Schließlich wirkt sich das Ausscheiden eines Kollegen unmittelbar auf das eigene Einkommen aus. „Man nimmt Teil am wirtschaftlichen Erfolg seiner Partner“, heißt es in einem Werbefilm eines Strukturvertriebs.
In Strukturen, in denen „offen“ kommuniziert wird, entsteht diese auf Missverständnissen beruhende Entwicklungen übrigens zumeist nicht.
Schlimmstenfalls kann ein solches Gerücht dazu führen, dass man dem ausscheidenden Berater nachspioniert, ihm Fallen stellt und ihn vor Kunden herabwürdigt. Sogar Prügeleien soll es schon gegeben haben. Manchmal geschieht ein Nachspionieren auch zu Recht, um einem unlauteren Kollegen das Handwerk zu legen. Bei einem erkrankten Berater führt dies aber zu weiteren Problemen.
Erkrankungen eines im Strukturvertrieb tätigen Handelsvertreters haben zuweilen erhebliche finanzielle, soziale und familiäre Folgen.
Vielleicht sollte sich jeder im Finanzvertrieb tätige Handelsvertreter über die Feiertage die Frage stellen, wie hoch sein eigenes Risiko ist, in diese Spirale zu geraten. Einige der Betroffenen haben mir berichtet, dass sie nie selbst in Erwägung gezogen hätten, dass ihnen selbst so etwas passiert.
Wie lange kann ich ohne Einkommen durchhalten? Wie hoch ist mein Einkommen, wenn ich selbst nicht mehr vermittle? Wie werde ich von der Familie im Krankheitsfall aufgefangen? Wie ist die Kommunikation in der Struktur und wie groß die Wahrscheinlichkeit, dass mir die „lieben“ Kollegen dann in den Rücken fallen?
Vielleicht bieten die Feiertage ein bisschen Raum für Gedanken über für die eigene Situation.
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Die IHD, die Unabhängige Interessenvertretung der Handelsvertreter der DVAG e.V., gewinnt immer mehr Mitglieder.
Einige kommen auf der Website der IHD zu Wort. Hier meldete sich auch Gabriele Wallenstein zu Wort. Diese schrieb über ihre Erfahrungen als Vermögensberaterin und über ihre schwere Erkrankung. Augeninfarkt, Krebs. Dann kündigte sie fristlos. Die fristlose Kündigung wurde von der DVAG als ordentliche Kündigung angesehen mit einer Frist zum 30.06.2018.
Die IHD erhielt eine Unterlassungserklärung. Die DVAG war teilweise mit dem Inhalt des offenen Briefes von Frau Wallenstein nicht einverstanden und verlangte, dass einige Passagen verschwinden. Die IHD kam diesem Ansinnen nach.

